Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/24

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Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)
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      Damit ist aber der Nachweis erbracht, daß individuelle Eigenschaften sich vererben können, ohne daß dem durch die Zeit oder die Zahl der Generationen eine Grenze gesetzt ist, mit anderen Worten, ein Mensch hat nicht nur theoretisch ein wenig Keimsubstanz von jedem seiner 16, 32, 64, 128, 256 etc. Ahnen, sondern er kann auch individuelle Eigenschaften von ihnen erben. Es vermindert sich aber, in einer je weiter zurückliegenden Ahnenreihe der betreffende, vererbende Ahne vorkommt, um so mehr die Energie der Erbschaftsmasse, um schließlich keine äußerlich erkennbaren Folgen mehr zu haben. Wird dann durch Heirath dem Blute eine gleichartige Erbschaftsmasse wieder zugeführt, so tritt die äußerlich erkennbare Folge wieder ein, selbst wenn bei demjenigen Ehegatten, der diese Neuzufuhr bewirkt, der Fall der Verminderung der Energie der Erbschaftsmasse bis zum Nicht-in-Erscheinung-Treten gleichfalls vorliegt. So liegt der Fall bei Maria Theresia und Franz von Lothringen. Beide haben die Lippe nicht, aber bei ihren Nachkommen tritt sie wieder in Erscheinung. Ich für meine Person neige sehr zu der Ansicht, daß auf diese Weise auch die Fälle des sogenannten Atavismus, wovon noch zu sprechen sein wird, zu erklären sind.

      Es wurde bisher immer nur von der Vererbung von Eigenschaften schlechthin gesprochen, ohne eines sehr wichtigen Unterschiedes zu gedenken, auf den es Zeit wird, jetzt einzugehen. So bald man von der Vererbung von Eigenschaften handeln will, sind nämlich zwei große Gruppen zu unterscheiden: ererbte Eigenschaften und erworbene Eigenschaften. Ererbte Eigenschaften haben durch die Thatsache, daß sie ererbt sind, den Nachweis ihrer Vererblichkeit erbracht. Daß eine ererbte Eigenschaft weiter vererbt wird, giebt dem prüfenden Verstande daher weiter kein Räthsel auf. Anders liegt es mit der Vererbung erworbener Eigenschaften. Hier steht man nicht nur hinsichtlich des Wie und Warum, wie bei den ererbten Eigenschaften, sondern auch hinsichtlich der Thatsache, daß eine erworbene Eigenschaft überhaupt vererblich sei, d. h. von dem der sie erworben hat, auf seine Nachkommenschaft