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== Standesamt == | == Standesamt == |
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Pillkallen (Schloßburg) Herzlich Willkommen im Portal Pillkallen von GenWiki. Hier finden Familien- und Heimatforscher Informationen und Hilfen zum Kreis Pillkallen in Ostpreußen. |
- Hierarchie
- Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast > Bednohren
- Regional > Deutsches Reich > Ostpreußen > Regierungsbezirk Gumbinnen > Landkreis Pillkallen > Bednohren
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Einleitung
Allgemeine InformationBednohren war eine Gemeinde im Landkreis Pillkallen. [1] |
Name
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Politische Einteilung / Zugehörigkeit
Ab 1945
Von 1818 bis 1945
- Am 1.2.1818 wurde der Kreis Pillkallen gegründet. Zum Kreis Pillkallen gehörten die Kirchspiele Pillkallen, Kussen, Mallwischken, Lasdehnen, Willuhnen, Schillenen und Schirwindt.
- Der Kreis Pillkallen gehörte ab 1818 bis 1945 zum Regierungsbezirk Gumbinnen. [3]
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Verwaltung
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Standesamt Spullen
- Bednohren gehörte zum Standesamt Spullen.
- Das Standesamt Spullen wurde am 1.10.1874 gegründet und bestand bis 1945.[8]
- Zum Standesamt Spullen gehörten folgende Orte : Spullen, und .... [8] [1]
- Für die noch existierenden Dokumente des Standesamtes siehe: Standesamtsunterlagen Spullen
- Der erste Standesbeamte war der Amtsvorsteher und Gutsbesitzer Bohland in Heinrichsfelde. [8]
Einwohnerzahlen
1867 [9] | 1885 [10] | 1905 [11] | 1910 [12] | 1933 [13] | 1939 [13] |
---|---|---|---|---|---|
136 | 115 | 120 | 110 | 86 | 99 |
Geschichte
(nach dem Bericht "Stahnsdorf - Chronik eines kleinen Bauerndorfes" von Erwin Spehr aus dem Schlossberger Heimatbrief von 1984)
Lage und Ortsbild
Stahnsdorf — vor 1938 hieß es Bednohren — lag im südwestlichen Teil des Kreises Schloßberg, dort wo der Landkreis nach Westen ausgreift, etwa auf halber Strecke zwischen Kussen und Mallwen. Die Kiesstraße, die Kussen mit Michelfelde und Mallwen verband, führte nahe am Dorf vorbei. Auf der Kreiskarte ist der Ort kaum auszumachen, denn Stahnsdorf war keine geschlossene Ortschaft, sondern das, was man eine Streusiedlung nennt. Es war ein reines Bauerndorf und bestand aus nur 12 mehr oder weniger verstreut liegenden Höfen. Handwerker und Händler gab es nicht. Die einzelnen Höfe hatten ihre Äcker, Wiesen und Weiden meist in unmittelbarer Nähe, so dass die Wege zur Bewirtschaftung kurz waren.
Obwohl kein eigentlicher Ortskern vorhanden war, gab es doch so etwas wie eine natürliche Dorfmitte: Bei der Brücke über dem Dorfbach kreuzten sich die Ortsstraßen. Hier stand auch das Ortsschild, hier lag der Feuerlöschteich und hier befand sich auch der „Kiewenschauer" (<-- Was ist das?). Von hier führten die Wege in die Nachbardörfer: Nach Radenau (3 km), nach Ackermühle (1.8 km) und Mallwen (6 km), nach Michelfelde (1,5 km) sowie nach Wildnisrode (2 km) und Kussen (4,5 km).
Der Dorfbach, der das Gemeindeareal von Ost und West durchquerte, wurde in den 1920er Jahren oder früher kanalisiert; gleichzeitig wurden die anliegenden Wiesen drainiert. Trotzdem waren manchmal, besonders im Winter, die ufernahen Wiesen überschwemmt, und bei Frost bildeten sich dann zur Freude der Dorfjugend große zusammenhängende Eisflächen. Ob dieser Bach einen Namen hatte, konnte nicht ermittelt werden, er ist dem Verfasser lediglich als „Kanal" in Erinnerung.
Landnutzung und Wirtschaft
Der größte Teil der 260 ha großen Gemarkung wurde landwirtschaftlich genutzt. Nur beiderseits der Kiesstraße nach Kussen gab es moorige Gebiete. In den dortigen Brüchen wurde jährlich Torf „gestrichen", denn Torf war für die Bauern ein wichtiger Brennstoff. Holz musste von entfernten Forsten geholt werden; in der Gemeinde gab es keinen Wald.
Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche waren etwa 80 Prozent Ackerland, der Rest Wiesen und Weiden. Der Boden war mittelschwer und von relativ guter Qualität, wie überall im südlichen Kreisgebiet auf der flachwelligen „Schloßberger Platte". Deshalb lag auch der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag pro ha in Stahnsdorf deutlich über dem Mittelwert des Kreises.
Die Höfe waren teils Klein-, teils Mittelbetriebe bis zu 49 ha Grundfläche. Angebaut wurden vor allem Getreide und Hackfrüchte. Neben dem Eigenbedarf und dem Viehfutter wurde vorwiegend Roggen und Weizen für den Verkauf produziert. Weitere Einnahmequellen der Bauern waren die Milchviehhaltung, die Rinderzucht sowie etwas Pferdezucht.
Der landwirtschaftliche Absatz und Handel erfolgte vor allem über die Raiffeisen-Genossenschaft in Kussen. Lediglich die Milch wurde täglich zur Großmolkerei nach Mallwen gebracht. Die für die Landwirtschaft wichtigen Handwerker gab es in den umliegenden Dörfern. Haushaltseinkäufe tätigte man in Radenau, Kussen und Mallwen. Nach Kussen fuhr man auch zur Kirche, denn Stahnsdorf gehörte zu diesem Kirchspiel. Ebenfalls von Kussen aus wurde die Gemeinde postalisch und telefonisch betreut. In amtlichen und standesamtlichen Angelegenheiten gehörte der Ort jedoch zum Bezirk Spullen. Der nächste Bahnhof war in der 15 km entfernten Kreisstadt Schloßberg. Zur Schule musste die Dorfjugend nach Michelfelde, von den südlich gelegenen Höfen etwa 3 km weit entfernt. Bei ungünstigem Wetter, bei tiefem Schnee und bei Kälte konnte der tägliche Fußmarsch für die Kinder recht mühsam werden.
Geschichte des Ortes
(nach dem Bericht "Stahnsdorf - Chronik eines kleinen Bauerndorfes" von Erwin Spehr aus dem Schlossberger Heimatbrief von 1984 und "Auf Spurensuche in Stahnsdorf (Bednohren)" aus dem Schlossberger Heimatbrief von 1992.)
Die Geschichte von Stahnsdorf (Bednohren) ist eingebettet in die Geschichte des Kreises Schloßberg bzw. in die des nordöstlichen Teils von Ostpreußen. Während der Ordenszeit bis weit in das 15. Jahrhundert hinein war unser Gebiet Teil der sogenannten „Großen Wildnis". Das war ein unbesiedelter, wenn auch nicht menschenleerer, etwa 200 km breiter Urwald- und Heidegürtel, der zwischen dem Ordensstaat im Westen und Litauen im Osten lag. Dieses weitgehend unerschlossene Gebiet, das sich etwa ab der Linie Labiau-Wehlau-Lötzen ostwärts erstreckte, diente dem Deutschen Orden als natürlicher Grenzschutz. Beim Friedensschluss von 1422 wurde diese Grenzwildnis einvernehmlich geteilt. Die festgelegte Grenzlinie war dann 400 Jahre lang unbestritten die Ostgrenze Ostpreußens.
Da nun die Wildnis keine Schutzfunktion mehr hatte, förderte der Orden die Erschließung, die von Westen her mit preußischen und deutschen Siedlern erfolgte. Die Zuwanderung blieb jedoch wegen kriegerischer Unruhen und wegen sinkender Bedeutung des Ordensstaates schwach. Etwa um 1500 begann ein neuer, stärkerer Zustrom von Siedlungswilligen; sie kamen aus den benachbarten Litauen. Dort hatte sich nach der Vereinigung mit Polen die Lage der Bauern zunehmend verschlechtert, so dass immer mehr Landbewohner es vorzogen, der Unterdrückung auszuweichen und nach Preußen auszuwandern, um dort in der "Wildnis" in größerer Freiheit neu zu siedeln. Das geschah mit Duldung des Ordens zunächst unorganisiert und in recht ursprünglicher Weise: Die litauischen Einwanderer rodeten jeder für sich an geeignet erscheinender Stelle und bauten dort ihre Einzelhöfe.
