Juditten (Königsberg): Unterschied zwischen den Versionen

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== Kirchliche Einteilung, Zugehörigkeit ==  
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'''Juditten''' war Kirchspielort.
'''Juditten''' war Kirchspielort.  
* Zur Kirche von Juditten gehörten vor 1945 neben dem Pfarrort noch 30 Kirchspielorte
=== Evangelische Kirche ===  
=== Evangelische Kirche ===  
[[Image: Metgethen Waldkirche.jpg|thumb|440 px|<Center>'''Waldkirche Metgethen'''</Center>]]
'''Ev.-luth. Pfarrkirche'''<br>  
'''Ev.-luth. Pfarrkirche'''<br>  
"Die Kirche von Juditten zählt zu den '''ältesten Gotteshäusern des Samlandes''' und wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut.  Wegen ihrer starken Grundmauern diente sie wohl auch als Festung. Der Turm stand zunächst separiert und wurde in späterer Zeit durch einen Zwischenbau mit dem Kirchenschiff vereinigt. Königin Luise hat diese Kirche oft besucht.  
"Die Kirche von Juditten zählt zu den '''ältesten Gotteshäusern des Samlandes''' und wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut.  Wegen ihrer starken Grundmauern diente sie wohl auch als Festung. Der Turm stand zunächst separiert und wurde in späterer Zeit durch einen Zwischenbau mit dem Kirchenschiff vereinigt. Königin Luise hat diese Kirche oft besucht.  
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Wegen der '''„Madonna auf der Mondsichel“''', ein Marienbild mit Jesuskinde von übermenschlicher Größe, grob aus Holz geschnitzt und angestrichen, war Juditten vor der Reformation ein berühmter Wallfahrtsort. Auch noch nach der Reformation kamen Pilger, selbst aus Rom, und ließen sich vom lutherischen Pfarrer eine Bescheinigung darüber geben, dass sie Buße getan hatten.
Wegen der '''„Madonna auf der Mondsichel“''', ein Marienbild mit Jesuskinde von übermenschlicher Größe, grob aus Holz geschnitzt und angestrichen, war Juditten vor der Reformation ein berühmter Wallfahrtsort. Auch noch nach der Reformation kamen Pilger, selbst aus Rom, und ließen sich vom lutherischen Pfarrer eine Bescheinigung darüber geben, dass sie Buße getan hatten.


"Breiter einschiffiger Feldsteinbau mit polygonalem Chor, eine der ältesten Kirchen Ostpreußens, deren Bau mit dem Chor im 13. Jahrhundert begonnen wurde. Der ummauerte hölzerne Turm aus dem 16. Jahrhundert (Wetterfahne 1577 und 1819) wurde durch einen Zwischenbau mit der Kirche verbunden. Der Chor ist mit Sterngewölben, das Langhaus mit sog. Springgewölben überdeckt. 1906/ 07 wurden wertvolle Wandmalereien (um 1400) entdeckt. Rest der gotischen Ausstattung (Madonna, Kruzifix, Schmerzensmann und altes Gestühl) blieben erhalten, aber durch Gegenstände aus dem 17. Jahrhundert ersetzt: Altar (1672), Kanzel (1686) mit Schnitzwerk und Bildern der Evangelisten. Die Kirche hat zwei Glocken. Die Orgel wurde 1840 erbaut."
''Baubeschreibung nach Hubatsch''


Von 1948 bis 1985 war das Gebäude leer und zerstört. Im Jahr 1985 wurden die Ruinen der russisch-orthodoxen Kirche übergeben. Bis 1986 wurde die Kirche restauriert und man begann, Gottesdienste zu halten. Am 22. Dezember 1999 wurde die St.-Nikolaus-Kirche mit dem angrenzenden Gebiet durch Dekret des Metropolit Kyrill von Smolensk und Kaliningrad in ein Nonnenkloster umgewandelt. Leiterin des Klosters ist Äbtissin Sofia.
„Breiter einschiffiger Feldsteinbau mit polygonalem Chor, eine der ältesten Kirchen Ostpreußens, deren Bau mit dem Chor im 13. Jahrhundert begonnen wurde. Der ummauerte hölzerne Turm aus dem 16. Jahrhundert (Wetterfahne 1577 und 1819) wurde durch einen Zwischenbau mit der Kirche verbunden. Der Chor ist mit Sterngewölben, das Langhaus mit sog. Springgewölben überdeckt. 1906/ 07 wurden wertvolle Wandmalereien (um 1400) entdeckt. Rest der gotischen Ausstattung (Madonna, Kruzifix, Schmerzensmann und altes Gestühl) blieben erhalten, aber durch Gegenstände aus dem 17. Jahrhundert ersetzt: Altar (1672), Kanzel (1686) mit Schnitzwerk und Bildern der Evangelisten.<br>Die Kirche hat zwei Glocken. Die Orgel wurde 1840 erbaut." <ref> Hubatsch, Walter: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreussens, Vandenhoeck  Ruprecht, Göttingen 1968,  S. 47 Bd.II </ref>
 
Von 1948 bis 1985 war das Gebäude leer und zerstört. Im Jahr 1985 wurden die Ruinen der russisch-orthodoxen Kirche übergeben. Bis 1986 wurde die Kirche restauriert und man begann, Gottesdienste zu halten. Am 22. Dezember 1999 wurde die St.-Nikolaus-Kirche mit dem angrenzenden Gebiet durch Dekret des Metropolit Kyrill von Smolensk und Kaliningrad in ein Nonnenkloster umgewandelt. Leiterin des Klosters ist Äbtissin Sofia.  
* Im Bereich Mendelejewos lebende evangelische Kirchenglieder sind heute der [[Amalienau (Königsberg)#Ansichten|Auferstehungskirche]] in Kaliningrad (Königsberg) zugeordnet.<br>Sie gehört zur Propstei Kaliningrad der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.
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'''Waldkirche Metgethen'''
'''Waldkirche Metgethen'''
 
* Die Waldkirche [[Metgethen]] war ein Achteckbau mit bekrönendem Turm. Sie wurde 1925 eingeweiht.<br>Der gewölbte Innenraum war schlicht. Die Kirche hatte eine Glocke.
Die Waldkirche [[Metgethen]] war ein Achteckbau mit bekrönendem Turm. Sie wurde 1925 eingeweiht. Der gewölbte Innenraum war schlicht. Die Kirche hatte eine Glocke. <ref> Hubatsch, Walter: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreussens, Vandenhoeck  Ruprecht, Göttingen 1968,  S. 47 Bd.II </ref>


=== Katholische Kirche ===
=== Katholische Kirche ===
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Friedhof bei der Kirche. Vom Friedhof bestand eine schöne Aussicht auf Königsberg.
Friedhof bei der Kirche. Vom Friedhof bestand eine schöne Aussicht auf Königsberg.


