Klein Lenkeningken
Klein Lenkeningken Bauerndorf am Schilliswald |
- Hierarchie
- Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast >Klein Lenkeningken
- Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Ragnit > Klein Lenkeningken
- Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast >Klein Lenkeningken
- Hierarchie
Einleitung
Klein Lenkeningken (Klein Lenkenau, russ. Kustovo / кустово, auch пос Лесное)
ist ein Dorf im Kirchspiel Groß Lenkeningken, Kreis Ragnit, Ostpreußen.
Lage
Klein Lenkeningken (ab 1938 Klein Lenkenau) liegt etwa 1,5km nordwestlich vom Kirchdorf Groß Lenkeningken. Es wird umgrenzt von Unter Eisseln, Reisterbruch, dem Heidewald (Schilliswald), Groß Lenkeningken (Groß Lenkenau) und Dammfelde (Nettschunen). Klein Lenkeningken gehörte neben Fuchshöhe (Jucknaten) und Ackerbach (Dirwonuppen) zu den kleinsten Dörfern des Kirchspiels Groß Lenkeningken (Groß Lenkenau).
Letzte Statistik 1939:
- Kleinlenkenau ( Einw.: 82, Fläche: 102 ha)
- alter Name: Klein Lenkeningken
- nach 1945: Kustovo
Anmerkung: zugehörig zum Kirchspiel Großlenkenau
Geschichte
Klein Lenkeningken dürfte das zweitjüngste aller Dörfer des Kirchspiels sein, denn es wurde erst 1837 als Forstgutskolonie Klein Lenkeningken gegründet. Eine Fläche von ca. 200 pr. Morgen, vermutlich zum Schilliswald gehörend und als Kupstinus bezeichnet, wurde seinerzeit in ca. 15 Parzellen zu 7 ½ und 15 Morgen aufgeteilt. Auf jeder Parzelle wurde eine niedrige Elendskate aufgebaut. Für Haustiere waren Räume auf den kleinen Parzellen im Wohnhaus eingerichtet. Für die größeren Parzellen wurden Unterkünfte für die Haustiere in einem besonderen Gebäude, zusammen mit Scheune und Schuppen unter einem Dach, erstellt. Hier auf diesen Parzellen mit ihren primitiven Aufbauten wurden ehemalige Soldaten, die im Verbande des tapferen York'schen Korps 1813-1815 in den schweren und verlustreichen Kämpfen an der Befreiung Preußens von der napoleonischen Besetzung teilgenommen hatten und Invalide geworden waren, als Dank des Vaterlandes von den Behörden angesiedelt.
Einer der damals Angesiedelten war ein Vorfahre des letzten amtierenden Bürgermeisters von Kleinlenkenau mit Namen Goerke. Der Boden war sehr leicht, wenig ertragreich und sumpfig, zudem uneben und von Gestrüpp bewachsen und sollte nun erst ertragreich gemacht werden. Die ehemaligen Soldaten haben die Bäume und Sträucher gerodet, Gräben ausgehoben, Hügel mit Karren abgefahren und Mulden angefüllt, konnten sich jedoch trotz allem Fleiß nicht halten und zogen schließlich sang- und klanglos davon, außer dem genannten Goerke, der von Beruf Schneider war und in den Nachbardörfern Arbeit und Brot erhielt.
An Stelle der Davongezogenen kamen Gutsarbeiter, die an harte und schwere Arbeit gewohnt waren und das Bestreben hatten, auf eigenem Grund und Boden zu arbeiten und unter einem eigenen Dach zu wohnen. Dieselben haben neben ihrer Arbeit auf ihren Parzellen auch noch zusätzlich auf den umliegenden Gütern und Bauernhöfen gearbeitet und es schließlich so weit gebracht, daß die Elendskaten abgebrochen werden konnten und neue menschenwürdige Wohnhäuser, sowie Ställe für das Vieh und Scheunen für das Getreide erstellt wurden, die zum Teil noch bei der Räumung des Dorfes im Oktober 1944 standen.
Als das nördlich der Gemeinde gelegene Gutsvorwerk Georgenwalde unter den Hammer kam, fielen hiervon ca. 200 Morgen an Klein Lenkeningken, der Rest an Unter-Eißeln und Reisterbruch. Die geschlossene Gemeindefläche betrug nun 412 Morgen. Bis zur Vertreibung waren 176 Morgen Land- und Wiesenparzellen aus den Gemarkungen Unter-Eißeln, Ober-Eißeln, Rautengrund, Reisterbruch, Großlenkenau, Dammfelde, Schreitlaugken und Baltupönen zugekauft, so daß von den 15 Höfen des kleinen Ortes mit zuletzt 83 Einwohnern insgesamt 588 pr. Morgen bewirtschaftet wurden. Ortsschulze, später sagte man Gemeindevorsteher und zuletzt Bürgermeister, war von 1865-1889 der Großvater des letzten Bürgermeisters Goerke, es folgten: Kranz, Schellmat, Scbieleit, R. Rimkus, Kosgalwies und ab 1925 Emil Goerke, von dem auch die Aufzeichnungen über seinen Heimatort stammen.
Dorfleben
Kommunalpolitisch gehörte zu Klein Lenkeningken auch der Heidewald (Schilliswald). Besitzer des Waldes war bis 1910 Rittergutsbesitzer Freiherr v. Sanden, Tusseinen. Etwa um 1900 wurde der Wald zu etwa 90 % abgeholzt und zu Grubenholz verarbeitet, stehengeblieben sind damals nur junge Schonungen. Der Fiskus kaufte den Wald, auf dem ein altes Waldwärter- bzw. Forsthaus stand, in dem der alte Förster Gerull wohnte. Vermutlich hat man wohl keinen hohen Preis an den bisherigen Eigentümer gezahlt. Wald und Wild erfuhren im Besitz des Fiskus durch jüngere, erfahrene Förster und Holzarbeiter ihre Pflege und Hege und gediehen recht gut.
