Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/253

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Erster Beweis.

In Eichelsachsen, einem Dorfe am Fuße des Vogelsbergs, lag in den 1820er Jahren ein Mädchen im magnetischen Schlafe, ohne daß Jemand seinen Zustand ahnte, bis die Frau Inspectorin Scriba von Wingershausen ihn vermuthete und, um sich Gewißheit zu verschaffen, der Schlafenden einen ungeöffneten Brief auf die Herzgrube legte, welchen dieselbe sofort laut zu lesen begann. Sie sagte nun den erstaunten Aeltern: Eure Tochter hat die magnetische Krank­heit; laßt sie von dem Dr. Bork magnetisch behandeln! Nachdem Bork dieselbe eine Zeit lang in der Cur gehabt hatte, erzählte er mir, daß ihm die Schlafende auf sein Befragen öfter Heilmittel für Kranke, welche er bereits für verloren gehalten habe, angegeben hätte, welche ihm zwar unzweckmäßig und lächerlich vorgekommen wären, aber nichts desto weniger die Kranken in kurzer Zeit gesund gemacht hätten. Er führte mir auffallende Beispiele dieser Art an, deren genaue Beschreibung mich jedoch hier zu weit führen würde. Daß aber das Mädchen bei geschlossenen Augen den Brief gelesen habe, und zwar besser, als es dieß mit offenen Augen gekonnt hätte, hat mir die Frau Inspector Scriba selbst heilig versichert.

Zweiter Beweis.

Nicht lange danach fiel auch ein Mädchen in Busenborn, ebenfalls im Vogelsberge, in magnetischen Schlaf. Als von weit und breit Viele kamen, die sich von demselben Heilmittel für ihre Kranken angeben ließen, sprach die Frau des Ortspfarrers Koch zu diesem: Frage doch auch einmal das Mädchen, ob und womit meinem kranken Vater noch geholfen werden könne! „Nach einigem Weigern“ — so sprach mein Freund Koch selbst zu mir — „that ich meiner Frau diesen Gefallen, und nahm auch ein Paar Strümpfe mit, die sie mir zum Geschenk für das Mädchen gab. Kaum stand ich neben dem schlafenden Mädchen, so sagte es: Aber, Herr Pfarrer, ich hätte nicht von Ihnen geglaubt, daß Sie so von mir dächten! Ich: O, ich denke ja nichts Uebels von Dir! Es: Ja, Sie haben aber doch zu Ihrer Frau gesagt: Wenn das Mädchen einen Mann bekäme, so würde seine Krankheit wol bald vergehen. Das hatte ich nun allerdings meiner Frau in der vorigen Nacht im Bette gesagt, aber weder ich, noch sie hatten diese Vermuthung bei einem Dritten geäußert. Deßwegen frappirte mich diese Anrede des Mädchens ungemein, und mit einiger Beschämung gestand ich ihm, daß ich diese Vermuthung zwar im Vertrauen meiner Frau, aber sonst Niemand mitgetheilt habe. Es: Ja, das weiß ich, und Sie denken auch gerade nichts Schlechtes von mir. Dieses und überhaupt Alles sprach es nicht im Ortsdialekte, sondern in der reinsten Schriftsprache, welche es als Bauersmädchen im wachen Zustande gar nicht zu sprechen vermochte. Schon darüber mußte ich mich sehr wundern, noch mehr aber, als es mit plötzlich verfinsterter Miene fortfuhr: Jetzt will auch der schlechte Landrath Goldmann von Schotten zu mir; sagt ihm doch, daß ich ihn nicht leiden könne und daß er draußen bleiben möge! — Wirklich kam nach einigen Minuten der Landrath in das Zimmer und that einige neugierige Fragen an die Schlafende. Da ihm aber dieselbe keine Antwort gab, entfernte er sich bald wieder.

Nun, dachte ich, mußt Du doch auch Deine Frage und Deine Strümpfe anbringen, und sprach: Ich habe Dir auch etwas mitgebracht! Lächelnd erwiederte die Schlafende: Ich weiß es, ein Paar schöne Strümpfe von Ihrer Frau. Da bekam ich einen Respect vor dem Mädchen, wie vor einer Prophetin, und auch Glauben an seine Sehergabe, und frug nun: Kannst Du mir sagen, ob meinem Schwiegervater noch zu helfen ist, und wie? Hierauf schwieg es erst eine Weile, dann antwortete es: Ihr Schwiegervater wird nicht wieder gesund; man kann ihm aber noch einige Linderung verschaffen, wenn man so und soviel Birnkerne u. s. w. nimmt ec. Ich kann Dir nicht mehr angeben, was es Alles sagte, und da mir das Mittel doch zu läppisch schien, hatte ichs