1525 wurde der Ordensstaat bei gleichzeitiger Durchführung der Reformation in ein weltliches Herzogtum umgewandelt. Die Herzöge gingen nun daran, die „Wildnis" systematisch zu besiedeln und die vorhandenen Einzelsiedlungen zu Dörfern zusammenzufassen, denn der Siedlerstrom aus Litauen hielt an. Etwa um 1660 war die „Wildnis" im späteren Kreis Schloßberg flächendeckend erschlossen, wenn auch noch dünn besiedelt.
Die litauischen Siedler, die im 17. Jahrhundert zunehmend auch aus Glaubensgründen in das tolerantere Preußen kamen, hatten zahlenmäßig das Übergewicht. Das führte natürlich dazu. dass die Umgangssprache litauisch war. Ebenso hatten Orte, Flüsse und Fluren litauische Namen. Selbst vorhandene deutsche Ortsnamen aus der Ordenszeit wurden ins Litauische übersetzt, z. B. Schloßbergk in Pilkaln. Da man zu dieser Zeit noch keinen Nationalismus kannte, die Obrigkeit jedoch an zufriedenen Untertanen interessiert war, wurde diese Entwicklung nicht behindert, vielmehr sogar gefördert. So erhielten z.B. die meist deutschen Pfarrer nur dann eine Gemeinde, wenn sie auch litauisch sprechen und predigen konnten. Der spätere Regierungsbezirk Gumbinnen führte zu jener Zeit sogar den offiziellen Namen Preußisch-Litauen.
Die ersten Siedler
Auch Bednohren geht auf eine litauische Einzelsiedlung zurück. Erstmals taucht in einer Steuerliste des Jahres 1557 im Zusammenhang mit einem zinspflichtigen Bauern die Ortsbezeichnung „Bednarkeim" auf. Dieser Siedler wurde vorher in der Steuerliste von "Kigey" (Kiggen) geführt. Daraus kann gefolgert werden, dass Bednarkeim 1557 von Kigey abgetrennt wurde. Wie lange dieser erste Siedler schon wirtschaftete und wann erstmals auf der Gemarkung Bednarkeim gerodet wurde, ist nicht bekannt. Die Nachsilbe "—keim" in der Ortsbezeichnung bedeutet "—dorf". Ob der erste Teil des Namens den ersten Siedler bezeichnet, wie es damals sehr häufig war, konnte nicht nachgewiesen werden.
Zu jener Zeit gab es noch keine amtliche Schreibweise der Ortsnamen. Deshalb findet man auch für Bednohren im Laufe der nächsten Jahrhunderte unterschiedliche Namensformen: Bednarkeim — Bendnorkeimen — Bednarkemen — Bednorkem — Bednorkehmen — Bedtnohren — Bednoren — Bednohren.
Der erste Siedler von 1557 erhielt bald Nachbarschaft: 1564 werden in der Steuerliste von Bednohren zwei „Zinser" und 1580 drei Siedler genannt. Im Jahre 1595 wird die Gemeinde vermessen: 14 Hufen I Morgen Land werden ausgewiesen, das sind etwa 243 ha.
Seuchen, Armut und Kriege
Über die Entwicklung des Dorfes im 17. Jahrhundert liegen keine genauen Angaben vor. Aber für das Land waren es schwere Zeiten: 1625 raffte die Pest viele Menschen dahin; 1656 zogen im Verlaufe des schwedisch-polnischen Krieges Tartarenhorden sengend, plündernd und mordend durchs Land und entführten viele Menschen in die Sklaverei. Hinzu kamen drückende Steuerlast und Misswirtschaft. Das alles führte zu einer Verarmung der Landbevölkerung, viele Bauern verließen ihre Höfe.
Diese negative Entwicklung, von der auch Bednohren betroffen war, gipfelte in der Katastrophe von 1709/10: Nach einigen Missernten, nach Viehsterben und Hungersnot breitete sich von Litauen her eine Pest aus, die zwei Jahre lang verheerend wütete. In ganz Ostpreußen starben etwa 40 Prozent der Bevölkerung. Preußisch-Litauen wurde besonders hart getroffen, hier wurden mehr als drei Viertel der Menschen dahingerafft. Ganze Landstriche wurden entvölkert, viele Dörfer starben gänzlich aus, vor allem im Süden des Kreises. Ob in Bednohren jemand überlebte, ist nicht überliefert. Eine traurige Sprache spricht jedoch der Hinweis, dass 1719, also 9 Jahre nach der Pest, in Bednohren von den jetzt vorhandenen 15 Hufen Bauernland immer noch 12 „wüst" waren, also ungenutzt: die restlichen 3 Hufen wurden von vier Bauern bewirtschaftet.
