Zemaiten: Unterschied zwischen den Versionen

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Zum Verhältnis der zemaitischen Sprache zur hochlitauischen berichtet Johann Severin Vater im Jahre 1809. Immerhin stellt er sieben altpreußische Varianten, zwei lettische und je ein zemaitisches und kurisches Vaterunser vor, aber kein litauisches. Zum Litauischen sagt er: ''"Dieses herrscht nur noch in einem Theile Lithauens, nehmlich in Schamaiten, indem das übrige Lithauen die Polnische Sprache angenommen hat. Zwar hat sich auch viel Polnisches in das Schamaitische eingeschlichen; indessen hat es doch immer noch so viel eigenthumliches, daß es sich als einen eigenen Dialect darstellen kann.“  … „Wegen dieser Annäherung an das Polnische liebt es mehr die Zischer, daher es fünf besondere s, drey z und zwey c hat… Die Vocale haben eben so viele und bestimmende Betonungen wie bey dem Polen; auch das f und virgulirte l hat es von diesem angenommen, nur das h zu Anfange nicht.“''
Zum Verhältnis der zemaitischen Sprache zur hochlitauischen berichtet Johann Severin Vater im Jahre 1809. Immerhin stellt er sieben altpreußische Varianten, zwei lettische und je ein zemaitisches und kurisches Vaterunser vor, aber kein litauisches. Zum Litauischen sagt er: ''"Dieses herrscht nur noch in einem Theile Lithauens, nehmlich in Schamaiten, indem das übrige Lithauen die Polnische Sprache angenommen hat. Zwar hat sich auch viel Polnisches in das Schamaitische eingeschlichen; indessen hat es doch immer noch so viel eigenthumliches, daß es sich als einen eigenen Dialect darstellen kann.“  … „Wegen dieser Annäherung an das Polnische liebt es mehr die Zischer, daher es fünf besondere s, drey z und zwey c hat… Die Vocale haben eben so viele und bestimmende Betonungen wie bey dem Polen; auch das f und virgulirte l hat es von diesem angenommen, nur das h zu Anfange nicht.“''
==="Schameit"===
"Szameit" war im Memelland zunächst nur die Bezeichnung eines Zemaiten, wurde jedoch im Laufe der Zeit ein Schmähwort für alle Litauer jenseits der Grenze, denn die Rückständigkeit in Russisch-Litauen war sprichwörtlich. Durch die Abtrennung nach dem 1. Weltkrieg bedingt, verschärften sich während des Nationalsozialismus die Konflikte. "Schameit" wurde zum Schimpfwort und bezeichnete einen niedrig stehenden Menschen von "asiatischer" Kultur.


==Geschichte==
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Um 1500 macht die Neubesiedlung weitere Fortschritte. Mitte des 16. Jahrhunderts werden schriftliche Quellen reichlicher. Die Richtungen der Besiedlung gingen von den Ufern der Memel in nördliche und südliche Richtung und folgten weitgehend den Flussläufen. Die Feuchtigkeit des Bodens bereitete den Neusiedlern große Schwierigkeiten. Im nördlichen Zemaiten siedelten viele livländische Kuren, was noch heute in der Physiognomie der Menschen deutlich wird. Kurische Einwanderer aus Livland wurden in Zemaiten aber nur dann aufgenommen, wenn sie in Memel abgewiesen wurden. Ursache der Wanderung war eine Überbevölkerung der Kerngebiete.
Um 1500 macht die Neubesiedlung weitere Fortschritte. Mitte des 16. Jahrhunderts werden schriftliche Quellen reichlicher. Die Richtungen der Besiedlung gingen von den Ufern der Memel in nördliche und südliche Richtung und folgten weitgehend den Flussläufen. Die Feuchtigkeit des Bodens bereitete den Neusiedlern große Schwierigkeiten. Im nördlichen Zemaiten siedelten viele livländische Kuren, was noch heute in der Physiognomie der Menschen deutlich wird. Kurische Einwanderer aus Livland wurden in Zemaiten aber nur dann aufgenommen, wenn sie in Memel abgewiesen wurden. Ursache der Wanderung war eine Überbevölkerung der Kerngebiete.


