Twangste (Königsberg)

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Hierarchie

Regional > Deutsches Reich > Ostpreußen > Regierungsbezirk Königsberg > Stadtkreis Königsberg > Twangste (Königsberg)

Königsberg 1809
Provinz Ostpreußen 1910

Einleitung

Allgemeine Information

Twangste oder Tuwangste war der Name einer Burg der Prußen östlich des Schlosses in Königsberg und galt neben dem Handelsplatz Truso als Ausgangspunkt der Bernsteinrouten. Urkundlich erwähnt wird Twangste 1326 als "edicaverunt castri Kunigsberg ... (apud Pruthenus dicitur) Tuwangste. Tunwangste e nomine silva, que fuit dicto loco".

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Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

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Geschichte

Twangste ist ohne Zweifel weit älter als Königsberg und gilt neben dem Handelsplatz Truso als Ausgangspunkt der Bernsteinroute nach Rom erwähnt. Der Ortsname Twangste, auch Tuwangste, Twangst, Twongst, Twoyngst bezeichnete einen Siedlungsplatz, der im späteren Stadtteil Burgfreiheit gelegen hat. Die Bedeutung des Namens ist „Teich mit Damm“, und wir vermuten richtig, wenn damit der Schloßteich gemeint ist (prußisch "tuwanksta": Flusswehr, Teich, Damm; "twanka": Überschwemmung). Dieser Teich hatte in früheren Jahren einen offenen Abfluss zum Pregel, nämlich das Flüsschen Lebo (Katzbach). Dieser Name leitet sich prußisch von "loba" (Tal, Vertiefung) ab und gab dem Stadtteil Löbenicht den Namen. Nach einigen deutschen Quellen leitet sich der Name Twangste jedoch aus dem Wort gotischen Lehnwort "wangus" ab, was einen Holzschlag, eine Lichtung in einem halb gerodeten Eichwald bezeichnet.

Es gibt in der Literatur praktisch keinerlei seriöse Informationen, eine Erkenntnis, die sich auch bei Otto Schlüter wieder findet, der 1921 schreibt: „Merkwürdig ist es, dass sich aus den Quellen so wenig über die Stelle von Königsberg in vorritterlicher Zeit entnehmen lässt. Eine Preußenburg ist vermutet, aber anscheinend nicht nachgewiesen. Peter von Dusburg spricht nur davon, dass die Preußen das Kastell, das die Ordensritter 1225 an der zu seiner Zeit ´alte Burg´ genannten Stelle nach dem dort befindlichen Walde Tuwangste genannt hätten.“ Daraus folgernd gibt es also nur drei Denkansätze: Entweder war Twangste gar nicht existent, es war sehr unbedeutend oder die sich ausbreitende Stadt Königsberg hatte alles überdeckt, so dass Ausgrabungen wegen der dichten Besiedlung nicht in Angriff genommen werden konnten.

Schon während der Steinzeit siedelten die Menschen an der Ostsee, an den Flussmündungen, entlang der binnenlandigen Haffufer und an der Samlandküste. Funde zeigen, dass sich die Menschen aus Fischerei, Landwirtschaft und Jagd erhielten. Bevorzugt wurden jene Wohnplätze, die über sandige, wasserdurchlässige Böden an erhöhten Uferstellen verfügten. Lichtungen wurden wegen der freien Übersicht bevorzugt. Der Urwald war grundsätzlich feindlich und wurde nur zu Jagdzwecken aufgesucht, auch wenn er während dieser Periode der klimatischen Erwärmung lichter wurde und zusätzlichen Wohnraum bot. In der jüngeren Bronzezeit (1.000 bis 500 v. Chr.) erlebten die Dörfer des Samlandes einen "Boom", von Twangste dagegen tritt nichts in Erscheinung. Liegt es zu weit im Landesinneren? Gegen diese Vermutung spricht, dass es entlang der Flüsse Handelswege ins Binnenland gab, wie Funde in Gerdauen beweisen. Der Metallgießer war nämlich zugleich auch Händler für Waffen und Schmuck, der mit seinen Pferden als Tragtieren durch die Lande zog. Zudem zeigen die stein- und bronzezeitlichen Karten lediglich Fundorte, die etwa bei Juditten, also westlich von Twangste liegen. Es muss also davon ausgegangen werden, dass es etwas gegeben haben muss, das Twangste als Siedlungsort unattraktiv wenn nicht gar unmöglich gemacht hat und dass Twangste zu dieser Zeit noch nicht existiert hat.

