Bauer (Berufsbezeichnung)

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Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes. Kurzgefasste Informationen mit Grundlagen für notwendige Einblicke finden sich u.a. (Ackerbürger) im Deutschen Städtebuch ...

Disambiguation notice Bauer ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Bauer (Begriffsklärung).

Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Dorfwirtschaft > Landwirtschaft > Bauer (Berufsbezeichnung)

Ein Landmann 1694, Abbildung v. Johannes und Caspaares Luiker (1694), Amsterdam

Einleitung

Wie erging es unseren bäuerlichen Vorfahren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit? Die alltägliche Arbeit in der Landwirtschaft wurde über Jahrhunderte hinweg gleichermaßen von Mensch und Natur beeinfluß. Welche Technologien und Kenntnisse standen in der Landwirtschaft bei der Bewältigung der Arbeit zur Verfügung? Beeinträchtigt wurde das Leben auf dem Lande durch Gefahren von Missernten, Hagelschlag und Vogelbefall besonders beim Korn aber auch bei den Mastfrüchten, durch Seuchen, Einquartierungen und Plünderungen. Mit welchen klimatischen Voraussetzungen mussten unsere Vorfahren rechnen? Markenprotokolle lassen lassen Klimaprobleme, Trockenheit, Hochwasser erkennen! Nachbarschaften und Notnachbarschaften vermittelten Sicherheit durch Beistand und boten die Geborgenheit in der dörflichen Gemeinschaft. Lokal entwickelte sich eine bodenständige bäuerliche Kultur und ein spezielles Verhältnis zur Grundherrschaft und Adel.

Gerade in die stark bäuerlich geprägten Kulturlandschaften Westfalens lassen sich bestimmende Ereignisse und Entwicklungen der vergangenen Jahrhunderte an Hand erhaltener Archivalien gut nachvollziehen und lassen Blicke in lokale Zeitfenster in die Vergangenheit unserer ländlichen Umgebung zu.

Begriffsbestimmungen

  • Bauer = Buer (ndd.)
    • Bedeutung, ursprünglich in Norddeutschland: "Bur" = der sich einen festen Wohnsitz schaffende freie (Late) Siedler.
      • Bedeutung im Nachmittelalter: Sammelbegriff für einen "Landbebauer" (=Bauer), Eigenbehöriger, Inhaber, Eigentümer oder Mitarbeiter in einer landwirtschaftlichen Wirtschaft.
  • "Bur" = ursprüngliche Bezeichnung der Sohlstätte als Wohnsitz des Siedlers.
  • "Nahegeburen" oder Nachbarn waren die rundum angrenzenden Siedler einer "burscapia".
  • "Buren“, früher Siedlungsbezirk mehrerer "Burs" (1147 Kirche St. Urbanus in "Buren“)
  • "burscapia" = Siedlungsbezirk (Bauerschaft) mehrerer "Burs" unter Einschluß der darin wohnenden Handwerker oder Tagelöhner (keine Ackersleute) mit ihren Hausstellen (auf Hof- oder Gemeinheitsgrund)
  • "Burgericht" = Gerichtsbezirk über die freien, nun ansässigen Siedler.

Verpflichtung zum Heerdienst

Allodialbesitzer eines "Bur" oder Freigutes mit einem Umfang von etwa 3 bis 4 Hufen Grundeigentum hatten im Mittelalter Heerdienst zu leisten und mußten sich in dieser Zeit bis zu 3 Monaten samt ihrer Ausrüstung und Begleitung selber unterhalten. Durch Eigengebung an kirchliche Institutionen konnte die "Burs" der Verpflichtung entkommen, wurden vom Heerdienst befreit und erhielten ihren Besitz als Erblehen zurück.

Preussische Definition 19. Jhdt

Bauer, im weitesten Sinne jeder Landbewohner im Gegensatz zum Städter, insbesondere ein solcher, der sich mit Landwirtschaft beschäftigt. Das preussische Landrecht definiert vor 1890: „Zum Bauernstand gehören alle Bewohner des platten Landes, welche sich mit dem unmittelbaren Betrieb des Ackerbaues und der Landwirtschaft beschäftigen, insofern sie nicht durch adlige Geburt, Amt oder Rechte von diesem Stande ausgenommen sind.“

Kleiner Landwirt

Im engern Sinne versteht man unter Bauer nur einen solchen kleiner Landwirt, welcher auf eignem Grund u. Boden wirtschaftet, also den Bauerngutsbesitzer im Gegensatz zum Pächter und zum landwirtschaftlichen Arbeiter oder Dienstboten. Vom Grossgrundbesitzer unterscheidet er sich durch den Umfang des Gutes.

Frühere Unterscheidung

Die frühere Unterscheidung zwischen einem Ritter- und Bauerngut, welche sich darauf gründete, dass der Besitz eines Rittergutes ein Vorrecht des Adels war, und dass damit gewisse sonstige Vorrechte, namentlich Steuerfreiheit, verbunden waren, ist durch die preussische Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts beseitigt worden, wenn sich auch noch manche privatrechtlichen Eigentümlichkeiten der Bauerngüter bis in das 20. Jahrhundert erhielten.

