Wigbold
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Einleitung
Wigbolde waren im Mittelalter in Nordwestdeutschland und den Niederlanden wichtige Verwaltungseinheiten und stellten eine frühe Form der städtischen Selbstverwaltung dar. Deren Gründung geht auf die Zeit des Frühmittelalters zurück, als in Nordwestdeutschland und den Niederlanden eine starke Zuwanderung von germanischen Stämmen stattfand. Diese Stämme siedelten in der Regel in kleinen Dörfern und waren auf die umliegende Landschaft und Landwirtschaft angewiesen.
Im Laufe der Zeit wuchsen einige dieser Dörfer zu größeren Siedlungen heran, die sich aufgrund ihrer geografischen Lage als Handelszentren etablierten. Diese Siedlungen wurden häufig an wichtigen Handelsrouten gegründet und boten den Bewohnern die Möglichkeit, ihre Waren und Dienstleistungen an Händler und Reisende zu verkaufen.
Da diese Siedlungen schneller wuchsen, wurde die Notwendigkeit einer effektiven Verwaltung immer deutlicher. Um diese Herausforderung zu bewältigen, wurden in einigen dieser Siedlungen Wigbolde gegründet. Ihre Verwaltungseinheiten, konnten von den Bewohnern einer Siedlung gewählt werden, um die täglichen Angelegenheiten zu regeln und die Rechte und Pflichten ihrer Bürger zu schützen.
Von daher hatte die Gründung eines Wigboldes viele Vorteile. Die Siedlungsbewohner konnten ihre Angelegenheiten selbst regeln und waren nicht mehr auf die Entscheidungen eines lokalen Herrschers oder Adligen angewiesen, da durch die Gründung die Bewohner nun auch ihre Rechte und Pflichten als Bürger besser schützen und sich gegenüber auswärtigen Mächten besser verteidigen konnten.
Darüber hinaus bot die Gründung eines Wigboldes den Bewohnern der Siedlung die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen Interessen besser zu vertreten. Wigbolden konnten die Preise und die Qualität von Waren und Dienstleistungen regulieren und die Einführung neuer Geschäfte und Handwerke unterstützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gründung von Wigbolden im Mittelalter eine wichtige Rolle bei der Entstehung städtischer Selbstverwaltung in Nordwestdeutschland und den Niederlanden spielte. Durch die Gründung eines Wigboldes konnten die Bewohner einer Siedlung ihre Angelegenheiten selbst regeln und ihre Rechte und Pflichten als Bürger besser schützen. Die Gründung von Wigbolden hatte auch einen positiven Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Vertretung der Interessen der Bewohner und des Umfeldes.
Minderstadt
Bei Stadtgründungen im 13. Jhdt. kommt der Name "Wigbold" oder auch "Wicbold" und auf modernen Landkarten und in Akten seit den 17. Jahrhundert in Westfalen vor. Nach dem Text aus "Brockhaus" handelt es sich dabei um eine Stadt mit minderen Rechten (Marktrecht).
Nach den Urkunden zur Verleihung dieser Rechte sind die Gründungen des 13. Jhdts im Westmünsterland, wie z. B. Bocholt (Kreis Borken) , Borken, Coesfeld und Haltern nach gleichem Recht durch den zeitlichen Fürstbischof von Münster meisten auf landesherrlichen Höfen entstanden, auf denen lange vorher bereits eine Kirche gegründet worden und so ein Kirchspiel entstanden war.
Wegen dieser Zentralfunktion von Kirche und landesherrlichem Hof, oft verbunden mit einem Gerichtssitz, siedelten sich in Nähe der Kirche Menschen an, die nicht in das übliche Schema der damals von der "Bueren" als bäuerlichen Bevölkerung geprägten Siedlungslandschaft passten. Es waren überwiegend Freie als Heuerlinge, Handwerker oder Verwaltungsleute.
Nach Dr. Leopold Schütte kommt Wigbold aus dem altsächsischen "wikbilithi", mittelniederdeutschen "wikbelde", aus "(die) wik" '(herrschaftlicher, von der normalen Gerichtsbarkeit ausgenommener) Hof' und "belde" 'Bild', verwandt mit '(recht und) billig' = 'das Gemäße, Richtige.Recht-und-Billige', bedeutet danach etwa 'Recht des (Herren-)Hofes'.
