Litauen

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Litauen Karte.jpg
Baltische Stammesgebiete: Die urlitauischen Gebiete liegen westlich des Nevėžis (Žemaičiai oder Niederlitauen oder Schemeiten) und östlich des Nevėžis (Aukštaičiai oder Hochlitauen). Neu hinzugekommen sind im 15. Jahrhundert die südkurischen Landschaften sowie nach dem 2. Weltkrieg das Memelgebiet.



Hierarchie
Regional > Europa > Litauen




Einleitung

Die litauischen Länder wurden 1236 unter Mindaugas vereinigt; im Laufe des nächsten Jahrhunderts dehnte Litauen sein Territorium durch Bündnisse und Eroberungen auf den größten Teil des heutigen Weißrusslands und der Ukraine aus. Ende des 14. Jahrhunderts war Litauen der größte Staat in Europa. Ein Bündnis mit Polen im Jahr 1386 führte die beiden Länder zu einer Union mit einem gemeinsamen Herrscher. Im Jahr 1569 vereinigten sich Litauen und Polen formell zu einem einzigen Doppelstaat, dem Polnisch-Litauischen Commonwealth. Dieses Gebilde bestand bis 1795, als seine Überreste von den umliegenden Ländern aufgeteilt wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg erlangte Litauen seine Unabhängigkeit zurück, wurde aber 1940 von der UdSSR annektiert. Am 11. März 1990 erklärte Litauen als erste der Sowjetrepubliken seine Unabhängigkeit

Landesfarben

Flagge von Litauen

drei gleiche horizontale Streifen in Gelb (oben), Grün und Rot; Gelb symbolisiert goldene Felder sowie Sonne, Licht und Güte; Grün steht für die Wälder des Landes sowie für Natur, Freiheit und Hoffnung; Rot steht für Mut und das Blut, das zur Verteidigung des Vaterlandes vergossen wurde

Zemaiten und seine Nachbargebiete in der Mitte des 13.Jahrhunderts. Die aukschtaitschen Litauer lebten weiter östlich.

Dialekte

Litauen gehört zu den ostbaltischen Völkern mit den Dialekten:

Westaukschtaitsche Dialekte
Ostaukschtaitsche Dialekte
  • Dialekt um Panevežys (Nordöstlich von Kaunas)
  • Dialekt um Kupiškis (Norden an lettischer Grenze)
  • Dialekt um Anykščiai (Nordwestlich von Vilnius)
  • Dialekt um Utena (Nordöstlich von Vilnius)
  • Dialekt um Vilnius
Südaukschtaitsche Dialekte

Zemaiten (Niederlitauer)

Allgemeine Information

  • Lage: Osteuropa, angrenzend an die Ostsee, zwischen Lettland und Russland, westlich von Belarus
  • Name: Lietuvos Respublika
  • Fläche: insgesamt: 65.300 km²
  • Einwohnerzahl:2.711.566 (Stand: Juli 2021)
  • Sprachen: Litauisch (Amtssprache), Russisch
  • halbpräsidiale Republik
  • Hauptstadt: Vilnius , geografische Koordinaten: 54 41 N, 25 19 E
  • Zeitunterschied: UTC+2
  • Unabhängigkeit: 16. Februar 1918 (von Sowjetrussland und Deutschland); 11. März 1990 (von der Sowjetunion erklärt); 6. September 1991 (von der Sowjetunion anerkannt)
  • Nationalfeiertag: Unabhängigkeitstag 16. Februar


Politische Einteilung

60 Gemeinden (savivaldybe):

Akmene, Alytus, Alytus, Anksciai, Birstonas, Birzai, Birzai, Druskininkai, Elektrenai, Ignalina, Jonava, Joniskis, Jurbarkas, Kaisiadorys, Kalvarija, Kauno Miestas, Kaunas, Kazlu Ruda, Kedainiai, Kelme, Klaipeda, Klaipeda City, Klaipeda, Kretinga, Kupiskis, Kupiskis, Lazdijai, Marijampole, Marijampolė, Mazeikiai, Mazeikiai, Neringa, Moletai, Neris, Pagegiai, Pakruojis, Palanga, Panevezys, Panevezys, Pasvalys, Plunge, Prienai, Radviliskis, Raseiniai, Rietavas, Rokiskis, Sakiai, Salcininkai, Siauliai, Siauliai, Siauliai, Silale, Silute, Sirvintos, Skuodas, Svencionys, Taurage, Telsiai, Trakai, Ukmerge, Utena, Varena, Vilkaviskis, Vilnius, Vilnius Stadt, Visaginas, Zarasai

Geschichtlicher Abriss

"Litauen wird bereits zu Beginn des 11.Jh. in den "Quedlingburger Annalen" erwähnt. Die beiden Hauptstämme (Aukschtaiten = Hochlitauer) und Schemaiten (= Niederlitauer) werden etwas später erstmalig in der "Altrussischen Chronik" genannt. Im 12. Jh. und in der ersten Hälfte des 13. Jh. existieren kleine Fürstentümer und Herrschaften. Erst Mitte des 13. Jh. gelang MINDAUGAS ihre Vereinigung. Daraufhin konnte er sich sowohl den Rittern des Deutschen Ordens entgegenstellen als auch den Schemeiten. Im Jahre 1253 ließ sich Mindaugas taufen und krönen. Nach seinem Tode 1263 zerfiel jedoch die von ihm errichtete zentrale Macht. Im Jahre 1270 ordnete sich TRAIDENIS, der Stammführer aus Kernavė, die litauischen Kleinfürstentümer unter. 1293 wurde VYTENIS Oberherr der litauischen Burgherren und Kleinfürsten. Nach seinem Tode 1315 oder 1316 hinterließ er seinem jüngeren Bruder GEDIMINAS einen Staat, den dieser zu einer Großmacht ausbaute. In seiner Regierungszeit (1316-1341) wehrte Gediminas erfolgreich die Angriffe des Deutschen Ordens ab und eroberte große Gebiete im Osten, südosten und Süden. Nach seinem Tode residierten seine Söhne ALGIRDAS und KĘSTUTIS. Letzterem gelang es ebenfalls, sich erfolgreich gegenüber dem Deutschen Orden zu behaupten. Algirdas gewann die Fürstentümer Černigov, Nowgorod und Brjansk, und er besetzte auch Kiev. Nach dem Tode von Algirdas folgte ihm sein Sohn aus zweiter Ehe JOGAILA (JAGIEŁŁO) als Großfürst in Vilnius. Zwischen ihm und Kęstutis kam es zu Auseinandersetzungen, und Kęstutis wurde 1382 ermordet. Im Jahre 1385 wurde der Vertrag von Kręva Krewo) abgeschlossen, der die Vereinigung Litauens mit Polen zunächst als Personalunion brachte und Jogaila zur Annahme des katholischen Glaubens verpflichtete. 1386 fand dann in Krakau die Trauung mit der polnischen Königin HEDWIG (JADWIGA) und die Krönung Jogailas zum König von Polen und Litauen statt. Die Union von Kręva hatte große Bedeutung für die Geschichte und Kultur Litauens, das damit volles Mitglied der abendländischen Völker- und Staatengemeinschaft wurde."

