Budwethen (Altenkirch)
Budwethen ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Budwethen (Begriffsklärung). |
B u d w e t h e n Kirchdorf und Markflecken |
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- Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Ragnit > Budwethen (Altenkirch)
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Einleitung
Budwethen war ein großes Kirchdorf im Kreis Ragnit. Die Ortschaft liegt an der Landstraße, die bei Neu Eggleningken (Lindengarten, russ. Petropavlovskoe / Петропавловское) von der Lasdehner Chaussee rechts abbiegt und nach Süden ins schöne Instertal führt. Die ein- und zweistöckigen Häuser des Ortes wiesen Läden aller Art und Gastwirtschaften auf.
- In Budwethen gab es eine dreiklassige Schule, eine Apotheke, eine Molkerei und eine Ziegelei.
Die sich durch den Ort ziehende Straße erweiterte sich in der Ortsmitte marktplatzähnlich. Das Dorf bot das Bild eines erfreulichen Wohlstandes. In Jahre 1925 zählte der Ort 590 Einwohner, 1939 waren es bereits 781 (heute 800). Die Bahnstation war Naujeningken an der Eisenbahnstrecke von Ragnit nach Stallupönen.
Nach dem Krieg wurde das Dorf in Malomožajskoe / Маломожайское umbenannt. Die Russen richteten eine Sowchose ein, in der bis zur Ausweisung 1948 auch die verbliebenen Deutschen gearbeitet haben. [1]
Name
Budwethen (Altenkirch), Budawetty, (1584), Budwehten [2] (1785), Altenkirch (1938), Kreis Ragnit, Ostpreußen.
Der Name zeigt an, dass hier ein Halbnomade eine seiner Hütten in der Wildnis hatte. Ab dem 15. Jahrhundert wird angezeigt, dass Neusiedler hier den Urwald roden und urbar machen und eine Siedlung gründen.
- prußisch "budit" = wachen
- "budo" = die Wache
- "budnikas" = der Wächter
- "budaja" = wachsam, aufgeweckt
- "budawat" = bauen
- "butte, buttan" = Haus, Heim, Gehöft
- "budaunikas" = Hausbauer
- lettisch "buvetis" = Bauten ausführen
- "buvet" = bauen
- litauisch "budinti" = wecken
- "buda" = Hütte
- polnisch "budowa" = Bau, Baustelle
- litauisch „bude“ = eine Pilzart, violetter Täubling, Erlenpilz
- nehrungs-kurisch "viets" = Ort, Stelle, Platz
- "vieten" (prußisch weten) = Plätzchen
- "vituoal" = Weidenbaum
- "vite" = Wohnhaus aus Weidenzweigen
- litauisch "vieta" = Ort, Platz, Stelle, Dienststelle, Raum, Bett
Politische Einteilung
Kreiszugehörigkeit
- Kreis Ragnit (bis 1922)
- Kreis Tilsit-Ragnit (von 1922 bis 1945)
- Rayon Neman (ab 1945)
Amtsbezirk Budwethen
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Evanglische Kirche
Kirchengebäude
Als erste Kirche erhielt Budwethen um 1686 ein kleines Fachwerkgebäude, das allerdings wegen Baufälligkeit im Jahre 1772 abgerissen werden musste. In den Jahren 1780 bis 1782 errichtete man ein neues massives Gotteshaus, wobei es sich um einen einfachen rechteckigen Feldsteinbau ohne Turm handelte. Erst später erhielt die Kirche zwei Giebel, von denen der westliche in ein spitzes Türmchen ausläuft.
Im Kircheninnern waren in die Seitenschiffe Emporen eingezogen. In der Ausstattung waren Reste aus der früheren barocken Kirche enthalten. So wurde auch der Kanzelaltar 1782 unter Verwendung älterer Schnitzereien zusammengestellt. Den bronzenen Kronleuchter stifteten Salzburger Gemeindeglieder 1832 anlässlich deren 100-jähriger Gedenkfeier als Salzburger Exulanten. Die Orgel von 1857 stammte aus der Werkstatt von Scherweit in Königsberg. Eine spätere Umgestaltung nahm der Orgelbaumeister Novak vor, der ebenfalls aus der Pregelstadt stammte.
Die Glocken der alten Kirche dienten auch der neuen Kirche. Sie läuteten in einem von dem Kirchengebäude abgesetzten Glockenhaus. Eine von ihnen trug die Inschrift Zu Zeiten der Hochgeborenen Lehnsherrschaftz von Flans in Königsberg anno 1695 gos mich Gottfried Dornemann.
Die Kirche überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Von den Russen wurde die Budwether Kirche zu einem Kultur- und Gemeindehaus umgebaut. Sie erhielt einen künstlerisch gestalteten, vielfarbigen Anstrich, der großflächige geometrische Formen zeigte. Rechts neben der Kirche wurde am Standort des ehemaligen Kriegerdenkmals ein recht großes sowjetisches Ehrenmal errichtet.
Im Jahre 1996 ist die Kirche in Altenkirch abgebrannt. Vor dem Brand mußten Besucher schon feststellen, dass Dachpfannen und Sparren der Kirche zum Teil schon abgetragen waren.
Offensichtlich hat der Brand die Zerstörung perfekt gemacht.
[3]
Das Kirchspiel Budwethen
Das Kirchspiel Budwethen wurde in der Regierungszeit des Großen Kurfürsten im Jahre 1665 begründet. Bereits zwanzig Jahre vor dem Bau der ersten Budwethener Kirche wurde in der Regierungszeit des Großen Kurfürsten das Kirchspiel Budwethen im Jahre 1665 gegründet. Zuletzt bis 1945 gehörte es zur Diözese Ragnit im Kirchenkreis Tilsit-Ragnit innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Im Jahre 1925 zählte die Pfarrei 4.000 Gemeindeglieder, die in 42 Kirchspielorten lebten. Eine eigene Pfarrstelle erhielt das Kirchspiel mit seiner Gründung. Erster Pfarrstelleninhaber war Pfarrer Theodor Lepner, der sich durch seine Buchveröffentlichung "Der preußische Litauer" um die litauische Sprache außerordentlich verdient gemacht hat. [4]
Kirchenbücher
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Standesamt
Budwethen (Altenkirch) gehörte 1888 zum Standesamt Budwethen.
Geschichte
- 15.04.1874
- Bildung des Amtsbezirks Budwethen Nr. 23 im Kreis Ragnit aus den Landgemeinden Budwethen, Dundeln, Gaistauden, Gindwillen, Jestwethen, Kallwellen, Naujeningken, Ksp. Budwethen, Prusgirren, Szurellen und Wingschnienen und dem Gutsbezirk Kallweller Moor (11 Gemeinden/Gutsbezirke).
- Er wird zunächst verwaltet vom Amtsvorsteher in Budwethen.
- 03.06.1938 Umbenennung der Gemeinde Budwethen in Altenkirch
- 18.04.1939 Umbenennung des Amtsbezirks Budwethen in Altenkirch
Ortsbeschreibung
Von Liane Schiffel-Gorgel
In Altenkirch gab es eigentlich alles, was der Mensch zum Leben brauchte. Eine Apotheke, Drogerie, Bäckerei, den Fleischer Hakelberg und sogar eine Molkerei. Nicht zu vergessen die Gärtnerei Lenuweit und neben der Sparkasse einen Frisör. Drei Lebensmittelgeschäfte deckten den täglichen Bedarf, und bei Schmischkes konnte man Schuhe und Textilien erwerben. Wer mehr Auswahl brauchte, mußte 30 km mit der Bahn nach Tilsit fahren.
Das Hotel „Deutscher Hof" lag im Zentrum des Ortes. Im Haus war ein ziemlich großer Laden, wo man sowohl Kolonialwaren als auch Porzellan, Ketten und kleinere landwirtschaftliche Geräte kaufen konnte. Mehl, Zucker und Rosinen wurden aus großen Schubladen in Tüten abgewogen. Für große Landmaschinen hatte Albert Abromeit noch eine Vertretung der Firma Mc. Cormic, was auch gute Kontakte zu den umliegenden Landwirten brachte.
Am Mittwoch war Wochenmarkt. Da wechselten neben Gemüse, Butter und Eiern auch mal ein Schwein, ein Kalb oder gar ein Fohlen seinen Besitzer. Man traf Bekannte für einen Schwatz, und wenn alle Dinge erledigt waren, gönnte man sich eine Stärkung bei Abromeits. Es gab einen Kreis, der ging nicht erst ins Restaurant, sondern gleich zu Adolf Abromeit ins Kontor.
Dieses Kontor hatte neben deckenhohen Einbauschränken und einem Schreibtisch mit gedrechselten Verzierungen auch noch zwei Tische, an denen gut zwei Skatrunden Platz hatten. Hier trafen die Landwirte zusammen, der Brandwether, der Budopöner, der Gaistauder und andere. Hatte man sich mit einem guten Essen gestärkt, lagen auch schon die Karten auf dem Tisch, es versprach ein gemütlicher Nachmittag zu werden. Wichtiger als das Karteln war ein guter Meinungsaustausch, in diesem Kreis konnte man sich vertrauen. Pferd und Wagen waren in der Remise gut versorgt. Am Sonntag dagegen war im eher privaten Bereich Damentag. [5]
- Den vollständigen Bericht der Liane Schiffel-Gorgel kann man hier nachlesen.
- Zum Öffnen des Berichts von Rudi Lemke hier klicken !
Die Situation nach dem Kriegsende
Von Ingetraud Haase geb. Palweit
Im Sommer 1945 lebten in Budwethen noch ungefähr 40 - 50 Deutsche, Frauen mit Kindern und alte Leute, die von überall her kamen. Die Kommandantur war durch einen großen roten Stern gekennzeichnet und befand sich im Haus der Fleischerei Hackelberg. Später war sie in der Apotheke. Von den leerstehenden Wohnungen wählten wir eine der besten aus, nämlich eine Lehrerwohnung rechts von der Schule. Das war ein Fehler, denn die allmählich sich ansiedelnden russischen Familien beanspruchten die besseren Wohnungen für sich. So mußten wir bis 1948 mehrere Male umziehen. Links von der Straße, bevor sie nach Neusiedel umbog, war ein Ehrenmal errichtet worden. Auf einer mannshohen Pyramide, die von einem Zaun umgeben war, befand sich ein Stern. Alles war aus Holz und rot gestrichen.
Unsere Lebensbedingungen, die der sich nach und nach ansiedelnden russischen Zivilisten waren kaum besser, wurden sehr schlecht. Das Essen aus einer Gemeinschaftsküche bestand aus einer in Wasser gekochten Roggenmehlsuppe. Dazu gab es Brot. Butter und Käse, Wurst oder Milch haben wir während der ersten Jahre überhaupt nicht gesehen. Nur wer arbeiten konnte, bekam volle Essensrationen.
Morgens wurden wir durch ein Klingelzeichen geweckt. Auf dem Abromeitschen Hof versammelten wir uns. Die Anwesenheit wurde festgestellt und die Arbeit eingeteilt. Die Arbeitspensen wurden vorgegeben, die manchmal zu knapp und manchmal zu umfangreich waren. Mitunter wurde auch sonntags gearbeitet. Aber die vielen Felder konnten gar nicht bearbeitet werden. Im Frühjahr wurden sie zum Teil abgebrannt, und manches Haus brannte gleich mit ab.
Neben den Bahnhöfen war landwirtschaftliches Gerät (Eggen, Pflüge, Harkmaschinen) zusammengefahren worden, das da verrostete. Die Maschinen der Sowchose waren häufig kaputt, so daß auch deshalb der vorgeschriebene Plan gar nicht erfüllt werden konnte. Seife bekamen wir nicht. Läuse gab es und Krätze, die meine Mutter mit einem selbstgemachten Mittel zu bekämpfen wußte. Zeitweise war ein deutscher Arzt da, der auch kaum helfen konnte, weil er nichts hatte.
Wir waren von allem abgeschnitten, ohne Zeitung, ohne Radio, ohne Kalender, und verstanden weder das gesprochene noch das geschriebene Wort. Im Spätherbst kam die GPU, die nach Nationalsozialisten suchte. Die Verhöre fanden spät abends nach der Arbeit statt. Auch meine Mutter wurde verhört.
In den Sommermonaten gingen manche Deutschen, auch Mütter mit ihren Kindern, nach Übermemel zu den Litauern, um dort für ein besseres Essen zu arbeiten. Aber 1948, als wir innerhalb weniger Stunden ausgewiesen wurden, hatte eine Mutter ihr Kind bei den Litauern. Sie hat Jahre gebraucht, bis sie es mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes wiederbekommen hat.
Unterdessen hatten wir Briefe aus Osnabrück von meiner Großmutter bekommen, die uns durch das Deutsche Rote Kreuz hatte suchen lassen. Im letzten Jahr bekamen wir für unsere Arbeit auch Geld. Die Ernährungslage besserte sich etwas. Während der letzten Monate hielt sich auch das "Gerücht", daß wir ausgewiesen werden würden. Inzwischen sah auch vieles anders aus. Immer mehr russische Familien hatten sich angesiedelt. An den Straßenrändern saßen Russinnen, die kleine Naturalien auf sauber gewaschenen Blättern anboten. In große Kopftücher eingehüllt, musterten sie uns freundlich und neugierig. Märkte wurden bekannt, z. B. der von Haselberg (Lasdehnen).
Eines Tages war es dann soweit. Innerhalb weniger Stunden mußten wir uns für den Abtransport bereit machen. Von einem Aufseher, der zufällig des Wegs kam, verabschiedeten wir uns per Handschlag. Jemand sagte zu meiner Mutter: "Sehen Sie sich alles noch einmal an! Sie werden es nie mehr wiedersehn!" An einem klaren und sonnigen Oktobertag, genauso schön war der Tag vor vier Jahren gewesen, als die Flucht begann, verließen wir die Sowchose Altenkirch. Anfang November kamen wir in Osnabrück an. [6]
Den vollständigen Bericht der Ingetraud Haase kann man hier nachlesen.
Verschiedenes
Bewohner um 1736 Halberstädter,
Pommern, Märker und andere Deutsche
- Johann Bleich, Hans Heinrich Heyn
Karten
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Internetlinks
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>ALTRCHKO14CW</gov> <br<
Quellen
- ↑ Text: Bernhard Waldmann
- ↑ Peteraitis, Vilius: Mažosios Lietuvos ir Tvankstos Vietovardžiai, Ju kilme ir reikšme, Vilnius 1997
- ↑ © Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit e.V., verfaßt am 01.06.1999, www.tilsit-ragnit.de
- ↑ 4.Hochspringen ↑ Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968,
- ↑ Autor : © 2008 Liane Schiffel-Gorgel, Quelle : Heimatrundbrief "Land an der Memel" Nr. 83/2008
- ↑ Autor: © 1987 Ingetraud Haase geb. Palweit ; früher Gaistauden Quelle: 1) Heimatrundbrief "Land an der Memel" Nr. 42/1988, 2) "Memel-Jahrbuch" für das Jahr 2004 - Selbstverlag Manfred Malien 24211 Preetz