Neuenrade (Märkischer Kreis)
Neuenrade (Märkischer Kreis): historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise...
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Name
- [1]Niuenrothe (904), Rode (1355, 1366), Drechroide (1366), Nienrade und Nienrode (1564 ff.), Neuenrade (1354 im Gegensatz zum alten Dorf Rade), Neuenrath (1660).
Landschaftslage
Neuenrade liegt in 324 m Höhe auf der Schiefergebirgs- Rumpffläche des Sauerländischen Oberlands, geschützte Lage in breiter, nach Nordosten geöffneter und von Äckern und Wiesen bedeckter Quellmulde der obersten Hönne nahe dem steilhängig tief eingeschnittenen Lennetal und dem Fuß des 514 m hohen Kohlbergs (höchste Erhebung der Umgebung), 1954 rings umgeben von waldbedecktem Bergland.
Geografische Position
1895: Geogr. Position bei (N 51° 17' | O 7° 46')
Ortsursprung
Im alten Dorf germanische Dingstätte (Braukeswiese), germanische und römische Heerstraße (Helleweg, Heerweg) genannt. König Ludwig, das Kind, vermachte 904 aus dem Keldergau (Kelleramt) der Abtei Kaiserswerth: Neuenrade mit dem Gut Herischeithe (heutiger Flurname in Neuenrade: Herscheide). Als Grenzfeste gegen das Herzogtum Westfalen durch den märkischen Drosten Gerd von Plettenberg 1353 in der Bauernschaft Rode (Geverner Mark) erbaut.
Stadtgründung
Stadt
Graf Engelbert III. von der Mark schenkte nach seiner Rückkehr aus dem heiligen Lande dem Ort Neuenrade und anderen märkischen Orten 1355 Stadtfreiheiten. „Städtlein" 1660. Seit 1843 nach der Landgemeindeordnung verwaltet als Amtsstadt.
Gerichtsstätte
1954 Flurname: Hakemet (Haken = Galgenberg).
Stadt als Siedlung
Bauliche Entwicklung
Planmäßig angelegt mit rechteckigem Grundriß, Straßen in Gitterform. Marktplatz mit Kirche an Erbreiterung der Hauptstraße im Stadtmittelpunkt. Die beiden Stadttore 1775 ausgebessert, 1954 nicht mehr vorhanden. Außer den Gräben auch noch ein eichenbestandener Wall der alten Grenzfeste 1954 erhalten.
Gebäude
Stand 1954: Die Burg der Drosten erbaut 1353, verfiel nach dem Brand von 1521, ihre noch erkennbare Stätte wurde 1745 der Bürgerschaft überlassen. Ev. Pfarrkirche Unser lieben Frauen 1353 bekannt, Kapelle gestiftet durch Graf Engelbert von der Mark 1366. Am Fuße des Kohlberges im Stadtgebiet Prämonstratenserstift Marienwald (zu Berentrop), Anfang 16. Jhdts. mit Stift Scheda vereinigt. Neu 1954: kath. Kirche (Hl. Nicolaus).
Brände
Stadtbrände 1429, 1521 (Burg und fast die ganze Stadt), 1547, 1621, 1687, 1695, 1714, 1737.
Bevölkerung
Ältere Einwohnerzahlen
- 1532: 355 Kommunikanten.
- 1719: 95 Häuser, 614 Einwohner (E.),
- 1765: 1125 E.,
- 1771: 228 Häuser und 1.296 E.,
- 1787: 1.417 E.,
- 1796: 290 Häuser und 1.451 E.
- 1810: 3.097
- 1812: 3.116
Seuchen
Pest 1631.
Bevölkerungsverzeichnisse
- Kirchenbücher: ev. seit 1656
- Kirchenbücher: Kath. seit 1862.
- Häuser- und Personenstatistik von 1787
Abschriften der Mormonen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
- 1810-1813 (Zivil) Geburten, Aufgebote, Heiraten, Tote
- 1818-1874 (ev.) Geburten, Heiraten, Tote
Berühmte Personen
- Hermann Wilcken, * 1522 Neuenrade, + 1603 Heidelberg, Rektor der Lateinschule zu Riga, Prof. der griechischen Sprache und Mathematik, Verfasser der Neuenrader ev. Kirchenordnung und eines deutschen Gebet- und Gesangbuches (1564).
Jüngere Einwohnerzahlen
1818: 1.080 Einwohner (E.), 1839: 1.293 E., 1843: 1.347 E., 1858: 1.541 E., 1867: 1.619 E., 1871: 1.572 E., 1885: 1.635 E., 1895: 1.852 E., 1905: 2.145 E., 1910: 2.372 E., 1925: 2.679 E., 1933: 2.776 E., 1939: 3.077 E., 1946: 4.152 E., 1950: 4.384 Einwohner.
