Gronau (Kreis Borken)
Gronau ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Gronau. |
Gronau (Kreis Borken):, historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise...
Hierarchie: Regional > Bundesrepublik Deutschland > Nordrhein-Westfalen > Regierungsbezirk Münster > Kreis Borken > Gronau (Kreis Borken)
Name
Gronowe (1371), später Gronaw, Gronau.
Landschaftslage
Gronau an der Grenze gegen Holland, liegt in 37-40 in Höhe an der Dinkel (zur Vechte) in einer weiten, ehemals von Wiesen und Mooren gezeichneten Niederungslandschaft des Westmünsterlandes.
Ursprung der Ortschaft
- Balduin von Steinfurt empfing 1365 das „Hus to Bocholte" (vordem Burgmannssitz der bischöflichen Landesfeste Nienburg) als münstersches Lehen. Daraus entstand das Schloß Gronau als Steinfurter Witwensitz.
- Karte der Stadt und der Hovesaat Gronouwe (4 Farben, 75x52 cm, H.W.Schrader 1730) im Diözesanarchiv Münster.
Stadtgründung
Innerhalb der Gräften und Wälle des Schlosses, der „Freiheit", entstand im 15. Jhdt. als Burgflecken das spätere Wigbold Gronau (zuerst 1487 so genannt). Stadtrecht 1897, aber schon lange vorher als Stadt bezeichnet.
Stadtals Siedlung
Bauliche Entwicklung
Die planmäßige Stadtsiedlung lehnt sich an das Schloß als Kern und an den Übergang über die Dinkel an. Rechteckiger Markt am Schloß. Der alte Burgflecken ist ein Rundling innerhalb der Gräften und Wälle. Durchmesser 500 m. Um 1600 Erweiterung durch Abtragung der Wälle und teilweise Zuschüttung der Gräften. Nach Bebauung des kurzen und des langen Walles begann die Errichtung von Häusern am Deventer Hellweg (Neustadt). Seit 1924 und 1936 Ortserweiterungen in aufgelockerter Bauweise nach Westen beiderseits der Straße nach Enschede (Niederlande) und vor allem nach 0sten und Nordosten hin gegen Ochtrup und Bentheim.
Gebäude
Schloß, einfach, Renaissance, umgebaut 1786; Schloßkirche wohl 14. Jhdt. Ref. Kirche nach der Reformation eingeweiht. Kath. Kirche in der Neustadt 1772, Neubau 1915. Ev. Kirche „auf der Horst" 1897. Kath. Schule im Buterland 1720, in der Stadt 1798.
Bevölkerung
Ältere Einwohnerzahlen
1632: 68 Haushaltungen, 1723: 272 erwachsene Einwohner, 1768: 126 Häuser, 1787: 682 Einwohner.
Bevölkerungsverzeichnisse
- Status animarum 1750 (Diözesanarchiv Münster)
- Adreßbücher ab 1897
Abschriften der Mormonen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
- 1810-1814 (Zivil) Geburten, Aufgebote, Heiraten, Tote
- 1815-1874 (ev.) Geburten, Heiraten, Tote
- 1815-1874 (rk.) Geburten, Heiraten, Tote
- 1822-1843 (Juden, Bürgermeisterei) Geburten, Heiraten, Tote
Jüngere Einwohnerzahlen
1818: 839 Einwohner (E.), 1843: 979 E., 1858: 1.260 E., 1871: 1.233 E., 1885: 1.570 E., 1895: 2.083 E., 1905: 9.139 E., 1910: 10.082 E., 1919: 9.305 E., 1925: 14.159 E., 1933:17.519 E., 1939:18.823 E.. 1946: 20.455 E., 1950: 24.338 E., 1954: 26.000 Einwohner. - 1936: 1.738 Ausländer, vorwiegend Niederländer.
Sprache
Die westmünsterländische Mundart als Umgangssprache in Gronau liegt in dem niederfränkisch-westfälischen Grenzsaum (Essen- Gronau), der Einflüsse von beiden Seiten erfahren hat. Man sagt etwa: kokken 'kochen', ik bin 'ich bin', hef 'hat', u 'euch', i 'ihr', bouwen 'bauen', meiet `(sie) mähen'. Die Eingesessenen pflegten die Mundart noch 1954 in den Familien.