Kompliziert gestaltete sich die Beziehungen Jogailas zu seinem Vetter VYTAUTAS, der 1392 Großfürst und Regent des Großfürstentums unter der Oberhoheit des polnischen Königs geworden war. Die Niederlage an der Worskla 1399 im Kampf gegen die Tataren warf Vytautas in seinem Streben nach Machterweiterung zunächst zurück. In der Schlacht bei Tannenberg erlitt aber 1410 der Deutsche Orden eine vernichtende Niederlage durch das polnische Heer und Vytautas´ Truppen. Schemaiten, das die Litauer zeitweise dem Orden überlassen hatten, fiel wieder zurück an das Großfürstentum. Die Union von Horodlo 1413 erneuerte das polnisch-litauische Bündnis und stärkte den litauischen Großeadel. In seinen letzten Lebensjahren baute Vytautas die Vormachtstellung des Großfürstentums Litauen in West- und Südrußland aus. Es gelang ihm jedoch nicht, die Königswürde zu erlangen und Litauen dem polnischen Königreich gleichzustellen.

Vytautas war der bedeutendste Vertreter der Gediminen-Dynastie. Unter seiner Regentschaft war das Großfürstentum Litauen zum mächtigsten Staat in Osteuropa emporgestiegen. Nach seinem Tode 1430 war dieser Kulminationspunkt in der Geschichte Litauens überschritten. 1432 wurde Vytautas´ jüngerer Bruder SIGISMUND zum Großfürsten gewählt. Er erteilte dem litauischen Großadel Privilegien, was die Zentralmacht schwächte. Nach dem Tode von Jogaila 1434 wurde KASIMIR IV., der 2. Sohn Jogailas, 1440 Großfürst und 1447 König von Polen. Während seiner Regentschaft ging Litauens Einfluß im Osten und Südosten durch den Aufstieg Moskaus unter Vasilij II. (1425-1462) und besonders unter Ivan III. (1462-1505) zurück.

Unter den letzten Jagellonen (SIGISMUND I. und SIGISMUND II. AUGUSTUS) nahm der Einfluß des hohen Adels weiter zu, wurde Polen und Litauen von der Reformation und Gegenreformation erfaßt, erschien 1528/29 das Erste Litauische Statut (die erste einheitliche Gesetzessammlung) und vergrößerte sich das Gewicht Moskaus im Osten. Durch die 1569 abgeschlossene Union von Lublin wurde aus der polnisch-litauischen Personalunion eine Realunion, und der Einfluß Polens und der polnischen Kultur verstärkte sich, während Litauen bedeutend an Selbständigkeit verlor. Mit dem Tode Sigismund II. Augustus erlosch die Jagiellonendynastie.

Der polnisch-litauische Staat entwickelte sich zu einer Adelsrepublik mit einem gewählten König. Im Jahre 1576 wurde STEPHAN BATHORY König. Er gründete 1579 eine Akademie in Vilnius, aus der sich die älteste Universität im Baltikum entwickelte *1). In einem erfolgreichen Feldzug gegen Ivan IV. eroberte er Polozk und verschiedene an Moskau verlorene Grenzgebiete an der Düna und Desna und am Dnjepr für Litauen zurück. Nach ihm war SIGISMUND III. WASA noch einmal erfolgreich gegenüber dem Moskowiterstaat, der später Litauen stark zurückdrängte. Im 17. und 18. Jh. wuchs der polnische einfluß in Litauen. Im Jahre 1696 wurde Polnisch als Staatssprache eingeführt. Von 1700 bis 1721 wütete der Nordische Krieg. Im Jahre 1773 erfolgte durch Rußland, Preußen und Österreich die erste Teilung Polens, ihr folgte 1793 die zweite und 1795 die dritte Teilung, die schließlich den polnisch-litauischen Staat liquidierte. Litauen fiel an Rußland und Suwalken kam an Preußen, wurde jedoch 1807 dem Herzogtum Warschau angegliedert.

In der ersten Hälfte des 19. Jh. kam es in Litauen unter der zaristischen Herrschaft zu einem allmählichen Erwachen des Litauertums, besonders im Kleinadel, unter bürgerlichen und bäuerlichen Schichten. Ein aufstand in Litauen 1863/64 wurde brutal niedergeschlagen. Es folgten Repressalien, u.a. das Druckverbot für litauische Publikationen in lateinischen Lettern (von 1864 bis 1904) *2). Seit den 50er Jahren des 19. Jh. setzte eine starke auswanderung von Litauern nach Nordamerika ein.