Sprache
Die niederdeutsche Mundart als Umgangssprache von Neuenrade liegt im südlichen Zipfel des ink-Gebietes. der sich vom Dortmunder Raum des Westfälischen dadurch abhebt, daß er für den Wenfall des persönlichen Fürworts mik (nicht mi, die Wemfallform) gebraucht; Neuenrade sagt ferner: iet 'ihr', ik sin 'ich bin', buggen 'bauen', maiget `(sie) mähen'.
Wirtschaft
Handel u. Gewerbe
Stand 1954: Germanisches Kupferbergwerk in der Mengenscheid (mengen mit Zinn). Im Mittelalter vor 1300 Eisengewinnung im alten Dorf in Sintersborn, Mühlenstück, Brunnenbach und Begrube. Vor dem 30jährigen Krieg lagen 2 Osenrundhämmer vor der Stadt. Heilbrunnen für Augenkranke und andere Gebreste 1657. Doch wegen seiner Lage auf dürrer Berghalde hatte Neuenrade im Mittelalter nie bedeutendes Wirtschaftsleben. Seit dem Marktprivileg von 1660 bis 1954 der Gertrudenmarkt am 17. März (1722: 3 Märkte). Ackerbürgerstadt mit einiger Tuchmanufaktur (1722: 12 Tuchmacher, 12 Leineweber, 5 Schmiede; 1754: Strumpf- und Mützenfabrikation). Leineweberei und Bleichen um 1845 noch vorhanden. Dazu trat im 18. Jhdt. (1788: 57 Eisendrahtzieher, 13 Reidenleister) und besonders im 19. Jhdt. (Eisenhammer um 1845 genannt) die Herstellung von Draht- und Metallwaren, Nägeln, Schrauben, Messingwaren, elektrotechnischen Artikeln, Gewehr- und Pianobestandteilen. 1954: Herstellung von Elektrogeräten, Musikinstrumenten und seit etwa 1937 Fahrrädern, daneben zahlreiche Kleineisenbetriebe.
Verkehr
Stand 1954: Neuenrade liegt abseits des Verkehrs, der durch das nahe Lennetal geht (Ruhr-Sieg-Verkehrsader). Jedoch wird es berührt durch die Bundesstraße Remscheid -Neuenrade - Soest. Stichnebenbahn Neuenrade -Menden- Fröndenberg (1912).
Umgebungsbedeutung
Stand 1954: Der Einfluß von Neuenrade erstreckt sich auf den obersten Teil der Hönnemulde.
Verwaltung
Rat
Bürgermeister und Rat im Spätmittelalter.
Gericht
Stadtgericht des Rates für leichte Sachen, alle anderen kamen vor das Gericht des Amtes (Berufungsinstanz das Hochgericht in Lüdenscheid). 1753 wurde das Amt Neuenrade mit Stadt dem Landgericht in Altena unterstellt.
Landesherrschaft
Landesherren von Neuenrade
Neuenrade gehörte zur Grafschaft Mark. Im Erbstreit 1411 durch den Grafen Adolf an Graf Gerhard von der Mark abgetreten. Seit 15. Jhdt. Sitz des Amtes Neuenrade. Mit der Grafschaft 1609 an Brandenburg-Preußen.
- 1609-1806 Kleve-Mark an Brandenburg-Preußen.
- 1806 Großherzogtum Berg, Ruhrdepartement
- 1813-1815 Preußisches Gouvernement Weser-Rhein
- 1815-1946 Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, 1753-1968 Kreis Altena, Amt Neuenrade
- 1946 Land Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, 1969-1974 Kreis Lüdenscheid; ab 1975 Märkischer Kreis
Landesherren von Ortsteilen
- Kirchspiel Affeln mit Altenaffeln, Freiheit (seit 1492) Affeln, Blintrop, Küntrop, bis 1368 Grafschaft Arnsberg, 1368-1802 kurkölnisches Herzogtum Westfalen, Amt Balve (historisch).
- 1803-16 Amt Balve zu Hessen- Darmstadt
- 1816-1946 Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, 1816-1832 Kreis Iserlohn, 1832-1975 Kreis Arnsberg
- 1946 Land Nordrhein-Westfalen, ab 1975 Märkischer Kreis.
Zeitzeichen 1895
- Neuenrade, Stadt / Stadtgemeinde in Deutschland, Königreich Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Altena, Amt Neuenrade
- Zuständigkeit/Einrichtungen: Standesamt Neuenrade, Amtsgericht Altena, ev. Kspl Neuenrade, kath. Kspl Neuenrade, Postbezirk, Telegrafenamt
- Gesamtfläche: 1.622,9 ha, (1895) 11 Wohnplätze, 230 Gebäude
- Einwohner: 1.852 (1.444 Ev., 398 Kath., 2 andere Christen, 8 Juden)
- Gewebe: Kleineisenwaren.