== [[Bild: Icon Literatur.jpg|50 px]] Geschichte ==  
== [[Bild: Icon Literatur.jpg|50 px]] Geschichte ==
[[Image: Juditten Bahnhof.jpg|thumb|440 px|<Center>'''Bahnhof Juditten'''</Center>]]
<!-- Hier: geschichtlicher Abriss -->
<!-- Hier: geschichtlicher Abriss -->
*'''1287''' wird der Ort erstmals als '''„duas villas sic nominatas Gaudityn“''' erwähnt.  
* '''1287''' wird der Ort erstmals als '''„duas villas sic nominatas Gaudityn“''' erwähnt.  
*'''1349''' heißt es '''„super villam Gauditin, Gauditen“'''
* '''1349''' heißt es '''„super villam Gauditin, Gauditen“'''
*'''1302''' '''Judynkirchen'''.  
* '''1302''' '''Judynkirchen'''.  
*Der Name Juditten erscheint '''1670''' in den Ostpreußischen Folianten. Bei Juditten befand sich der '''Spittelhof''', der Wirtschaftshof des '''Hauskomturs zu Königsberg''', dem die zu dem Spital gehörenden Dörfer scharwerkspflichtig waren.
* Der Name Juditten erscheint '''1670''' in den Ostpreußischen Folianten. Bei Juditten befand sich der '''Spittelhof''', der Wirtschaftshof des '''Hauskomturs zu Königsberg''', dem die zu dem Spital gehörenden Dörfer scharwerkspflichtig waren.
* '''1760''' wurde das Landgut Juditten von der Weinhändler Balthasar Schindelmeißer  erworben, der bis 11805 Mitgeigenntümer der historischen Gaststätte „Blutgericht“ im Königsberger Schloss war.
* Sein Nachfolger Richter Schindelmeißer hat im Jahre 1808 mehrmals  König Friedrich Willhelm III. und Königin Luise beherbergt.
* Die Bemühungen des Königsberger Stadtrats Theodor Krohne (1846-1925) um den Erhalt des Pfarrei-Wäldchens waren erfolgreich und deswegen wurde das Wäldchen später Theodor-Krohne-Wäldchen genannt.
*'''1874''' wurde der Amtsbezirk Juditten aus Lawsken, Moditten, Spittelhof, Waldthal, den Gutsbezirken Charlottenburg, Friedrichswalde, Groß Rathshof, Klein Rathshof, Moditten und dem Etablissement Juditten Mühle gebildet. Verwaltet wurde der Bezirk vom Amtsvorsteher in Rathshof.
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[[Image: Juditten Villenkolonie2.jpg|thumb|350 px|<Center>'''Villenkolonie Juditten'''</Center>]]
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[[Image: Juditten Villenkolonie.jpg|thumb|350 px|<Center>'''Villenkolonie Juditten''' mit Wasserturm</Center>]]
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[[Image: Juditten Stadtwald.jpg|thumb|350 px|<Center>'''Königsberger Stadtwald in '''Juditten'''</Center>]]
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== Heutige Situation ==
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[[Image: Juditten Hauptstraße.jpg|thumb|530 px|<Center>Häuser an der Hauptstraße in '''Juditten''' <small> (Foto 2012) </small></Center>]]
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:[[Image: Juditen ehem Villenviertel.jpg|thumb|530 px|<Center>Ehemaliges Villenviertel in '''Juditten''' <small> (Foto 2012) </small></Center>]]
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*'''1874''' wurde der Amtsbezirk Juditten aus Lawsken, Moditten, Spittelhof, Waldthal, den Gutsbezirken Charlottenburg, Friedrichswalde, Groß Rathshof, Klein Rathshof, Moditten und dem Etablissement Juditten Mühle gebildet. Verwaltet wurde der Bezirk vom Amtsvorsteher in Rathshof.
*Am 16. Juni '''1927''' wurde Juditten in die Stadtgemeinde und den Stadtkreis Königsberg i. Pr. eingegliedert.
== Heutige Situation ==
== Persönlichkeiten ==
== Persönlichkeiten ==
*Johann Christoph '''Gottsched''', geb. 2. Februar 1700, Literaturreformator
*Johann Christoph '''Gottsched''', geb. 2. Februar 1700, Literaturreformator
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<!-- == Genealogische und historische Quellen == -->
<!-- == Genealogische und historische Quellen == -->
<!-- === Genealogische Quellen === -->
<!-- === Genealogische Quellen === -->
<!-- Hier: z.B. Kirchenbücher, Verfilmte Quellen, Batchnummern, -->
=== Kirchenbücher ===
* Digitalisate:
**[http://www.familysearch.org/search/catalog/2842721?availability=Family%20History%20Library evgl. Zivilstandsregister 1800-1936 online]
 