Verwaltungsmäßig gehörte der Schilliswald zur Försterei Dachsberg, die rechts von der Scheschuppe am Rand der Gemeinde Rautengrund stand. Von hier aus, wie von der Försterei Katzenfang in der Gemeinde Hirschflur aus, versahen junge Förster ihren Dienst auch im Schilliswald, bis etwa 1930 daselbst ein neues Forsthaus für eine neue Försterfamilie erbaut wurde.
Als erster Förster zog der pensionierte Förster Schulz aus Dachsberg hier ein und machte seine Kontrollgänge bis zu seinem Tode. Nach der Vertreibung wurde der Schilliswald (zuletzt Heidewald genannt) ein Raub der Flammen. Erwähnt sei vielleicht noch in diesem Zusammenhang, daß im Herbst 1920 der Landjäger Olbrisch aus Ober-Eißeln, als er von einem Dienstgang aus Reisterbrucb am Scbilliswald entlang nach Hause ging, in der Dämmerung von einem Wilddieb erschossen wurde, wobei ihm die ganze Schrotladung ins Gesicht gedrungen war. Indizienbeweise reichten zu einer Bestrafung nicht aus, und so blieb diese ruchlose Tat ungesühnt.
Eine eigene Schule hat Klein Lenkeningken (Klein Lenkenau) niemals besessen. Die Kinder des Dorfes besuchten die Hauptschule in Unter Eißeln und den Konfirmandenunterricht in Groß Lenkeningken, doch besaß das Dorf seit seiner Gründung einen eigenen Friedhof. Ein eigenes Vereinsleben hat sich bei der geringen Bevölkerungszahl nie entfalten können. Arbeitsgelegenheit bot der Schilliswald, das Sägewerk Kröhnert in Groß Lenkeningken und das Wasserbauamt. Von goldenen Zeiten jedoch konnte man nie sprechen, immer hatten die kleinen Landwirte bei dem wenig ertragreichen Boden schwer um ihre Existenz zu kämfen; war es da ein Wunder, daß manche Söhne dieser Landwirte ihr Bündel schnürten und auswanderten oder nach Westdeutschland gingen.
Erster und Zweiter Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg kam und forderte Opfer, es fielen: Franz Freihoff, Julius Lisdat, Franz Namgalies, Eduard Rimkus, Franz Schellmat und Franz Schieleit, doch noch mehr Leid brachte allen Dorfbewohnern der 2. Weltkrieg und die Vertreibung. Es fielen: Herbert Aukslat, Alfred Kosgalwies, Otto Kranz, Erich Naujoks, Max Scbellmat, Otto Schellmat, Walter Neufeld und Willy Rimkus.
Am 12. Oktober 1944 wurde Kleinlenkenau geräumt. Auf der Flucht verstarben: Frau Johanna Goerke und Christoph Daugelat. Die alte Frau Schellmat ist in Pommern verhungert, nachdem ihre Schwiegertochter Edith Schellmat mit ihrem Sohn nach Sibirien verschleppt wurde, dieselbe gelangte zwar nach Jahren wieder nach Deutschland zurück, starb aber dann an den Folgen der erlittenen Drangsalen. Frau Anna Aukslat wurde von Polen erschlagen.
Rückkehrer
Nach ihrem kleinen Heimatdorf wurden aus Pommern von den sie überrollenden Russen zurückgetrieben: Ferdinand Kranz und Frau, Gustav Lokau und Frau, der frühere Bürgermeister und Amtsvorsteher Fritz Kosgalwies mit Frau und Enkelkind, Gustav Jekstadt und Frau, Fritz Aukslat, Anna Scbieleit und Karl Rudat. Hier verstarben an den Entbehrungen: Fritz Aukslat, Gustav Lokau und Karl Rudat. Anna Scbieleit wurde einige Zeit nach ihrer Rückkehr von betrunkenen russischen Soldaten im Hause von Fritz Kosgalwies bestialisch ermordet, Frau K. durch Stiche am Arm verwundet und auch der Enkelsohn von K. erlitt schwere Stichverletzungen, auch wurden dem ebenfalls dort anwesend gewesenen Chr. Kummetat aus Rautengrund sehr schwere Stichverletzungen beigebracht, er ist dann auch bald verstorben.
Situation im Jahr 2010
Nicht alle früheren Gehöfte des Dorfes sind stehen geblieben. Es fehlt u.a. das Gehöft Gernhöfer, das die Russen im Mai 1945 mutwillig anzündeten und das mit seinen 48 Morgen Land das größte Grundstück in Klein Lenkeningken gewesen war.
Nur wenig Besucher kommen in das kleine Dorf im Dreieck zwischen Szeszuppe (Ostfluß) und Memel. Im Ortsbild fällt ein großer Wohnblock auf, in dem Angehörige des russischen Militärs untergebracht sind. Diverse neue Wirtschaftsgebaeude und Staelle deuten darauf hin, daß es in Klein Lenkeningken eine Kolchose gab, die allem Anschein nach nicht mehr arbeitet. Ein Saalgebäude, das vermutlich als Kulturhaus genutzt wurde, ist geschlossen. Der Wald hat weite Teile der Gemarkung zurück erobert. Auf den Ackerflächen setzt die Versteppung ein. [1]
Literatur
K a r t e n
Internetlinks
F o t o s
- Fotoalbum Groß Lenkeningken
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>LENNA2KO15CA</gov>
Quelle, Einzelnachweise