Amtsgericht Recklinghausen
Amtsgericht Recklinghausen, Gerichtswesen im Vest Recklinghausen: In oft kurzen Zeitabschnitten erlebten wir im Vest Recklinghausen unterschiedliche, oft gegensätzliche politische Systeme: Feudalismus, Einzug der Moderne unter Napoleon, preußisches Kaiserreich, Weimar, NS-Staat, Besatzungsregime die Bundesrepublik. Dabei wurden Rechtsordnungen wie Wäschestücke gewechselt. Was blieb waren die Juristen und nahezu sämtliche Führungsstäbe des jeweiligen Systems, auch auf der regionalen Ebene.
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Zeitschiene vor 1803
Neu befestigt wurde die Burganlage (curtis) Recklinghausen 1179 durch den Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg. Im Anschluß an die Burg entwickelte sich eine Marktsiedlung und ein Vogteigericht welches das Hofgericht über den Oberhof zu Recklinghausen und die ihm verbundenen Unterhöfe in der niederen Gerichtsbarkeit beinhaltete.
1228 war Recklinghausen Sitz des Hohen (Go-)Gerichtes und des erzbischöflichen Richters, 1236 erstmalig oppidum genannt. Da erfolgte die Befreiung der Bürger (cives) von der Bede und die Erweiterung der Stadtrechte durch Erzbischof Heinrich von Müllenark. Bis 1803 gehörte Recklinghausen zum Kurkölnischen Vest Recklinghausen. [1]
Freigrafschaft Recklinghausen
- 1335 Juni 7 (feria quarta post Pentecosten). Walramus (Gf. von Jülich), Erzbischof zu Köln (1332-1349), welchem Bürgermeister und Rat der Stadt Dorsten die im Vest Rekelinchusen belegene Vrigrafschaff, die Bürgermeister und Rat einst von Henricus Unversagede (Haus Balken) gekauft haben, für 200 Mark verkauft haben, verpflichtet sich zur Zahlung dieser Summe. Außerdem überläßt er den Bürgermeistern und Rat der Stadt Dorsten das Recht, Bier zu eigenem Nutzen zu verkaufen. Sollte er demnächst dasselbe Recht auch in Recklinghausen verkaufen, so haben Bürgermeister und Rat zu Dorsten das Recht auch Bier nach Recklinghausen zu verkaufen.
Gogericht Recklinghausen
Gerichtsbezirk waren die Kirchspiele des Obervestes, mit Ausschluß der Stadt Recklinghausen innerhalb der Mauern und der Pfahlbürger in Hillen.
Erbvogteiliches Hofgericht
Das Vogteigericht beinhaltete das Hofgericht über den Oberhof zu Recklinghausen und die ihm verbundenen Unterhöfe in der niederen Gerichtsbarkeit.
Rechtgrundlage
Allgemeines Recht
- Landrechte des Vestes Recklinghausen
- Lokale Weistümer
Markenrecht
- Lokal, sich zeitlich entwickelnde unterschiedliche Markenrechte.
Protokolle der historischen Gerichtsbarkeit
- Quelle heimat- und familienkundlicher Forschungen, so u.a. in Streitfällen, Ahndungen gegen Verstöße, Erbschaftsangelegenheiten und Vertragsabschlüsse (Kontraktenprotokolle) ermöglichen Einblicke in Nachbarschaften, Beziehungen, familiäre Verbindungen, Todesdaten, Aussagen zur Mobilität und Profession, zu persönlichen Eigenheiten, Rechten und Verpflichtungen. Sie enthalten oft auch Angaben zu Wohnorten, lokalem Leben, Gebräuchen und den Alltag. In den Aufzeichnungen der hohen Gerichtsbarkeit finden sich die Protokolle der Hexenverfolgungen wieder. Zeitlich reichen sie oft über die Kirchenbuchdaten hinaus.
Landesherrlich gesetzliche Grundlagen
Gesetze und Verordnungen der rheinischen und westfälischen Territorien, die bis zum Ende des Alten Reiches der weltlichen Herrschaft des Erzbischofs von Köln unterstanden. Im Einzelnen handelt es sich im Rheinland um das Kurfürstentum Köln bis zu seiner Auflösung im Jahre 1802 (von 1794 – 1802 nur noch um die rechtsrheinischen Gebiete), in Westfalen um das sogenannte Herzogtum Westfalen (inkl. der hessisch-darmstädtischen Herrschaft 1802 -1818) und das Vest Recklinghausen (inkl. der herzogl. Arenbergischen Herrschaft (1802 -1810).