<!-- Hier: z.B. Verfilmte Quellen, Batchnummern, -->
<!-- Zivilstandsregister, andere Quellen, Volkszählung,        -->
<!-- Zivilstandsregister, andere Quellen, Volkszählung,        -->
<!-- Bürgerbücher, Matrikel, Zunftbücher, Grundbücher usw.      -->
<!-- Bürgerbücher, Matrikel, Zunftbücher, Grundbücher usw.      -->
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<!-- *{{Neumanns 1894|}} -->
<!-- *{{Neumanns 1894|}} -->
<!-- *{{Ritters 1895|1|}}-->
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<!-- == Archive und Bibliotheken == -->
<!-- == Archive und Bibliotheken == -->
<!-- === Archive === -->
<!-- === Archive === -->
<!-- === Bibliotheken === -->
<!-- === Bibliotheken === -->
== Zeitungsmeldungen ==
=== Königsberger Hartungsche Zeitung ===
Ein Wintertag in Juditten
vom 6.2.1913 Seite 10
Autor: -spitz-</br></br>
„Rrrrrrr“ – zur Erklärung für phantasievolle Gemüter: das ist nicht das Kriegsgeheul Luppas bei der Ringkampfkonkurrenz, sondern das melodische Rattern des Tischtelephons. – „Ja?“ – „Sie wollten doch demnächst unserer Villenkolonie einen Besuch abstatten. Heute eist es so schön draußen, wollen Sie nicht heute kommen Sie fahren am besten um ¾ 3 von der Poststraße aus, denn jetzt wird’s ja bald dunkel.“ – „Ja, aber es ist doch schon ½ 3!“ – „Waas? Einem Journalisten ist etwas unmöglich??“ – Das war für mich entscheidend. „Ich komme“, brüllte ich ins Telephon. Fahre in den Hut, stülpe mir den Paletot auf, ach nein, umgekehrt, nach Haus, frischen Kragen, zwei belegte Stullen runter, Zigaretten gekauft und im Schnellgalopp los. In der Junkerstraße von fern ein bekanntes Gesicht. Allmächtiger Himmel, es soll mich nur nicht ansprechen!. Da ist er schon. „Guten Tag, endlich sieht man Sie wieder.“ – „Servus, keine Zeit, ¾ - Wagen – 3- Juditten – Uhr …“ und weiter sause ich, er bleibt stehen, schaut mir entgeistert nach und denkt vermutlich „auch der hat schon ‚nen Pips.“ Die Elektrische setzt sich eben in Bewegung, Sturmlauf, Hopsa – ich fahre mit.</br>
Es ist ein eigenes Vergnügen, in frischer Winterluft hinauszufahren in eine schneebedeckte Landschaft. Hier in der Stadt wissen wir eigentlich kaum, daß Winter ist. Wir sehen allerdings mitunter, daß das Thermometer sich in den unteren Regionen aufhält; Männlein und Weiblein laufen auf der Straße in luftdicht verschlossenen Pelzumhüllungen, man fällt mitunter auf die Nase, aber von dem eigentlichen Signum des Winters, dem Schnee, merkt man im allgemeinen nur dann etwas, wenn ein gehöriger Klumpen mit ausreichender Wucht vom Dache eines dreistöckigen Gebäudes herab auf den hervorragendsten Teil des menschlichen Angesichts fällt. Die flaumigen Bettfedern der Frau Holle werden unter den Tritten der Passanten rasch zerpreßt, zusammengedrückt, in eine harte Masse verwandelt.</br>
Wie anders sieht es da draußen aus! Zunächst kraxelte ich natürlich auf den '''Wasserturm''' der Villenkolonie hinauf, um mir mal die herrliche Winterlandschaft von oben zu besehen. Das ist nicht so einfach. Und ohne meine mitunter so verspottete Spindeldürre wäre es mir wohl kaum gelungen. Erst geht’s ja recht bequem, dann verengt sich die Treppe immer mehr, immer schmäler werden die Treppen, immer steiler gehen sie hinan, und der letzte Teil ist für einen Nichtsportler überhaupt nicht zu überwinden. Hat man sich aber pustend und stöhnend, schimpfend und trotz der Kälte „transpirierend“ bis hinauf durchgewunden, dann bietet sich eine derart prachtvolle Aussicht, daß man der überstandenen Mühe vergißt und sich ganz dem zauberlichen Bilde hingibt. Von hoher Warte nimmt sich das unten liegende Gelände in winterlichem Schmucke herrlich schön aus. In keuscher Unberührtheit liegt das Schneegewand da, durchzogen von spärlichen Straßen. Vom Norden her schaut das '''Schloß Fuchsberg''' herüber, im Westen zieht sich das Baumgewimmel des '''Stadtparks''' in starrer Unbewegtheit dahin – wie lobenswert, daß sich einigen 20 Jahren Bürger gefunden haben, die den prächtigen Park vor der Vernichtung gerettet - , darüber kann man als einen dunklen Strich den '''Galtgraben''' eben noch erkennen, im Osten liegt ein graubraunes dunkel: das ist das Häusermeer Königsbergs mit dem über ihn lagernden Rauchschaden. Da sieht man erst, was wir in der Stadt einatmen! Nach Norden ist der Kolonie unmittelbar der herrliche Gutspark von Friedrichswalde vorgelagert, bestanden mit uralten mächtigen Eichen, die nach grundbuchamtlicher Bestimmung ständig erhalten bleiben müssen. Bei scharfem Zusehen kann man im Südwesten noch die Schiffsmarken bei '''Holstein''' und die weiße gefrorene Fläche des Haffs erkennen.</br>
Zahlreiche Baumreihen durchziehen das Gelände, die die verschiedenen Straßenzüge erkennen lassen. Da ist zunächst in der Ferne, noch schwach erkennbar, die '''Radialchaussee 5a''', die vom '''Luisenkirchhof''' am '''Hammerteich''' vorbei zum '''Kopernikus''' und weiter zur Ringchaussee führt, und die allen Besuchern der Flugveranstaltungen im vergangenen Frühjahr wohlbekannt ist. Diese Radialstraße, die sich bisher im Besitze der Fortifikation befand und für den Wagenverkehr vollkommen gesperrt war, wird jetzt der öffentlichen Benutzung übergeben werden. Die Verhandlungen, die zwischen der Militärverwaltung und dem Landkreise geführt wurden, sind bereits zum Abschluß gediehen, die Übergabe der Straße an den Landkreis hat bereits vor einigen Wochen stattgefunden, so daß die endgültige Veröffentlichung im Laufe der allernächsten Zeit erfolgen wird. Nach Nordosten – zum Kopernikus – führt von der '''Villenkolonie''' aus über den '''Gutspark''' eine prächtige alte Kastanienallee Der bei den Fußgängern so beliebte Hammerweg soll als Straße ausgebaut werden – bisher führte die Straße bloß bis '''Ratshof'''. Auf der Trace des Hammerwegs soll jetzt seitens der Gemeinde Juditten unter der Beihilfe des Kreises eine neue 15 Meter breite Straße angelegt werden, die von der Stadtgrenze aus an dem Gelände der Kunstakademie vorbei nach dem Juditter Wald führen wird. Bei dieser Gelegenheit soll die Schlucht am nördlichen Ende des Hammerwegs einem Damm und ein Schleusenwerk erhalten, so daß sich die Möglichkeit bietet, einen Teich anzulegen, längs dessen östlichem Ufer der Landgraben in gerade Richtung nach dem '''Stadtpark''' führen wird. Auf der Westseite des anzulegenden Stauteiches sind schattige Baumreihen bereits vorhanden. Im Winter wird dann auf diesem Teich eine Schlittschuhbahn angelegt werden. Rodelgelegenheit ist schon jetzt in der Nähe; für Skilaufen sind die ebenen schneebedeckten Wiesen natürlich auch sehr geeignet. Nach der Durchführung dieses großzügigen Straßenbauprogramms wird Juditten zweifellos ein noch beliebterer Ausflugsort für uns geplagte Großstadtmenschen werden. In der Kolonie selbst sind die Straßen ungemein symmetrisch angelegt. Wo es angängig war, hat man von gerader Linienführung abstand genommen. Den Mittelpunkt des Rasenplatzes bildet der '''Gottschedplatz''', auf dem das '''Wasserwerk''' sich erhebt, von wo vier Straßen strahlenförmig auslaufen, die eine Breite von 11 Metern haben. Sie sie umgebenden Straßen sind wiederum 15 Meter breit, also vollkommen ausreichend für den Verkehr. Die Straßen haben Steinpackung und Chaussierung, die später geteert werden soll. Ale Hauptstraßen haben außer breiten Promenaden noch Reitwege und sind mit der im Sommer so schönen Krimlinde bepflanzt.</br>
