Fuhrwerk: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 27. Januar 2013, 09:03 Uhr
Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes. Kurzgefasste Informationen mit Grundlagen für notwendige Einblicke finden sich u.a. (Ackerbürger) im Deutschen Städtebuch ...
Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Wirtschaft > Verkehr > Fuhrwerk
Fuhrwerk, beschlagen und unbeschlagen
Wagen und Karren als beräderte Fuhrwerke waren schon im Altertum allgemein gebräuchlich. Der Einsatz von Karren und Wagen erleichterte die Völkerwanderung in Europa. 2rädrige Streitwagen waren in den Reichen der Griechen, Römer und der Pharaonen (1800 v.d.Zw.) bekannt. Sarmaten und Germanen sollen auch auf Wagen gewohnt haben. Die Phrygier in Kleinasien benutzten 4rädrige Wagen schon zur Zeit der Römer.
Räder
Ältesten Darstellungen von Rädern der Sumer sollen aus der Zeit von etwa 2500 vor der Zeitenwende stammen. Hier handelte es sich um "Vollholzräder" auf feststehenden Achsen, ersten "Speichenräder" finden sich dann in sumerischen Darstellungen etwa ab 2000 vor der Zeitenwende.
Weitere Entwicklung
- Rüstwagen ab dem Mittelalter
- Kutschen ab dem 13. Jhdt.
- Federwagen seit dem 18. Jhdt
18. Jhdt.: Fuhrwerke in der Landwirtschaft
Zugkraft durch Reibungsminderung
Die leichte Bewegung eines Fuhrwerks ist entscheidend für die Zugkraft vorgespannter Tiere (Pferde, Ochsen). Im 18. Jahrhundert beachteten der herstellende Stellmacher oder Zimmermann und der nutzende Landwirt besonders folgende Gesichtspunkte:
- Herstellung der Reibflächen (Achsstummel, Buchsen) aus verschiedenartigen Materialien (Eisen/Holz)
- Reibflächen glatt gehalten
- Reibflächen klein und gleichmäßig gehalten
- häufige Schmierung der Reibflächen (Läger) mit Ölen, Teeren (!), Fetten)
Warum hohe Räder im 18. Jhdt. besser sind
- Radgröße: Vorderräder mindestens 6 Fuß, Hinterräder mindestens 6 Fuß 3 Zoll hoch
- Große hohe Räder, wie im 18. Jhdt. an sauerländischen Karren, überwinden viel leichter Widerstände auf Pflastersteinen, oder von Bollen, Spellern oder Faschinen auf den Wegen, oder von nachgebenden Gründen im Sand, Kley oder Dreck.
- Hohe Räder sinken und schneiden nicht so tief wie kleine Räder in weichen oder nachgiebigen Boden ein; sie überwinden leichter Vertiefungen und Löcher (Schläute).
- Große hohe Räder haben geringere Umlaufzeiten, geringere Reibung, geringeren Verschleiß
- An einem Wagen mit großen hohen Rädern ist die Zugkraft eines Pferdes erheblich höher.
Radbruchgefahr
Da die Vorderräder der Fuhrwerke meistens kleiner sind und daher mehr strapaziert werden als die größeren hinteren Räder, brechen die Vorderräder gewöhnlich auch zuerst, hinzu kommt dann auch noch die Gewohnheit, zunächst die schweren Lasten auf den Vorderwagen zu häufen.
Hohe Räder mit breiten Felgen
Hohe Räder mit breiten Felgen sind zwar schwerer als kleinere und schmalere, bieten aber dem gegenüber den Fuhrwerken erhebliche Vorteile:
- sie schneiden nicht so tief in den Boden ein und erleichtern die Fahrt
- sie verderben die benutzten Wege weniger
- Felgen aus krumm gewachsenen Holz sind die festesten
- bei mit Eisen beschlagene Felgen sollen keine Nägelköpfe vorstehen, um Erdanklumpungen zu vermeiden:
Reibungsminderung bei Nabe und Achse
- Die Nabe am Rad soll stark und von gutem und abgelagertem Holz (Eiche) sein.
- Zur Begrenzun der Reibfläche soll die Laufbuchse nicht zu lang werden (1 Fuß und etliche Zoll, höchstens aber 1 ½ Fuß).
- überhaupt soll sie zur Innenseite nicht länger sein, da sie hier durch zwei Eisenbänder gesichert wird, eins nah an den Speichen, das andere am Ende der Nabe.
- nach vorne soll sie nur so lang sein, daß der von der Felge fallende Dreck nicht auf den Vorstecknagel (Lünze, Splint) fällt und nicht zwischen Achse und Nabe kommt und so vermeidbaren Verschleiß erzeugt.
- Wenn der Vorstecknagel (Lünze, Splint) einen krumme Abdeckung erhält wäre dies besonders hilfreich.