Zeitschiene nach 1802
Französische Zeit
Vor die Tribunale gehörten alle streitigen Eigentumsklagen, die nicht von den Friedensrichtern verglichen werden konnten, oder in denen nicht der Präfekturrat zu erkennen hatte. Sie behandelten gleichzeitig die korrektionellen Gegenstände bis zu Strafen von fünf Jahren Gefängnis und streitige Handelssachen.
- 1812 Friedensgericht im Kanton Recklinghausen und Arrondissement Essen im Rheindepartement, Großherzogtum Berg. Darin auch:
- Mairie Recklinghausen
- Mairie Datteln,
- Kirchspiel Henrichenburg
- Kirchspiel Horneburg
- Kirchspiel Oer
- Kirchspiel Suderwich
- Mairie Waltrop
Gerichtsgebäude
- 1811 Nutzung des Eickschen Hauses (Präfektur- und Gerichtsgebäude) in Recklinghausen; Mobiliar des Herzogs von Arenberg.
Preußische Gerichtsbarkeit
Im Jahre 1815 wurde Recklinghausen Sitz eines Land- und Stadtgerichts, welches dem Oberlandesgericht Kleve zugeteilt, durch Verfügung des Justizministers vom 08.09.1816 jedoch dem Bezirk des 0berlandesgerichts Hamm angegliedert wurde. Das Gericht war untergebracht in einem Gebäude am Markt, das zunächst angemietet, im Jahre 1827 aber vom Justizfiskus käuflich erworben wurde. Die Gefängnisse befanden sich im gleichen Gebäude und im benachbarten städtischen Rathaus. Bis zum Jahre 1825 vorblieb dem Herzog von Aremberg das standesherrliche Recht, die Besetzung des Gerichts zu bestimmen.
Im Jahre 1849 wurde das Gericht in ein Kreisgericht umgewandelt mit Gerichtsdeputationen in Dorsten und Lüdinghausen und zwei Gerichtskommissionen in Werne. Die Unterbringung war die gleiche.
Im Jahre 1851 wurde das Kreisgericht Recklinghausen - vermutlich als Folge der Revolutionsereignisse - aufgelöst und in die neuen Kreisgerichtsbezirke Dorsten und Lüdinghausen aufgeteilt. In Recklinghausen verblieben lediglich einige Gerichtskommissionen, die zu einer Gerichtsdeputation vereinigt wurden, und zwar vom 01.07.1861 ab.
Im Jahre 1879 erhielt Recklinghausen ein Amtsgericht, welches Gerichtstage in Bottrop abhielt. Durch Gesetz vom 03.04.1888 wurde das Amtsgericht dem neu eingerichteten Landgericht Bochum zugeteilt. Das Gesetz trat im Mai 1892 in Kraft. [2]
Das Amtsgericht erhielt im Jahre 1907 ein neuers rapräsentatives Barockgebäude an der Reitzensteinstraße. Das eigentliche dreigeschossige Gerichtsgebäude nimmt zwei Straßenfronten ein; im Hof befinden sich die zugehörigen Gefängnisbauten. [3]
Preußisches Provinzialrecht
- Provinzialrecht des Fürstenthums Münster und ehemaliger Besitzungen der Standesherren, imgleichen der Grafschaft Steinfurt und der Herrschaften Anholt und Gehmen[4]
Land- und Stadtgericht Recklinghausen
- Direktor: Direktor: Reinking (etwa 1820-1849, seit 1831 Dir.)
- Land- und Stadtrichter: Jacoby (1816-?)
- Land- und Stadtrichter: Bolmann Ass. (1816-1820)
- Land- und Stadtrichter: Piners (1816-1849)
- Land- und Stadtrichter: Arndts OLGAss. (?-1835)
- Land- und Stadtrichter: Hoffmann (1835-1844)
- Land- und Stadtrichter: Schlechtendahl (1835-1839)
- Land- und Stadtrichter: Schultz, Herm. (1839-1849)
- Land- und Stadtrichter: Jungeblodt (1839/40-1849)
- Land- und Stadtrichter: v. Detten (1841/42-1849)
- Land- und Stadtrichter: Hellweg (1844-1846/47)
- Land- und Stadtrichter: Fisch (1844-1849).