Wirtschaftlich blieb das Samland ein Knotenpunkt, andersartig wurden jetzt aber Beziehungen nach Gotland. Die Goten hatten bereits aus klimatischen Gründen zwischen 800 bis 300 v. Chr. Züge nach Süden unternommen, und siedelten vorwiegend in der Gegend um Danzig. Aus dieser Zeit stammt die ostpreußische Sage von den gotischen Brüdern Widewuto (Waidewut) und Bruteno, von denen angeblich die zwölf prußischen Stämme abstammen. Frühere archäologische Funde weisen durchweg auf friedliche Handelsbeziehungen, seit jedoch die Goten ihre angestammte Heimat verlassen hatten und Siedlungsdruck ausübten, schien es jetzt aber nötig geworden zu sein, sich mit Waffen zu verteidigen. Während es vorher keine Waffengräber gab, tauchen sie in dieser Epoche vermehrt auf. Was Twangste angeht, wird es in der Gotenzeit allmählich spannend, denn erstmals weist eine archäologische Karte ein Waffengrab im Königsberger Stadtgebiet aus, nachdem an dieser Stelle während sämtlicher Epochen zuvor keinerlei Funde nachweisbar sind. Wohl gab es in der Nähe entlang des Pregels steinzeitliche Funde, aber niemals dort, wo Twangste zu vermuten ist. Befassen wir uns aber zunächst einmal mit jenen Wohnplätzen, die älterer Natur sein müssen. Die Stadtkarten benennen nämlich einige Stadtteile, die vom Namen her prußisch sind, im Verhältnis zu den Dörfern im Samland jedoch recht unbedeutend gewesen sein müssen. Westlich zum Haff hin liegt der Stadtteil Kosse, der sich von prußisch "kussis" ableitet und auf einen Bewuchs mit kleinen krüppeligen Bäumen deutet. Etwas nördlicher im Landesinnern liegt die vermutlich älteste Siedlung Laak ("lak" (Sumpfgebiet). Noch östlicher pregelaufwärts findet sich der Stadtteil Sackheim, der sich von "saks" und "kaymis" ableitet, also Kiefernharz-Dorf bedeutet. Schließlich findet sich nördlich von der Burgfreiheit der Stadtteil Tragheim. Dieser Ortsname leitet sich von "trakas" und "kaymis" ab und bedeutet ebenso wie das berühmte Trakehnen "Dorf in der Lichtung". Südlich des Pregels findet sich lediglich das prußische Ponarth, das sich von "po" und "narit" ableitet und "in der Nähe des Untertauchens" bedeutet, also auf ein Überschwemmungsgebiet hinweist. Bezeichnenderweise liegt es in der Nähe des späteren Stadtteils Nasser Garten. Selbst der Name der Dominsel, Kneiphof, bezeichnet nicht etwa ein uriges Kneipenviertel, sondern leitet sich von "knipawe" ab und bedeutet schlicht, dass dieser Ort ständig umflutet oder überschwemmt war, also eher einen ungemütlichen Wohnplatz darstellte. Er wurde dann auch erst in der Ordenszeit befestigt und bewohnbar.

Das spätere Stadtgebiet von Königsberg entstand also ähnlich wie Berlin aus etlichen Dörfern und wurde von Prußen besiedelt. Warum aber besiedelten die Prußen nicht die Anhöhe, auf der Twangste entstanden ist? Was hatte dieses Areal für negative Eigenschaften, obwohl es von der Lage her objektiv für einen Wohnplatz geeignet schien? Es lag etwa 20 Höhenmeter über dem Pregel auf einer wasserdurchlässigen Anhöhe, bot gute Aussicht auf eventuell sich nähernde Feinde und lag in günstiger Entfernung zu Wasserstellen, alles in allem ideale Voraussetzungen zum Wohnen. Zur Erinnerung: Die Gotenzeit war einer kriegerischen Zeit, und just jetzt findet sich erstmals ein Waffengrab in der Nähe der Burgfreiheit innerhalb des Königsberger Stadtgebietes. Ebenfalls ist zu erinnern, dass im Ortsnamen Twangste das Wort "wangus" steckt und dass dies eine Lichtung in einem durch Holzschlag halbgerodeten Eichwald bezeichnet. Dieses Wort ist "wangus" ein gotisches Lehnwort und bedeutet im Schwedischen "eies Feld", und zwar im Sinne von terra inculta, also ungenutztes Land. Bekannt ist, dass es im Samland keine kompakte Besiedlung durch die Goten gegeben hat, dass sie dort aber eine Weile lang die soziale Oberschicht gebildet hatten, bis sie sich dann entschlossen abzuwandern.