Reizend nehmen sich von dem das ganze Landschaftsbild beherrschendem Turme die von oben so klein scheinenden zierlichen '''Villen''' aus, wie ein Kinderspielzeug, kunstvoll aus Bausteinen hergestellt. Ungeachtet der Jugend der Kolonie (die Gesellschaft wurde im Mai 1911 gegründet, im Sommer 1911 wurde mit den ersten Arbeiten begonnen) sind bereits 25 Villen von 5-12 Zimmern errichtet oder fast fertiggestellt. Bei allen ist natürlich der landhausmäßige Stil gewahrt. Ueber dem Erdeschoß erhebt sich ein ausgebautes Obergeschoß, meist mit spitz abfallendem Dache. Bei keinem Hause fehlt ein verhältnismäßig recht großer Garten. Jetzt im Winter ruhen die Beete allerdings wohlverwahrt unter Strohmatten. Die Villen sind sämtlich Einfamilienhäuser, Mietskasernen dürfen nach den Bestimmungen der Statuten nicht errichtet werden. Der Preis für größere Villen beträgt etwa 20 bis 25 000 Mark, eine kleinere Villa kann man jedoch bereits für 10 000 Mark erhalten. Bisher dachte ich, daß „fubbedoll“ viel Geld erforderlich sei, um sich ein Häuschen auf eigenem Grund und Boden, den man aber noch nicht hat, zu erbauen. Nach den mir gegebenen Aufklärungen ist dies nicht der Fall, sind nur 3= bis 6000 Mark dazu nötig. Warum?  Ganz einfach, weil man in Juditten erste Hypotheken verhältnismäßig leicht bekommt. Da sind so viele kleine mündelsichere Kapitalien von 10= bis 20 000 Mark anzulegen, die eben auch nur für kleinere Objekte zu verwerten sind. Außerdem sollen die Baukosten durch verschiedene Umstände recht gering sein. Bei den Häusern ist hauptsächlich auf eine behagliche Inneneinrichtung Wert gelegt, nicht so sehr auf äußeren Komfort und Ausputz. Meist hat nur einfacher Sandsteinputz in verschiedenen Nüancen Verwertung gefunden.</br>
Meine mittlerweile in den Zustand vollständiger Steife gelangten Finger erinnern mich daran, daß es langsam Zeit wird, für innere und äußere Erwärmung zu sorgen. Ich verlasse daher meinen allzu luftigen Beobachtungsplatz und begebe mich nach der reizenden neuen '''Konditorei''' am Ende der Stadtwaldstraße, wo ich in den anheimelnden Räumlichkeiten (überall Blumen, nicht nur am Fenster, sondern auch auf den Tischen künstliche Gewächse; schade , daß diese schöne Sitte, die das Interieur so behaglich gestaltet, so wenig geübt wird), unter der heilsamen Wirkung des ostpreußischen Maitranks langsam aufzutauen beginne. Nach einiger Zeit bin ich soweit, meine Wanderung über das 400 000 Quadratmeter große Gelände fortsetzen zu können.
Nach wenigen Schritten in nördlicher Richtung finde ich in der Erde ein Rohr stecken und etwa ½ Meter herausragen, oben mit einer Kapsel verschlossen. Es ist dies ein Wahrzeichen der vergeblichen Bemühungen die im Frühjahr 1911 mit der Wünschelrute dort unternommen worden. Es wurde wohl Wasser gefunden – wie überhaupt auf dem ganzen Gelände -, aber bei weitem nicht genügend, um die Kolonie mit dem köstlichen Naß (sagen die Antialkoholiker) zu versorgen. Könnte dort nicht eine Art „Wünschelrutenbrunnen“ errichtet werden?</br>
'''Gas''' erhält die Kolonie kontraktlich auf alle Zeit von der Gemeinde Juditten, die eine kleine '''Gasanstalt''' an der '''Friedrichswalder Allee''' in villenartigem Stil erbaut hat, wie überhaupt streng darauf geachtet wird, daß nicht unschöne Bauten das Landschaftsbild verunzieren. An der Herstellung einer Anschlußleitung an das städtische '''Elektrizitätswerk''' zwecks Versorgung der Kolonie mit elektrischem Strom wird noch gearbeitet. Mit den Arbeiten zur Anlegung einer Schwemm-Kanalisation nach den modernen biologischen Erfahrungen soll im Frühjahr begonnen werden; daß Kanalisationsprojekt selbst ist von der Gemeinde einstimmig beschlossen, vom Kanalprüfungsamt geprüft, von der Regierung genehmigt. Das vor wenigen Monat in Betrieb genommene '''Wasserwerk''' versorgt die Kolonie mit Wasser, das laut Untersuchung und Bescheinigung durch die landwirtschaftliche Versuchsstation von tadelloser Beschaffenheit ist. Das Wasserwerk ist ein schlichter Baum der trotz der Einfachheit seiner Ausführung – vielleicht auch gerade deshalb – von starker architektonischer Wirkung ist. Gegenwärtig surrt da ein 3 PS.=Benzinmotor, der 10 Kubikmeter in der Stunde, bei forzierter Arbeitsleistung jedoch bis 20 Kubikmeter fördern kann. Sollte sich diese Menge als nicht ausreichend erweisen, dann wird eine zweite Pumpe und noch ein Motor zur Aufstellung gelangen. </br>
Zur Verbesserung der Verbindung mit der Stadt ist die Anlegung einer gleislosen Bahn in Aussicht genommen. Diese soll an der Hagenstraße in der Nähe der '''alten Schmiede''' beginnen – anschließend an die bekanntlich bis dahin ausgebaute, elektrische Straßenbahn – und den '''Hammerweg''' entlang, bis in die Kolonie und den Juditter Wald führen. Solche gleislosen Lloydbahnen sind bereits in mehreren Städten (Breslau, Bremen, Ludwigsburg, Itzehoe u. a. m.) mit bestem Erfolg angelegt worden.</br>
Noch ein Wort zur '''Juditter Kirche''', obwohl sie nicht zur Villenkolonie gehört, einem der ältesten Gotteshäuer des Samlandes; reicht ihre Erbauung doch bis ins 13. Jahrhundert zurück. Wie idyllisch nimmt sich doch der schlanke, zierliche Turm aus, von vielen Beobachtungsstellen ein fast unübertrefflich reizvolles Bild gewährend! Gerade jetzt anläßlich der Jahrhundertfeier ist diese Kirche von besonderer Bedeutung, da Königin Luise während ihres Königsberger Aufenthalts sie wiederholt besucht hat. Daran erinnert auch ein lebensgroßes Bild der Königin, daß der Königsberger Maler Professor Knorr gemalt und 1883 der Kirche geschenkt hat.</br>
Die Dämmerung hat sich herniedergesenkt. Gespenstisch leuchten durch den schwachen Nebel die Gaslampen; weit und breit kein Mensch zu sehen. Bereits lange ist die Sonne als blutrote Scheibe im Westen verschwunden… Aus der Ferne tönt das Gekläffe eines Hundes herüber, in einigen Villen wird noch fleißig gehämmert, sie möglichst bald bewohnbar zu machen. Wie wohltuend wirkt doch diese Einsamkeit an Stelle des nervenzerrüttenden, ohrenbetäubenden Großstadtlebens! Langsam mache ich mich auf den Heimweg. Eines ist für mich sicher: sollte mich dereinst das nimmer rastende Schicksal ereilen und zum Traualtar schleppen (quod di bene vertant, auf daß dieser Zeitpunkt, wenn schon, dann möglichst spät eintrete), dann baue ich mir in Juditten eine Villa. Vor allem deshalb, weil ich dort nur ein Drittel der Steuern zu zahlen hätte, wie hier.<ref>Verfasser: -spitz-, Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 06.02.1913, Abend-Ausgabe 62, S. 10, bereitgestellt durch [http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz]</ref>