==Die Besiedlung des Memelgebietes==
==Die Besiedlung des Memelgebietes==

Version vom 24. Juni 2009, 19:02 Uhr

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Geografie

Kurische, prußische, nieder- und hochlitauische Stammesgebiete

Der Name Žemaitien verweist auf den baltischen Volksstamm der Niederlitauer. Andere Schreibweisen sind „Samogitia“, „Schmuden“, „Semaiten“, „Schemaiten“ und noch mehr. Aber auch die ebenfalls baltischen Kuren sind Einwohner Zemaitens, denn der Großteil des heutigen Gebietes besteht aus den ehemaligen kurischen Landschaften Megowe und Ceclis (litauisch Keklis). Das namengebende Ur-Žemaiten lag im 13. und 14. Jahrhundert zwischen der Mūšaquelle, dem Oberlauf der Venta im Norden, dem Stauseegebiet von Žarėna im Nordwesten, der unteren Mituva im Südwesten, der Memel im Süden und der Nevėžis im Osten. Nur in den westlichen und südwestlichen Teilen des ursprünglichen Žemaiten ist Höhenland vorzufinden. Der Begriff "Niederlande" oder "Unterland" trifft nur auf die östlich gelegene mittellitauische Tiefebene zu und dürfte von den Aukštaičiai vergeben worden sein. Heute überwiegt die litauisch-aukschtaitsche Komponente.

Um 1300 beschränkte sich Zemaiten nur auf den südöstlichen Teil seines heutigen Gebietes. Bis 1422 vermochte es aber, seine Grenzen beträchtlich auszudehnen und umfasste das ganze heutige Westlitauen westlich des Nevežis, ohne das Memelland..

Im Laufe seiner Geschichte erfuhr Zemaiten etliche Teilungen:

  • 1253 schenkte Mindaugas zemaitische Landschaften an den Livländischen Orden
  • 1289 bestätigt Hochmeister Burchard von Schwenden eine stattgefundene Teilung „terrarum Schalwen, Karsowe, Twerkiten“
  • 1382 schenkt Jogaila dem Orden Teile
  • 1384 tritt Vytautas ganz Zemaiten an Preußen ab, nebst einem Streifen am rechten Memelufer
  • 1392 gibt der Bischof von Kurland ein Drittel der südkurischen Landschaften an den Orden ab.
  • 1392 wird im Friedensvertrag von Sallyn die Ostgrenze verändert.

Name und Sprache

Der Name leitet sich von žemė ab und bedeutet „Erde“ beziehungsweise „unten wohnend“ (žemai „unten“). Der Begriff „Niederlitauen“ ist irritierend, da das heutige Žemaitien auf einem Höhenrücken liegt. Die žemaitische Sprache gliedert sich in drei Untergruppen: die westžemaitische, die nordžemaitische (beide durch das Altkurische beeinflusst) und die südžemaitische. Dabei unterscheiden sich wiederum die Dialekte der Regionen Telšiai, Varniai und Rasėniai.


Zum Verhältnis der zemaitischen Sprache zur hochlitauischen berichtet Johann Severin Vater im Jahre 1809. Immerhin stellt er sieben altpreußische Varianten, zwei lettische und je ein zemaitisches und kurisches Vaterunser vor, aber kein litauisches. Zum Litauischen sagt er: "Dieses herrscht nur noch in einem Theile Lithauens, nehmlich in Schamaiten, indem das übrige Lithauen die Polnische Sprache angenommen hat. Zwar hat sich auch viel Polnisches in das Schamaitische eingeschlichen; indessen hat es doch immer noch so viel eigenthumliches, daß es sich als einen eigenen Dialect darstellen kann.“ … „Wegen dieser Annäherung an das Polnische liebt es mehr die Zischer, daher es fünf besondere s, drey z und zwey c hat… Die Vocale haben eben so viele und bestimmende Betonungen wie bey dem Polen; auch das f und virgulirte l hat es von diesem angenommen, nur das h zu Anfange nicht.“