Aus prußischer Sicht hat der Begriff "wangus" eine religiöse Bedeutung, denn die Betonung liegt auf Holzschlag und Eichwald, ein Begriffspaar, welches für den naturreligiösen Prußen eine absolut unverträgliche und sich einander ausschließende Gegensätzlichkeit bedeutet, denn in der altbaltischen Religion war die Eiche das Sinnbild des Donnergottes Perkunos. Wenn man vom faktisch unanrufbaren obersten Gott Dewus (Uckapirmos) einmal absieht, war Perkunos der höchste Gott überhaupt. Seinen heiligen Baum auch nur anzutasten, geschweige denn eine Lichtung in seinen heiligen Wald zu hauen, war mit einem Tabu belegt und hatte den Tod zur Folge. Dabei handelt es sich bei einem Tabu nicht etwa um die Todesstrafe sondern um ein Sterben aus psycho-somatischen Gründen, was in etlichen ostpreußischen Legenden anschaulich berichtet wird. Nach all diesen Erkenntnissen dürfte es legitim sein, Twangstes Entstehung als eine gotische Ortsgründung anzunehmen, denn solange dort ein Eichenbestand vorzufinden war, war es für prußische Menschen zu dieser Zeit absolut unmöglich sich dort anzusiedeln. Erst die respektlosen Goten hatten es gewagt, den Eichwald zu roden und dort eine Siedlung anzulegen, die dann nach Abzug der Goten weiter von Prußen bewohnt blieb.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Twangste nicht die einzige Siedlung war, aus der Königsberg entstanden ist. Auf dem Stadtgebiet existierten eine Reihe älterer Dörfer, die im Vergleich mit den samländischen Küstendörfern aber belanglos waren. Bei der Siedlung Twangste handelt es sich vermutlich um eine gotische Gründung und dürfte bis zum 8. Jh. ein unbedeutendes Dorf gewesen sein, denn die internationalen Handelsrouten führten entlang der Haffstrände und der binnenlandigen Haffufer und natürlich über See. Lediglich Handelswege ins Binnenland führten den Pregel entlang, berührten also nicht direkt das Twangste-Areal. Auch die undurchdringliche Wildnis, die südlich von Ponarth begann, schloss aus, dass Twangste Anschluss an die südliche Welt haben konnte. Diese Urwälder wurden erst gegen 1400 trockengelegt und gehörten lange Zeit zum Waldamt Brandenburg und nicht zur Stadt Königsberg. Twangste wird erst in den späteren kriegerischen Zeiten, von denen Wulffstan berichtet, zu einer Fliehburg ausgebaut worden sein, als längst der ehemalige Eichwald aus dem prußischen Gedächtnis verschwunden war. Diese Burg dürfte in den samländischen Revolten gegen den Orden eine große Rolle gespielt haben. Vermutlich wurde sie vom Orden geschliffen und zu einem Kastell ausgebaut, sonst hätte Peter von Dusburg nicht von „alter Burg“ sprechen können.


Genealogische und historische Quellen

Genealogische Quellen

Bibliografie

Genealogische Bibliografie

Historische Bibliografie

In der Digitalen Bibliothek

Archive und Bibliotheken

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Bibliotheken

Verschiedenes

Literatur

  • Crome, Hans: Die Burgen der alten Preußen, 1926, in „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Ost- und Westpreußens 1926-1931, Tolkemita-Texte Dieburg“
  • Gaerte, Wilhelm: Urgeschichte Ostpreussens, Königsberg 1929
  • Gause, Fritz: Königsberg in Preußen, Rautenberg 1987
  • Engel, Carl, Vorgeschichte der altpreußischen Stämme, Königsberg 1935
  • Mannhardt, Wilhelm: Letto-Preussische Götterlehre, Riga 1936
  • Mortensen, Hans: Siedlungsgeographie des Samlandes, Stuttgart 1923
  • Schlüter, Otto, Wald, Sumpf und Siedlungsland in Altpreussen vor der Ordenszeit, Halle 1921


Weblinks

Offizielle Webseiten

Genealogische Webseiten

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Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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