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== Karten ==  
== Karten ==  
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:[[Image: MTB 1288 Königsberg West2 1937.jpg|thumb|520 px|<Center>'''Juditten''' auf dem Messtischblatt 1288 Königsberg West <small> (Stand 1937) </small></Center>]]
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<!-- [[Bild: Königsberg.jpg|thumb|600 px|'''Königsberg''' in Preußen, Schroetter-Karte 1802]] -->
<!-- [[Bild: Königsberg.jpg|thumb|600 px|'''Königsberg''' in Preußen, Schroetter-Karte 1802]] -->
[[Bild:ProvinzOstpreußen1910-Königsberg.jpg|thumb|left|430 px|<Center>Provinz Ostpreußen 1910</Center>]]  
<!-- [[Bild:ProvinzOstpreußen1910-Königsberg.jpg|thumb|left|430 px|<Center>Provinz Ostpreußen 1910</Center>]] -->
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Aktuelle Version vom 6. Januar 2024, 08:18 Uhr

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Wappen der Stadt Königsberg

J u d i t t e n

Stadtteil von Königsberg
O s t p r e u ß e n
________________________________________________________

Panorama von Königsberg nach einem alten Stich, Ostpreußen
< Königsberg


Hierarchie


Ansicht von Juditten


Einleitung

Kaiser Wilhelm-Heimstätte für Genesende in Juditten

Juditten (russ. Mendeleyevo / Менделеево, lit. Judyčių, poln. Judyty) war vor der Reformation wegen
der „Madonna auf der Mondsichel“, einem Marienbild mit Jesuskind, ein bedeutender Wallfahrtsort im südöstlichen Samland. Ab 1907 wurde zwischen der Pillauer Bahn und der Lawsker Allee nach dem Vorbild der „Gartenstadtbewgung“ die Villenkolonie Juditten erbaut. Damit wurde Juditten zu einem bevorzugten Wohngebiet wohlhabender Königsberger Bürger.

Allgemeine Informationen

Juditten war ein Dorf nördlich des Pregels, westlich von Königsberg zwischen Metgethen und Hufen.
Bei Juditten befand sich der Spittelhof, der Wirtschaftshof des Hauskomturs zu Königsberg, dem die zu dem Spital gehörenden Dörfer scharwerkspflichtig waren.

  • Zum Gut Juditten gehörte einst eines der ältesten Privatgestüte des ostpreußischen Stutbuchs für Warmblüter mit wertvollen Trakehnern.
  • Die Juditter Straßen Derfflingerstraße, Lehwaldtstraße und Frischbierweg wurden nach dem Generalfeldmarschall Georg von Derfflinger, dem General Hans von Lehwaldt und Volkskundler Hermann Karl Frischbier benannt.

Name

Juditten, Etablissement Park Luisenthal um 1910
  • Der ursprüngliche prußische Name Gaudityn beschreibt die Landschaft:
    „gaudis“ (wehmütig), „juodas“ (schwarz, finster).
  • 1302 Judynkirchen.
  • Der Name Juditten erscheint 1670 in den Ostpreußischen Folianten.
  • Der russische Name ist Mendeleyevo / Менделеево.

Politische Einteilung, Zugehörigkeit

  • 1874 wurde der Amtsbezirk Juditten aus den Landgemeinden Lawsken, Moditten, Spittelhof und Waldthal, den Gutsbezirken Charlottenburg, Friedrichswalde, Groß Rathshof, Klein Rathshof und Moditten sowie dem Etablissement Juditten Mühle gebildet. Verwaltet wurde der Bezirk vom Amtsvorsteher in Rathshof.
  • Am 16. Juni 1927 wurde Juditten in die Stadtgemeinde und den Stadtkreis Königsberg eingegliedert.
  • Heute gehört Juditten (russ. Mendeleyevo / Менделеево) zum Tsentralny District der Stadt Kaliningrad.


Kirchliche Einteilung, Zugehörigkeit

Ev.-luth. Pfarrkirche in Juditten

Juditten war Kirchspielort.

  • Zur Kirche von Juditten gehörten vor 1945 neben dem Pfarrort noch 30 Kirchspielorte

Evangelische Kirche

Waldkirche Metgethen

Ev.-luth. Pfarrkirche
"Die Kirche von Juditten zählt zu den ältesten Gotteshäusern des Samlandes und wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut. Wegen ihrer starken Grundmauern diente sie wohl auch als Festung. Der Turm stand zunächst separiert und wurde in späterer Zeit durch einen Zwischenbau mit dem Kirchenschiff vereinigt. Königin Luise hat diese Kirche oft besucht.

Wegen der „Madonna auf der Mondsichel“, ein Marienbild mit Jesuskinde von übermenschlicher Größe, grob aus Holz geschnitzt und angestrichen, war Juditten vor der Reformation ein berühmter Wallfahrtsort. Auch noch nach der Reformation kamen Pilger, selbst aus Rom, und ließen sich vom lutherischen Pfarrer eine Bescheinigung darüber geben, dass sie Buße getan hatten.