Neubesiedlung nach der Pest
Unmittelbar nach der Pest setzte die vom Staat geförderte groß angelegte Wiederbesiedlung ein: Zunächst kamen Siedler aus den westlichen, weniger betroffenen Teilen Ostpreußens sowie aus dem benachbarten Litauen. Dann wurden Kolonisten in den übrigen Provinzen des Königreichs Preußen angeworben: zahlreiche Menschen zogen insbesondere aus Pommern, Brandenburg. Magdeburg und der Uckermark in die östliche Provinz. Viele Siedler kamen auch aus Gebieten außerhalb Preußens: Pfälzer, Hessen, Franken und französisch sprechende Schweizer waren besonders große Gruppen. Schließlich wurden 1731/32 noch etwa 20.000 Salzburger aufgenommen, die wegen ihres Bekenntnisses zur Reformation ihre Heimat verlassen mussten.
Mit dieser letzten großen Einwanderergruppe war die Wiederbesiedlung des durch die Pest verödeten Landes praktisch abgeschlossen: 1736 wurde eine Bestandsaufnahme gemacht. Für Bednohren ergibt sich jetzt folgendes Bild: Acht Bauern bearbeiten insgesamt 12 Hufen. Es sind dies die beiden Salzburger Emigranten Sebastian Gründner und Peter Hirschner, der „sonstige Deutsche" Ernst Holle sowie die fünf „Litauer" Simon Tullowaitis, Milkus Bunckatis, Crisas Naumilkatis, Hans Powillatis und Pritzkus Lohlaitis. Es wird bei dieser letzten Gruppe in der Überlieferung leider nicht unterschieden zwischen neu zugewanderten National-Litauern und alteingesessenen Preußisch-Litauern, welche die Pest überlebt hatten.
Vergleicht man diese Namensliste von 1736 mit der von 1944 (siehe Ortsskizze), dann erkennt man, dass einzig die Vorfahren der Familie Powilleit in gerader Linie bereits 1736 in Bednohren ansässig waren. Der Name Powilleit war somit der älteste Name in Bednohren.
In der Folgezeit wechselten die Siedler noch häufig ihre Höfe. So tauchten auch in Bednohren 8 Jahre später neue Namen auf. Die Steuerliste von 1744 weist acht Höfe aus: Neben vier „litauischen" Bauern, deren Namen leider nicht ermittelt werden konnten, haben vier „Deutsche" einen Hof: Peter Hirscher, Friedrich Hasenbein, Adam Pohlentz und Peter Wieberger. Mit Friedrich Hasenbein erscheint eine weitere Familie, deren direkte Nachfahren noch 1944 in Bednohren lebten.
Einwohnerentwicklung und Siedlung bis 1939
Nach der Wiederbesiedlung verlief die Entwicklung von Bednohren zahlenmäßig wie folgt:
1744: 8 Amtsbauern, 47 Bewohner
1785: 10 Feuerstellen (= Wohngebäude)
1818: 11 Feuerstellen, 90 Seelen
1867: 99 Einwohner
1871: 14 Wohngebäude, 96 Einwohner
1931: 12 Wohngebäude, 94 Einwohner
1939: 12 Wohngebäude, 102 Einwohner.
Um 1800 war also der Ausbau von Bednohren abgeschlossen. Interessante Einzelheiten bietet noch die Statistik von 1871: Von den 96 Einwohnern sind 52 männlich: 61 sind ortsgebürtig; 21 Einwohner sind unter 10 Jahre alt; von den 75 Einwohnern über 10 Jahre können 68 lesen und schreiben.
Noch eine andere historische Entwicklung scheint Bednohren beeinflusst zu haben: Das eigentümliche Wegenetz des Dorfes und die Verteilung der Höfe läßt vermuten, dass sich früher am Wege-Viereck im Nordwesten des Ortes ein kleines, aber geschlossenes Haufendorf befand. Anfang des 19. Jahrhunderts, ab 1821, wurde die veraltete Dreifelderwirtschaft aufgegeben: die landwirtschaftlich nutzbare Fläche wurde neu vermessen und so aufgeteilt, dass jeder Bauer seinen Besitz möglichst in einem Stück hatte. Viele Bauern bauten auch ihre Höfe dorthin, um die Vorteile des geschlossenen Areals voll zu nutzen. War nun das Dorf klein, wie z.B. Bednohren, und bauten mehr als die Hälfte der Bauern hinaus, dann führte das praktisch zur Auflösung der geschlossenen Siedlung.