In der zweiten Hälfte des 19. Jh. entwickelt sich die litauische Nationalbewegung. Die meisten Vertreter dieser Bewegung stammten aus Suwalken (Suvalkija), wo auf den Gebieten der Ökonomie und Bildung die größten Fortschritte erzielt worden waren. Der bedeutendste von ihnen ist J. BARASANAVIČIUS(1851-1927), der sich besonders für die litauische Sprache einsetzte und zur Rückbesinnung auf die große Geschichte Litauens mahnte. In den Jahre 1883-1886 gab er die Zeitschrift "Aušra" (Die Morgenröte) heraus, die zum Hauptorgan der Nationalen Bewegung wurde. 1895 wurde die Litauische Sozialdemokratische Partei gegründet. Nach der Russischen Revolution von 1905 folgten weitere Parteigründungen, Verbindungen zu den emigirerten Litauern wurden hergestellt."

Quelle: Eckert, Rainer/ Bukevičiute, Elvire-Julia/ Hinze, Friedhelm: Die baltischen Sprachen, eine Einführung, Langenscheidt 1994, 5. Auflage 1998, S.27ff

Anmerkung *1): 1544 gründete Herzog Albrecht die Universität Albertina in Königsberg, welche ebenfalls im baltischen Gebiet liegt.

Anmerkung *2): Litauische Schriftststeller und Intellektuelle flüchteten nach Preußen, wo sie sich in Tilsit zusammenfanden. Unter Förderung der deutschen Behörden wurde ihnen gestattet, in den Tilsiter Druckereien Mauderode und Reyländer litauische Schriften herauszugeben, die von Grenzgängern nach Litauen eingeschmuggelt und dort verteilt wurden.

Von 1918 bis 1923

Karte des Memellandes, seiner Kreise und Kirchspiele während der Abtrennungszeit 1920-1939
  • 1918 Friede von Brest-Litowsk. Das Land Litauen erhält von Deutschland und Russland das Selbstbestimmungsrecht und wird als eigenständiger Staat anerkannt.
  • 1918: Ein kleiner Kreis sogenannter „Kleinlitauischer“ Aktivisten aus dem Memelland gründen den „Nationalrat der Kleinlitauer“ und fordern den Anschluss an Litauen.
  • 1919: Litauen selbst fordert das Memelland als „urlitauisches“ Gebiet. Polen allerdings fordert ebenfalls das Memelland und hätte sich am liebsten auch Litauen einverleibt.
  • 1920: Am 9. Januar tritt der Versaillervertrag in Kraft. Das Memelgebiet wird nach den Entscheidungen des Versailler Vertrages den Entente-Mächten unterstellt. Das Memelland wird noch nicht den Litauern unterstellt, weil Litauen noch nicht rechtlich anerkannt ist und weil die Franzosen das Memelgebiet lieber einem vereinten polnisch-litauischen Staat übergeben wollen.
  • Unter polnischem Einfluss u. wegen der antideutschen Einstellung Clemenceaus reift in Litauen der Entschluss „die armen versklavten Litauer in Ostpreußen aus dem deutschen Joch“ befreien zu wollen.
  • Am 27.1.1920 wurde das Memelland vom Deutschen Reich abgetrennt und der Völkerbundsverwaltung (Französisches Mandat) unterstellt. Eine kleine französische Besetzung kommt nach Memel (General Odry, Zivilkommissar Petisné)
  • Solange die Möglichkeit einer polnisch-litauischen Konföderation besteht, unterstützt Polen die Bemühungen Litauens um das Memelgebiet. Polen konnte deshalb im Baltikum so aktiv werden, weil die wirtschaftlichen u. politischen Aktivitäten Deutschlands u. Litauens eingeschränkt waren. Litauen wurde wegen des nicht-gelösten Wilna- Konflikts rechtlich nicht anerkannt.
  • 1921: Die „Arbeitsgemeinschaft für den Freistaat Memel“, die auf Initiative des „Deutsch-Litauischen Heimatbundes“ gegründet wurde, veranstaltet eine Befragung: Von 71.856 Wahlberechtigten sprechen sich 54.429 für einen Freistaat aus (also gegen eine Anschluss an den neuen Staat Litauen).
  • 1922: In Litauen beginnt die Planung einer militärischen Besetzung des Memellandes. Die Stadt Memel ist zu 93% deutsch; im Memelgebiet machen jedoch die Preußisch-Litauer insgesamt 63% der Bevölkerung aus, trotzdem wollen sie keine Verbindung zu den in ihren Augen rückständigen und im Gegensatz zu ihner in der Mehrheit protestantischen Konfession katholischen Litauern, deren Hochsprache sich auch von dem im Memelland üblichen Preußisch-Litauisch unterschied.
  • 1922: Ministerpräsident Galvanauskas informiert der deutschen Botschafter, das Memelland zu besetzen. Deutschland signalisiert Zustimmung (um die Litauer im Widerstand gegen Polen zu stärken).
  • 1922: Galvanauskas beginnt „Operation Memel“ zu planen und zieht den litauischen Schützenbund hinzu. Simonaitis war gerade von der Botschafterkonferenz in Paris zurückgekommen und berichtet von dem Beschluss einen Freistaat zu errichten. Er erklärt den Litauern, dass die Memelländer praktische Materialisten seien, sich passiv verhielten und niemals einen Aufstand initiieren würden.
  • 1922: Die Litauer beginnen im Memelgebiet den Aufbau örtlicher Schützenverbände. Eine Rolle spielt dabei der „kleinlitauische“ Verband „Santara". Es waren geheime litauische Ortsgruppen, mit dem Ziel, das Nationalbewusstsein der „Kleinlitauer“ zu stärken, sie zu „befreien“ und „mit dem großen Bruder natürlich zu vereinen“.
  • Gründung eines Memeler Schützenbundes unter der Leitung Kumietis aus Kaunas. Die Litauer erhalten von Deutschland 1500 deutsche Gewehre u. 5 leichte Maschinengewehre u. viel Munition zu günstigen Bedingungen. Galvanauskas zahlt aus einem geheimen Fond.
  • Beim Aufmarsch der litauischen Kämpfer mischt sich deutsche Polizei nicht ein.

