Westfalen: Suche in Zeitschienen
"Seligmachend allein sind Kirchenbücher nicht! - Bei der Suche nach den Lebensumständen der Vorfahren sollten Sie nicht bei den Kirchenbüchern stehen bleiben, sondern in die oft zusätzliche reiche Quellenüberlieferung (auch über die Pfarr- und Kirchenarchive hinaus) eintauchen, welche die Lebensumstände unserer Vorfahren in den zeitlichen Heimaträumen erst erkennen lassen, weit über die Kirchenbucheintragungen hinaus!
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Eigene Forschungsstrategien, kollegiale Coachinggruppen
Zur erfolgreichen Heimat- und Familienforschung gehört die Entwicklung einer eigenen Forschungsstrategie, die sich orientiert an den eigenen jeweiligen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Am Spannendsten ist immer die Arbeit mit Quellen. Im Genwiki sind eine Vielzahl von Trainings- und Beratungskonzepten kollegialer Coachinggruppen dazu verlinkt und eingesetzt, um die Entwicklung und Umsetzung persönlicher Forschungsziele auf unterschiedlichen Ebenen zu erleichtern oder zu ermöglichen, und um die dazu notwendigen Kompetenzen nach eigenem Bedarf zu erwerben und anzuwenden. Hier können auch eigene Kenntnisse und Erfahrungen eingebunden werden. An dieser Stelle steht die Forschung in Westfalen im Mittelpunkt.
Methodische Suche über die Kirchenbücher hinaus
Lesen von Kirchenbuchdaten
Interessant ist immer noch die Suche nach ersten Informationen über die eigenen Vorfahren in Kirchenbüchern, obwohl die Informationen aus diesen Quellen ziemlich beschränkt sind und kaum Auskünfte zur Lebensweise und dem Lebenslauf einzelner Vorfahren hergeben. Für einen ersten Einblick in die Kirchenbücher reichen zunächst Kenntnisse zur Lesbarkeit der Schreibschrift des zeitlichen Aufschreibers, in welche man sich dann nach und nach einlesen kann.
Beherrschbare Schwierigkeiten ergeben sich oft erst dann bei Eintragungen, wenn wir es dort mit uns unbekannten Ausdrücken und Abkürzungen in Latein, bei der Amtssprache und der Datierung in den Kirchenbüchern zu tun haben. Ähnliches trifft aber auch auf Bevölkerungslisten im 19. Jdt. und davor zu. Wenn man Ausdrücke kennt, sind diese bei den Handschriften leichter lesbar. Für Einsteiger in der Familienforschung haben wir hier eine kleine Einstiegshilfe für Ausdrücke, die zumindest in Westfalen in Kirchenbüchern und Bevölkerungslisten im 17./18 Jhdt. regelmäßig auftreten:
Archivalien zur Heimat u. Familienforschung
Wo findet man über die Kirchenbücher hinaus Unterlagen (Urkunden, Akten, Hinweise) welche uns Auskünfte aus der Vergangenheit einer Familie, ihrer Mitglieder, eines Hauses oder Hofes und seiner Bewohner in Westfalen erzählen, historisch – familienkundliche Entwicklungen im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, biografische Aspekte, Archive, Quellen aufzeigen und Hinweise geben...????
- siehe auch: Heimatforschung in Westfalen
Archivausrichtungen in Westfalen
In einer Vielzahl von Familien, auf einer Reihe von Bauernhöfen oder Gütern, in unterschiedlichen Wirtschafts- und Handelsunternehmen, auch in Handwerksbetrieben, in Vereinen, Verbänden, Genossenschaften, Körperschaften oder Stiftungen, in kommunalen, kirchlichen und staatlichen Verwaltungen entstanden im Laufe der Zeit allmählich Archive, teilweise mit lokaler Streuung (Einzugsgebiet) und auf unterschiedlichen Ebenen (Organisationsstruktur).
Diese Archive enthielten die zeitliche schriftliche Überlieferung, welche urkundlichen Charakter trägt oder von rechtlichem oder geschichtlichem Wert ist.