Baubeschreibung nach Hubatsch

„Breiter einschiffiger Feldsteinbau mit polygonalem Chor, eine der ältesten Kirchen Ostpreußens, deren Bau mit dem Chor im 13. Jahrhundert begonnen wurde. Der ummauerte hölzerne Turm aus dem 16. Jahrhundert (Wetterfahne 1577 und 1819) wurde durch einen Zwischenbau mit der Kirche verbunden. Der Chor ist mit Sterngewölben, das Langhaus mit sog. Springgewölben überdeckt. 1906/ 07 wurden wertvolle Wandmalereien (um 1400) entdeckt. Rest der gotischen Ausstattung (Madonna, Kruzifix, Schmerzensmann und altes Gestühl) blieben erhalten, aber durch Gegenstände aus dem 17. Jahrhundert ersetzt: Altar (1672), Kanzel (1686) mit Schnitzwerk und Bildern der Evangelisten.
Die Kirche hat zwei Glocken. Die Orgel wurde 1840 erbaut." [1]

Von 1948 bis 1985 war das Gebäude leer und zerstört. Im Jahr 1985 wurden die Ruinen der russisch-orthodoxen Kirche übergeben. Bis 1986 wurde die Kirche restauriert und man begann, Gottesdienste zu halten. Am 22. Dezember 1999 wurde die St.-Nikolaus-Kirche mit dem angrenzenden Gebiet durch Dekret des Metropolit Kyrill von Smolensk und Kaliningrad in ein Nonnenkloster umgewandelt. Leiterin des Klosters ist Äbtissin Sofia.

  • Im Bereich Mendelejewos lebende evangelische Kirchenglieder sind heute der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) zugeordnet.
    Sie gehört zur Propstei Kaliningrad der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.


Waldkirche Metgethen

  • Die Waldkirche Metgethen war ein Achteckbau mit bekrönendem Turm. Sie wurde 1925 eingeweiht.
    Der gewölbte Innenraum war schlicht. Die Kirche hatte eine Glocke.

Katholische Kirche

Kirchhöfe/Friedhöfe

Friedhof bei der Kirche. Vom Friedhof bestand eine schöne Aussicht auf Königsberg.

Icon Literatur.jpg Geschichte

Bahnhof Juditten
  • 1287 wird der Ort erstmals als „duas villas sic nominatas Gaudityn“ erwähnt.
  • 1349 heißt es „super villam Gauditin, Gauditen“
  • 1302 Judynkirchen.
  • Der Name Juditten erscheint 1670 in den Ostpreußischen Folianten. Bei Juditten befand sich der Spittelhof, der Wirtschaftshof des Hauskomturs zu Königsberg, dem die zu dem Spital gehörenden Dörfer scharwerkspflichtig waren.
  • 1760 wurde das Landgut Juditten von der Weinhändler Balthasar Schindelmeißer erworben, der bis 11805 Mitgeigenntümer der historischen Gaststätte „Blutgericht“ im Königsberger Schloss war.
  • Sein Nachfolger Richter Schindelmeißer hat im Jahre 1808 mehrmals König Friedrich Willhelm III. und Königin Luise beherbergt.
  • Die Bemühungen des Königsberger Stadtrats Theodor Krohne (1846-1925) um den Erhalt des Pfarrei-Wäldchens waren erfolgreich und deswegen wurde das Wäldchen später Theodor-Krohne-Wäldchen genannt.
  • 1874 wurde der Amtsbezirk Juditten aus Lawsken, Moditten, Spittelhof, Waldthal, den Gutsbezirken Charlottenburg, Friedrichswalde, Groß Rathshof, Klein Rathshof, Moditten und dem Etablissement Juditten Mühle gebildet. Verwaltet wurde der Bezirk vom Amtsvorsteher in Rathshof.
Villenkolonie Juditten
Villenkolonie Juditten mit Wasserturm
Königsberger Stadtwald in Juditten

Heutige Situation

Häuser an der Hauptstraße in Juditten (Foto 2012)
Ehemaliges Villenviertel in Juditten (Foto 2012)