- Land- und Stadtrichter: Heitmann II (1846-1849)
- Land- und Stadtrichter: Sprickmann-Kerkerinck (1846-1849)
Kreisgericht bezw. Kreisgerichtskommission in Recklinghausen
- Direktor: Reinking (1849-1851)
- Kreisrichter: Honthumb (1849/50)
- Kreisrichter: Evelt, Strotkamp, Michels, Geisberg, v. Detten, v. Ascheberg (sämtlich von 1849-1851)
- Kreisrichter: Schultz Herm. (1849-1866)
- Kreisrichter: Jungeblodt (1849-1861)
- Kreisrichter: Ernesti (1859-1876)
- Kreisrichter: Aulicke (1858-1879)
- Kreisrichter: Drecker (1861-1879, ab 1877 Dirigent)
Amtsgericht Recklinghausen
- Amtsrichter: Drecker (1879-1886)
- Amtsrichter: Aulicke (1879-1892)
- Amtsrichter: Elsing (1886-1892)
- Amtsrichter: Dinslage (1892-1896) [2]
Archiv
- Stadtgericht Recklinghausen; Bestandsgeschichte:
- Laufzeit : 1639-1810; Inhalt : Kontraktenprotokolle 1697-1805; Gerichtsprotokolle 1664-79, 1786-1808; Anlagen zu den Protokollen (6) 1639, 1711-1760, 1803, 1808; Verhörprotokolle (2) 1804-1805; Protokolle in Bagatellsachen (3) 1806-1808; Pfand- und Arrestprotokolle (13) 1717-1805; Notare (58) 1728-1810. Umfang : 108 Akten (31 Kartons), Findbuch A 188 I mit Index.
- Land- und Stadtgericht, Recklinghausen; Bestandsgeschichte:
- Laufzeit : 1815-1877 Inhalt : Freiwillige Gerichtsbarkeit, Personenstand, Nachlass, Gemeinheitsteilungen, Grundbuch. Umfang : 115 Akten (12 Kartons), Findbuch Q 356.
- Laufzeit : 1815-1849; Inhalt : Deponierung von letztwilligen Verfügungen im Rahmen der Zuständigkeit der Land- und Stadtgerichte, Justizämter und standesherrlichen bzw. Patrimonialgerichte 1815-1849 für freiwillige und präventive Rechtssicherung. Umfang : 788 Akten (35 Kartons), Findbuch Q 356t.
- Kreisgericht Recklinghausen, Bestandsgeschichte:
- Laufzeit : 1827-1890; Inhalt : Justizverwaltung, Personenstand, Gemeinheitsteilungen, Schuldensachen, Grundbuch. Umfang : 64 Akten (12 Kartons), Findbuch Q 442.
- Laufzeit : 1849-1879; Inhalt : Deponierung von letztwilligen Verfügungen im Rahmen der Zuständigkeit der Kreisgerichte 1849-1879 für freiwillige und präventive Rechtssicherung. Umfang : 1274 Akten (41 Kartons), Findbuch Q 442t.
- Amtsgericht Recklinghausen, Bestandsgeschichte:
- Laufzeit: 1827-1959; Inhalt : General- und Verwaltungsakten, Strafsachen, Registerakten (Genossenschaften, Handel, Prokuren), Nachlasssachen, Ehescheidungen, Vormundschaften, Entmündigungen, Zwangsversteigerungen, Liegenschaften (Teilungen, Ablösungen, Grundbuchsachen, Berggrundakten), Erbhofsachen, Landwirtschaftssachen. Umfang : 7345 Akten (345 Kartons), Findbuch Q 562, Bde. 1 u. 2.
- Laufzeit : 1879-1919 (1944/1945); Inhalt : Testamente. Umfang : 2948 Akten (80 Kartons), Findbuch Q 562t, Teilbände 1 (1879-1905) und 2 (1888-1919 (1944/1945).
- Inhalt : Grundakten. Umfang : 12.225 Akten (1592 Kartons), Findbuch Q 562g.
- Inhalt : Berggrundakten. Umfang : 400 Akten, Findbuch Q 562b (unverzeichnet).
Fußnoten
- ↑ Quelle: Th. Esch, Zur Entstehungsgesch. der Stadt Recklinghausen, in: Vestische Z., Jg. 10 (1900).
- ↑ 2,0 2,1 Quelle: Oppenheim, Karl:Das Gerichtswesen im Münsterland (1954)
- ↑ Quelle: Dr. Willeke: Recklinghausen (1928)
- ↑ Quelle: Schlüter, Clemens August Provinzialrecht des Fürstenthums Münster...- (Leipzig 1829)
Weblinks
- Artikel Amtsgericht Recklinghausen. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
Offizielle Webseiten
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
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