"Schameit"

"Szameit" war im Memelland zunächst nur die Bezeichnung eines Zemaiten, wurde jedoch im Laufe der Zeit ein Schmähwort für alle Litauer jenseits der Grenze, denn die Rückständigkeit in Russisch-Litauen war sprichwörtlich. Durch die Abtrennung nach dem 1. Weltkrieg bedingt, verschärften sich während des Nationalsozialismus die Konflikte. "Schameit" wurde zum Schimpfwort und bezeichnete einen niedrig stehenden Menschen von "asiatischer" Kultur.

Geschichte

5. - 6. Jahrhundert

In dieser Epoche siedelten im späteren Žemaitien Volksgruppen der westbaltischen Kuren, der ostbaltischen lettischen Semgallen und im Gebiet um Schmalleningken die Gruppe der zemaitischen Karschauer. Der angelsächsische Reisende Wulfstan bezeichnete um 880 die Žamaiten als Sarmanten. Um 900 wanderten allmählich litauische Stämme ein. Der Begriff Žemaiten (lit. Žemaičiai) taucht erst 1215 in der „Wolhynischen Chronik" auf. Sie erwähnt im Zusammenhang mit der Politik Konrads von Masowiens vor 1228 die "Scoweae (Schalauer), Prutheni, Lithuani und Szanmitae (= Szemaiten)".

Die Wildnis

Der Ritterorden kannte Zemaiten und Litauen zunächst nicht direkt, da die noch nicht unterworfenen Stammesgebiete Samland, Nadrauen, Schalauen und Sudauen ihn von ihnen trennten. Archäologische Funde zeigen allerdings, dass die Gebiete seit der letzten Eiszeit besiedelt waren. Die Entstehung der Wildnis wird unter Forschern verschieden beantwortet: Mortensen nimmt eine Klimaänderung an, Salys hält dagegen: „sie ist eine natürliche Folge des deutsch-litauischen Krieges", denn „Der Zweck der Ordensreisen war ja doch, durch möglichst grosse Verheerung das Land zur Übergabe zu zwingen. Unterwarf es sich dagegen nicht, so machten es die neuen Reisen mit dem üblichen „incendio et rapina“ und „occisi plurimis et captis“ schliesslich zur Wildnis. Nur die Gebiet mit einer kompakten Bevölkerung, welche eine feste Organisation und dazu einen Rückhalt am übrigen Lande hatte, konnten diesen jährlichen Reisen widerstehen. Daran scheint es aber zu Anfang des Krieges den Zemaiten bisweilen gefehlt zu haben.“

Litauerreisen

In der Endphase des Ritterordens ließ er zur Belustigung des westlichen Adels sogenannte „Reisen“ stattfinden. Folgendes berichtet das Reisegedicht "Von Herzog Albrechts Ritterschaft" des Herolds Peter Suchenwirt:

Der österreichische Herzog Albrecht begibt sich 1377 mit 150 Mannen auf eine Preußenfahrt, waffengerüstet zu Pferd und zu Schiff. Auch der Hochmeister und seine Amtsleute verproviantieren sich, weder Silber noch Gold sparend, auf drei Wochen zu Ehren des Gastes. Das Heer zog durch das Niemandsland über Insterburg an die Scheschupe. Dort erblickten sie vier Brücken geschlagen. Die Schiffer trafen ein, die Ruderer scheuten keine Mühe. Von mittags bis abends waren an 30 000 Mann mit 610 Schiffen anwesend. Drei Pferde und ein Knecht ertranken. Dieses Heer brachte seinen Gast nach Szameiten. Eine Hochzeit fand dort statt; die Gäste kamen uneingeladen. Ein Tanz wurde mit den Heiden getreten, dass ihrer 60 tot blieben. Das Dorf wurde vom Feuer rot und die Lüfte brannten. Ich hätte nicht Bräutigam sein wollen. Was ihnen weh tat, tat uns wohl. Das Land war voll von Menschen und Gut, den Christen - ein Gewinn, den Heiden - ein Verderb, wenn man es mit der Waage des Krieges misst. Eine Lust was das! Die Heiden ließen auch nachts nicht ab mit scharfer Wehr, stachen, schlugen und schossen; sie schrien mit lauter Stimme wie die wilden Tiere. Sie erstachen Leute, schossen Pferde ab und flüchteten dann in die Moore. So trieben sie es die ganze Nacht. Als Morgen wurde, brach das Heer auf, zündete alles an, dass die Lüfte brannten. Man sah da sehr viele Frauen mit 2 Kindern an den Leib gebunden, eins vorne, eins hinten, auf einem Pferde; sie kamen ohne Sporen barfuß geritten. Die Heiden litten große Not. Man fing ihrer viele ein, band ihnen die Hände zusammen und führte sie wie die Jagdhunde“.

Die Wiederbesiedlung der Wildnis

Nach der Schlacht von Tannenburg begann für ganz Litauen eine Periode des Aufbaus und der Expansion. Zemaiten gewann durch die Grenzziehungen große Gebiete in der Wildnis, die ja für Einheimische durchaus nicht siedlungsfeindlich war. Frühe urkundliche Belege fehlen, doch gibt es Belege, die die Besiedlung nachvollziehbar machen:

  • 1409 werden bei der Skirsnemune fünf Dörfer an der Memel von den aufständischen Zemaiten „uf gehaben“.
  • 1422 konfisziert der Vogt von Polangen ein gestrandetes deutsches Schiff. Von Ragnit aus werden Struter (Kundschafter) ausgesandt, Informationen über die Litauer herauszufeinden
  • 1425 teilt der Komtur von Memel mit, dass die Zemaiten bei Polangen viel Heu gemacht haben.
  • 1434 plündern Zemaiten bei Polangen auf dem Strand und führen Geiseln mit sich fort.
  • 1483 findet eine Untersuchung der Dörfer bei Krottingen statt.
  • 1501 wird Coadjuthen vom zemaitischen Hauptmann beansprucht
  • In den Jahren 1434/ 35 ist der „zemaitische Strand“ gesperrt, „das nymandes ane schaden kann durchkomen“.
  • 1455 bauen die Zemaiten zusammen mit den Kuren „eyn bolwerg uff dem strande“.

Um 1500 macht die Neubesiedlung weitere Fortschritte. Mitte des 16. Jahrhunderts werden schriftliche Quellen reichlicher. Die Richtungen der Besiedlung gingen von den Ufern der Memel in nördliche und südliche Richtung und folgten weitgehend den Flussläufen. Die Feuchtigkeit des Bodens bereitete den Neusiedlern große Schwierigkeiten. Im nördlichen Zemaiten siedelten viele livländische Kuren, was noch heute in der Physiognomie der Menschen deutlich wird. Kurische Einwanderer aus Livland wurden in Zemaiten aber nur dann aufgenommen, wenn sie in Memel abgewiesen wurden. Ursache der Wanderung war eine Überbevölkerung der Kerngebiete.


Die Besiedlung des Memelgebietes

Schalauer

Der südliche Teil des Memellandes gehörte den Schalauern mit den vier Burgen Ragantia (Ragnit), Ramige (Schlossberg auf dem rechten Memelufer), Sarecka (Schreitlaugken) und Sassowia (eventuell Sassupönen). Die Ežerune bildete die Grenze zwischen Zemaiten und Schalauen. Jubarkas im Osten liegt bereits auf zemaitisch-karschauischem Gebiet. Die Sümpfe der Russ-Mündung bildeten die Grenze zu kurischen Gebieten.