- Kluge Bauern wickelten im 18. Jhdt. bei schlechten Wegen vorne um`s Rad einen Strohkranz, von welchem der Dreck abfiel, ohne das er zwischen Achse und Nabe kam. Nach Wagenseite hin soll über der Nabe ein großes Schambrett liegen, damit auch hier der Dreck nicht leicht zur Achse kommt und unnötige Reibung und Verschleiß erzeugt.
Nabe und Achse
- Zu dicke Achsen an den Rädern erzeugen im 18. Jhdt. unnötige Reibung und beeinträchtigen die Zugkraft der vorgespannten Tiere (Pferde, Ochsen). Dünnere hölzeren Achsen sollen aus abgelagerten starkem Holz (Eiche) hergestellt sein; das Eisen in der Achse, wo es als Achsstummel in der Buchse liegt, muß dann etwas dicker sein, da hier die Hauptlast zu tragen ist. Die Achse muß an dieser Stelle genau in die ausgebohrte Buchse passen, und nicht zu viel Platz in ihr einnehmen, sonst schlackert und schaukelt das Rad.
Speichenkegel auf der Nabe
Ein Rad bricht nicht so leicht und ist dauerhafter, wenn die Speichen, wie bei den Sauerländer Karren im 18. Jhdt., leicht geneigt auf die Nabe nach aussen gesetzt stehen. Von solchen Räder fällt der Dreck besser nach außen abwärts ab (leichte Kegelform). Zur Sicherung eines gleichmäßigen Rundlaufs sollte der Radumfang genau rund ausgerichtet werden.
Umsturzgefahr
Im 18. Jahrhundert hängen einige Wagenmacher die Räder sehr stark oben nach außen ab. Das ist unsinnig. Der Radstand am Boden verringert sich, die Räder schleißen ungleichmäßig und schnell aus und können durch zunehmendes Schwanken den Wagen eher zum Umsturz bringen.
Breitspur ist besser
Der beim Stellmacher oder Zimmermann im 18. Jhdt. bestellte Wagen sollte nicht zu schmal in der Spurweite bestellt werden, denn schmale Fuhrwerke, Wagen und Karren stürzen leichter um. Auf schmalen Wagen und Karren kann man nicht so viel laden als auf breiteren: Zugtiere vor Wagen mit enger Spur gespannt treten oft in hinderliche eingetreten Spuren, was den gleichmäßigen Zug erschwert.
Spursicherheit erleichter
Bei zweiachsigen Wagen soll die Spur der hinteren und vorderen Achse gleichmäßig übereinstimmen. Der Idealfall sieht vor, dass
- beide Räder der einen Seite in derselben Ebene stehen und gehen
- das ist, wenn das hintere Rad genau in der Spur des vorderen läuft.
- von den beiden Rädern der anderen Seite egal weit entfernt sind.
- die gerade Linie des Deichselbaums (Zweispännig) und Langwagens gerade und senkrecht auf die Linie der Achsen ausgerichtet ist.
Ansonsten befährt der Hinterwagen eine Querlinie und der Zugaufwand wird mehr als verdoppelt. Auch wenn der Deichselbaum vorn herunter hängt, wird durch durch Änderung der Zugrichtung die Zugkraft vermindert.
Mehrspännig: per Deichsel
Ordentlich an der Deichsel eingespannte Pferde ziehen Wagen leichter fort, als wenn das hintere Pferd in ein Gestell eingespannt wird und weitere Pferde (zwei und zwei) vorgepannt werden. Hierbei leidet das Pferd im Gehgestell wegen des höheren Zugs und ausgeübten Drucks.
Karren: ausgewogene Last
Besonders bei der Benutzung von Karren ist auf eine ausgewogen Lastenverteilung zu achten.
- Liegt die Karre mit der aufgeladenen Last zu weit nach vorn, so drückt sie zu schwer auf`s Pferd und belastet das Geschirr unnötig
- Liegt die Karre mit der aufgeladenen Last zu weit nach hinten, kann sie sich bei einem unvermuteten Stoß von selbst nach hinten entladen oder sogar dabei einen aufstehenden Fuhrmann verlieren.
Ochsenwagen
Als Fuhrwerk zählte noch um 1900 der Ochsenwagen als wichtigstes altes südafrikanisches Verkehrsmittel in Deutsch-Südwestafrika. Diser Wagen ist aus der Sicht jener Zeit mit einer fahrbaren Wohnung zu vergleichen.
Zeitliche Preise
- 1758 Siebenjähriger Krieg im Vest (1756-1763) 1 Kahrr (Karre) 9 Rt
- 1758 Siebenjähriger Krieg im Vest (1756-1763) 1 new beschlagenen Waagen 20 Rt
- 1758 Siebenjähriger Krieg im Vest (1756-1763) 1 beschlagenen und 1 unbeschlagenen Wagen 60 Rt
- 1758 Siebenjähriger Krieg im Vest (1756-1763) 2 Waagen mit 6 beschlagenen Rädern, wenistens 50 Rt
Quelle
- Bruchhausen, Anton: Anweisung zur Verbesserung des Ackerbaues und der Landwirtschaft des Münsterlandes (1790)
- Diderot: Diderots Enzyklopädie von 1762/77