Auch nach der Neubesiedlung blieb das Gebiet nicht von kriegerischen Ereignissen verschont: Während des Siebenjährigen Krieges war Ostpreußen vier Jahre lang (1758—1762) von den Russen besetzt. 1807 zogen französische Truppen durch unsere Dörfer mit all den negativen Folgen für die ländliche Bevölkerung. 1914 wurde unser Kreis erneut von Russen besetzt: Die Bewohner von Bednohren mussten zweimal ihre Höfe verlassen, sie wurden zum Teil bis nach Stettin evakuiert. Nach der Rückkehr begann die Aufbauarbeit wieder von vorn, denn die Höfe waren ausgeplündert und verwüstet, viele Gebäude durch Einschüsse beschädigt, ein Hof war abgebrannt.
Stahnsdorf im Zweiten Weltkrieg
Dreißig Jahre später war es wieder so weit: Am 20. Oktober 1944 setzte sich der Flüchtlingstreck von Stahnsdorf in Bewegung und zog nach Grünlinde, Kreis Wehlau. Auf den verlassenen Höfen quartierten sich deutsche Soldaten ein. Da die Front jedoch etwa an der Grenze zum Stehen kam, fuhren in den nächsten Monaten manche Bauern noch mehrmals nach Hause, um Futter und zurückgelassene Geräte zu holen. Die Hoffnung auf eine Rückkehr im Frühjahr zerschlug sich jedoch endgültig, als am 13. Januar 1945 der Großangriff der Russen begann und bereits wenige Tage später die Abwehrfront zwischen Schloßberg und Ebenrode brach.
Der Vater von Erwin Spehr, der als Volkssturmmann auf dem Gut Kaukern im Kreis Insterburg stationiert war, schrieb am 17. Januar 1945 im letzten Brief, der die Familie noch erreichte: „ ... Bei uns herrscht große Aufregung, vor 2 Stunden hat der Russe Kussen, Radenau und Eggleningken besetzt. Wie lange dauerts, dann ist er hier. Stahnsdorf wird wohl schon abgebrannt sein. Ich weiß nicht, was werden soll. Ich glaube kaum, dass wir uns nochmals wiedersehen, denn Ihr werdet ja bald weiter müssen. Lasst doch die Pferde alle scharf machen, Wagen schmieren und sonst alles bereit halten .."
Stahnsdorf nach 1945
Als Stahnsdorf am 17. Januar 1945 von der Roten Armee überrollt wurde, ging die fast 400-jährige Geschichte des Dorfes zu Ende. Stahnsdorf existiert als Dorf oder Wohnplatz heute nicht mehr, kein Gebäude ist mehr vorhanden. Die Gemeindefläche wurde nach dem Krieg dem Bereich der landwirtschaftlichen Kolchose Kussen zugeteilt. Stahnsdorf taucht seitdem in keinem deutsch-russischen Ortsnamenverzeichnis mehr auf und ist auch auf keiner russischen Karte zu finden. Auch das Nachbardorf Radenau gibt es nicht mehr.
Und doch ist Stahnsdorf nicht gänzlich verschwunden, alle Hofplätze waren im August/September 1992 noch leicht zu finden, als die Brüder Lothar (mit Sohn Hartmut), Erwin und Manfred Spehr mit dem Wunsch und der Hoffnung dorthin reisten, wenigstens die Stelle des elterlichen Hofes lokalisieren zu können. Im folgenden Text haben sie ihre Reiseerlebnisse beschrieben:
"Die alte Kiesstraße ab Kussen ist heute als Chaussee ausgebaut, endet aber in Michelfelde (russ. Nowinki). Hier sind wir früher zur Schule gegangen. Heute finden wir einen trostlosen Rest des alten Dorfes vor, einige Gebäude aus deutscher Zeit stehen noch und sind bewohnt. Die Schule ist nicht mehr vorhanden, nur noch der Garten des Lehrers. Von Bewohnern erfahren wir, dass das Schulgebäude vor einigen Jahren abgebrochen worden ist, heute gehen die Kinder nach Kussen zur Schule.
