Witzenhausen/Geschichte: Unterschied zwischen den Versionen
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* '''Magnus Backes''', Kunstreiseführer Hessen, Gondrom, Zürich 1962, ISBN 3-8112-0588-9 | |||
* '''Matthias Poeper''', Witzenhausen in vergangenen Zeiten, hrsg vom Werratalverein Witzenhausen, 1994 | |||
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Version vom 9. August 2013, 13:48 Uhr
.Witzenhausen. .Hundelshausen. .Trubenhausen. .Werleshausen. ..Burg Ludwigstein.. ..Burg Hanstein.. .Hoher Meißner. ..Kaufunger Wald.
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Geschichte der Stadt Witzenhausen
Die Anfänge der Stadt
Am Ostertage des Jahres 1225, „...in proxima pascha“, wie es in der Chronica Reinhardsbrunnensis wörtlich heißt, beginnt mit der Verleihung der Marktrechte durch Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, dem Ehegatten der Heiligen Elisabeth, die schriftlich fixierte Stadtgeschichte. Wenn das auch zu einer Zeit geschah, da vielerorts die Phase der Stadtwerdung abgeschlossen war - als vollwertige „Civitas“ mit Mauer und allen dazugehörigen Privilegien ist Witzenhausen erst 1247 belegt - so ist doch die 1225 zum Marktort erhobene Siedlung wesentlich älter.
Zwar ist nach heutigem Erkenntnisstand die Theorie, der angelsächsische Bischof vom Büraberg habe im Jahre 743 Witzenhausen als einen von drei befestigten Höfen gegründet (Wittanhuson = Witzenhausen) erheblich ins Wanken geraten, aber dass die spätere Stadt mit dem später als „Burg“ bezeichneten Stadtviertel einen alten dörflichen Siedlungskern vereinnahmt hat, bleibt unbestritten.
Der Platz für den Marktort indes war von Landgraf Ludwig gut gewählt. Auf hochwasserfreiem Gelände oberhalb des Zusammenflusses von Werra und Gelster kreuzten sich zwei mittelalterliche Handelswege, eine Ost-West-Verbindung und eine Nord-Süd-Trasse. Noch heute kann der aufmerksame Beobachter die sich daran anlehnende Stadtgestalt deutlich erkennbar nachvollziehen. Die einsetzende Aufwärtsentwicklung wurde noch in der Phase der Stadtwerdung jäh unterbrochen. Im Verlauf einer Fehde zwischen dem Erzbistum Mainz und der Landgrafschaft Hessen wurde Witzenhausen das Ziel einer Vergeltungsaktion der bischöflichen Truppen und 1332 fast völlig dem Erdboden gleichgemacht. Unbeirrt von diesem Schlag trieben die Bürger die Entwicklung ihrer Stadt mit gesteigerter Dynamik voran, so dass Witzenhausen sehr bald schon zur unbestrittenen Metropole des Umlandes wurde.
Stadtluft macht frei
So, wie sich die Stadt Mitte des 13. Jahrhunderts präsentierte, unterschied sie sich vom umgebenden Land durch drei wesentliche, höchst attraktive Phänomene:
- Die Selbstverwaltung der Bürgerschaft durch einen gewählten Rat, d,h, die Ablösung der Regierung des Stadtherrn durch die Bürger selbst.
- Die Bildung eines eigenen Rechtsbezirks. Vor dem schriftlich fixieten Stadtrecht waren alle Bürger gleich und nicht länger der Willkür von Grundherren ausgesetzt.
- Die selbstverwaltete Stadt wurde zur mauerbewehrten Festung, die von ihren Bürgern verteidigt wurde, Für den einzelnen war damit ein Höchstmaß an Sicherheit gegeben.
Diese drei Faktoren waren für die Bewohner des Umlandes von großer Anziehungskraft. Stadtluft machte zudem frei: wer über Jahr und Tag unangefochten hinter den Mauern einer Stadt gelebt hatte, wurde der Bindungen an seinen Herren los und ledig. So kam es, dass verschiedene Dörfer (u.a. Stempelhausen und Eberhardshausen) in unmittelbarer Nähe der Stadt aufgegeben und „wüst“ wurden, die Einwohnerzahl Witzenhausens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dagegen spürbar anstieg. Durch die 1275 erfolgte Gründung eines Klosters (zuerst Zisterzienserinnen, ab 1291 Wilhelmiten) erhielt der städtische Aufschwung zusätzliche Triebkräfte.
Die Errichtung des Klosters hatte zur Folge, dass sich im Verlauf der wichtigen west-östlichen Handelsstraße, die unmittelbar am Kloster vorbeiführte („via lapidea“/Steinstraße), Kaufleute ansiedelten, um in Witzenhausen Markt und Handel zu betreiben. Nicht umsonst bildete sich schon 1295 als erste Berufsvereinigung die „Kaufgilde“, deren Mitgliederzahl (85) allein schon die dominierende Rolle des Handels im städtischen Leben verdeutlicht. Dem Witzenhäuser Handel war allerdings nur eine bescheidene, kaum einhundertjährige Blütezeit beschieden.