Annexion des Memelgebietes durch Litauen 1923-1939

  • 1923 wurde das Memelland durch als Zivilisten getarnte litauische Freischärler besetzt, die französischen Mandatstruppen vertrieben und später das Gebiet von Litauen annektiert.
  • Beim Aufmarsch nahmen kaum Einheimische teil. Budrys, ein Landwirt aus Pogegen lehnte die Leitung des Aufstandes ab. Povilaitis nahm später dessen Namen an, um sich als Memelländer auszugeben.
  • Die wirtschaftliche Situation in Litauen war günstig. Wegen der Inflation freute man sich in Litauen, dass die Abwertung der deutschen Mark den Anhängern an Litauen mehr Zulauf bringen würde als die beste Agitation. Im Memelland stieg der Brotpreis, das Warenangebot war knapp, so dass die Memelländer die Einführung des Litas begrüßten.
  • Nach Bekanntwerden des Freistaat-Status beschloss Galvanauskas die Vorbereitungen für den Einmarsch.
  • Das „Komitee zur Rettung Kleinlitauens“ verteilte Flugblätter in deutscher Sprache „gegen eine Umwandlung des Memelgebietes in eine polnische Kolonie“, man solle „das kleinere Übel“ Litauen wählen. Hauptaufgabe der litauischen Schützenverbände war es, die Teilnahme der litauischen Armee am Aufstand zu verschleiern.
  • Zahl der litauischen Kämpfer: 2.000 – 3.000 Soldaten (viele falsche Zahlen im Umlauf)
  • Zahl der französischen Verteidiger: 200 Soldaten mit 20 –25 Maschinengewehren
  • Litauische Kompanien werden mit der Eisenbahn an die Grenze des Memelgebietes gebracht. Im Zug erst zieht man Zivilkleidung an, die allerdings einheitlich ist. Für einige Soldaten reicht die Kleidung nicht, so dass sie aussteigen müssen.
  • Galvanauskas Befehl: Höflicher Umgang, kein Plündern, Trinken und keine politischen Reden. Litauische Dokumente sowie alle Dinge, die Hinweise auf die litauische Identität geben könnten (Streichhölzer, Tabak) in Litauen lassen.
  • Flugblätter in deutscher Sprache strotzen vor Barbarismen u. Litauismen, so dass daraus zu schließen ist, dass sie von Litauern verfasst wurden
  • Litauer kommen ins Memelland, zuerst nach Heydekrug, weil dort die Bevölkerung einen größeren preußisch-litauischen Anteil hat als in Memel. Die Bevölkerung verhält sich trotzdem passiv.
  • Befehl von Kaunas, Memel zu besetzen (von Süden her)
  • Einmarsch in Memel. Nur die Kasernen bleiben in französischer Hand.
  • Zahl der Toten wird von Litauern stark übertrieben. Tatsächlich 10 Litauer, aber auch 2 Franzosen u. 1 deutscher Gendarm
  • Reguläre Truppen werden nach Litauen zurückgeführt
  • Die litauische Regierung „bedauert“, dass sie den memelländischen Aufständischen nicht habe helfen können
  • Polovinskas stellt eine Armee aus litauischen Schützen u. memelländischen Freiwilligen auf. Die Memelländer treten mehr aus pragmatischen Gründen bei, denn es wird ihnen ein Lohn von 2 Litas/ Tag gegeben, was auch in Kaunas negativ vermerkt wird.
  • Litauische Reguläre werden alle 3 Wochen ausgetauscht, denn es sind meist Szemaiten, die vom litauischen Kommandeur abfällig als „Schmuggler“ bezeichnet werden.
  • Um die wahren Umstände international zu kaschieren, verbreitet die litauische Nachrichtenagentur, dass weder reguläre noch irreguläre Truppen die Grenze zum Memelgebiet überschritten haben.
  • Für Litauen war die Besetzung des Memellandes ein mutiger Schritt, der ein staatsbildender Faktor war. Trotzdem wurden die Versailler Verträge gebrochen.
  • 1923: Die Botschafterkonferenz erkennt die Angliederung als Faktum an.
  • Die französischen Truppen (ausgerechnet Hochgebirgstruppen!) verlassen das Memelgebiet. Deutschland war eine litauische Souveränität lieber als eine französische.
  • Die Memelländer können für Deutschland oder Litauen optieren. Die meisten optieren für Deutschland und gehen nach Ostpreußen. (Weniger als 600 von 150.000 optieren für Litauen). Meist reichsdeutsche Beamte und Lehrer werden ausgewiesen (Siehe dazu die Ausweisungsliste 1933/34).
  • 1923-1937: 13000 Memelländer ziehen in das Deutsche Reich ab. In der gleichen Zeit wanderten 21000 Litauer in das Memelgebiet ein. Die restliche Bevölkerung des Memellandes erhielt litauische Pässe mit dem Eintrag "Bürger des Memelgebiets" als Nationalitätsbezeichnung.
  • Ab 1924 war das Memelland durch die Memelkonvention ein autonomes Gebiet unter der Souveränität Litauens; Amtssprachen waren Deutsch und Litauisch. Es gab starke Spannungen innerhalb der mehrheitlich deutschgesinnten Bevölkerung mit den eine Litauisierung anstebenden litauischen Behörden, die in der Verhängung des Kriegszustandes und einiger Schauprozesse gipfelten.
  • Litauen versucht aus Memelländern Litauer zu machen.
  • Massive Einwanderung von Litauern, meist aus der Unterschicht.
  • Ehemalige Saisonarbeiter, die die Höfe ihrer einstigen Herren beziehen, wirtschaften das Land herab.
  • 1924: Trotz Industrialisierung u. Hafenausbau ständig Spannungen u. Konflikte mit Kaunas
  • 1924: Im Memeler Landtag nur zwischen 2 – 5 Sitzen (von 29) von litauisch Gesinnten Gewählten.
  • 1926: Einweihung der evangelischen Kirche von Heydekrug.
  • 1926–1938 Memelland im Kriegszustand. Selbst litauisch Gesinnte wie Ieva Simonaityte waren über das Unverständnis der "Groß-Litauer" für die örtlichen Belange verärgert.
  • 1929: Anstelle der 1900 erbauten bescheidenen Kirche erhält Ramutten eine neue Kirche.
  • 1930: Einweihung der Herder Schule in Heydekrug.
  • 1933: Zwei den Nationalsozialisten nahestehende memelländische Parteien werden neu gegründet: die CSA (Christlich Sozialistische Arbeitsgemeinschaft) und die SOVOG (Sozialistische Volksgemeinschaft) (Persönlichkeiten des Memellandes#Neumann, Ernst). Zu den Landtagswahlen schließen sich die Parteien zu einer Einheitsliste zusammen. 1938 entsteht daraus der "Memelländische Kulturverband".
  • 1933: Der neue Kreisort Pogegen erhält eine Notkirche. 1938 wurde sie erweitert und mit einem Turm versehen.
  • 1934: Verbot der Parteien im Memelgebiet. 26 führende Mitglieder wurden verhaftet. Sie wurden im Dezember 1935 vom litauischen Kriegsgericht in Kaunas wegen angeblichen Aufstand zu hohen Strafen (sogar 4x zum Tod, aber nicht vollstreckt) verurteilt.

