Herforder Chronik (1910)/031
GenWiki - Digitale Bibliothek | |
---|---|
Herforder Chronik (1910) | |
<<<Vorherige Seite [030] |
Nächste Seite>>> [032] |
Datei:Herforder Chronik 1910.djvu | |
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien | |
Texterfassung: korrigiert | |
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
|
sein Bestehen zu entheben. Ihm wird auch die Bestimmung zugeschrieben, daß das Herforder Kloster nach dem Muster des Frauenstifts zu Soissons in Frankreich eingerichtet werde.
An diesem Punkte der mit der frommen Legende verwobenen Überlieferung setzen die neueren Forscher, allen voran Wilmans, ein, um an der Hand einer von König Arnulf i. J. 887 ausgestellten Urkunde den Hergang der Herforder Stiftsgründung von der legendenhaften Überlieferung abzulösen und geschichtlich treu festzustellen.
Wilmans[1] stellt den Sachverhalt folgendermaßen dar:
Kaiser Ludwig der Fromme ist als der Gründer der geistlichen Stiftungen Corvey und Herford anzusehen. Er hat sie zum Gedächtnis an die Bezwingung Sachsens durch seinen Vater Karl den Großen und für das Seelenheil des karolingischen Hauses begründet und deren Ausführung den Vettern seines Vaters, Adalhard und Wala, übertragen. Sie waren die Söhne Bernhards, des nicht ebenbürtigen Bruders des Königs Pippin (751—768); ihre Schwester Theodrada war Äbtissin zu Soissons in der Champagne. Wala war zu Lebzeiten seines alternden Vetters, Karls des Großen, einer der angesehensten Männer am kaiserlichen Hofe. Als kluger Mann wurde er zu den wichtigsten Staatsgeschäften herangezogen, und als Feldherr Karls war sein Rat und seine Tapferkeit geschätzt. Was ihm aber die Herzen der Sachsen gewann, über deren Land ihn Karl gesetzt hatte, war seine persönliche Liebenswürdigkeit und sein herablassendes Wesen. Als nach dem Tode Karls 814 dessen Sohn Ludwig der Fromme Walas Bruder, Adalhard, in die Verbannung geschickt und dieser im Kloster Corbie in Frankreich die Mönchsgelübde abgelegt hatte, war Wala, vom Schauplatz seiner politischen Tätigkeit abtretend, seinem Bruder nachgefolgt und gleichfalls Mönch in Corbie geworden.
Inzwischen hatte der Kaiser, den ihre Verbannung gereute, sie 822 zurückgerufen. Da ihre Mutter, deren Namen wir nicht kennen, eine Edle aus sächsischem Geschlechte war, so schienen die Brüder dem Kaiser infolge dieser Abstammung besonders „dazu geeignet, das Evangelium und die fränkische Herrschaft in dem Vaterlande ihrer Mutter zu befestigen“. Sie zogen also ins Sachsenland, um dort im Auftrage des Kaisers Ludwig die genannten Stifter zu erbauen und einzurichten. Die bisher in Freud und Leid vereinten Brüder sehen wir nun bei der Erbauung Corveys gemeinschaftlich Hand anlegen; der in praktischen Dingen erfahrene und weltgewandte Wala leitet den Bau, während der „durch Tugend und Weisheit glänzende“ Adalhard die innere Einrichtung nach der Regel des h. Benedikt vollzieht. Adalhard wird der erste Vorsteher dieses Klosters, dessen geistige Grundlage so ganz sein Werk ist, daß nur er als der Stifter Corveys gepriesen wird. Bei der Inanspruchnahme aller Kräfte des Greises müssen wir annehmen, daß er seinen Bruder wohl mit Rat unterstützt,
- ↑ W. U. B. I. S. 306 ff.