Gewerbe statt Handel
Die Handwerker, nach Berufszweigen in „Gilden“ der Bäcker (1337), Wollenweber (1345), Schmiede (1460) und Schuhmacher (1487) organisiert, lösten den stagnierenden Handel in seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung ab und bestimmten seit Mitte des 14. Jahrhunderts die Entwicklung der Stadt.
Neben dem aufstrebenden, straff organisierten Handwerk - jeder, gleich ob Meister, Geselle oder Lehrjunge, hatte sich peinlich genau an die strengen Gildeordnungen zu halten - verdankte es die Stadt dem Kloster, dass eine neuerliche, diesmal auch kulturelle Blüte einsetzen konnte. Mönchische Gelehrsamkeit führte zu verbesserter Bildung breiter städtischer Schichten (Klosterschule), wirtschaftlichem Aufschwung und allgemeinem Wohlstand.
Stadtbrand 1479
Die verheerende Brandkatastrophe, die „uf St. Francisci Tag“ (4. Oktober) 1479 Witzenhausen bis auf wenige Ausnahmen in Schutt und Asche legte, brachte die zweite große Zäsur in der Entwicklung der jungen Stadt. Es dauerte fast ein ganzes Jahrhundert, ehe sich die Bürgerschaft von den Brandfolgen erholt und unter Aufbietung aller Kräfte ihr Gemeinwesen wieder aufgebaut hatte. In der Zeit zwischen 1570 und 1600 gelangte Witzenhausen zu seiner bis dahin höchsten Blüte. Der Scheitelpunkt dieser Entwicklung ist eng verknüpft mit der Peron des fürstlichen Schultheißen Hans Motz, dessen Wirken das städtische Leben von 1570 bis 1593 maßgeblich prägte. Die Baudenkmale aus der Zeit seiner Amtstätigkeit, wie das an der Westseite des Marktes gelegene Steinerne Haus (1584) oder das Wedekind-Meinhard-Haus (1579) in der Ermschwerder Straße - um nur einige zu nennen - lassen erahnen, wie die Stadt in dieser glanzvollen Epoche ausgesehen haben mag.
Zudem blieb, da es in Witzenhausen im Gegensatz zu vielen anderen Städten kein ausgesprochenes Stadtpatriziat gab, der innere Friede gewahrt und die Bürgerschaft im wesentlichen von den damals so häufigen Ständekämpfen verschont. Selbst die Reformation fand 1527 ohne die sonst üblichen religiösen und sozialen Spannungen Eingang. Sie brachte vielmehr mit Antonius Corvinus einen ebenso glühenden wie profilierten Reformator als Pfarrer in die aufstrebende Stadt.
Auch für die Menschen jüdischer Religion galt Witzenhausen lange Zeit als bedeutendes Zentrum ihres Glaubens. Bis in die zweite Hälft des 18. Jahrhunderts (1772) befanden sich hier Talmudschule und Landesrabinat.
Pestepidemie 1597 und zweiter Stadtbrand 1809
Mit der Pest des Jahres 1597, der 900 Einwohner, d.h. 2/3 der gesamten Bevölkerung, zum Opfer fielen, begann ein lange währender schmerzlicher Niedergang. Noch beschleunigt durch die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges, versank das so hoffnungsvoll aufgeblühte Gemeinwesen in den Dornröschenschlaf einer verarmten hessischen Land- und Ackerbürgerstadt.
Ein weiterer furchtbarer Schlag ereilte die Bürger während ihrer Zugehörigkeit zum Königreich Westfalen (1806-1833 unter Jerome, dem jüngeren Bruder von Napoleon). Wieder, wie schon 1479, war es eine verheerende Feuersbrunst, die am 31. Januar 1809 Witzenhausen an den Rand des Abgrunds brachte. Die Bilanz: 241 verbrannte Gebäude, darunter Rathaus, Kloster und zwei der städtischen Mühlen. Es gab über 1.000 Obdachlose und einen Sachschaden in der für damalige Verhältnisse astronomischen Höhe von insgesamt 300.000 Talern.
Von solch existentiellen Katastrophen, die beiden Weltkriege und der jahrzehntelang in unmittelbarer Nähe verlaufende Todesstreifen einmal abgesehen, blieb Witzenhausen seitdem glücklicherweise verschont. Als bedeutende Stationen auf dem Weg in die Moderne sind u.a. die Erhebung zur Kreisstadt (1821-1973), Eisenbahnbau und beginnende Industrialisierung (1872), die Gründung der „Deutschen Kolonialschule“ (1898) und die Intensivierung des Kirschenanbaus zu nennen. Die Stadt hat längst schon über den ursprünglich mauerumringten historischen Kern herausgegriffen. Mit der Gebietsreform 1974 sind ihr 16 neue Stadtteile zugewachsen, und die Einwohnerzahl hat sich mehr als verdoppelt.
Zahlen der neueren Geschichte
Literatur
- Magnus Backes, Kunstreiseführer Hessen, Gondrom, Zürich 1962, ISBN 3-8112-0588-9
- Matthias Poeper, Witzenhausen in vergangenen Zeiten, hrsg vom Werratalverein Witzenhausen, 1994