Groß Wohnsdorf
Groß Wohnsdorf Dorf im Tal der Alle |
- Hierarchie
- Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast > Groß Wohnsdorf
- Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > bis 1927 Kreis Friedland, von 1928 bis 1938 Kreis Bartenstein (Ostpreußen),
ab 1939 Landkreis Bartenstein (Ostpreußen) > Groß Wohnsdorf
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Einleitung
Groß Wohnsdorf, Landkreis Bartenstein, Ostpreußen
- Weitere Informationen siehe unten in den Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
Name
Andere Namen und Schreibweisen
- 1409 Capostete, n. 1409 Wunsdorff, 1595 Wonsdorff, 1785 Wohnsdorf, russ. Kurortnoe[2]
- Kurortnoje [3]
- Hinweis zum russischen Ortsnamen: Das russische Wort Kurort (Курорт) bedeutet auf Deutsch Kurort. Als Voransetzung vor einen Ortsnamen hat das russische Wort Kurort die gleiche Bedeutung wie unser deutsches "Bad" vor Ortsnamen. Der Ortsname Kurortnoje könnte demnach mit kurortmäßige Siedlung übersetzt werden.
Allgemeine Information
- Gut, Ziegelei, Mühle, Bahnstation am Südufer der Alle, 31 km nordöstlich von Bartenstein (Ostpreußen), seit 1256 erwähnt[4]
- 1933: 536 Einwohner, 1939: 555 Einwohner[5]
- Ehemalige Komtursburg des Deutschen Ordens
Politische Einteilung
Groß Wohnsdorf gehörte zum Regierungbezirk Königsberg und zur Gemeinde Wohnsdorf.[7]
Groß Wohnsdorf war Amtsbezirk. Amtsvorsteher (Amtsbezirk Groß Wohnsdorf/Wohnsdorf) waren: [8]
- 11.06.1874: Majoratsbesitzer, Kreisdeputierter Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- ??.07.1880: Majoratsbesitzer, Kreisdeputierter Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 31.05.1886: Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 07.06.1892: Majoratsbesitzer Baron von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 04.02.1894: Major a. D., Freiherr Siegmar von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 02.02.1900: Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 19.02.1906: Kgl.Kammerherr und Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 13.02.1912: Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 05.03.1918: Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf für 6 Jahre
- 07.11.1919: Majoratsbesitzer Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf
- 17.07.1923: Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf
- 10.01.1931: Freiherr von Schrötter in Groß Wohnsdorf
Kirchliche Zugehörigkeit
Groß Wohnsdorf gehörte zum Kirchspiel Auglitten (russ. Progress).[9]
"Schon in vorreformatorischer Zeit war Auglitten ein Kirchdorf. Von der Reformation bis 1945 bestand hier eine evangelische Pfarrei, die mit der Kirche in Schönwalde (russisch: Rasswet) verbunden war. Zum Kirchspiel Auglitten-Schönwalde gehörten 17 Ortschaften. Es war in früherer Zeit in die Inspektion Wehlau eingegliedert, kam dann zum Kirchenkreis Friedland (Ostpr.), und danach bis 1945 zum Kirchenkreis Bartenstein innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Heute besteht in Progress keine Gemeinde mehr." [10]
"Hier gibt es noch die Reste einer ordenszeitlichen Kirche. Es handelt sich um einen chorlosen Backsteinbau in schöner Lage auf einem Geländevorsprung über der Alle. Sie wurde nach 1450 gebaut. Als ein Blitz 1702 den Turm zerstörte, ersetzte man ihn durch einen mit Holz verschalten Aufsatz. Diesen Turm gibt es nicht mehr. Möglicherweise wurde er noch in den Kampfhandlungen des 2. Weltkriegs zerstört. Heute ist die ganze Kirche in fortgeschrittenem Verfall begriffen, das Dach existiert nicht mehr, im Innern wachsen Bäume und Sträucher in den Himmel. Nur die Kirchenaußenwände und der Ostgiebel stehen noch." [11]
Geschichte
Groß Wohnsdorf und die Familie von Schrötter
"Im 13./14. Jh. wurde hier eine Burg des Deutschen Ordens auf der prussischen Feste Caposte errichtet. Mehrfach erobert, zerstört, wiederaufgebaut und vergrößert mit quadratischer Hauptburg und Vorburg, brannte sie Ende des 18. Jh. mit mehreren Gebäuden ab. Stehen blieb der Turm, den der damalige Minister Freiherr Friedrich Leopold von Schrötter von dem jungen genialen Friedrich Gilly wiederaufbauen ließ. Gilly setzte auf den Turm ein antikisierendes Kranzgesims mit einem geschweiften Bohlendach. Immanuel Kant war mit der Familie von Schrötter eng befreundt und hielt sich hier gerne auf. Ein runder Steintisch am Turm erinnert an ihn. ... Das spätklassizistische Herrenhaus ließ der Enkel des preußischen Staatsministers, Hermann Freiherr von Schrötter, 1868-69 errichten." [14]