Lokale Klassifizierung

Nach der Grösse ihres Besitzes (Hofstandardwerte), teilweise auf der Grundlage des bis in das Mittelalter zurück reichenden lokalen Markenrechtes (Markenanteile), werden in den verschiedenen Gegenden Deutschlands unterschieden:

  1. Vollbauer (Vollspänner, Vollmeier, Vollerben, Vollhöfner, "geheeles" oder ungeteiltes Vollerbe, Besitzer ganzer Höfe, Hofbauern, Hufe, Manse)
  2. Dreiviertelbauer (Hüfnermeier, Dreiviertelspänner)
  3. Halbbauer (Halbspänner, Halbhufner, Huber, Halbmeier, Halberbe)
  4. Viertelhofbauer oder Lehner, Eigenlehner, Kötter (Katen, Kotsassen, Kossäten, von »Kot« od. »Kat«, kl. Hof), welche nur ein Haus oder etwas Ackerland besitzen, endlich
  5. Hintersiedler (Hintersitzer, Hintersasse, Kleinhäusler, Tropfhäusler), die nur mit einem Haus u. etwas Grundbesitz angesessen sind.
  6. Kötter, auch Markenkötter, Pferdekötter, Kossat, Herrenkötter (Kottenrecht auf grundherrlichen (heimgefallenen) Besitz)
  7. Köbler
  8. Brinksitzer (oder 1547 "Knüver" in Heiden) als Hausstätten für Heuerlinge
  9. Spiekerstätte, Gadem

Andere Bezeichnungen erklären sich aus dem früheren Abhängigkeitsverhältnis der betreffenden Bauern, wie Kirchenbauern, Küsterbauern, Stiftsbauern, Pfarr-Bauern, Amtsbauern, Patrimonialbauern und dergleichen, oder der städtischen Lage: Ackerbürger.

Spannfähige Bauernwirtschaften

  • Nur die Haupterwebsbetriebe waren "spannfähig", sie waren fähig, die Bewirtschaftung ihres Landbesitzes mit Zugvieh zu leisten, sie stellten die spannfähigen Bauern.
    • die Provinz Preussen wies um 1860 ungefähr 23.000 "spannfähige Nahrungen" (= Höfe, Bauernwirtschaften, Landwirtschaften) aus
      • 1860 wurden im Kreis Borken 1.174 "spannfähige bäuerliche Nahrungen" mit einem Grundbesitz von 147.749 Morgen in Martrikeln erfaßt.

Besonderheit

Klassifizierung in den Bräuchen

Berufsbezeichnungen

Weitere Berufsbezeichnungen waren:

Hofanlage

Quelle

  • Hic Leones
  • Sombart, Werner: Der moderne Kapitalismus, 1. Halbband: Die vorkapitalistische Wirtschaft.

Bibliografie

  • Prof. Dr. Clemens Pagenstert: Die Bauernhöfe im Amte Vechta (2. Auflage 1976)
  • Schütte, Leopold: Wörter und Sachen aus Westfalen 800 bis 1800. Hrsg. Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster (2007) ISBN: 978-3-932892-22-6
  • Sombart, Werner: Der moderne Kapitalismus. (6 Bde.) Verlag v. Duncker & Humblot (1928)
  • Bonnemère: Histoire des paysans (2. Aufl., Paris 1874, 2 Bände)
  • Maurer, von : Geschichte der Fronhöfe, Bauernhöfe etc. in Deutschland (Erlangen 1862-63, 4 Bände)
  • Maurer, von : Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland (Erlangen 1865-66, 2 Bände)
  • Probyn: Systems of land tenure in various countries (London 1881)
  • Bäuerliche Zustände in Deutschland (in den "Schriften des Vereins f. Sozialpolitik", Bd. 22 - 24, Leipzig 1883 ff.)
  • Knapp: "Die Bauernbefreiung u. der Ursprung der Landarbeiter in dem ältesten Theile Preussens" (Leipzig 1887, 2 Bände).
  • Bitsch, Helmut / Binder, Egon M.: Bauern, Häusler, Ökowirte - Die bäuerl. Kulturlandsch. Ostbayerns: Vom Bayer. Wald zum Fränk. Jura, von der Oberpfalz zum Gäuboden und ins Rottal , Neue Presse Verlags-GmbH Passau, 1992
  • Franz, Günter (Hrsg.): Bauernschaft und Bauernstand 1500 - 1970" in: Deutsche Führungsschichten der Neuzeit, Band 8, C.A. Starke Verlag, Limburg/Lahn 1975
  • Stutzer, Dietmar: Geschichte des Bauernstandes in Bayern, Südd. Verlag, München 1988
  • "Streiflichter a. d. bayer. Agrargeschichte", Beiheft z. gleichnamigen Ausstellung zusammengest. v. Anton Spitlbauer, nach der wissenschaftlichen Vorarbeit von cand. phil. Stefan Janker, München, Schule und Beratung, Sonderdruck, Nr. 2, Oktober 1983 (Nachweis im Bibliotheksverbund Bayern (BVB))

Weblinks

Zeitlich, regionale Begrifflichkeit

" Wörterbuchnetz

Digitalisat

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