Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/139

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
Inhalt
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[138]
Nächste Seite>>>
[140]
Datei:Chronik Spamer.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.



Anno funfzehn gaben wir Scholaren
Löbers Karl von Breungeshain mit Freud',
Dessen Ferien zu Ende waren,
Alle bis nach Laubach das Geleit.
Russische Cavallerie erfüllte
Ganz die Straße vor des Gastwirths Haus,
Und mein Bruder seine Neugier stillte,
Während er zum Fenster sah hinaus.
Sieh', da forderte ein frecher Russe
Meinem Bruder barsch die Pfeife ab,
Und da dieser jenem zum Verdrusse
Ein bestimmtes Nein zur Antwort gab,
Sprach der Ruß, mein Bruder hab' genommen
Ihm die Pfeife und er könne sie
Nun nicht wiederum von ihm bekommen,
Ungeachtet aller seiner Müh'.
Da sein Officier nun kam und wollte,
Daß mein Bruder jenem alsobald
Seine Pfeife wiedergeben sollte,
Sagten wir den wahren Sachverhalt.
Und der Rosenwirth, der zugesehen,
Wie der Ruß sein Pfeifchen hatt' versteckt
In den Aermel bei dem Weitergehen,
Hat auch dies dem Officier entdeckt.
Als der Schelm den Aermel mußte schütteln,
Wie es hatt' der Rosenwirth begehrt,
War die Wahrheit leichtlich zu ermitteln,
Da die Pfeif' herausfiel auf die Erd'.
Nunmehr wurde er mit starken Stricken
Festgebunden an ein Wagenrad
Und der Officier hieb ihm den Rücken
Mit der Säbelscheide ohne Gnad'.
Seine Säbelscheide war von Eisen,
Und er suchte uns mit jedem Hieb
Auf das Deutlichste auch zu beweisen,
Daß er schone keinen solchen Dieb.
Manchmal freilich hörte er auch mitten
In dem Schlagen eine Weile auf,
Ließ den Kerl mit Wasser überschütten,
Nachher schlug er wieder besser drauf.
Endlich baten selber für den armen,
Uebel zugerichteten Coujon
Wir den Officier noch aus Erbarmen
Um Begnadigung und um Pardon. —
Von den schwarzen Preußischen Husaren
Ritten früher zwei vor unser Haus,
Welche extra nur gekommen waren,
Sich zu wählen eine Pfeife aus.
Einer hatte eine schon genommen,
Wollte eben mit derselben fort,
Als die Mutter ist dazugekommen,
Und sie wieder hing an ihren Ort.
Kaum war in die Küche sie gegangen,
Weil sie Oel da auf dem Feuer hatt',
Kam der Zweite und hat abgehangen
Jene Pfeife an des Ersten Statt;
Drohte auch mit derben Knutenhieben,
Wenn ihn Jemand daran hindern wollt',
Hatt' auch eine Quittung flugs geschrieben,
Daß das Dorf die Pfeif' bezahlen sollt'.
„Lassen Sie doch Ihre Knute stecken,“
Sprach mein Vater zu dem Officier,
„Denn Sie können mich damit nicht schrecken,“
„Und behalten Sie Ihr Blatt Papier!“
„Ihre Anweisung ist nur zum Scheine,“
„Denn wenn Sie mein Eigenthum verletzt,“
„Ist deßhalb nicht schuldig die Gemeine,“
„Daß sie mir den Werth dafür ersetzt!“
Wenn er meinen Vater angegriffen,
Hätt mein Bruder in den Leib gerannt
Ihm sein Messer, welches scharf geschliffen
Er gefaßt schon hatte in der Hand.
Doch der edle Krieger war zufrieden,
Daß er die gewünschte Pfeif' bekam,
Welche er sogleich, als er geschieden,
Ohne Gegenwehre mit sich nahm.
Als nun meine Mutter war gekommen
Wieder in das Zimmer aus der Küch',
Und von uns mit Staunen hat vernommen,
Daß der Preuße mit der Pfeif' entwich,
Sprach sie: „Aber weiß sollt' man Euch speien,“
„Daß Ihr Männer, deren es doch Vier,“
„Euch berauben laßt von diesen Zweien,“
„Und der Eine war noch vor der Thür'!“
's waren nämlich Pfarrer Kratz, ein Schneider,
Lehrer Schmehl nebst meinem Vater da,
Als der Pfeifenraub von jenem Reiter,
Der noch halb betrunken war, geschah.
Und der Andere hielt vor der Thüre
Unterdessen beide Pferde an,
Daß also allein stand gegen Viere
Jener räuberische Grobian.