Schalauen war recht dicht besiedelt, denn die Burg Labiau konnte mit 400 schalauischen Mann angegriffen werden, und Kestutis entführte 1365 Mann nach Litauen, von denen später 150 Mann die Gegend um Ragnit bewachen mussten. Schalauische Orte sind Pleikischken, Plaschken, Bennigkeiten (Beynicke), Waynoten, Grauden und andere.

Kuren

Die Rückwanderung der Kuren aus Livland beginnt um 1400, wo sie im Samland urkundlich erwähnt werden. Die Livländer forderten die Rückgabe ihrer entlaufenen Zinsleute, während die nicht Zinspflichtigen Bewegungsfreiheit genossen. Der Auswanderungstrieb der livländischen Kuren ins Memelgebiet war sehr stark und erfolgte den Strand entlang. Der Memeler Komtur berichtet vor 1422 dem Hochmeister: „ouch so sprechen die andern Kuvern von Kuverlande, ist daz sache, daz man si nicht czur Memil will czihen lassen, so wellen sie doch eynen andern weg czihen, alz in daz landt ader under den bischoff oder wo sy mogen“. Die Rückkolonisation der Kuren erfolgte nicht oder nur in sehr geringem Maße in das Landesinnere Zemaitens, zumindest lässt sich das nicht mehr feststellen. 1544 verordnete Herzog Albrecht, es solle für Ruß ein Geistlicher gefunden werden, der sowohl litauisch als auch kurisch sprechen könne.


Litauische Einwanderung in Preußen

Die erste urkundliche Erwähnung zemaitischer Einwanderer nach Preußen stammt aus dem Jahr 1406. Vorher hatte es vereinzelt Flüchtlinge aus der polnisch-litauischen Personalunion gegeben. Die Ursachen für das Verlassen ihrer Heimat lag darin, dass die Menschen zu Hause unterdrückt wurden, es gab jedoch keine religiösen Gründe. Die zemaitischen Hauptleute reisten mit großem Gefolge, Frau und Kindern im Land umher, hielten eigenmächtig, ohne Hinzuziehung der Amtsleute Gericht und legten den Untertanen große Strafen auf. Ebenso wird von Folter berichtet, so dass verständlich wird, warum die Untertanen es vorzogen, ein freieres Leben unter dem Ritterorden zu führen.

Die Einwanderer wurden in Preußen aufgenommen, obwohl es von zemaitischer Seite große Proteste und einen umfangreichen Briefwechsel mit den Ordensleuten gab, die Leute wieder zurückzugeben. So schrieb Vytautas am 19. April 1409 an den Hochmeister: „Auch wir danken euwir Erwirdikeit, das ir euwirn gebitigern allumbee wellit schreibin, wo man unsir luthe, die uns entloufen sint, dirfure, das man sie ken der Licke zal schichen.“ (Licke = Lyck) Vytautas schickte zweimal Boten nach Lyck um die Leute zurückzuholen, aber der dortige Pfleger behauptete, von der Sache nichts zu wissen („im were keines dovan bevolin“) und gab die Menschen nicht heraus. Es wurde weiter hin und her verhandelt, bis schließlich Vytautas erbittert schrieb, sein Bote hätte in Tilsit sogar die Entlaufenen gesehen, aber „man vor im die selbigen eigen vorbergen.“ Es war ein volles Jahrhundert gängige Ordenspraxis, Einwanderer aufzunehmen und anzusiedeln: „ufgenommen und gesichert noch alder gewohnheit“.

Man erlaubte den zemaitischen Boten zwar die Einreise und die Rückführung der eigenen Leute (so man sie denn finden konnte), zog aber ansonsten die Verhandlungen in die Länge und empfahl, die Zemaiten möchten doch lieber selbst dafür sorgen, dass ihnen keine Leute weglaufen. Im Herbst 1422 erschien beim Komtur in Memel „ein redlichir beyor“ aus Zemaiten und bat um Asyl: „geleite szu gebin czur Memel, wi das her weip und kint, und sust andir frunde mit im welde brengin“. Dies wurde ihm gewährt, man riet ihm aber abzuwarten, bis Vytautas den gegen die Livländer vorbereiteten Kriegszug angetreten hatte und dann erst mit den seinen zu kommen. Es kam auch vor, dass der Hauptmann von Zemaiten darum bat, ihm eine Person zurückzugeben, die erneut entlaufen war.

