Herforder Chronik (1910)/260

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Herforder Chronik (1910)
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unserer Stadt. Hölscher hat sie in ihrem ursprünglichen Gewande mit der Vorrede von Bugenhagen seiner Reformationsgeschichte von Herford angehängt [1].

Schon ein Jahr nach ihrer Verkündigung mußte die Dreiersche Kirchenordnung auf Befehl des Schirmherrn Herzogs von Kleve derjenigen von Erasmus weichen, der Rat gab leider nach. Kaum hatte sich aber der Herzog nach seiner Residenz Düsseldorf entfernt, als die Herforder die Agende von Dreier wieder zur Geltung brachten. Dennoch hat sie fernerhin nur kurze Dauer in Herford gehabt, weil die Ereignisse dazu führten, sie durch die braunschweigisch-lüneburgische Kirchenordnung zu ersetzen.


Wir haben eben gesehen, wie sich bald nach der Reformation die Klöster in Herford geleert hatten. Die Mehrzahl der ausgetretenen Klosterleute nahm auswärts Pfarrstellen an, die Geistlichen, welche man nicht unterbringen konnte, fanden andere Verwendung. Die klösterlichen Gebäude wurden gemeinnützigen Zwecken dienstbar gemacht, aber die Ländereien waren jetzt herrenlos, und zudem flossen die an solch ein Kloster von alters her zu entrichtenden Abgaben weiter in die Kassen. Um aller daraus entstehender Verwirrung vorzubeugen, hatte schon 1528 ein Neunmännerausschuß des Rates die Verwaltung und Verwendung dieser Klostergüter in die Hand genommen. Als sich jedoch der Ausschuß zur Aufhebung des Fraterhauses und Einziehung seiner Güter anschickte, ergaben sich Schwierigkeiten. Die Fratres wehrten sich gegen die Ratsbeschlüsse, indem sie darlegten, daß sie ja Mönche im Sinn anderer auf Gaben angewiesener Klöster nicht seien, vielmehr eine Vereinigung von Männern, die bei gottesfürchtigem Wandel ihren Studien leben wollten, und die auch ihr eigenes Vermögen in die Gemeinschaft gebracht und es durch ihres Geistes wie ihrer Hände Arbeit vermehrt hatten.

Als bei der Verschiedenheit der Ansichten die Wogen des Streites hoch gingen, griffen aus der Ferne Montanus, sogar Luther und Melanchthon zur Beruhigung der Geister ein, es bedurfte aber noch mehrerer Jahre, bevor die Fraterherren ihr stilles, arbeitsames Leben in Ruhe und Beschaulichkeit fortsetzen konnten.

In einem verhältnismäßig geringen Zeitraum war die Reformation von allen Kreisen der Stadt Herford angenommen; aber nicht genug damit, Herford wurde jetzt der Mittelpunkt, von dem aus die Strahlen der neuen Lehre in die Nachbarschaft hinausleuchteten, die dann wieder wie Bielefeld für das Ravensbergische und Lemgo für das Lippische ein Ausstrahlungspunkt für fernere Gegenden wurde. Die geringen Reste des alten Kirchentums wollten dem sich mächtig erhebenden Neubau gegenüber wenig besagen.

  1. S. Beilage: Dreiersche Kirchenordnung.