Wir wählten den Zugang nach Stahnsdorf deshalb von Michelfelde aus, weil uns der 1,4 km lange, fast schnurgerade Schulweg so vertraut war, dass wir ihn heute auch unter ungünstigen Bedingungen wiederfinden würden. Dort, wo an der ersten Straßenbiegung von Michelfelde nach Kussen der unbefestigte Weg nach Stahnsdorf abzweigte, verließen wir das Taxi und machten uns zu Fuß auf den Weg. Bereits hier erlebten wir die erste positive Überraschung: Wir treffen nicht - wie insgeheim befürchtet - auf ein unübersehbares Maisfeld oder einen kilometerweiten Kolchosacker, sondern auf ein durch die wochenlange Hitze ausgetrocknetes Weideland, soweit das Auge reicht, nur unterbrochen durch Gebüsch- und Baumgruppen. So fällt die Orientierung leicht; den mit Gras und Kraut überwachsenen Weg nach Stahnsdorf können wir als leichte Bodenvertiefung noch erkennen. Die erste Buschgruppe am rechten Wegrand entpuppt sich als der überwachsene Rest des Michelfeldener Hofes an der Stahnsdorfer Gemarkungsgrenze. Nach leicht ansteigenden 300 Metern treffen wir wieder auf Gebüsch rechts des Weges, hier stand der Stahnsdorfer Hof Albrecht. Jetzt ist der Blick frei: Vor uns in der leichten Mulde liegt das „Dorf“, fast so, wie wir es in unserer Erinnerung gespeichert haben, und doch entscheidend anders: Anstelle der Äcker und eingezäunten Wiesen erstreckt sich zaun- und wegelos das steppenartige Weideland ohne ein Anzeichen von Leben; anstelle der verstreut liegenden Einzelhöfe mit ihren weißen Gebäuden, roten Dächern und eingezäunten Gärten sehen wir nur noch graugrüne Baum- und Buschgruppen, genau an den Stellen, wo früher die Höfe standen.
So haben wir Stahnsdorf vor uns, obwohl wir uns inmitten einer Wildnis befinden: Das größere Buschwerk ganz links zeigt die Hofstellen Schmeling und Renkwitz an, die Baum- und Buschinseln halblinks vor uns markieren den Hof von Büchler und den unserer Eltern, scharf rechts liegt der Hofplatz Hasenbein und geradeaus auf der gegenüberliegenden Anhöhe zeigen Bäume und Büsche die Hofstelle Lemhöfer und den Friedhof an.
Natürlich eilten wir zuerst zu unserem „Hof". Die Orientierung war schnell gefunden. Die Grundmauern der Scheune und der beiden Ställe sind deutlich zu erkennen. Sie und die Trümmerreste sind teils mit Gras überwachsen, teils von Buschwerk und Bäumen überwuchert. Auch dicke Moosschichten zeigen an, dass diese Gebäude wahrscheinlich schon seit 1945 zerstört sind. Zwei gemauerte Hoftorpfosten sind die größten Stücke, die wir finden; sie liegen umgestürzt, aber sonst fast unbeschädigt im hohen Gras. Die Trümmer des Wohnhauses aber machen einen recht frischen Eindruck, sie sind nur verkrautet, und zahlreiche ganze Ziegel liegen noch herum. Dieses Rätsel löst sich, als während unseres zweiten Besuchs eine Russenfamilie auf einem Einspänner vorbeikommt, die unserem Taxifahrer berichtet, dass in diesem Hause noch bis vor fünf Jahren jemand gewohnt habe. Der sei nach Litauen gezogen und habe alles noch Brauchbare mitgenommen: Dachziegel, Balken, Fenster, Türen usw.; der Rest sei eingerissen worden. Wir sind also fünf Jahre zu spät gekommen; aber es ging ja nicht früher!
