Giewerlauken

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Diese Seite gehört zum Portal Tilsit-Ragnit und wird betreut von der Familienforschungsgruppe Tilsit-Ragnit.
Hirschflur Schrift.JPG


Ein Gehöft am Ortsrand von Giewerlauken, 2007
Giewerlauken und Umgebung,
Ausschniit aus einem Meßtischblatt, Stand nach 1938
Hirschflur Ansichtskarte.jpg
Der Hof Motejat in Giewerlauken
Ein Bauernhof in Giewerlauken, 2007
Ein Abbruchhaus am Ortsrand von Giewerlauken, 2007

Hierarchie



Einleitung

Giewerlauken (ab 1938 Hirschflur) lag an der Landstraße von Groß Lenkeningken nach Trappönen. Das Dorf an der Szeszuppe (Ostfluß) war bäuerlich geprägt. Die Gemeinde Hirschflur war 527 ha groß. Begrenzt wurde die Ortschaft im Osten von der Gemeinde Aschen, im Süden teils von der Gemeinde Waldau, teils vom Rittergut Juckstein und im Westen und Norden von dem Staatsforst Trappönen.

Allgemeine Informationen

Die Szeszuppe durchfloß die Gemeinde von Osten nach Südwesten und trennte dadurch fünf Landwirte mit insgesamt rd. 60 ha auf der Ostseite von der eigentlichen Gemeinde. Die Einwohnerzahl betrug 1939 etwa 430 Personen. Das zuständige Amt war Rautengrund. Die Gemeinde gehörte zum Kirchspiel Groß Lenkeningken.

Politische Einteilung / Zugehörigkeit.

Hirschflur (Giewerlauken) gehörte seit dem 15.10.1909 zum Amtsbezirk Raudszen.

Kreiszugehörigkeit:

Kirchliche Einteilung / Zugehörigkeit

Hirschflur (Giewerlauken) gehörte bis zum 1. Oktober 1897 zum Kirchspiel Ragnit, danach zum neugebildeten Kirchspiel Groß Lenkeningken.

Ortsbeschreibung

Hirschflur besaß eine zweitklassige Schule und bildete mit der Gemeinde Aschen und der Försterei Katzenfang des Forstamtes Trappönen einen Schulverband. Die Schülerzahl betrug etwa 60 Kinder.

Bewohnt war die Gemeinde mit 85 Hofstellen, davon waren 60 landwirtschaftlich genutzt, und zwar 58 unter 25 ha und zwei über 25 ha. Die kleineren Landwirte waren nebenbei mit Lohnfuhrwerkerei beschäftigt, andere waren als Forstarbeiter in den nahegelegenen Förstereien Katzenfang und Fuchswinkel des Forstamtes Trappönen tätig.

Im Dorf gab es eine Gastwirtschaft mit Kolonialwarenhandlung, ein Kolonialwarengeschäft und eine Schuhmacherei. Eingemeindet war die Försterei Katzenfang des Forstamtes Trappönen.
Otto Gerber war der letzte Revierförster.

In den angrenzenden Wäldern des Forstamtes Trappönen lebte ein großer Wildbestand. Als jedoch Hirsche und auch Wildschweine ausgesetzt wurden, entstand den Landwirten, die an den Forst grenzten, ein beträchtlicher Wildschaden. Hirsche traten in Rudeln bis zu 20 Stück auf. Öfter wurden von ihnen Getreide- und Kartoffelernten vernichtet. Ebenso richteten Wildschweine erhebliche Schäden auf den Kartoffel- und Rübenäckern an.

Geschichte

In den Jahren 1910/11 wurde durch die Gemeinde eine Kreisstraße gebaut. Dem Vernehmen nach war diese Straße bei Beginn des Ersten Weltkrieges noch nicht in den russischen Generalstabskarten verzeichnet, dadurch blieb Giewerlauken vor russischen Überfällen bewahrt. Der Erste Weltkrieg forderte, soweit in Erinnerung, 17 Gefallene.

Sommerbrücke

Weil die schon erwähnten fünf Landwirte durch die Szeszuppe von der eigentlichen Gemeinde abgeschnitten waren, baute man eine Holzbrücke über den Fluß. Es wurden je drei lange Pfähle vom Boot aus in das Flußbett gerammt, diese verband man mit einer kurzen Kette zu Böcken, die als Pfeiler dienten. Auf diese, etwa fünf Meter auseinanderstehenden Böcke, wurden die Tragbalken gelegt. Hierauf kamen lange Stangen und als Brückenbelag dienten Bohlen.

Diese Art des Brückenbaus ist von vielen Generationen ausgeübt und von Zeit zu Zeit verbessert worden. Leider mußte die Brücke in jedem Herbst abgebrochen und im Frühjahr neu erstellt werden. Dieser Vorgang war notwendig, weil die Szeszuppe im Frühjahr und Herbst durch Hochwasser und Eisgang die Brücke zerstört hätte.