Wirtschaft
Handel u. Gewerbe
Mit dem Verfall des Schlosses war das Wigbold Gronau zu einem bedeutungslosen Grenzort herabgesunken. Noch im 18. Jhdt. lebten die Bewohner hauptsächlich von der Landwirtschaft. Bei den kleineren Köttern war zu dieser Zeit das „Hollandgehen" üblich. In der kalten Jahreszeit wurde Flachs gesponnen und gewebt. Das Leinen wurde allmählich Handelsware. Bekannt war zu dieser Zeit die Gronauer Rasenbleicherei. Um 1770 richteten einige Gronauer Familien sogenannte Manufakturen oder Reedereien für Leinwand ein. 1822: an 50 Spinnmaschinen und 58 Webstühlen über 300 Personen beschäftigt. Danach Rückgang durch Baumwolleinfuhr, dann durch mechanische Webstühle, Schließung der Manufakturen um 1850. Gründung mehrerer mechanischer Webereien in Gronau von den Niederlanden aus, zuerst „de groote Stoom" mit der ersten Dampfmaschine (um 1840). 1954 Großbetriebe der Baumwollspinnerei: M. van Delden & Co. mit Bleicherei, Färberei und Stoffdruckerei (1854); Gerrit van Delden & Co. (1875), bis 1939 größte Spinnerei des Kontinents (750.000 Spindeln); weitere Spinnereien, Strickereien, Webereien, Wäschebetriebe. Ergänzung vor 1954 durch: Flockenbastwerk (1942), Westdt. Textilfaser GmbH. Bauunternehmung (1890), Sägewerk (1910), 3 kleine Maschinen- und Apparatebaufirmen.
Verkehr
1954: Gronau wurde um 1850 zum örtlichen Verkehrsknotenpunkt an der deutsch-niederländischen Grenze. Von hier aus gingen Nebenbahnen: nach Ochtrup -Münster, Ochtrup-Rheine (1905, Anschluß zur Strecke Münster-Norddeich), Enschede (Niederlande) und nach Bentheim-Laarwald (Bentheimer Eisenbahngesellschaft). Gronau ist 1954 Grenzstadt an der Bundesstraße Wiesbaden - Siegen - Münster - Gronau nach Holland (Enschede -Hengelo- Amsterdam). 1954 Landstraßen nach Ahaus, Vreden, Losser und Gildehaus-Bentheim.
Umgebungsbedeutung
1954 ist Gronau noch wichtig durch seine Textilindustrie und als Grenzort. Wirtschaftlicher Einflußbe¬reich reichte damals bis Ahaus, Ochtrup und Bentheim.
Verwaltung
Obrigkeitliche Verwaltung in den Händen der gräflichen Beamten. Im 15. Jhdt. Rentamt und Gericht, die Schöffen stellten zugleich den Rat des Wigboldes dar. Im 18. Jhdt.: 2 Vorsteher oder Bürgermeister, 6 Gemeinheitsleute, 12 Geschworene, 4 „Vuirheeren" (=Feuerherren); die Vorsteher nach Vergleich von 1699 vom Grafen zu ernennen, später der zweite und 3 Gemeinheitsleute vom Wigbold bestellt.
Bürgerechtsquelle-Bürgerbuch
- Gronau, 1959 Kreis Ahaus, (Wigboldnennung 1487; Stadt 1897), Bürgerrecht zu Gronau ,Akten, 17. Jh. ff. (vgl. Inventare der nichtstaatl.Archive, Kreis Coesfeld. Münster 1904, S. 63).
- Literatur: Bremer, Heimatbuch von Gronau-Epe. 1939. Mit Angaben über Gronauer Bürgerfamilien.
- Quelle: Beiträge zur westfälischen Familienforschung Bd. 36-37
- Literatur: Bremer, Heimatbuch von Gronau-Epe. 1939. Mit Angaben über Gronauer Bürgerfamilien.
