Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/242
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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer | |
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Ein ähnliches Todesvorzeichen hörte ich und mein liebes Käthchen im Pfarrhause zu Hermannstein. Wir waren noch keine zwei Jahre verheirathet, schliefen unten in der Kammer und unser Kind in seiner Wiege vor unserem Bette, als mich Käthchen ängstlich am Arme anfaßte und mit den Worten weckte: „Spamer, Spamer, hör' einmal, wie das Kind wimmert! Es ist doch nicht aus der Wiege gefallen?“ Ich fühlte sogleich, daß das Kind ganz ordentlich in der Wiege lag, hörte und fühlte es ruhig athmen, und erwiederte deswegen: „Du hast nur ängstlich geträumt; das Kind schläft ja ganz sanft in seiner Wiege!“ „Ach, dann ist es ein anderes Kind;“ sprach K. „hörst Du denn nicht sein Gejammer?“ Jetzt hörte ich dasselbe auch, aber als sei es in der anstoßenden Stube. Da ward mir auch unheimlich zu Muthe; ich stand rasch auf, um ein Licht anzuzünden, und indem ich nach den Schwefelhölzchen um den Tisch herumging, hörte ich unter demselben ein Kind so kläglich jammern, daß mir dieser Ton durch Mark und Bein ging und Schaudern und Zittern verursachte: und als ich an der Stubenthür vorüberging, krachte dieselbe so laut, als solle sie von außen mit aller Gewalt eingedrückt werden.
Sobald ich ein brennendes Licht hatte, hatte das Gejammer aufgehört, und ich leuchtete vergeblich nach einem Kinde in dem ganzen Zimmer herum. Dann ging ich in die Kammer zu K. und sprach: „In der Stube ist kein Kind, dafür bürge ich Dir; aber im Hause sind Diebe, die eben mit Gewalt die Thür eindrücken wollten! Deswegen bleibe Du, mein Schätzchen, ganz ruhig in Deinem warmen Nestchen, und ich will einmal allein eine Hausvisitation halten!“ Ich nahm sofort 2 gespannte Pistolen und das Licht, öffnete die Thür vorsichtig und ging, da ich Niemand sahe, immer mit Vorsicht weiter, und so von einem Zimmer zum andern, vom obersten Speicher bis in die Keller, in der Voraussetzung, es müßten sich Spitzbuben irgendwo versteckt haben; allein es war im ganzen Hause keiner zu finden. Als ich wieder zu meinem Weibchen kam, sprach es: „Ach, wie bin ich so froh, daß Du wieder da bist!“ Ich erwiederte: „Das glaube ich Dir; weil Du Dich nun nicht mehr fürchtest und mich auch lebendig wieder hast! Ich habe aber im ganzen Hause bei der genausten Nachforschung durchaus nichts Verdächtiges angetroffen, und frage Dich nun: „Was denkst Du von dieser ganzen Geschichte?“ —
K. antwortete: „Es hat gewiß ein leidendes, mit uns verwandtes Kind an uns gedacht und sich hier angezeigt.“ Das glaubte ich auch, und völligen Aufschluß hofften wir bald zu bekommen.
Kurz nachher zeigte uns mein Bruder Theodor in Crainfeld schriftlich an, daß sein, an Körper und Geist ausgezeichnetes Söhnchen, welches mir mit besonderer Liebe zugethan war, in derselben Nacht gestorben sei, und mehrmals den Wunsch ausgesprochen habe: „Ach, wenn ich nur meinen Hermannsteiner Onkel noch einmal sehen könnte!“
Der Tod dieses allbeliebten Kindes, welches äußerlich und innerlich einem Engel glich, wurde auch seinem Vater, meinem Bruder, während er in den letzten Nächten immer bei ihm wachte, voraus angezeigt. Mein Bruder selbst erzählte mir dieses also:
„In der drittletzten Nacht hörte ich in der Oberstube, welche gerade über uns und menschenleer war, ein dreimaliges starkes Pochen, welches ich mir nicht zu erklären wußte. In der zweitletzten Nacht hörte ich dasselbe Pochen, aber nur zweimal. Da dachte ich schon, daß mir durch die Zahl des Pochens die Zahl der noch übrigen Lebenstage meines Lieblings angezeigt werden solle; und so war es auch; denn in der letzten Nacht, in welcher er starb, pochte es noch Einmal.“