Die Grenzkomturei Ragnit war das Hauptziel der Überläufer. 1443 brachte eine litauische Gesandtschaft dem Hochmeister eine Beschwerde vor wegen „entlouffen lewte unde gesinde“, welche „man en nicht widerkeren welde“. Dabei beschwerten sie sich „sunderlich uber den kompthur von Rangnith“. Memel spielte bei der litauischen Einwanderung nur eine sehr untergeordnete Rolle, diese Stadt war dagegen das narürliche Einfallstor der kurländischen Auswanderer.

Aus dem Hauptamt Memel sind keine Landverschreibungen vorhanden. Immerhin werden bei der Verleihung von Krugrechten Litauer erwähnt: Gerigs und Hans Gybbeis (Giebisch), „des Sedeyken Tochter“, G. Thalat sowie Hans Stonniell. Dagegen werden Personen als „Litauer“ bezeichnet, die eindeutig prußische Sudauer waren, die unter ihrem Fürsten Skurdo nach Litauen geflüchtet waren und am Unterlauf der Memel Zuflucht gefunden hatten: Sudmunde sowie Stanko Pudnick. Als Litauer anzuzweifeln ist auch G. Thalat. Krüge wurden in früher Zeit an alten Verkehrsknotenpunkten errichtet und mit Deutschen besetzt. Sie hatten die Aufgabe, die Einheimischen mit deutscher Sprache und deutscher Kultur vertraut zu machen. Später wurden Krüge auch an loyale Balten verliehen. Krugverleihungen an Litauer gab es nur im südlichen Teil des Hauptamtes Memel, also in dem Gebiet, das in der Nähe des Haupteinwanderungsweges über Ragnit lag.

Der Einfluss des Litauertums entwickelte sich jedoch sehr stark, denn 1524 wurde das Heu in „litauischen Fudern“ gemessen. 1540 kann man die baltischen Schalauer, Kuren, Zemaiten und Litauer nicht mehr auseinander halten. Sie haben sich völlig miteinander vermischt und einen eigenen Dialekt entwickelt: das memelländische Litauisch. Auf dem Lande leben 458 Zinserfamilien baltischer Herkunft, aber nur 38 deutsche Familien.

Zemaitische Namen

In den Türkensteuerlisten von 1540 sind vorwiegend alte Ortsnamen zu erkennen, die die natürlichen Gegebenheiten anschaulich beschreiben. Diese Ortsnamen wurden von den Ordensleuten ins Deutsche übersetzt: aus „pa-gege“ (an der Gege/ Jäge gelegen) wurde „Am Giegen“. Unter dem Einfluss zemaitischer Einwanderer bekamen sie wieder ihr baltisches Gepräge zurück: Pogegen.

An Familiennamen ist im Memelland um diese Zeit noch nicht viel vorhanden, man kam mit Vornamen aus. Wenn es 1540 Patronymika gab, dann erscheinen sie im östlichen Memelland nach den Quellen fast ausschließlich mit –aitis, -eitis, -ait, -atis und –at, und zwar alle Endungen gleichzeitg. Ein „Abfallen“ von Endungen „unter deutschem Einfluss“ ist nicht auszumachen, zumal auf dem Lande kaum Deutsche lebten, die etwas beeinflussen konnten. Allerdings sind Sohnesformen ebenfalls bei den Schalauern vorzufinden. Formen auf –unas, -uhn, -un sind ganz selten. Aber auch hier kann es sich um alteingesessene Prußen handeln, denn –on, -un, -uon gehören zu den typisch prußischen Endungen. Allein an den Endungen ist eine ethnische Herkunft heute nicht mehr abzuleiten, es sei denn, man könnte Kirchenbelege nachweisen.