Das Gestrüpp im Garten ist fast undurchdringlich, doch entdecken wir einige vertraute Sträucher. Bemooste Stümpfe zeigen an, wo früher die markanten Bäume standen, zahlreiche neue sind nachgewachsen. Dann eine Überraschung: Ein bei uns Kindern beliebt gewesener Apfelbaum ist noch da, inzwischen recht groß geworden und auch schon altersschwach, aber voller Äpfel! So stehen wir nach 48 Jahren wieder im elterlichen Garten unter dem Baum und essen die eigenen Äpfel; eine eigenartige, fast groteske Situation in wildnishafter Umgebung. Natürlich sammeln wir einige Äpfel ein. - Und noch etwas Rätselhaftes entdecken wir: Durch die Haustrümmer sind in Längs- und Querrichtung zwei etwa 20 cm breite Gräben gezogen, offensichtlich maschinell ausgehoben, sehr gerade und sehr frisch. Die Lösung finden wir bei unserem Insthaus und beim Nachbarhof Büchler: Dort sind die „Schatzsucher" neuen Typs erfolgreicher gewesen, sie haben den Keller gefunden und das Gewölbe mit schwerem Gerät aufgebrochen.
Ein Rundgang zu den Hofstellen in der Nachbarschaft zeigt überall das gleiche Bild: Oft bis zu den Grundmauern abgetragene, teils von Büschen und Bäumen überwachsene Ruinen, verschüttete Brunnen, verwilderte, aber auch lichte Gärten, in denen wir Pflaumen, Zwetschgen und Äpfel finden. Der Garten vom Hof Büchler wird von einer mächtigen Eiche überragt, bei Renkwitz stehen noch Reste eines schmiedeeisernen Gartenzauns. Auch der Teich beim Hof Renkwitz, in dem wir als Kinder trotz Furcht vor den Blutegeln häufig gebadet haben, ist noch vorhanden. Das Haus Hasenbein soll noch bis vor zwei Jahren bewohnt gewesen sein; das hatten die vorbeigekommenen Russen ebenfalls berichtet. Tatsächlich stoßen wir dort auf Wirtschaftsreste: verrostete Milchkannen, Wasserrohre, einen Fahrradrahmen. Beim Haus Lemhöfer sehen wir frische Grabungsspuren.
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Der kanalisierte Bach, der mitten durch die Gemarkung von Stahnsdorf floss und der kurz „Kanal" genannt wurde, ist noch da, doch finden wir ihn ohne Wasser vor, wohl eine Folge des extrem trockenen Sommers. Erst beim Hof Hasenbein hat er etwas Wasser. Das Kanalbett ist gepflegt; es ist trapezförmig ausgehoben und scheint tiefer als früher zu sein; das Schilf ist frisch abgemäht. Der frühere Löschteich neben der Dorfbrücke liegt trocken und ist mit Gebüsch gefüllt. Die alte Brücke selbst ist nur noch in Resten sichtbar; daneben gibt es jetzt einen breiteren Übergang, wie früher mit Betonröhren gebaut. Die größere Breite ist heute für die Viehherde notwendig, denn das ganze Gebiet südlich und westlich von Kussen, also die Felder der früheren Dörfer Radenau, Wildnisrode, Stahnsdorf, Ackermühle, auch teilweise Michelfelde werden von der Kolchose Kussen extensiv als Weide genutzt. Die Kühe halten das Gras kurz, lassen aber Disteln und Gestrüpp stehen. Infolge der Trockenheit und Hitze dieses Sommers ist das Gras hart und grau, was den steppenartigen Charakter der Landschaft noch verstärkt. Zwischen den Hofstellen Lemhöfer und Le Dandeck stoßen wir auf die mehr als hundertköpfige Herde. Der berittene Hirte kommt gleich im gestreckten Galopp hergeritten. Seine zunächst recht finstere Mine erhellt sich schnell, als unser Taxifahrer ihn aufklärt und einige Rubelscheine den Besitzer wechseln. Schließlich läßt er sich sogar lächelnd fotografieren.
Der unbefestigte Dorfweg, der früher von der Kiesstraße bei Michelfelde fast geradlinig durch das Dorf, über die Brücke und am Friedhof vorbei bis Radenau führte, wird heute nicht mehr genützt. Er ist wie alle übrigen Dorfwege mit Gras überwachsen, aber zum Teil in der Landschaft noch zu erkennen, insbesondere weil einige der Weiden, die früher diesen Weg zwischen Albrecht und Lemhöfer begleiteten, noch stehen. Es sind heute fast Baumruinen, teils durch Brand angekohlt, teilweise schon gefallen, aber immer noch Laub treibend. Ein neuer unbefestigter Weg führt von Michelfelde kommend zwischen den Hofstellen Albrecht und Hasenbein hindurch zur Brücke und weiter parallel zum alten Weg sowie rechts am Friedhof und links an den Hofplätzen Poweleit, Mäser und Elfert vorbei in Richtung Gumbinner Chaussee. Von diesem Weg zweigt bereits beim Hof Albrecht ein zweiter nach links ab, der zwischen den Höfen Büchler und Spehr hindurch in Richtung Wildnisrode verläuft.