- Quelle: Hic Leones
Kriegswesen
Aus der zur Verteidigung der Festung gebildeten Bürgerwehr entstand die Schützengilde, aufgehoben in den napoleonischen Kriegen, Neugründung 1829. 1954 jährliches Fest im Hochsommer unter den alten Eichen.
Siegel, Wappen, Fahne
Stadtgebiet
- 1858 und 1910: 1623 ha (Stadt und 9 Einzelsiedlungen), 1951: 1692 ha.
- 1936 Eingemeindungen von der Gem. Nachrodt-Wiblingwerde die Wohnplätze Ruckeljahn und WahLscheid (96 ha, 17 E.), ferner Vosseck.
- Abtretung 1938: Wohnplatz Remmelshagen (23 ha) an Stadt Werdohl.
- 1969 kommunale Neugliederung: Stadt Neuenrade, eingegliedert die Gemeinde Küntrop vom Amt Balve.
- Die Stadt Neuenrade ist Rechtsnachfolgerin des Amtes Neuenrade.
- 1975 kommunale Neuordnung Eingliederung von Affeln, Altenaffeln und Blintrop.
Politische Einteilung
Ortsteile:
- Neuenrade (Ortskern)
- Affeln
- Altenaffeln (Neuenrade)
- Blintrop (Neuenrade)
- Kesberg (Neuenrade)
- Küntrop (Neuenrade)
Kirchenwesen
Bistümer seit Mittelalter
Erzbistum Köln, Archidiakonat des Dompropstes von Köln (1359 bezeugt) = Dekanat Attendorn, 1821/23 Erzbistum Paderborn, Dekanat Menden. Die Kirche blieb bis zum 16. Jhdt. Filiale von Werdohl. Katholische Gemeinde 1861 gegründet.
Reformation
Reformation um 1560, ev. Kirchenordnung 1564. Völlig kam der Protestantismus durch den 1570 eingeführten Pfarrer Joh. Geck zur Geltung. Kirchenkreis Lüdenscheid.
Bekenntnisse
1867: 1.419 Ev., 200 Kath., 1895: 1.489 (75%) Ev., 360 Kath., 1946: 60% Ev., 1951: 2.720 Ev., 1.538 Kath.
Juden
1660: 3 Familien. 1737: 21, 1796: 4, 1817: 11, 1855: 20, 1895: 8 Juden.
Wohlfahrtspflege
Stand 1954: Im 19. Jhdt. Wasserleitung mit Holzrohren, seit Jahrhundertwende Eisenrohre, erweitert 1926, aber nur Teilversorgung. Einfache Teilkanalisation seit 1912.
Bildungswesen
Schule
Stand 1954: Volksschule im 18. Jhdt. genannt, 1954 je 1 ev. und kath. Volksschule. Die frühere Selekta der ev. Volksschule wurde später Mittelschule, nach 1940 aufgelöst und der Mittelschule in Werdohl angegliedert. Städt. Rektoratschule seit 1878. Gewerbliche Fortbildungsschule 1911-29, aufgelöst bei Gründung der Kreisberufsschule.
Bibliografie
- Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Altena (1911).
- Classen, Wilhelm: Die Quellen zur Geschichte des alten Amtes Neuenrade, 1. Heft, Die Zeit bis 1300, in: Beitr. zur Gesch. und Heimatkunde des märkischen Süderlandes Bd. 4 (1949).
- Frisch, Margarete: Die Grafschaft Mark, Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landeskunde, Bd. 1 (1937).
- Hermann Wilcken, genannt Witekind und seine Kirchenordnung von Neuenrade, in: Z. des Bergischen Geschichtsvereins II (1865).
- Voye, Ernst: Geschichte der Industrie im märkischen Sauerland Bd. 2 (1910).
Periodika
- Amtliche Bekanntmachungen für den Kreis Altena / Herausgeben von der Militärregierung; weitere Titel: Amtliche Bekanntmachungen, 1945 - 1949, Digitalisat
Bibliografie-Suche
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Fußnoten
- ↑ Quelle: Deutsches Städtebuch, Handbuch städtischer Geschichte, Bd. III. Nordwest-Deutschland, II. Westfalen (1954) W. Kohlhammer Verlag Stuttgart
Archive
Weblinks
Offizielle Webseiten
Genealogische Webseiten
Historische Webseiten
Heimatforschung in Westfalen
- Verein für Geschichte und Heimatpflege Neuenrade e.V.
Weitere Webseiten
Zufallsfunde
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Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>NEUADEJO31VG</gov>
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