Persönlichkeiten

  • Johann Christoph Gottsched, geb. 2. Februar 1700, Literaturreformator

Kirchenbücher


Bibliografie

Zeitungsmeldungen

Königsberger Hartungsche Zeitung

Ein Wintertag in Juditten vom 6.2.1913 Seite 10 Autor: -spitz-

„Rrrrrrr“ – zur Erklärung für phantasievolle Gemüter: das ist nicht das Kriegsgeheul Luppas bei der Ringkampfkonkurrenz, sondern das melodische Rattern des Tischtelephons. – „Ja?“ – „Sie wollten doch demnächst unserer Villenkolonie einen Besuch abstatten. Heute eist es so schön draußen, wollen Sie nicht heute kommen Sie fahren am besten um ¾ 3 von der Poststraße aus, denn jetzt wird’s ja bald dunkel.“ – „Ja, aber es ist doch schon ½ 3!“ – „Waas? Einem Journalisten ist etwas unmöglich??“ – Das war für mich entscheidend. „Ich komme“, brüllte ich ins Telephon. Fahre in den Hut, stülpe mir den Paletot auf, ach nein, umgekehrt, nach Haus, frischen Kragen, zwei belegte Stullen runter, Zigaretten gekauft und im Schnellgalopp los. In der Junkerstraße von fern ein bekanntes Gesicht. Allmächtiger Himmel, es soll mich nur nicht ansprechen!. Da ist er schon. „Guten Tag, endlich sieht man Sie wieder.“ – „Servus, keine Zeit, ¾ - Wagen – 3- Juditten – Uhr …“ und weiter sause ich, er bleibt stehen, schaut mir entgeistert nach und denkt vermutlich „auch der hat schon ‚nen Pips.“ Die Elektrische setzt sich eben in Bewegung, Sturmlauf, Hopsa – ich fahre mit.
Es ist ein eigenes Vergnügen, in frischer Winterluft hinauszufahren in eine schneebedeckte Landschaft. Hier in der Stadt wissen wir eigentlich kaum, daß Winter ist. Wir sehen allerdings mitunter, daß das Thermometer sich in den unteren Regionen aufhält; Männlein und Weiblein laufen auf der Straße in luftdicht verschlossenen Pelzumhüllungen, man fällt mitunter auf die Nase, aber von dem eigentlichen Signum des Winters, dem Schnee, merkt man im allgemeinen nur dann etwas, wenn ein gehöriger Klumpen mit ausreichender Wucht vom Dache eines dreistöckigen Gebäudes herab auf den hervorragendsten Teil des menschlichen Angesichts fällt. Die flaumigen Bettfedern der Frau Holle werden unter den Tritten der Passanten rasch zerpreßt, zusammengedrückt, in eine harte Masse verwandelt.
Wie anders sieht es da draußen aus! Zunächst kraxelte ich natürlich auf den Wasserturm der Villenkolonie hinauf, um mir mal die herrliche Winterlandschaft von oben zu besehen. Das ist nicht so einfach. Und ohne meine mitunter so verspottete Spindeldürre wäre es mir wohl kaum gelungen. Erst geht’s ja recht bequem, dann verengt sich die Treppe immer mehr, immer schmäler werden die Treppen, immer steiler gehen sie hinan, und der letzte Teil ist für einen Nichtsportler überhaupt nicht zu überwinden. Hat man sich aber pustend und stöhnend, schimpfend und trotz der Kälte „transpirierend“ bis hinauf durchgewunden, dann bietet sich eine derart prachtvolle Aussicht, daß man der überstandenen Mühe vergißt und sich ganz dem zauberlichen Bilde hingibt. Von hoher Warte nimmt sich das unten liegende Gelände in winterlichem Schmucke herrlich schön aus. In keuscher Unberührtheit liegt das Schneegewand da, durchzogen von spärlichen Straßen. Vom Norden her schaut das Schloß Fuchsberg herüber, im Westen zieht sich das Baumgewimmel des Stadtparks in starrer Unbewegtheit dahin – wie lobenswert, daß sich einigen 20 Jahren Bürger gefunden haben, die den prächtigen Park vor der Vernichtung gerettet - , darüber kann man als einen dunklen Strich den Galtgraben eben noch erkennen, im Osten liegt ein graubraunes dunkel: das ist das Häusermeer Königsbergs mit dem über ihn lagernden Rauchschaden. Da sieht man erst, was wir in der Stadt einatmen! Nach Norden ist der Kolonie unmittelbar der herrliche Gutspark von Friedrichswalde vorgelagert, bestanden mit uralten mächtigen Eichen, die nach grundbuchamtlicher Bestimmung ständig erhalten bleiben müssen. Bei scharfem Zusehen kann man im Südwesten noch die Schiffsmarken bei Holstein und die weiße gefrorene Fläche des Haffs erkennen.
Zahlreiche Baumreihen durchziehen das Gelände, die die verschiedenen Straßenzüge erkennen lassen. Da ist zunächst in der Ferne, noch schwach erkennbar, die Radialchaussee 5a, die vom Luisenkirchhof am Hammerteich vorbei zum Kopernikus und weiter zur Ringchaussee führt, und die allen Besuchern der Flugveranstaltungen im vergangenen Frühjahr wohlbekannt ist. Diese Radialstraße, die sich bisher im Besitze der Fortifikation befand und für den Wagenverkehr vollkommen gesperrt war, wird jetzt der öffentlichen Benutzung übergeben werden. Die Verhandlungen, die zwischen der Militärverwaltung und dem Landkreise geführt wurden, sind bereits zum Abschluß gediehen, die Übergabe der Straße an den Landkreis hat bereits vor einigen Wochen stattgefunden, so daß die endgültige Veröffentlichung im Laufe der allernächsten Zeit erfolgen wird. Nach Nordosten – zum Kopernikus – führt von der Villenkolonie aus über den Gutspark eine prächtige alte Kastanienallee Der bei den Fußgängern so beliebte Hammerweg soll als Straße ausgebaut werden – bisher führte die Straße bloß bis Ratshof. Auf der Trace des Hammerwegs soll jetzt seitens der Gemeinde Juditten unter der Beihilfe des Kreises eine neue 15 Meter breite Straße angelegt werden, die von der Stadtgrenze aus an dem Gelände der Kunstakademie vorbei nach dem Juditter Wald führen wird. Bei dieser Gelegenheit soll die Schlucht am nördlichen Ende des Hammerwegs einem Damm und ein Schleusenwerk erhalten, so daß sich die Möglichkeit bietet, einen Teich anzulegen, längs dessen östlichem Ufer der Landgraben in gerade Richtung nach dem Stadtpark führen wird. Auf der Westseite des anzulegenden Stauteiches sind schattige Baumreihen bereits vorhanden. Im Winter wird dann auf diesem Teich eine Schlittschuhbahn angelegt werden. Rodelgelegenheit ist schon jetzt in der Nähe; für Skilaufen sind die ebenen schneebedeckten Wiesen natürlich auch sehr geeignet. Nach der Durchführung dieses großzügigen Straßenbauprogramms wird Juditten zweifellos ein noch beliebterer Ausflugsort für uns geplagte Großstadtmenschen werden. In der Kolonie selbst sind die Straßen ungemein symmetrisch angelegt. Wo es angängig war, hat man von gerader Linienführung abstand genommen. Den Mittelpunkt des Rasenplatzes bildet der Gottschedplatz, auf dem das Wasserwerk sich erhebt, von wo vier Straßen strahlenförmig auslaufen, die eine Breite von 11 Metern haben. Sie sie umgebenden Straßen sind wiederum 15 Meter breit, also vollkommen ausreichend für den Verkehr. Die Straßen haben Steinpackung und Chaussierung, die später geteert werden soll. Ale Hauptstraßen haben außer breiten Promenaden noch Reitwege und sind mit der im Sommer so schönen Krimlinde bepflanzt.