Litauische Vorverhandlungen bezüglich des Memelgebietes ab 1938

  • 1938 Wegen des polnischen Druckes kamen verantwortliche litauische Politiker zu der Überzeugung, das Verhältnis zu Deutschland zu verbessern. "So war Mitte September 1938 Legationsrat von Grundherr im Auswärtigen Amt zweimal von dem litauischen Journalisten -Chefredakteur des halbamtlichen ´Lietuvas Aidas`- Gustainas, der gute Beziehungen zum Staatspräsidenten Smetona, zum Ministerpräsidenten Mironas und auch zum litauischen Außenminister hatte, besucht worden. Von Grundherr berichtete, daß Gustainis sehr offenherzig die Befürchtung äußerte, die Memelbevölkerung könne das Selbstbestimmungsrecht und die Volksabstimmung verlangen. Für die Behaltung des Memelgebietes könne Litauen nicht seine ganze Existenz aufs Spiel setzen. Es sei besser, sich mit der deutschen Regierung ins Benehmen zu setzen, falls sie den Litauern Rechte am Memeler Hafen belassen würde. Deutliche Anzeichen, daß litauischerseits eine Bereitwilligkeit bestand, auch über das Memelgebiet hinaus Konzessionen zu machen, ergaben sich Anfang Dezember 1938. So wurde am 1. Dezember 1938 Dr. Kleist von der Dienststelle Ribbentrop, einem Privatbüro des Außenministers in seiner Eigenschaft als Ratgeber Hiltlers in außenpolitischen Angelegenheiten, von dem litauischen Generalkonsul in Königsberg Dymscha aufgesucht, um über das deutsch-litauische Verhältnis und insbesondere über das Memelgebiet zu sprechen." [1]
  • 1938 Am 1. November Aufhebung des Kriegszustands, darauf hin am 11. Dezember erste freie Wahlen. Wahlbeteiligung 97%; deutsche Einheitsliste 87.2%; litauische Listen 12,8%
  • 1938: Nach den Ergebnissen der freien Wahlen signalisiert Litauen seine Bereitschaft mit Deutschland zu verhandeln. Durch verstärkten Druck Polens auf Litauen findet Litauen in Europa nur bei der deutschen Regierung eine Hilfszusage (Ribbentrop) unter der Bedingung, das Memelland an das Deutsche Reich abzutreten. Unter diesen Bedingungen ist Litauen sofort bereit, auf das Memelland zu verzichten.
  • 1939: Am 21. März berichtete Urbschys dem litauischen Ministerrat, der nach fünfstündiger Beratung die deutschen Vorschläge annahm. Am 22. März wurden die Verträge unterschrieben und das litauische Militär aus dem Memelgebiet abgezogen.
  • Am 30. März 1939 ratifizierte der litauische Seim einstimmig und ohne Stimmenthaltung das Dokoment, das auch die Errichtung einer litauischen Freihandelszone in Memel vorsah. Am 20. Mai 1939 wurde der Freihafenvertrag abgeschlossen. Litauen erhielt eine Freihafenzone in Memel zugesprochen. Die Errichtung eines Hafenbahnhofs war Litauen freigestellt.