Im östlichen Memelland finden sich zemaitische und mittellitauische Namen, aber keine hochlitauischen, was auch nicht weiter verwundert, da zu dieser Zeit das aukschtaitsche Litauen viel weiter östlich lag und durch die Gebiete Zemaitens, die südkurischen Landschaften sowie das Memelland von der Ostsee getrennt war. Im nördlichen Memelland ist der kurisch-lettische und im südwestlichen der prußische Einfluss groß. Soweit zemaitische Namen vorliegen, muss bedacht werden, dass der westzemaitische Dialekt altkurisch beeinflusst wurde: „Die westžemaitischen oder „donininkai“: anstelle des schriftsprachl. uo, ie gilt hier o, e.“ Also statt „duona“ (Brot) wird „dona“ gesprochen und statt „piena“ (Milch) wird „pena“ gesprochen.

Szemaitische Familienname unterscheiden sich von hochlitauischen erheblich, was mit der relativ späten Christianisierung zusammenhängt. So wurde die Taufe erst 1413 eingeführt. Daher sind viele Namen nur aus der Natur und aus der heidnischen Naturreligion mit ihren Sitten und Gebräuchen heraus zu erklären. Sie klingen für heutige hochlitauisch geprägte Litauer sehr seltsam und geben ihnen Anlass sie zu belächeln.

Sprachdenkmäler

Vaterunser

  • Tiewe musu, kuris esse Danguose,
  • Szweskies Wardas tawa;
  • Buk Wala tawa, kaip Danguij, teij ir ant Ziames;
  • Duonos musu wisa Dienu duok mums siediena;
  • Ir atleijsk mums muso Kaltes, kaijp ir mes atleijdziam sawiems Kaltiems;
  • Ir ne wesk mus ink pikta Pagundima;
  • Bet gialbek mus nuog wisa Pikta.
  • Nes tawo ira Karalijste, ir Galijbe, ir Sslowe, ant Amsjiu. Amen.
Vergleichende Bibelstellen

Weblinks

  • [1] (Zemaiten/ Samogitia)
  • [2] (Landkarten mit Dialekten in Litauen)
  • [3] (Baltische Stämme 13. Jh. nach K. Buga)
  • [4] (Baltische Stämme nach Gimbutas/ bis S. 23 herunterscrollen)

Literatur

  • Eckert, Rainer/ Bukevičiute, Elvire-Julia/ Hinze, Friedhelm: Die baltischen Sprachen, eine Einführung, Langenscheidt 1994, 5. Auflage 1998.S.41 ff
  • Karge, Paul: Die Litauerfrage in Altpreußen in geschichtlicher Beleuchtung, Königsberg 1925
  • Mortensen, H. u. G.: Die Besiedlung des nördlichen Ostpreußen bis zum Beginn des 17.Jh., in Deutschland und der Osten. Die preußisch-deutsche Siedlung am Westrand der Großen Wildnis um 1400, Bd.8, Leipzig 1937
  • Mortensen, H. u. G.: Die Wildnis im östlichen Preußen, Ihr Zustand um 1400 und ihre frühere Besiedlung, Leipzig 1938
  • Mortensen, Hans: Die litauische Wanderung. Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen Philol.-Histor. Kl.,Göttingen 1927
  • Salys, Anton: Die zemaitischen Mundarten, Teil 1: Geschichte des zemaitischen Sprachgebiets Tauta ir Zodis, Bd-VI Kaunas 1930 (= Diss.Leipzig 1930), S.175
  • Suchenwirt in Scriptores rerum Prussicarum, Bd.2 (Leipzig, 1863), S.161-69 - hier: S.165-66
  • Vater, Johann Severin: Mithridates oder allgemeine Sprachenkunde mit dem Vater Unser als Sprachprobe, Berlin 1809, Nr. 306