"Schwer zu finden sind die Reste der alten Komtursburg von Groß Wohnsdorf, erbaut auf den Resten der Pruzzenfestung Capostete, mit dem berühmten Torturm. ... Seit etwa 1690 war die alte Burg im Besitz der Familie von Schroetter. Der spätere Oberpräsident und Staatsminister von Ost- und Westpreußen, Friedrich Leopold von Schroetter (1743-1815), wohnte in jungen Jahren im Torturm mit seiner damals noch funktionierenden Heizung und führte zusammen mit seinem Vater auf der Terrasse des Turms Gespräche mit Immanuel Kant, der der Familie freundschaftlich verbunden war. Leider brannte die ganze Anlage 1830 ab und wurde danach nicht mehr aufgebaut. Die Familie Schrötter entschloss sich dann zum Bau des Gutshauses, am Eingang der vormaligen Burg gelegen." [15]
"Ein wesentliches kartografisches Werk geht auf Leopold von Schrötter zurück: Das Kupferstichwerk „Karte von Ost-Preußen nebst Preußisch Litthauen und West-Preußen nebst dem Netzdistrict, aufgenommen unter Leitung des Kgl. Preuß. Staatsministers Frey Herrn vf. Schroetter in den Jahren 1796 bis 1802“. Das Ergebnis war der erste zuverlässige Atlas von Ostpreußen."[16]
"In der Reihe der markanten Orte im Kreis Bartenstein darf Groß Wohnsdorf nicht vergessen sein. Da war einst die Prussenburg Capostete. Die Landschaft, von Prussen besiedelt, möglichst nahe an den Ufern der Alle, hieß Wunstorp, woraus sich der Name Wohnsdorf entwickelte. Aber - um mit den Worten des Chronisten zu sprechen - „...nachher drang der Kommendator von Königsberg unter Führung des Prussen Thirsko mit einem Heer in das Land ein, das Wohnsdorff heißt, und verwüstete es; das Schloss Capostete eroberte er, verbrannte es und tötete viel daselbst.“ Der Name Capostete war damit ausgelöscht. Auf der steil ansteigenden Höhe, etwa 50 Meter über der Alle, wurde die Ordensburg Wohnsdorf erbaut, es war um das Jahr 1372: ein Wildhaus des Ordens. Von der damals bestehenden „Wildnis“ waren bis in unsere Zeit weitläufige Waldgebiete übrig geblieben, die der Landschaft ihr Gepräge gaben. Um das Jahr 1468 ging das Schloss und der dazugehörige Landbesitz in Privateigentum über. Der Hochmeister Heinrich Reuß von Plauen verlieh es an den neuen Besitzer Hans von Weyer. Nachdem es durch mehrere Hände gegangen war, blieb es seit 1702 fast genau ein Vierteljahrtausend im Besitz der Familie von Schrötter. Als Zeuge einer 700-jährigen Geschichte war der alte Torturm von Capostette übrig geblieben, mit Mauern, anderthalb Meter dick, einer Schachttreppe, wie der Orden sie für die Sporen der Ritter baute und einer auf eisernem Sockelofen stehenden, aus Biberschwänzen gebauten Zentralheizung, die bis zuletzt in Funktion war. Sie reichte vollkommen aus, um sämtlichen Räumen des dreigeschossigen Turmes behagliche Wärme zu geben."[20]
Verschiedenes
Staustufe Groß Wohnsdorf
"Etwa dort, wo am rechten Ufer der Althöfer Wald begann, setzte die Alle dann zur großen, nordsüdlichen Doppelschleife an, um über Kipitten
und Auglitten vorbei die Ländereien von Groß Wohnsdorfzu netzen und die Kreisgrenze nach Allenburg zu passieren. Zwischen Kipitten
und Auglitten wurde ein zweiter, weniger weitläufiger Stausee gebaut, um die zusätzliche Kraftanlage in Groß Wohnsdorf zu speisen, mit Wehr,
Turbinenanlage und Schiffsschleuse, die letztere hatte den Zweck, die Schifffahrt zwischen Wehlau und Friedland nicht eingehen zu lassen."[21]
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1922/23 in der Nähe des Dorfes Groß Wohnsdorf eine Talsperre gebaut. Der Stausee hatte ein Fassungsvermögen von 4,7 Milionen Kubikmeter Wasser,
der See war 20 km lang. Das Kraftwerk entlastete das Kraftwerk bei Friedland. Das Alle-Kraftwerk arbeitet nicht mehr. Das Stauwehr ist geblieben und das Wasser rauscht über das Sperrwerk.