Das Memelgebiet gehört wieder zu Deutschland 1939-1945

  • 1939 wurde das Gebiet wieder an das Deutsche Reich zurückgegeben und an Ostpreußen unter Bildung der Kreise Memel, Heydekrug und Tilsit-Ragnit (nördlich der Memel gelegener Teil) angliedert. Flucht der jüdischen Bevölkerung des Memellandes nach Litauen, meist in grenznahe Städte und Ortschaften. Deutsche Truppen marschieren ein.
  • Am 23.März 1939 spricht Reichskanzler Adolf Hitler in Memel und wird umjubelt. Die Memelländer sehen nur ihre Befreiung und verkennen die totalitären Strukturen.
  • 1940: Hitler lässt 40.000 Litauendeutsche aus der Litauischen Sowjetrepublik nach Deutschland umsiedeln (bzw. in besetzte polnische Gebiete). Tausende Bewohner des Memellandes mit litauischer Identität und deutschsprachige Linke werden nach Osten abgeschoben.
  • 1941: Am 27. September erhält Heydekrug endlich die Stadtrechte.
  • 1941 Das Memelland wird, wie ganz Ostpreußen, Aufmarschgebiet gegen die Sowjetunion. Überfall auf die Sowjetunion. Ermordung der jüdischen Bevölkerung Litauens, darunter auch jüdische Flüchtlinge aus dem Memelland.
  • Für die im Nachbarland Litauen meist seit dem 19.Jahrhundert lebenden Litauendeutsche beginnt jetzt schon der Verlust der Heimat: Hitler lässt 40.000 von ihnen aus der Litauischen Sowjetrepublik nach Deutschland umsiedeln (bzw. in besetzte polnische Gebiete)
  • 1941: Erster sowjetischer Luftangriff auf Memel.
  • 1944 im Oktober sollen Memel und das Memelland von deutscher Zivilbevölkerung geräumt werden, doch der Räumungsbefehl kommt zu spät.
  • Die letzte Flucht im Kreis Memel beginnt am 08.10.1944.
  • Die Sowjets erreichen bei Polangen die Ostsee und schneiden die Kurlandarmee ab.
  • Im Süden bricht die Rote Armee am 09.10.1944 bei Heydekrug durch. Die Brücke über den Rußstrom bei Ruß wird von deutschen Pionieren gesprengt: Daraufhin gelingt tausenden Memelländern die Flucht nicht mehr, einige retten sich über das Haff und die Kurische Nehrung. Siehe Fluchtberichte aus dem Memelland.
  • 1945 Die rote Armee besetzt das noch bis in das Jahr 1945 als Brückenkopf verteidigte Memel. Nur wenige Deutsche leben noch in der durch Bomben und Beschuss stark zerstörten Stadt Memel. Der sowjetische Stadtkommandant kann nach vier Wochen nur 28 Deutsche in der Stadt registrieren. Litauer kommen über die Grenze in das Memelland und beziehen die ehemals deutschen Höfe und Wohnungen. Zurückkehrende Flüchtlinge finden ihr Eigentum besetzt und müssen sich anderweitig umsehen.
  • Nach der Flucht 1944/45 und nach weitesgehender Aussiedlung der in beträchtlicher Zahl in der Heimat verbliebenen oder nach Sibirien verschleppten Memelländer in den 50er und 60er Jahren, lebt der größte Teil der ehemaligen memelländischen Bevölkerung und deren Nachkommen heute in Deutschland.

Zweiter Weltkrieg und die Folgen

  • 22.6.1941 Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und der sowjetunion. Litauen wird in den ersten Tagen von der Wehrmacht besetzt. Die deutschen Besatzer unterdrücken litauische Bestrebungen zur wiederherstellung eines unabhängigen Staates.
  • Von den Faschisten und deren litauischen Kollaborateuren werden über 200.000 juden umgebracht.
  • Litauische Partisanen kämpfen gegen die Besatzer.
  • 1944 besetzt die Rote Armee Litauen. Während der sowjetischen Okkupation werden Hunderttausende Litauer der Litauischen SSR sowie Tausende ostpreußische Zurückgebliebene des Memelgebietes in sibirische Zwangslager verschleppt, wo etliche verstarben.
  • 11.3.1990 Unabhängiskeitserklärung Litauens.
  • 2004 Beitritt zur Europäischen union.

Ortschaften in Litauen

Genealogische und historische Gesellschaften

Genealogische Gesellschaften

Historische Gesellschaften

Genealogische und historische Quellen

Besiedlung Litauens 1710-1713

Die Bedeutung König Friedrich I. für die Besiedlung Litauens
Von Taubstummenlehrer Franz Marchand, Rössel