Je nach Bestandsart sprechen wir daher von Hof-, Guts- oder Familienarchiven, von Grundherren-, Adels oder Herrschaftsarchiven, von Werk-, Wirtschafts- und Zeitungsarchiven, von Zunft-, Gilde- oder Vereinsarchiven, von Selbstverwaltungsarchiven (Verbände, Genossenschaften), von Kommunalarchiven (Gemeinde, Amt, Stadt, Kreis, Regierungsbezirk, Provinz), von Archiven geistlicher Stiftungen wie beispielsweise Klöster, Stifte, Hospitäler und Pastorats-, Dekanats-, Diözesan-Kirchenkreis-. Landeskirchenarchiven und den Landesarchiven.
Systematische Suche mit Methode in Zeitschienen
Bei der systematischen Suche nach örtlichen Quellen sind immer Zeitschienen zu berücksichtigen. Geburts- und jeweiliger Wohnbezirk entscheiden über die Quellenlage!.
Zeitschiene vor 1803 ist politisch rekonstruierbar
Bis 1803 bildeten im Bereich der späteren preußischen Provinz Westfalen (ab 1815) in Ermangelung einer raumumgreifenden weltlichen Fürstenmacht die Fürstbistümer flächenmäßig die wichtigsten Faktoren struktureller Verwaltungsveränderungen. Wir hatten es bis 1803 in den westfälischen Landen mit unterschiedlichen Landeherren zu tun, darunter:
den Hochstiften Münster, Paderborn, und Osnabrück, den Abteien Corvey, Essen, Werden, dem Frauenstift Herford, den Fürstentümer Minden und Nassau-Diez, den Herzogtümern Kleve, Berg, den Grafschaften Mark, Ravensberg, Anholt, Sayn und Wittgenstein, Lippe, Bentheim, Steinfurt, Tecklenburg und Lingen, Rietberg, Pyrmont, Blankenheim und Gerolstein, den Herrschaften Winneburg und Beilstein, Witten, Gemen und der Reichsstadt Dortmund.
Die Vorläufer der Stadtgründungen der regionalen Landesherren in Westfalen waren die Märkte, aus denen unterschiedliche Stadtformen entwickelt wurden. Es gab vielfältige und enge Verflechtungen zwischen der Bevölkerung von Stadt und Land. Diese Verflechtungen spiegeln sich in den Archiven der jeweiligen kirchlichen Organe, den Städten, den Archivstrukturen der Landesherren und ihrer Nachfolger und in den Archiven der lokalen Grund- und Gerichtsherren wieder.
Internetportal und Westfälische Zeitschrift
Der Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens wurde 1824/1825 als einer der frühesten historischen Vereine in Deutschland gegründet und besteht aus den zwei Abteilungen Münster und Paderborn. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte und Kultur Westfalens zu erforschen und zu vermitteln. In diesem Rahmen wird seit 1838 jährlich die Westfälische Zeitschrift (WZ) herausgegeben. Im Mittelpunkt stehen Themen der Landesgeschichte und Bevölkerung, darin auch Hinweise zu Quellen und Archiven.
Das Internet-Portal "Westfälische Geschichte" ist ein Webangebot zur Regional- und Landesgeschichte Westfalens und wird vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte betrieben. Konzipiert als ein themenspezifischer Informationspool, hält das Portal Service- und Informationsangebote bereit: Einführungstexte in Epochen und Themen, Biografien, Quellen, Ereignisse, Links, digitalisierte Literatur, Medien und Karten. Es richtet sich an historisch Interessierte, Wissenschaftlerinnen, Mitarbeiter von Kultureinrichtungen, Lehrerinnen sowie Schüler und wird fortlaufend um neue Inhalte und Projekte erweitert.
Westfälische Geschichte online frei zugänglich zu machen, das ist das Ziel des Projektes "Digitalisierung der Westfälischen Zeitschrift" des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Seit 2014 werden die Artikel der historischen Zeitschrift, die vom Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilungen Münster und Paderborn, seit 1838 herausgeben wird, eingescannt. Die technische und inhaltliche Umsetzung verantwortet das Internet-Portal "Westfälische Geschichte", das seit 2004 vom LWL betrieben wird. Es sorgt auch dafür, dass die Inhalte im Internet zur Verfügung gestellt werden.