Reizend nehmen sich von dem das ganze Landschaftsbild beherrschendem Turme die von oben so klein scheinenden zierlichen Villen aus, wie ein Kinderspielzeug, kunstvoll aus Bausteinen hergestellt. Ungeachtet der Jugend der Kolonie (die Gesellschaft wurde im Mai 1911 gegründet, im Sommer 1911 wurde mit den ersten Arbeiten begonnen) sind bereits 25 Villen von 5-12 Zimmern errichtet oder fast fertiggestellt. Bei allen ist natürlich der landhausmäßige Stil gewahrt. Ueber dem Erdeschoß erhebt sich ein ausgebautes Obergeschoß, meist mit spitz abfallendem Dache. Bei keinem Hause fehlt ein verhältnismäßig recht großer Garten. Jetzt im Winter ruhen die Beete allerdings wohlverwahrt unter Strohmatten. Die Villen sind sämtlich Einfamilienhäuser, Mietskasernen dürfen nach den Bestimmungen der Statuten nicht errichtet werden. Der Preis für größere Villen beträgt etwa 20 bis 25 000 Mark, eine kleinere Villa kann man jedoch bereits für 10 000 Mark erhalten. Bisher dachte ich, daß „fubbedoll“ viel Geld erforderlich sei, um sich ein Häuschen auf eigenem Grund und Boden, den man aber noch nicht hat, zu erbauen. Nach den mir gegebenen Aufklärungen ist dies nicht der Fall, sind nur 3= bis 6000 Mark dazu nötig. Warum? Ganz einfach, weil man in Juditten erste Hypotheken verhältnismäßig leicht bekommt. Da sind so viele kleine mündelsichere Kapitalien von 10= bis 20 000 Mark anzulegen, die eben auch nur für kleinere Objekte zu verwerten sind. Außerdem sollen die Baukosten durch verschiedene Umstände recht gering sein. Bei den Häusern ist hauptsächlich auf eine behagliche Inneneinrichtung Wert gelegt, nicht so sehr auf äußeren Komfort und Ausputz. Meist hat nur einfacher Sandsteinputz in verschiedenen Nüancen Verwertung gefunden.
Meine mittlerweile in den Zustand vollständiger Steife gelangten Finger erinnern mich daran, daß es langsam Zeit wird, für innere und äußere Erwärmung zu sorgen. Ich verlasse daher meinen allzu luftigen Beobachtungsplatz und begebe mich nach der reizenden neuen Konditorei am Ende der Stadtwaldstraße, wo ich in den anheimelnden Räumlichkeiten (überall Blumen, nicht nur am Fenster, sondern auch auf den Tischen künstliche Gewächse; schade , daß diese schöne Sitte, die das Interieur so behaglich gestaltet, so wenig geübt wird), unter der heilsamen Wirkung des ostpreußischen Maitranks langsam aufzutauen beginne. Nach einiger Zeit bin ich soweit, meine Wanderung über das 400 000 Quadratmeter große Gelände fortsetzen zu können. Nach wenigen Schritten in nördlicher Richtung finde ich in der Erde ein Rohr stecken und etwa ½ Meter herausragen, oben mit einer Kapsel verschlossen. Es ist dies ein Wahrzeichen der vergeblichen Bemühungen die im Frühjahr 1911 mit der Wünschelrute dort unternommen worden. Es wurde wohl Wasser gefunden – wie überhaupt auf dem ganzen Gelände -, aber bei weitem nicht genügend, um die Kolonie mit dem köstlichen Naß (sagen die Antialkoholiker) zu versorgen. Könnte dort nicht eine Art „Wünschelrutenbrunnen“ errichtet werden?
Gas erhält die Kolonie kontraktlich auf alle Zeit von der Gemeinde Juditten, die eine kleine Gasanstalt an der Friedrichswalder Allee in villenartigem Stil erbaut hat, wie überhaupt streng darauf geachtet wird, daß nicht unschöne Bauten das Landschaftsbild verunzieren. An der Herstellung einer Anschlußleitung an das städtische Elektrizitätswerk zwecks Versorgung der Kolonie mit elektrischem Strom wird noch gearbeitet. Mit den Arbeiten zur Anlegung einer Schwemm-Kanalisation nach den modernen biologischen Erfahrungen soll im Frühjahr begonnen werden; daß Kanalisationsprojekt selbst ist von der Gemeinde einstimmig beschlossen, vom Kanalprüfungsamt geprüft, von der Regierung genehmigt. Das vor wenigen Monat in Betrieb genommene Wasserwerk versorgt die Kolonie mit Wasser, das laut Untersuchung und Bescheinigung durch die landwirtschaftliche Versuchsstation von tadelloser Beschaffenheit ist. Das Wasserwerk ist ein schlichter Baum der trotz der Einfachheit seiner Ausführung – vielleicht auch gerade deshalb – von starker architektonischer Wirkung ist. Gegenwärtig surrt da ein 3 PS.=Benzinmotor, der 10 Kubikmeter in der Stunde, bei forzierter Arbeitsleistung jedoch bis 20 Kubikmeter fördern kann. Sollte sich diese Menge als nicht ausreichend erweisen, dann wird eine zweite Pumpe und noch ein Motor zur Aufstellung gelangen.
Zur Verbesserung der Verbindung mit der Stadt ist die Anlegung einer gleislosen Bahn in Aussicht genommen. Diese soll an der Hagenstraße in der Nähe der alten Schmiede beginnen – anschließend an die bekanntlich bis dahin ausgebaute, elektrische Straßenbahn – und den Hammerweg entlang, bis in die Kolonie und den Juditter Wald führen. Solche gleislosen Lloydbahnen sind bereits in mehreren Städten (Breslau, Bremen, Ludwigsburg, Itzehoe u. a. m.) mit bestem Erfolg angelegt worden.
Noch ein Wort zur Juditter Kirche, obwohl sie nicht zur Villenkolonie gehört, einem der ältesten Gotteshäuer des Samlandes; reicht ihre Erbauung doch bis ins 13. Jahrhundert zurück. Wie idyllisch nimmt sich doch der schlanke, zierliche Turm aus, von vielen Beobachtungsstellen ein fast unübertrefflich reizvolles Bild gewährend! Gerade jetzt anläßlich der Jahrhundertfeier ist diese Kirche von besonderer Bedeutung, da Königin Luise während ihres Königsberger Aufenthalts sie wiederholt besucht hat. Daran erinnert auch ein lebensgroßes Bild der Königin, daß der Königsberger Maler Professor Knorr gemalt und 1883 der Kirche geschenkt hat.
Die Dämmerung hat sich herniedergesenkt. Gespenstisch leuchten durch den schwachen Nebel die Gaslampen; weit und breit kein Mensch zu sehen. Bereits lange ist die Sonne als blutrote Scheibe im Westen verschwunden… Aus der Ferne tönt das Gekläffe eines Hundes herüber, in einigen Villen wird noch fleißig gehämmert, sie möglichst bald bewohnbar zu machen. Wie wohltuend wirkt doch diese Einsamkeit an Stelle des nervenzerrüttenden, ohrenbetäubenden Großstadtlebens! Langsam mache ich mich auf den Heimweg. Eines ist für mich sicher: sollte mich dereinst das nimmer rastende Schicksal ereilen und zum Traualtar schleppen (quod di bene vertant, auf daß dieser Zeitpunkt, wenn schon, dann möglichst spät eintrete), dann baue ich mir in Juditten eine Villa. Vor allem deshalb, weil ich dort nur ein Drittel der Steuern zu zahlen hätte, wie hier.[2]



Karten

Juditten auf der Karte des Samlandes
Juditten auf dem Messtischblatt 1288 Königsberg West (Stand 1937)


Wappen-Königsberg Stadtteile von Königsberg in Preußen (Regierungsbezirk Königsberg)

Altroßgarten | Altstadt | Amalienau | Burgfreiheit | Contienen | Devau | Haberberg | Juditten | Kalthof | Kneiphof | Kohlhof | Kosse | Laak | Lauth | Lawsken | Liep | Lomse | Luisenwahl | Löbenicht | Maraunenhof | Mittelhufen | Mühlenhof | Nasser Garten | Neue Sorge | Neuroßgarten | Oberhaberberg | Oberteich-Terrassen | Paradeplatz | Ponarth | Pregelwiesen | Quednau | Rathshof | Rosenau | Roßgarten | Sackheim | Schloßteich | Seligenfeld | Steindamm | Tannenwalde | Tragheim | Twangste | Vorderhufen | Weidendamm |


Weblinks

Quellen, Einzelnachweise

  1. Hubatsch, Walter: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreussens, Vandenhoeck Ruprecht, Göttingen 1968, S. 47 Bd.II
  2. Verfasser: -spitz-, Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 06.02.1913, Abend-Ausgabe 62, S. 10, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz


Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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