Infolge der furchtbaren Pest der Jahre 1708 bis 1710 waren in Ostpreußen 10 834 Bauernhöfe ausgestorben. Die vier Aemter Litauens: Insterburg, Ragnit, Tilsit und Memel hatten 441 verlassene Bauernstellen aufzuweisen, von denen auf Insterburg und Umgegend (die heutigen Kreise: Insterburg, Gumbinnen, Stallupönen, Pillkallen, Goldap und Darkehmen) 4620 entfielen. In Insterburg hatte also die Pest am grimmigsten gehaust. Man schätzt den Menschenverlust in ganz Ostpreußen auf etwa 200 000 bis 230 000. Das Land bot in den Jahren 1710 und 1711 ein gar trauriges Aussehen. Die meisten Höfe waren verlassen. Die geplünderten und zerfallenen Gebäude glichen Ruinen. Die Felder lagen unbestellt, und die Obstbäume, im eisigen Winter von 1708/1709 erfroren, streckten klagend ihre dürren Aeste zum Himmel empor. Die Wölfe hatten sich in erschreckender Weise vermehrt und durchzogen in Scharen das Land. Um diese Verluste zu ersetzen, bedurfte es einer systematischen Kolonisation und einer Ansiedelung auch von auswärts kommender Bauern. Friedrich I., Preußens erster König, leitete die Wiederbevölkerung Litauens in die Wege., seine Kolonisationstätigkeit begann er mit der Begründung der „Schweizer Kolonie“ in Litauen. Er gab die Anregung und Richtlinien zu einer praktischen und systematischen Ansiedelung von Ausländern in seinen entvölkerten Landesteilen. Diese Maßregel ist neben der Erlangung der Königskrone das größte Verdienst seiner Regierungstätigkeit. Friedrich Wilhelm I. übernahm die Idee von seinem Vater, führte? das? angefangene Kolonisationswerk in großem Maßstabe fort und xxx durch die Aufnahme der Salzburger zu einem glänzenden Erfolg? . Noch während der Pest im Jahre 1710, begann König Friedrich I. mit der Kolonisation in Litauen. Neben dem König wirkte? Graf? Alexander Dohna dabei mit. Soweit es sich dabei um die Ansiedlung der Kolonisten aus der Schweiz handelt, entnehmen wir den Ausführungen des Professors Dr. Maire=Berlin, der sich schon längere Zeit mit der Geschichte der Schweizer Kolonie in Litauen beschäftigt und mancherlei Aufsätze darüber veröffentlicht hat, folgendes: Auf Betreiben des reformierten Grafen Alexander Dohna, der in der Schweiz geboren war und dort auch seine Jugend verlebt hatte, kamen schon im Jahre 1710 etwa 34 Familien, meist aus der französischen Schweiz nach Litauen. Sie wurden in der Nähe von Insterburg in den Dörfern Pieragienen, Judschen, Pakalehnen, Szemkuhnen, Purwienen, Mixeln und Simonischken angesiedelt. Dieses war der Anfang der sogenannten „Schweizer-Kolonien“ in Litauen. Sie bekam nur geringe Verstärkung im nächsten Jahr. Düster mögen wohl die ersten Ansiedler in dem noch so ungastlichen Litauen in die Zukunft geschaut haben. Die von der Pest verschont gebliebenen Litauer, die vor der Ankunft der Ansiedler die ausgestorbenen Wohn- und Wirtschaftsräume ausgeplündert hatten, stahlen ihnen, was sie nur konnten. Sie vergriffen sich an ihrem Vieh, Acker- und Hausgerät, Futter und Getreide. Doch noch Schlimmeres stand den Kolonisten bevor. Die von ihnen bezogenen Höfe bargen noch die Keime des Todes. Auch unter den ersten Einwanderern hielt die Pest grausige Ernte. Vermutlich sind von diesen 34 Familien 19 Familienväter ein Opfer der Seuche geworden. Der stärkste Strom schweizerischer Einwanderung, der sich jemals über Preußen ergossen hat, fand in den Jahren 1712 und 1713 statt. Auf Veranlassung des Grafen Dohna erließ König Friedrich I. am 20. September 1711 eine Kolonisationspatent, durch das er Ausländer unter sehr günstigen Bedingungen zur Niederlassung in den litauischen Landstrichen Ostpreußens aufforderte, und ein Plakat, das Informationen für die auswanderungslustigen Schweizer enthielt. Von Bern und Neuchatel aus wurden diese Flugblätter, die in deutscher und französischer Sprache abgefaßt waren, veröffentlicht. Sie fanden in der Schweiz weitgehende Verbreitung und hatten zur Folge, daß von dort im Frühling folgenden Jahres ein Zulauf nach Litauen entstand, der alle Erwartungen übertraf. Während der Monate Februar und März machten sich ungefähr 700 Schweizer Familien (einige 1000 Personen) auf den Weg nach Litauen. Einige Réfugiés, die während der Religionsverfolgungen von Frankreich nach der benachbarten Schweiz geflohen waren, schlossen sich dem Auswandererzuge an. Von den ausgewanderten 700 Familien erreichten nur wenige ihr Ziel. Etwa 248 Familien sollen es gewesen sein, die sich bei der großen Schweizerwanderung im Jahre 1712 und 1713 in Litauen niedergelassen haben. Graf Alexander Dohna wurde Ansiedelungsdirektor. Wie ein Vater hat er mit unendlicher Geduld und Liebe Zeit seines Lebens für die Schweizer-Kolonisten gesorgt. Nächst ihm hat Jean Lacarriere, der „Schweizerinspektor“, für diese Ansiedler größten Eifer bekundet. Er hatte über sie nicht nur die Aufsicht in wirtschaftlichen Dingen, sondern in seiner Hand lagen auch die Polizeigewalt und die Rechtsprechung. Friedrich I. unterstellte die Schweizer Kolonisten aus naheliegenden Gründen nicht den preußischen Beamten ihres Bezirks, den Amtmännern und Amtshauptleuten, sondern er verleih ihnen die „Kolonie-Gerechte“ und ließ diese Kolonie durch besondere Beamte verwalten. Nach dem Bericht des Grafen Dohna vom 3. September 1718 umfaßte die „Schweizer-Kolonie“ 360 Familien; von diesen gehörten 348 der reformierten Kirche an; nur 12 waren lutherisch. Im Jahre 1719 vergrößerte sich diese Kolonie durch Zuzug um noch 21 Familien. Vereinzelte Zuzügler aus der Schweiz, meist Verwandte von schon früher eingewanderten Familien, fanden sich auch in dem nächsten Jahrzehnt in Litauen ein. Gewöhnlich erhielten die Kolonisten eine kulmische Hufe Ackerland, dazu noch Wiesen, Weideplätze und freie Waldnutzung angewiesen. Der Zins, welcher nach einigen Freijahren fällig wurde, richtete sich nach der Güte des Bodens und betrug 8 bis 10 Taler pro Hufe. Als Namen dieser Kolonisten, die heute noch in den Ansiedelungsgebieten vorkommen, mögen einige erwähnt sein: Arnaud, Bella, Bertolin, Bueche (Buch), Bouchar, Blanc, le Blanc, Bernard, Calame, Castelle, Complair (Kampler), Cochius, Capitaine, Chevalier, Collier, Destombé (Dittombée), De la Chaux, Dodillet, De Resé, Dubois, Echement (Eschmann), Favre, Fornachan, Fontaine, Fouquet, Fresin, Ganguin, Girau (Girod), Gardé, Gervais, Gaillard, Gobat (Gubba), Gossin, Girardan (Gardäng), Grisée, Gassentzer, Harpin, Hugenin, Igée, Jabot, Joujan, Jeunet (auch Gené, Genée, Genet geschrieben), Keller, Langel, Lardon, Loclair, Loyal, Lamotte, Maire, Du Maire, Marchand, Maurice (Moritz), Matthey (Matthée), Olivier, Perret, Peters, Pinjoen, Pechin (Pechain, Busching), Pluquette, Picq, Perrenoud (Pernau), Raygue (Regge), Reymon (Reimann), Rittre (Ritter), Roches, Rupp, Roland, Rossin, Sarrazin (Waldenser), Sauvant, Supli, Staub, Stocker, Savaunt, Tinnembare ( Tinneberg – Dananberg), Tennig, Toussaint, Torrey, Tirneur (Torner), Voullieme (Woljehm), Voutat (Wautta), Weller, Weber, Weibel, Wuille di Bille, Ziegler.