Hofeslisten im Münsterland
- Inhalt: Schatzbare Hofes- und Kottenstellen mit ihren Grundherrschaften
Die Höfe des Münsterlandes und ihre grundherrlichen Verhältnisse
Band 52 der westfälischen Beiträge zur Familienforschung.
Ein Online-Angebot der Westfälischen Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung. Auch als Buch erhältlich.
Steuerlisten im Fürstbistum Münster
- Inhalt: Schatzbare Hofes- und Kottenstellen mit unterschiedlichen Angaben ( Status als Bauer, Familieangaben, Häuser, Vieh, Pflugzahl ....)
Band 15 der westfälischen Beiträge zur Familienforschung.
Ein Online-Angebot der Westfälischen Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung. Als Buch nicht mehr erhältlich.
Zeitschiene 1802 – 1813 ist regional rekonstruierbar
Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 15.02.1803 endete das Heilige römisches Reich deutscher Nation, HRR). Dabei fielen wesentliche Teile der kirchlichen Gebiete in Westfalen an Preußen, Hessen-Darmstadt, die Herzöge von Arenberg, Fürsten von Salm, den Wild- und Rheingrafen, den Herzöge von Croy und Looz-Corswaren, während Dortmund und Corwvey an die Oranier kamen. Damit kam die napoleonische Zeit mit massiv strukturellen Kommunalveränderungen, welche ab 1813/16 von den Preußen zunächst übernommen oder leicht modifiziert wurden.
In diesen Zeitraum fällt die Anlage flächendeckender Populationslisten im napoleonischen Einflußbereich in Westfalen und die Anlage der Zivilstandsregister, welche zunächst ab 1813 von den Preußen fortgeführt wurden. Daneben wurden bereits die ersten Personenstandsregister geführt.
Zeitschiene 1813 bis heute ist lokal und regional rekonstruierbar
Darstellung der Verwaltungshierarchien als Archivkompass
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 organisierten die verbündeten Mächte die Verwaltung der von Napoleon zurück eroberten Länder neu. Die westlichen preußischen Provinzen wurden ab 1815 neu geordnet in Regierungsbezirke (Landschaften) und Kreise mit ihren kommunalen Unterbehörden. Im Rahmen lokaler Bevölkerungsexplosionen (Ballungsgebiete) z.B. durch Landflucht und Industrialisierung, wurden parallel neue Infra- und Verwaltungsstrukturen in rasch folgenden Zeitabständen geschaffen.
Für Heimat- und Familienforscher sind insbesondere die Strukturveränderungen (lokale Zuständigkeiten, welche sich nicht mit kommunalen Grenzen decken) bei den unterschiedlichen Kirchenorganisationen und bei den regionalen Kommunalhierarchien (gestern noch Sitz eines Amtsverbandes mehrerer Gemeinden, heute Stadtteil eines "Stadtkreises" = kreisfreie Stadt), wichtige Grundinformationen zur Vernetzung mit weiteren Wissenssammlungen.
Um an Listen der Häuserkataster, Brandkataster oder früher Bevölkerungslisten (ab 1802/1806) zu kommen, muss man den Verbleib der zeitlichen kommunalen Archive und der Bestände der Archive der zeitlich übergeordneten korrespondierenden Behörden kennen.
Vergleichswerte aller Zeiträume z.B. durch Hofstandardwerte
Zur regionalen und lokalen Bewertung und Einschätzung der Unterschiede von Bauernhöfen als Vilikationshaupthöfe, ungeteilten und geteilten Erben (1/2, 1/4), Köttern und Brinksitzern, dienen Vergleiche erarbeiteter Hofstandardwerten von vorgelegten Familien. Diese Werte können u.a. erstellt werden aus Steuerlisten unterschiedlicher Suchzeiträume. Die so ermittelten Daten lassen sich vor Einsatz der Motorisierung in der Landwirtschaft bei Höfen über 20 ha abschließen mit Daten von 1931 aus dem bereits digitalisierten Niekammer's Landwirtschaftliches Adressbuch 1931.