Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/144

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Mit der Mutter wollte ich von Gießen
Später gehen nach der Rabenau,
Als wir auf den alten Palmer stießen
Nahe bei dem Gasthaus zu dem Pfau.
Damals blühete der Wintersamen
Auf dem Felde wie ein goldnes Tuch,
Und da von demselben wir bekamen
Auch zugleich den lieblichen Geruch,
Sprach ich: „Wie der Same dort erfreuet“
„Jedes Auge, welches ihn erblickt,“
„So auch jeder Nase er verleihet“
„Einen Wohlgeruch, der sie erquickt!“
Drauf versetzte Palmer mir mit Feuer:
„Auch bei Händlern ist er sehr beliebt,“
„Diese kaufen gerne ihn und theuer,“
„Weil er gutes Oel in Menge gibt!“
„Wollte man ihn aber jetzo schneiden,“
Sprach ich in Erwiederung darauf,
„Könnte weder Oel man draus bereiten,“
„Noch erschien ein Händler dann zum Kauf!“
Jener sprach: „Ich kann das nicht begreifen,“
„Denn der Same hat ja keinen Fehl!“
„Seine Körner aber später reifen,“
Sprach ich, „und nur diese geben Oel!“
Weil er nun hierüber sehr erstaunte,
Sah ihn meine Mutter spöttisch an,
Während sie mir in die Ohren raunte:
„Was ist das doch für ein schlechter Mann!“ —
Einst besuchte ich ihn auf dem Zimmer
Noch in meinem Candidatenstand,
Wo ich gegen mich ihn, so wie immer,
Sehr zuvorkommend und artig fand.
Jetzo trat in schönem, schwarzem Kleide
Noch ein fremder Herr zu uns herein,
Den für einen Pfarrer alle beide
Wir gehalten nach dem äußern Schein.
Palmer, der ihn Platz erst nehmen ließe
Neben mir auf seinem Canapé,
Frug sodann ihn freundlich, wie er hieße,
Und ob etwas ihm zu Diensten steh'.
Da nun jener seinen Namen sagte,
Und den Herren Superintendent
Ganz devot nach einer Schulstell' fragte,
War auch Palmers Höflichkeit zu End.
„Stehn Sie auf sogleich“ — sprach er — „und
nehmen“
„Hut und Stock Sie wieder in die Hand!“
Jener mußte sich dazu bequemen,
Und sobald er wieder aufrecht stand,
Sagte Palmer: „Ich empfehl' mich Ihnen!“
Und das wiederholte er so lang,
Bis er jenen mit erzürnten Mienen
Seine Stube zu verlassen zwang.
Denn bei jedem Complimente rückte
Palmer einen Schritt auf jenen los,
Daß sich dieser immer rückwärts drückte,
Bis die Thür' sich zwischen beiden schloß. —
Als die Osterferien gekommen,
Hab' mit Heinrich Palmer im Verein
Eine Reise einst ich unternommen
An den Main, den Neckar und den Rhein.
Da mein Vater just ein altes Kühchen
Hatt' verkauft für zwanzig Gulden Geld,
Hat er diese Summe mit Vergnügen
Als Viaticum mir zugestellt.
Außerdem hatt' ich noch funfzehn Gulden
Zu den Reisekosten dazumal,
Daß ich dacht': Ich mache keine Schulden,
Und das Geld verbrauch ich auch nicht all!
Palmer hatte auch von seinem Alten
Ueber fünfunddreißig Gulden baar
Zu der Reise früher schon erhalten,
Daß vor Mangel uns nicht bange war.
Ueber Frankfurt, Darmstadt gingen beide
Wir zusammen durch den Odenwald;
Auf dem Melibocus hoch erfreute
Uns des Rheinstroms glänzende Gestalt.
Auch das Felsmeer und die Riesensäule
In der Nähe uns gefielen baß;
Dann ging über Rimbach es in Eile
Nach dem großen Heidelberger Faß.
Ueber Schwetzingen und Mannheim eilten
Wir nach Worms zu unsres Luthers Ehr,
Und wiewohl wir dort nicht lange weilten,
Wurden dennoch unsre Kassen leer.
Da wir uns nicht wollten lassen lumpen,
Mußte schnell uns ein Student von dort
Eine Caroline Zehrgeld pumpen,
Daß wir ungehindert kamen fort.
Als darauf zu Mainz wir eingekehret
In dem Gasthaus zu dem schwarzen Bär,
Und das erste Mittagsmahl verzehret,