Nur in einem Wigbold konnten sich nichtbäuerliche Leute ansiedeln, die nicht Knechte auf Bauernhöfen waren, sondern - etwa - Handwerker, Kaufleute, gehobene Dienstleute des Landesherrn (Ministeriale) usw. waren. Sie alle genossen ein anderes Recht als die Bauern in den Kirchspielen und Bauerschaften, eben das "Recht des Hofes", das vom Schulten des Hofes als herrschaftlichem Richter wahrgenommen wurde. Das "wikbelde" war also vor der Wigboldbestätigung durch den Landesherrn faktisch schon vorhanden, bevor dem zeitlichen Landesherrn auf den Gedanken gebracht wurde, dies Recht nun ausdrücklich anzusprechen, zu sanktionieren und gutzuheißen.
Von da an werden in vielen Städten des Münsterlandes Teile der Höfe, auf denen die Ansiedlung um die Kirche lag, in Hausgründstücken und Gärten (in den Quellen "worden und morgen", latein. "areae et iugera") aufgeteilt und den Ansässigen zu dauerndem Erbrecht (gegen eine geringe jährliche Anerkennungsgebühr = "freie Erbzinsleihe") überlassen.
Die damals berücksichtigten Orte (Warendorf, Coesfeld, Telgte, Bocholt (Kreis Borken) , Werne, Ahlen, Beckum) entwickelten sich sämtlich zu regelrechten Vollstädten. Darüber hinaus kam das "wikbelde" aber noch auf den übrigen herrschaftlichen Höfen vor, auf denen sich nach und nach auch Siedlungen entwickeln konnten, aus denen keine richtigen Städte mehr wurden. Einige von ihnen nennen sich dann (wegen der dort faktisch herrschenden Rechtsverhältnisse) "wikbelde/Wigbold" (Wolbeck, Olfen, Ramsdorf (Velen), Harsewinkel, Billerbeck usw.).
Außerdem kommt aber der "wikbelde"-Begriff und das entsprechende Recht auch nördlich und südlich des Münsterlandes an Orten vor, die niemals (es sei den im 20.Jahrh.) "Städte" geworden sind und die sich auch nicht oder nur ausnahmsweise "Wigbold" nennen. So z.B. Löningen, Dinklage, Essen, Emsbüren nördlich und Rhynern, Halver, Kierspe und Meinerzhagen südlich des Münsterlandes.
Grenzmarkierungen
Im Gegensatz zu den erkennbaren Befestigungsanlagen einer Stadt, war der Geltungsbereich des Rechtsbezirks eines Wigbolds im Mittelalter durch Friedepfähle und -steine von der allgemeinen Mark oder Feldflur abgemarkt.
Wigboldgerechtigkeit
Die Wigboldgerechtigkeit befreite die Einwohner von Werther (Westfalen) von Diensten und Wachten an Landwehren und Burgen, sie hatten aber ihr eigenes Gebiet zu schützen. Von daher könnte der Begriff sich nach dem Deutschen Wörterbuch auf das mittelhochdeutsche Wic = Kampf beziehen.
Schwierige Definition
Nach dem Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm versteht sieh unter "Wiek" eine Ansiedlung, ein befestigter Ort; abgeleitet von "vīcus" (lat.), daher auch abgeleitet auch Wiekhaus unter welchem man wohl einen Zufluchtsort versteht. Luther versteht in seinen Tischreden unter "Wigk" sinnbildlich auch ein Schloss, Refugium, einen Hort, ein Asylum im 17. Jahrhundert aber bereits eine Festung. Im Mittelalter wurde als "Wicke" auch ein Kirchhof (Friedhof) bezeichnet.
Von daher ist eine Definition von "Wigbold" erkennbar schwierig und kann auch nicht ohne die zahllosen "Weichbild"-Erwähnungen bis hin in die östlichen Siedlungsräume des Mittelalters gefunden werden. Vgl. die Karten in dem Buch "Weichbild" von Karl KROESCHELL, 1960.
1768 Wigbold = Flecken
Im Fürstbistum Münster wird im Gesetz zur Einführung der Brandversicherungsgesellschaft im § 23 ein Wigbold (als Minderstadt) einem Flecken gleichgesetzt.
Bibliographie
- "Orte zwischen Stadt und Land. Entwicklung und Rechtsform der "Weichbilde" und "Freiheiten" in Westfalen. In: Münsterland und angrenzende Gebiet (Spieker 36). Münster 1993, S. 57-73, Dr. Leopold Schütte
- (erweitert:) "Weichbilde" und "Freiheiten" in Westfalen. In: 'Wörter und Sachen' als methodisches Prinzip (Germanistische Linguistik 148). Hildesheim 1999, Dr. Leopold Schütte .
- (mit anderem Schwerpunkt:) "Wigbolde", "Freiheiten", kleine Städte in Westfalen vor 1750. In: Westfälischer Städteatlas, 7. Lieferung. Altenbeken 2001 (mit Karte), Dr. Leopold Schütte .