Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/243

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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III.
Visionen oder Erscheinungen Abwesender am hellen Tage.
Erste Erscheinung.

Während ich am zweiten Weihnachtsmorgen des Jahres 1837, meine Predigt memorirenb, in der Conventstube d«3 Hennannsteiner Psarrhauses auf- und abging, stand plötzlich meine in Aßlar befindliche Schwägerin Caroline Emmelius auf kaum drei Schritte Entfernung so klar und deutlich, wie sie leibte und lebte, vor meinen Augen, sodaß ich nicht bloß alle Theile ihres Angesichts und ihre ganze Gestalt von dein Kopfe bis zu den Füßen, sondern auch ihren ganzen Anzug ganz genau und mit frohem Erstaunen betrachtete. Nachdem ich sie einige Secunden, so angeschaut und zugleich über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit ihrer Erscheinung nachgedacht hatte, schritt ich auf sie zu, um mich handgreiflich zu überzeugen, ob ich die Lebendige oder ihr Spiegelbild vor mir habe. AI3 ich noch Einen Schritt bis zu ihr hatte, verschwand sie. Mit verworrenen Sinnen und Gefühlen sähe ich nun wieder auf meine Predigt, um das unterbrochene Memoriren derselben fortzusetzen. Sobald ich aber nieinen Blick wieder von derselben erhob, traf er auch wieder auf dieselbe allerliebste Erscheinung, welche sich jetzt nach eben so kurzer Zeit abermals in unsichtbares Nichts auflöste und nicht wieder zum Vorschein kam. —

Als sie verschwunden, lachte
Ich mich erst selber aus;
Dann sprach ich zu nur sachte:
„Nein, das ist doch zu kraus!"
„2a3 hast Du, liebste Kleine,"
,/Mir nicht umsonst gethan!"
„Nun sollst mit Fleisch und Beine"
„Du Dich auch zu mir nahn!"

Am dritten Weihnachtstage schrieb ich ihr deswegen ausführlich, wie sie mich Tag5 zuvor durch ihr Spuken nur geäfft habe, und daß sie nur dafür nun unverweilt ihr liebes Händchen versprechen möge; was sie auch an demselben Tage noch that, wie aus ihrem Briefe und aus meiner „Letzten Rose" zu ersehen ist.

Uebrigens muß ich noch hinzufügen, daß ich an jenem zweiten Weihnachtsmorgen nur an meine Predigt, und nicht an nieine Geliebte gedacht hatte, ehe sie sich mir selbst präsentirte. —

Zweite Erscheinung.

Der ehemalige Pfarrer Jungk in Wieseck lag eines hellen Morgens wach in seinem Bette, als der Vorhang desselben langsam von einander gezogen und zwischen demselben die Gestalt seines in der Ferne lebenden Vaters sichtbar wurde. Er meinte, seinen heimlich angekommenen Vater wirklich vor sich zu haben und derselbe reichte ihm auch so freundlich wie gewöhnlich die Hand über das Bett. Als aber der Sohn die dargereichte Hand drücken wollte, drückte er dieselbe noch leichter als Baumwolle zusammen, und in demselben Momente war die ganze Vision verschwunden.

Bald darauf erhielt der Pfarrer einen Brief, in welchem ihm der in jener Stunde erfolgte Tod seines Vaters angezeigt ward. —

Dritte Erscheinung.

Während einst der Superintendent Vuvrier in Gießen eine Vorlesung hielt, und mein Vater Zuhörer war, ging die Thüre auf, und trat doch Niemand ein. Ein Student machte die Thüre zu. Sie ging nochmals auf, und der Student machte sie wieder zu. Als sie sich zum dritten Mal öffnete, ging Vuvrier vom Katheder, um zu sehen, wer diesen Unfug treibe. Er ging vor das Zimmer hinaus, kam bald, aber consternirt zurück, und sprach: „Meine Herrn! ich muß Ihnen einen sonderbaren Vorfall mittheilen, der mir so eben begegnet ist. AI5 ich mich