Die Mehrzahl der Nachkommen jener Kolonisten hat es zum Wohlstand gebracht. Die Bedeutung der Kolonisation durch die Schweizer und Franzosen kann für die materielle und geistige Kultur des Landes nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ihre fortgeschrittene Technik in der Landwirtschaft, sowie überhaupt ihre geistige Regsamkeit hob sich scharf ab von dem herkömmlichen Schlendrian der Litauer, Ihr zielbewußtes Auftreten den preußischen Beamten gegenüber verlieh dem ganzen ostpreußischen Bauernstand Respekt und Ansehen. Sie bereiteten durch ihr Beispiel – im Verein mit dem im Jahre 1732 eingewanderten Salzburgern das Aufsteigen des ganzen Bauernstandes vor. Nicht nur in Ostpreußen, sondern im ganzen Vaterlande zerstreut sind heute Nachkommen jener Schweizer Kolonisten anzutreffen, die vor 200 Jahren in Litauen eine neue Heimat gefunden haben. Nunmehr sind seit der großen Schweizer-Wanderung (Juli 1712) 200 Jahre verflossen. Es bietet sich somit Gelegenheit, eine Zweihundertjahrfeier zu begehen, die geeignet wäre, das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den gegenwärtigen Generationen schweizerischer Abstammung nachzurufen und wachzuhalten. Die Vorbereitungen zur Jubelfeier sind, wie wir schon erwähnten, bereits in die Wege geleitet, und die Unterstützung der Behörden ist in Aussicht gestellt. Auf höheren Wunsch soll die Feier nicht schon in diesem Jahre, sondern erst 1913 stattfinden, weil die Kolonisation im Jahre 1713 erst ihren eigentlichen Abschluß gefunden hat. – Am 25. Februar 1713 wurde König Friedrich I. durch den Tod abberufen. Die 200jährige Wiederkehr seines Sterbetages erscheint zur Abhaltung der Jubelfeier besonders geeignet und verpflichtet die Nachkommen der von ihm angesetzten Kolonisten zu einer pietätvollen Gedächtnisfeier. Kein schöneres Denkmal kann Friedrich I. und den Einwanderern nach 200 Jahren errichtet werden, als durch die Abfassung einer quellenmäßigen Geschichte der litauischen Schweizer-Kolonie. Die Professoren Dr. Siegfried Maire=Berlin und Bernhard Haagen=Zehlendorf haben sich dieser Mühe unterzogen. Im Januar des Jahres 1913 wird von ihnen eine vollständige Geschichte der litauischen Ansiedlung unter Friedrich I. erscheinen, welche die Namen der Kolonisten, ihren litauischen Ansiedlungsort, Stand, Beruf und ihre Familienverhältnisse enthalten soll. Die Verfasser, der eine ein Gumbinner Kind, der andere ein Nachkomme eines Neuchatelers, übergeben dieses Werk, an dem sie mit Liebe und Eifer gearbeitet haben, den Nachkommen ,den Freunden und Gönnern der Einwanderer und allen, die sich für diesen Abschnitt aus der Hohenzollernschen Kolonisation interessieren, mit dem Wunsche, daß es seine nächste Bestimmung, den gegenwärtigen und späteren Generationen ein Familienbuch zu sein, erfüllen möge.[2]

Zeitungsmeldungen

Königsberger Hartungsche Zeitung

Datum Schlagwort Meldung
09.10.1912 Studienreise in Litauen 23 Professoren und Oberlehrer von höheren Schulen Groß-Berlins, sämtlich Lehrer der nautrwissenschaftlichen Fächer, sind, wie bereits von uns gemeldet, zur zeit auf einer von der der Stadt Berlin veranlaßten und unter der Leitung von Professor Dr. Potonié stehenden Studienreise in Litauen begriffen. Von Gilge aus wurden die Torfmoore von Agilla und die Saprolegitbank von Juwendt besichtigt und die großen Erlensumpfmoore durchwandert. Großes Interesse erregte bei den Herren aus dem Reich auch die litauische Bevölkerung mit ihren noch mancherlei eigenartigen Sitten. Mit dem Dampfer „Meta“ wurde von Nemonien aus die Fahrt über das Haff nach Rossitten angetreten, wo die Vogelwarte besichtigt und ein Eindruck von der Nehrung gewonnen werden sollte. Von Rossitten sind die Herren nach Tapiau gefahren und haben von dort aus über Gr. Lindenau das Hochmoorgebiet des Frisching, die als Naturdenkmal erklärte Zehlau besucht. Die letzten Tage der Exkursion sollen der samländischen Küste und den Bernsteinwerken von Palmnicken gewidmet sein.[3]

Bibliografie

Genealogische Bibliografie

Historische Bibliografie

Ortslexika und Karten

Ortslexika

  • Pėteraitis, Vilius. Mažosios Lietuvos ir Tvankstos vietovardžiai: jų kilmė ir reikšmė, Vilnius: Mažosios Lietuvos fondas; Mokslo ir enciklopedijų leidybos institutas, 1997. [Die Ortsnamen von Kleinlitauen und Twanksta. Ihre Herkunft und Bedeutung]. Deutsche Zusammenfassung: http://lietuvos.istorija.net/kleinlitauen/peteraitis.htm
[Dieses Lexikon behandelt allerdings die ehemals deutschen Ortschaften des Memellandes, nicht die übrigen Orte Litauens, dazu die heute zu Rußland und nie zuvor zu Litauen gehörenden Ortschaften Nordostpreußens südlich der Memel.]

Weblinks

Offizielle Webseiten

Genealogische Webseiten

Weitere Webseiten

Artikel Litauen. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.

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Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis

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Andere Gebiete: Färöer | Bailiwick of Jersey | Bailiwick of Guernsey | Isle of Man | Akrotiri und Dekelia | Gibraltar

  1. Hopf, Hans: Auswirkungen des Verhältnisses Litauens zu seinen Nachbarn auf das Memelgebiet in: Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/ Pr. 1962, Bd.12, S. 262 f
  2. Verfasser: Franz Marchand, Rössel, Ostpreußen, Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 02.10.1912, 2. Morgen-Ausgabe 462, S. 5, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
  3. Verfasser:*. (unbekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 09.10.1912, Ausgabe 475, Abendausgabe, S. 9, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz