Herforder Chronik (1910)/047

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Herforder Chronik (1910)
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fränkischen Edlen und den immerhin noch ungeschlachten, obwohl in ihrer geistigen Veranlagung jenen nicht nachstehenden Sachsen. Auf dem Hofe des sächsischen Adeligen herrschte noch lange nach der Unterwerfung durch Karl den Großen bäurisches Leben und ein dem entsprechender Umgangston. Wie der Vater, so tummelten die Söhne ihre Rosse, übten sich im Gebrauch der Waffen für den Kriegsfall wie für die Jagd und beaufsichtigten bestenfalls die Arbeiten ihrer Hörigen. Für eine tiefer gehende Erziehung war kein Bedürfnis vorhanden. Anders stand es mit den Töchtern des Hauses. Nach alter sächsischer Sitte saßen Frauen und Töchter der Edelinge am Webstuhle und webten das zur Kleidung für Männlein und Weiblein bestimmte Leinen- oder Wollenzeug; das jüngere Volk spann auf Spindel oder Kunkel das Garn dazu.

Selbstredend hatten die weiblichen Glieder der Familie die Sorge für die Hauswirtschaft; Küche und Keller waren ihr Reich. Darüber hinaus aber fehlte ihnen jede Gelegenheit, den ihrem Stande zukommenden feineren Schliff sich anzueignen. In solcher Verlegenheit kamen ihnen die adeligen Frauenstifter zu Hilfe und boten ihnen zu besserer Erziehung die Hand. Dort fanden sie Schutz, wenn Kriegsgefahr drohte, dort waren sie dem Waffenlärm, dem rauhen Ton und den auf dem väterlichen Hofe herrschenden Sitten entzogen. Die Regel des Benediktinerinnenklosters schrieb Unterweisung in Gottes Wort und genaue Beobachtung bestimmter frommer Übungen vor; die Vorsteherin, eine Dame, wie wir wissen, aus fürstlichem Geschlecht, sorgte für Abschleifung aller Unebenheiten in dem Benehmen der Zöglinge, aber auch für körperliche und geistige Beschäftigung. Das Lesen der heiligen Bücher, das Abschreiben von Büchern, verbunden mit dem kunstvollen Ausmalen von Anfangsbuchstaben und Bildern wechselte ab mit feineren Handarbeiten, Nähen und Sticken, auch mit der Pflege des Gartens. Das Geregelte und Geordnete eines solchen Lebens war so ansprechend, daß sich sogar verwitwete Frauen in den Frieden eines Klosters zurückzogen.

Wie aus den ursprünglich rein geistlichen Stiftern allmählich Klosterschulen für die männliche lernbegierige Jugend hervorgingen, so verwandelten sich die für das weibliche Geschlecht bestimmten Klöster zum guten Teil in Erziehungsanstalten für adlige Töchter, ja selbst in Zufluchtsstätten für ruhebedürftige Gemüter. Der Eintritt in ein Frauenkloster wurde dadurch erleichtert, daß die Ablegung von Nonnengelübden nicht gefordert wurde, und der Austritt ohne Schwierigkeit erfolgen konnte.

Und gerade Herford genoß, wie gesagt, als Erziehungsstätte eines hohen Ansehens, das sehen wir, um es an dieser Stelle zu wiederholen, daran, daß der Sachsenherzog Liudolf, der Ahnherr des späteren sächsischen Königshauses, das von 919-1024 regierte, seine Tochter Hathumod dem Kloster zu Herford zu ihrer Erziehung übergab. Sie hatte hier eine so treffliche Bildung erworben, daß sie später zur Äbtissin des von ihrem Vater gestifteten Benediktinerinnenklosters Gandersheim erwählt wurde.