Der kleine Dorffriedhof ist dicht verstraucht, nur mühsam kann man sich hindurchzwängen. Grabkreuze finden wir in der kurzen Zeit der Suche nicht, aber einige Grabumrandungen und leider auch deutliche Spuren der verbreiteten Grabschändung. Unser Taxifahrer macht dafür Alkoholiker verantwortlich, die nach Goldzähnen suchten.
Dreimal waren wir für einige Stunden dort, wo einst Stahnsdorf stand. Obwohl von der blühenden Kulturlandschaft so gut wie nichts mehr vorhanden ist, und Kindheitserinnerungen nur noch in Spuren bestätigt werden konnten, haben wir diese Reise nicht bereut. Denn geblieben ist der Charakter der weiten, leicht welligen Landschaft, die sich zwar in ihrem Erscheinungsbild verändert hat, aber nicht zerstört werden konnte. Sie wiederzusehen, lohnte die weite Fahrt. Zu befürchten ist allerdings, dass die Versteppung des Landes infolge des überall sichtbaren wirtschaftlichen Niedergangs weiter fortschreiten wird. Auch die Kolchose in Kussen soll kurz vor dem Bankrott stehen, was der äußere Zustand der Gebäude, der Silos und der unter freiem Himmel stehenden Maschinen durchaus bestätigt. Wir sind uns einig: Sollten wir je in einigen Jahren wiederkommen, so werden wir dieses Land nicht mehr so antreffen, wie wir es jetzt im Spätsommer 1992 gesehen haben."
Prästationstabellen, Mühlenconsignationen und weitere Begriffe und Abkürzungen
Datei:Bild Bednohren Prästationstabellen.pdf
In den nebenstehenden Prästationstabellen und Mühlenconsignationen befinden sich historische Einwohnerlisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Folgende Hinweise können dazu beitragen, diese Listen besser zu verstehen bzw. Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Hinweise zu den Prästationstabellen und Mühlenconsignationen, Erläuterungen von Prof. Erwin Spehr.
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Standesamt
Bezirk Spullen
Verschiedenes
Internetlinks
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>STAORFKO14DS</gov>
Fußnoten
- ↑ 1,0 1,1 Gemeindelexikon für den Freistaat Preußen, Band I: Provinz Ostpreußen, Königsberg 1931, S.113-119 Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „GEMEIN3“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ 2,0 2,1 Ortsnamenänderungen in Ostpreußen. Eine Sammlung nach dem Gebietsstand vom 31.12.1937. Zusammengestellt von Helmut Zipplies, S.49, VfFOW Hamburg 1983
- ↑ Historisch-comparative Geographie von Preussen,Dr. Max Toeppen, Gotha 1858,S.351
- ↑ Amtsblatt 1874 , Reg.-Bezirk Gumbinnen, S.164 Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums
- ↑ 5,0 5,1 5,2 http://www.territorial.de/ostp/schlossb/spullen.htm
- ↑ Westfälische Geschichte online
- ↑ Amtsblatt 1874 , Reg.-Bezirk Gumbinnen, S.551 Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums
- ↑ 8,0 8,1 8,2 Amtsblatt 1874 , Reg.-Bezirk Gumbinnen, S.430 Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. I Provinz Preußen [1871], S.236.159
- ↑ Gemeindelexikon für das Königreich Preussen, Berlin 1888, S.258-273
- ↑ Gemeindelexikon für das Königreich Preußen I (1905,Ostpreußen),S.218-231
- ↑ Digitalisat von gemeindeverzeichnis.de von Uli Schubert
- ↑ 13,0 13,1 Digitalisat von www.verwaltungsgeschichte.de von Micheal Rademacher
Orte im Amtsbezirk Spullen ( Landkreis Pillkallen ) Stand 1931 | |
Orte: |
Stadt- und Landkreise im Regierungsbezirk Gumbinnen (Provinz Ostpreußen) | |
Stadtkreise: Insterburg | Memel | Tilsit Darkehmen (Angerapp) | Angerburg | Elchniederung | Goldap | Gumbinnen | Heydekrug | Insterburg | Memel | Pillkallen (Schloßberg) | Ragnit | Stallupönen (Ebenrode) | Tilsit | Oletzko (Treuburg) |