Im Andenken an den großen Philosophen
"Bei Groß Wohnsdorf (Kurortnoe, russ. Teil) läuft das Projekt „Renaissance“ auf Hochtouren. Deutsche und russische Jugendliche bemühen sich dabei um die Erhaltung der historischen Erholungsstätte von Immanuel Kant. Zwanzig Studenten und Schüler aus Russland und Deutschland waren freiwillig angereist, um die Ruinen des Ordensschlosses Groß Wohnsdorf bei Friedland (heute Pravdinsk) vor einem weiteren Verfall zu bewahren. Warum gerade Groß Wohnsdorf? Weil in dessen Schloss, genauer gesagt im Turm des Schlosses, Immanuel Kant zu wohnen pflegte, wenn er seinen Freund, den Freiherrn Friedrich Leopold von Schrötter, auf dessen Landgut besuchte. Der große Humanist und Denker verließ bekanntlich seine Heimatstadt Königsberg nur ungern. Der Ausblick aus seiner Wohnung in Königsberg war ihm viel lieber als jede noch so schöne ländliche Idylle. Die Reisen zu seinem Freund von Schrötter waren fast die einzigen Ausnahmen aus dieser Regel. Deshalb sind die Reste des einstigen Landguts der einzige Ort außerhalb Königsbergs, der unmittelbar mit dem Namen des großen Philosophen verbunden ist. ...
Nach dem Zweiten Weltkrieg benannte man Groß Wohnsdorf um in Kurortnoe. Die Neusiedler brachten im Schlossgebäude die Verwaltung der Sowchose „Leninskij“ unter. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass das Schloss nicht völlig zerstört wurde. Es ist ein Wunder, dass auch der Turm erhalten blieb, denn nach Meinung der Neusiedler war er völlig nutzlos.
Andrej Andres, Student an der Kant-Universität, ist Koordinator des Renaissance-Projektes. Auf die Idee, den „Philosophen-Turm“ des Wohnsdorfer Schlosses im Rahmen eines freiwilligen Sondereinsatzes von Studenten und Jugendlichen zu retten, brachte ihn eine Broschüre über das Landgut Groß Wohnsdorf und seine Bedeutung für Immanuel Kant. Der Autor der Broschüre war Gerfried Horst, ein Hamburger, der sich seit Jahren aktiv um die Herstellung und Pflege von kulturellen Kontakten zwischen Deutschen und Russen bemüht. „Im Bestand unserer Einsatzgruppe arbeiten Jugendliche aus Königsberg (Kaliningrad) und Umgebung sowie zwei deutsche Studenten, die Russisch studieren. Für diese beiden ist es auch eine Art Sprachpraktikum. Tagsüber arbeiten wir, nach Feierabend gibt’s verschiedene Veranstaltungen und Laienkonzerte am Lagerfeuer, Diskussionen über Kant und seine Zeit“, so Anders. „Wir haben vor, unser Projekt bald im Deutsch-Russischen Haus zu präsentieren und die Leute darüber zu informieren, was wir zur Erhaltung des Turmes schon tun konnten. Wir sind fest entschlossen, den Turm zu retten. Er ist ja nicht nur ein Baudenkmal, sondern auch ein Ort, der mit dem Namen des großen Kant verbunden ist“. Irina Klimowitsch (2010)"[23]
Fotos 2014
Burg
Herrenhaus und Stallung
Innenansichten Herrenhaus
Karten
"Ein wesentliches kartografisches Werk geht auf Leopold von Schrötter zurück: Das Kupferstichwerk „Karte von Ost-Preußen nebst Preußisch Litthauen und West-Preußen nebst dem Netzdistrict, aufgenommen unter Leitung des Kgl. Preuß. Staatsministers Frey Herrn vf. Schroetter in den Jahren 1796 bis 1802“. Das Ergebnis war der erste zuverlässige Atlas von Ostpreußen."[24]
<gov>WOHORFKO04NL</gov>
Quellen
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ www.ostpreussen.net
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Deutsche Verwaltungsgeschichte Ostpreußen, Landkreis Friedland
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ www.territorial.de [1]
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Wikipedia
- ↑ www.ostpreussen.net
- ↑ Österreichische Nationalbibliothek
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Der Norden Ostpreußens, Bilddokumentation von Christian Papendick, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, 2009
- ↑ Königsberg-Kaliningrader Gebiet, Gunnar Strunz, Trescher Verlag, 2014
- ↑ Wulf D. Wagner, Stationen einer Krönungsreise, S. 129
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Unser Bartenstein - Heimatblatt für den ehem. Kreis Bartenstein/Ostpr.
- ↑ Unser Bartenstein - Heimatblatt für den ehem. Kreis Bartenstein/Ostpr.
- ↑ Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
- ↑ Unser Bartenstein - Heimatblatt für den ehem. Kreis Bartenstein/Ostpr.
- ↑ Wulf D. Wagner, Stationen einer Krönungsreise, S. 129