Trotz aller Vorsicht ist es vorgekommen, daß bei plötzlich eintretendem Hochwasser die Brücke weggerissen wurde. Der Brückenbau, durch Eigenleistung erstellt, war für die Gemeinde eine große Belastung. Eine bessere Holzbrücke, die dem Hoxhwasser und Eisgang standhielt, hatte die etwa acht Kilometer östlich gelegene Gemeinde Galbrasten gebaut.

Als diese Brücke jedoch repariert und verbessert werden sollte, fiel sie, infolge menschlichen Versagens, in sich zusammen. Es gab dabei mehrere Tote und Verletzte. Daraufhin verbot der zuständige Landrat den weiteren Brückenbau in der Gemeinde Hirschflur. In dieser Ausweglosigkeit wurde der Bau einer Fähre beschlossen. Durch Notstandsarbeiten und Eigenleistungen wurden gepflasterte Zufahrtswege geschaffen. Die Fähre hat in den ersten dreißiger Jahren ein Schiffszimmermann gebaut. Zu aller Zufriedenheit blieb dieser Übergang über die Szeszuppe bis zur Vertreibung in Betrieb.

  • 03.06.1938 Umbenennung der Gemeinde Giewerlauken in Hirschflur
Wegen der vielen aus dem Trappöner Forst auf das Gemeindegebiet austretenden Hirsche erfolgte 1938 von Amtswegen die Umbenennung des bisherigen Ortsnamens in Hirschflur.

Räumung

Bericht von Emil Schigat, dem letzten Bürgermeister der Gemeinde Hirschflur:

Der Zweite Weltkrieg senkte auch auf unser stilles Dorf seien Schatten. Er verursachte schwere Verluste an Toten, unter denen wir auch unseren Schulleiter Alexander Tiedemann - er fiel in den letzten Kriegstagen als Offizier in Italien - zu beklagen hatten. Insgesamt trauert die Gemeinde um 36 Gefallene.

Am 12. Oktober 1944 überraschte uns der Räumungsbefehl, demzufolge wir unser liebes Heimatdorf für immer verlassen mußten. Die Gemeinde wurde in das Dorf Schalmey, Kreis Braunsberg, evakuiert. Dort hofften wir noch immer auf eine Rückkehr in die Heimat und hielten eine völlige Vertreibung für unmöglich.

Man sagte uns, daß falls ein weiteres Ausweichen notwendig sein sollte, die Straße nach Elbing von der Wehrmacht freigekämpft würde. Als jedoch Anfang Februar 1945 die ersten russischen Granaten in Schalmey einschlugen, mußte die Flucht über das Frische Haff fortgesetzt werden. Es war ein Wunder, daß das dünne, durch plötzlich einsetzendes Tauwetter morsch gewordene Eis, die schweren Fuhrwerke getragen hat und nicht noch mehr Verluste durch Einbruch 0der feindlichen Artillerie- und Fliegerbeschuß entstanden sind.

Soweit bekannt, ist von unserer Gemeinde nur der Wagen meines Nachbarn Franz Risch von einer Granate getroffen worden und gesunken, er selbst wurde durch Granatsplitter getötet. Weil auf der Fahrt über das Haff die Fahrzeuge wegen der vorher geschilderten Gefahren mit 50 Meter Abstand und in mehreren Reihen fahren mußten, löste sich der bis dahin zusammenhaltende Treck unseres Dorfes auf.

Die einzelnen Fuhrwerke vermischten sich mit anderen Gemeindetrecks und fuhren auf eigene Gefahr weiter. Nur wenige Fahrzeuge konnten sich rechtzeitig über die Oder retten. Die anderen wurden von den Russen überholt, ihre Besitzer ausgeraubt und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Mich ereilte das Schicksal am 9. März 1945 in der Nähe der Stadt Glowitz, Kreis Stolp, als mehrere Schützenpanzer den Treck überholten. Meine restlose Enteignung erfolgte in dem Dorf Stojentin, Kreis Stolp. Nach schlimmsten Entbehrungen und vielen Mühen gelang es mir und meiner Familie Ende August 1946 die Ausreise aus dem polnisch besetzten Gebiet nach Schleswig-Holstein. [1]

Verschiedenes

Karten

Giewerlauken
(c) Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Siehe oben rechts von Ragnit auf der Ostpreußenkarte um 1925
Prußische Stammesgebiete


Zufallsfunde

Oft werden in Kirchenbüchern oder anderen Archivalien eines Ortes Personen gefunden, die nicht aus diesem Ort stammen. Diese Funde nennt man Zufallsfunde. Solche Funde sind für andere Familienforscher häufig die einzige Möglichkeit, über tote Punkte in der Forschung hinweg zu kommen. Auf der folgenden Seite können Sie Zufallsfunde zu diesem Ort eintragen oder finden.

Weblinks

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

<gov>HIRLURKO15DA</gov>

  1. Emil Schigat, damaliger Bürgermeister der Gemeinde Hirschflur, aus: “Am Memelstrom und Ostfluß” von Ernst Hofer, Düsseldorf, 1967