Landesherrschaft
Landesherren
Der Burgflecken Gronau lag als Steinfurtische Enklave im ehemaligen Fürstbistum Münster. 1638 kam es an die Rhedaer Linie des Hauses Bentheim. Die lange verfochtenen Ansprüche auf Landeshoheitsrechte konnten gegen Münster nicht durchgesetzt werden. Durch Vergleich von 1699 (ergänzt 1771) erkannten die Grafen den Bischof von Münster als Landesherrn an; sie behielten nur die Rechte von Unterherrlichkeiten in bezug auf Jurisdiktion und Territorialhoheit.
- <1803 Gronau, Lehen an Grafen zu Steinfurt, im Amt Horstmar, Fürstbistum Münster
- 31. 01. 1803 fiel Horstmar mit dem Amte Horstmar als Grafschaft Horstmar an das Haus des Wild- und Rheingrafen
- 1806 Kaiserreich Frankreich, Großherzogtum Berg, Kanton Ochtrup, Arrondissement Coesfeld
- 1810 Kaiserreich Frankreich, Lippedepartement, Arrondissement Steinfurt, Kanton Ochtrup, Mairie Gronau
- 1813 Königreich Preussen, Preußisches Gouvernement Weser-Rhein, Regierungskommision Münster, Kreis Steinfurt
- 1816 Königreich Preussen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster, Kreis Ahaus, Amt Gronau
- 1946 Land Nordrhein-Westfalen., ab 1975 Kreis Borken
Kriegerische Ereignisse
Verwüstungen im spanisch-niederländischen und 30jährigen Krieg Ende 16. Jhdt. Belästigungen im 7jährigen Krieg sowie 1795, 1806/07, 1813.
Zeitzeichen 1895
- Gronau, Stadt / Stadtgemeinde in Deutschland, Königreich Preussen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster, Kreis Ahaus, Amt Gronau, an der Dinkel,37 m ü.d.M., Amtsgericht Ahaus,
- Schloss des Fürsten von Bentheim-Tecklenburg-Rheda
- Zuständigkeiten/Einrichtungen: Standesamt Gronau, ev. Kspl Gronau, kath. Kspl. Gronau, Postbezirk, Telegrafenamt, 1 ev. u. 1 kath. Kirche, Eisenbahnstation Linie Dortmund <> Gronau <> Enschede der Preussischen Staatsbahn und Gronau <> Hengeloo der Niederländischen Staatsbahn (EB-Knotenpunkt).
- Gesamtfläche: 36,9 ha, (1895) 1 Wohnplatz, 240 Gebäude
- Einwohner: 2.083 (1.113 Ev., 905 Kath., 10 andr. Christen, 55 Juden)
- Gewerbe: bedeut. Spinnerei (Baumwolle; 220.000 Spindeln), Weberei (1.418 Stühle), Bleicherei, Färberei, Fabr. (Seide, Cichorien).
- Quelle: Hic Leones
Kriegswesen
Schützengilden
Bürgerschützen 1827.
Siegel, Wappen, Fahne
Datei:Wappen-Gronau1898.jpg | Beschreibung:
Wappen (von 1898): zeigte in Grün einen silbern gesäumten goldenen Schrägrechtsbalken, belegt mit 3 schwarzen Querbalken. |
Beschreibung:
Wappen (von 1937): zeigt in Grün einen schrägrechten goldenen Wellenbalken, der belegt ist mit einem roten, schwarz bewehrten Schwan. Farben 1937: Grün-gelb. |
Finanzwesen
Münzwesen
Notgeld. 1918: 10, 25 Pfg. Zink; 1919: 50 Pfg. Eisen; 1918: 50 Pfg. Papier.
Stadtgebiet
- 1841-1898 Amt Gronau.
- Gebiet 1858: 20 ha.
- 1898 Stadtrecht, durch Eingemeindung der Bauerschaft Eilermark vom Kirchspiel Epe (3.019 ha, etwa 4.500 Einwohner) vergrößert von 37 ha auf 3.061 ha (1898).
- 1951: 3.081 ha.
- 1975 kommunale Neugliederung: Zusammenschluß von Gronau und Epe.
