Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/143

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
Inhalt
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[142]
Nächste Seite>>>
[144]
Datei:Chronik Spamer.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.



's war am dritten Frühlingssonntagsmorgen,
Und die Sonne stieg so klar empor,
Daß wir hatten keine Wettersorgen
Als wir rasselten durch's Gießer Thor.
Doch bei Langsdorf mußten wir schon rasten,
Weil uns dort begegnete der Spaß,
Daß auf einmal unser Chaisenkasten
Auf dem rechten Hinterrade saß.
Deßhalb bat den Pfarrer ich, zu senden,
Schnell uns einen Schmied aus seinem Ort,
Der die Feder spanne, daß wir könnten
Unsre Reise setzen weiter fort.
Soviel war dem Schmied mit Müh gelungen,
Daß das Rad nun ungehindert lief;
Da jedoch die Feder war gesprungen,
Hing von jetzt an stets der Kasten schief.
Und daß unsre geistliche Carosse
Nicht durch Eile ganz zusammenbräch',
Ließen wir mit Fleiße unsre Rosse
Langsam gehen auf dem weitern Weg.
Als mit unsrer Schneckenpost gekommen
Wir bis in den Eichelsdorfer Wald,
Und da Eichen hatten wahrgenommen,
Hoch und von vorzüglicher Gestalt,
Sprach ich: „Eichen sah ich zwar in Menge“
„Schon in vielen andern Wäldern stehn,“
„Doch von solchem Wuchs und solcher Länge“
„Habe ich noch keine je gesehn!“
„Ja,“ — so sprach mein älterer Gefährte, —
„Und so hoch sie in die Lüfte gehn,“
„Just so tief auch gehn sie in die Erde,“
„Daß wir doch sie nur zur Hälfte sehn.“
„Freilich,“ sprach ich, „will es also scheinen“
„Bei den Bäumen, die am Wasser stehn,“
„Deren umgekehrtes Bild wir meinen“
„Unterm Wasser grad so tief zu sehn;“
„Daß jedoch die Bäume sollten stecken“
„Grad so tief nach unten in der Erd',“
„Als von dieser sie sich aufwärts strecken,“
„Das ist nicht an dem und unerhört!“
„Woher wissen Sie denn das?“ so fragte,
Näher rückend, mich der kleine Mann,
„Da mir doch ein Forstmann dieses sagte,“
„Der die Sache besser wissen kann.“
„Da ich manchen Baum mit eignen Händen“
„Und mit seinen Wurzeln ausgethan,“
„Weiß ich, wo der Bäume Wurzeln enden,“
„Weil es meine Augen öfters sahn;“
„Und der Forstmann, welcher Sie belehret,“
Sprach ich, „hat Sie nur was weiß gemacht,“
„Und gewiß, nachdem er Sie bethöret,“
„Sich auch in das Fäustchen noch gelacht!“
Heinrich sagte nun zu seinem Alten,:
„Aber, Vater, sei doch nicht so schlecht,“
„Daß Dich Jeder kann zum Besten halten!“
„Glaube doch dem Spamer; er hat Recht!“
Drauf versetzte Palmer: „Es mag bleiben“
„Auf sich selbst beruhen diese Sach',“
„Und wir wollen sie nicht weiter treiben,“
„Da sie doch nicht schlägt in unser Fach!“
Als wir bis nach Eichelsdorf gefahren,
Brach bereits die dunkle Nacht herein,
Und im Wirthshaus dort versammelt waren
Viele Bauern bei dem Branntewein.
Einer kam beduselt an den Wagen,
Hielte die Latern herein behend;
„Ach, ich möchte“ — fing er an zu sagen —
„Sehn den Herrn Superintendent!“
Palmer ward sich seiner hohen Würde
Jetzt auf einmal völlig klar bewußt,
Deßhalb warf er sich, wie sich's gebührte,
Plötzlich vor dem Bauer in die Brust.
Dieser maß ihn nun mit schlauen Blicken,
Und für mich war es kein leichtes Ding,
Jetzt das Lachen ganz zu unterdrücken,
Bis der Bauer wieder von uns ging.
Mit Laternen gingen nun zwei Boten
Bis nach Wingertshausen vor uns her,
Und die Wege oft den Umsturz drohten
Unserem gebrechlichen Gefähr.
Als wir endlich wohlbehalten trafen
Abends spät in Wingertshausen ein,
War der Herr Inspector eingeschlafen,
Und im Hause keines Lichtes Schein.
Das Geknarr von unsern Wagenrädern
Hatte unsre Ankunft ihm entdeckt,
Und ihn bald aus seinen warmen Federn
Und dem ersten Schlummer aufgeschreckt.
Als ich leise an die Thür' gestoßen,
Oeffnete er gastlich uns das Haus,
Und im Schlafrock und den Unterhosen
Sah der dicke Herr possirlich aus! —