Hessische Familienkunde/Band 01/Heft 02-03/0029-0030
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Hessische Familienkunde/Band 01/Heft 02-03 | |
Eine Veröffentlichung der Arbeitsgemeinschaft der familienkundlichen Gesellschaften in Hessen. | |
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Band 1 | Frankfurt a. M., Dezember 1948 | Heft 2/3 |
Das „Schwarze Buch“ der Bundes-Zentralbehörde über revolutionäre Umtriebe 1838-42
Von Dr. Heinz F. Friederichs, Frankfurt am Main
Die Jahrhundertfeier der Ersten Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche hat den Blick wieder auf jene Männer und Frauen wenden lassen, die in den bewegten 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts die demokratische Bewegung vertraten. Meist denkt man dabei nur an die rund 600 Abgeordneten des Frankfurter Parlaments und vergißt dabei zu leicht all die anderen Vorkämpfer jener Bestrebungen, die meist mit schweren Strafen den Versuch, ihrer Idee zum Siege zu verhelfen, büßen mußten. Die Zentralbehörde des Deutschen Bundes hat für diese „Revolutionäre“, die sie als Verräter und Verbrecher ansah, eine eigene Kontrollbehörde geschaffen, die ein sorgfältiges Verzeichnis dieser „Staatsfeinde“ anfertigte. Während man das Parlament als eine Versammlung der Juristen und Professoren bezeichnet hat, findet man im „Schwarzen Buch“ alle Berufe und sozialen Schichten vertreten, ein Zeichen dafür, daß jene Bestrebungen alle Stände des in so viele Staaten zersplitterten Volkes ergriffen hatte. Selbst wenn man, wie es im folgenden geschieht, nur einen bestimmten Teil dieser 1867 Personen zählenden Revolutionäre herausgreift, der landschaftlich auf das heutige Hessen und Rheinhessen beschränkt ist, gewinnt man diesen Eindruck; allerdings darf man hierbei nicht vergessen, daß das Rhein-Main-Gebiet wiederholt Schauplatz revolutionärer Handlungen gewesen ist und daß damit Personen dieser Landschaft in stärkerem Maße in diese „Umtriebe“ verwickelt waren als etwa in stilleren Gegenden. Den Hintergrund zum nachfolgenden Verzeichnis stellen die Ereignisse dar, die etwa mit dem Hambacher Fest 1832, dem Sturm auf die Frankfurter Hauptwache am 3. 4. 1833, dem gleichzeitigen Angriff auf die Zollstätten in Preungesheim und an der Mainkur, den „Umtrieben“ der Studenten in Gießen, der Teilnahme an verbotenen politischen Vereinigungen und Versammlungen in allen größeren Orten und dem Verbreiten politischer Literatur verbunden sind und die als bekannt vorausgesetzt werden dürfen.
Das „Schwarze Buch“ trägt den ausführlichen Titel „AlphabetischesVerzeichnis derjenigen Personen, gegen welche nach den Acten der Centralbehörde bezüglich revolutionärer Umtriebe im Untersuchungswege eingeschritten worden ist. Abgeschlossen den 8. August 1838 durch die Bundes-Zentralbehörde in Frankfurt a. M., vervollständigt bis 5. Sept. 1842“ und liegt jetzt unter RA A VIII 11 Nr. 82 im Stadtarchiv Frankfurt, nachdem es bis vor kurzem noch in den Beständen des Reichsarchivs Abt. Frankfurt lagerte; es ist mit den übrigen Archivalien des Deutschen Bundes aus dem Reichsarchiv an das Stadtarchiv abgegeben worden. Entstanden ist diese ausführliche Liste nach Niederschlagung der revolutionären Aufstände durch Umfrage der Zentralbehörde des Deutschen Bundes bei allen deutschen Gerichten, die sich mit der Untersuchung jener Vorfälle zu befassen hatten. Danach hat die Kontrollbehörde für revolutionäre Umtriebe das vorliegende Verzeichnis angefertigt, das von jedem „Revolutionär“ außer dem Namen, Beruf, Alter, Geburts- und Aufenthaltsort, Anschuldigung, Urteil und urteilsprechendes Gericht angibt. Aus diesem umfangreichen Verzeichnis sind alle angeschuldigten Personen aus dem heutigen Hessen und Rheinhessen aufgeführt; in Fußnoten wurden einige Hinweise beigefügt, während aber auf ausführliche genealogische Notizen aus Raumgründen verzichtet wurde. Aber auch ohne diese bietet die Liste manch wertvollen Hinweis für Familienkundler und Historiker, für Politiker und Soziologen.
Allgeyer, Hermann[1], cand. theol. in Gießen, 22 Jahre alt, aus Gießen, Zugehörigkeit zur Gießener Burschenschaft, 9. 12. 1836 (durch Hofgericht Gießen) vom Bezichte der Teilnahme an einer strafbare politische Zwecke verfolgenden Studentenverbindung freigesprochen.
Amberger, Peter[2], Bäckermeister in Griedel, 27 J., verhaftet wegen Teilnahme am revolutionären Männerbund in Frankfurt, 17. 10. 1837 freigesprochen.
Appiano, Amand, stud. jur., 23 J., aus Bensheim, Teilnahme an der Gießener Burschenschaft, nach Straßburg geflohen, seit 28. 9. 1835 steckbrieflich verfolgt.
Arndt, Friedrich, Seifensieder in Darmstadt, 39 J., aus Staßfurt, verhaftet wegen Mitwisserschaft am Frankfurter Attentat vom 3. 4. 1833, 5. 11. 1838 (Gießen) zu 4 Monaten Korrektionshausstrafe verurteilt.
Bader, Johann Georg, Schütze im Frankfurter Linien-Militär, 22 J., aus Bockenheim, verhaftet wegen Teilnahme am Komplott zur Befreiung politischer Gefangener vom 2. 5. 1834 in Frankfurt, 19. 6. 1835 durch Kriegsgericht zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, 11. 9. 1838 in lebenslängliche Verbannung nach Nordamerika umgewandelt, 24. 10. 1838 Einschiffung in Bremerhaven.
Bansa, Christian[3], Dr. jur., Hofgerichtsadvokat in Gießen, 43 J., aus Gießen, verhaftet wegen Teilnahme an revolutionären Umtrieben und Fluchtbegünstigung politischer Flüchtlinge, 5. 11. 1838 (Gießen) zu 4 Wochen Arrest verurteilt, Berufung abgelehnt.
Bapst, Friedrich, stud. jur. in Gießen, 21 J., aus Gießen, Teilnahme an der Gießener Burschenschaft und an der Verbindung Palatia, 9. 12. 1836 (Gießen) freigesprochen.
Barth, Adolf, stud. jur. in Heidelberg, 30 J., Teilnahme an der Heidelberger Burschenschaft, ferner Preßvergehen, flieht nach Frankreich, seit 12. 12. 1834 steckbrieflich verfolgt, 27 11. 1835 (Mannheim) in Abwesenheit zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Baum, Heinrich Albrecht, Kaufmann in Frankfurt, Teilnahme an den Frankfurter Unruhen vom 25. 10. 1832 und am Attentat vom 3. 4. 1833, flieht für mehrere Jahre nach Frankreich und Algier, wird nach Rückkehr verhaftet, 1839 wird Untersuchungshaft als Strafe angerechnet und mangels weiterer Beweise freigesprochen.
Baumann, Joseph Alexis, stud. med. in Tübingen, 24 J., aus Frankfurt, verhaftet wegen Teilnahme an der Tübinger Burschenschaft, 12. 12. 1836 (Tübingen) unter Einrechnung einer wegen Unbotmäßigkeit