Ortsteile
Epe: Bürgerechtsquelle-Bürgerbuch
- Epe (Gronau), 1959 Kreis Ahaus (Dorf), Gildebuch der St. Georgi-Schützengilde 1642-1736, 93 Blätter (Nachlaß Kinderarzt Dr. med. Heinrich Kemper, Münster). Neben den Jahresverzeichnissen der gewählten Gildemeister oder Bürgermeister, der Vorsteher und Schöffen zu Epe, neben Armeneinkünfteregistern sowie verschiedenen Zahlungen zu Gilde- und Gemeindezwecken führt die Handschrift der von zwei frei wählbaren Bürgermeistern und sechs Schöffen selbstverwalteten Dorfgemeinde Neubürgerlisten („lode, de met de gemenheidt wegen ere borgerschop verackordert hebben") aus den Jahren 1648/49 und 1652.
- Quelle: Beiträge zur westfälischen Familienforschung Bd. 36-37
Kirchenwesen
Bistümer seit Mittelalter
Innerhalb der Pfarre Epe entwickelte sich um das 1365 ge¬nannte bischöfliche Lehen „Bocholte“ - 1374 Gronowe - ein Burgbezirk, dessen Kapelle 1538 Pfarrechte erhielt. Die wohl aus dem 14. Jahrh. stammende Pfarrkirche und ehemalige Burgkapelle zum hl. Antonius d. E. ging 1544 in den Besitz der Lutheraner über, wurde aber seit 1699 von beiden Konfessionen benutzt.
- Gronau gehörte vor der Reformation kirchlich zu Epe (Gronau).
- Erhebung der Schloßkapelle zur eigenen Pfarrei 1538.
- 1650 wieder kath. Pfarrer, Kirche seit 1772, Dekanat Ahaus, Bistum Münster.
- 1766-1772 Errichtung einer neuen katholischen Pfarrkirche, die man 1913 durch einen Neubau ersetzte.
- Kloster Marienflucht (Gronau), Kloster Glane
Reformation
- Reformation 1544. 1588 Übergang zum ref. Bekenntnis. Da in der Folgezeit die meisten Gronauer Prediger Holländer waren, wurde in Kirche und Schule holländisch gepredigt, bis 1832 die preußische Regierung die hochdeutsche Sprache in Kirche und Schule einführte. Kirchenkreis Münster.
Bekenntnisse
1871: 611 Ev., 600 Kath., 1895: 1.113 Ev., 905 Kath., 1925: 7.121 Ev., 6.417 Kath., 1935: 9.459 Ev., 8.707 Kath., 1946: 9.747 (47%) Ev., 9.896 (48 %) Kath., 1950: 11.564 Ev., 11.446 Kath., 1.018 Andersgläubige.
Juden
1871: 18, 1925: 39 Juden.
Wohlfahrtspflege
1954: 2 Krankenanstalten. Schlachthof. Wasserwerk 1903. Kanalisation. Elektrizitätswerk 1898.
Bildungswesen
Schulen
Ev. Schulmeister im 16. Jh. erwähnt. Kath. Schule im Buterland 1720. Ev. Schule seit 16. Jh. 1954: 6 Volksschulen, 1 Realschule, 1 Oberschule.
Zeitungen
Gronauer Nachrichten seit 1893.
Archiv
- Gronau (Kreis Borken)/Stadtarchiv
- Fürstliche Archive Rheda und Burgsteinfurt
- Staatsarchiv Münster
Artikel-Quellen
- Deutsches Städtebuch, Handbuch städtischer Geschichte, Bd. III. Nordwest-Deutschland, II. Westfalen (1954) W. Kohlhammer Verlag Stuttgart
- Adreßbücher, Stadtarchiv
Bibliografie
- Bremer, H.: Heimatbuch Gronau-Epe. Landschaft —Geschichte — Volkstum. (1939).
- Dickel, Hanspeter: Natur und Kultur des Raumes Gronau und Epe. 1982.
- Diekmann,Herbert: Bibliographie der Stadt Gronau. 1992.
- Herdemann, F.: Versuch einer Lautlehre der westmünsterländischen Mundart (Diss. Münster 1921, Manuskript).
- Jesse, 0.: Geschichte der Herrschaft und der Stadt Gronau (1925), Nachdruck 1980.
- Kleine Chronik von Gronau-Epe (1820, Handschrift).
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