Herforder Chronik (1910)/030
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Tempels angefleht hatte, sei ihm, so erzählt ein anderer Chronist, eine Kuh, weiß wie Schnee, erschienen, die auf jedem Hörn eine brennende Kerze trug. Sie wies ihm einen Platz in der Nähe des Aaflüßchens an, und hier ward unverzüglich und ohne weitere Hindernisse der Bau begonnen.
Waltgers umliegende Forsten lieferten Bauholz in Fülle, und unter den Händen seiner Knechte erhob sich bald ein Holzkirchlein, das der Jungfrau Maria geweiht und als spätere Ruhestätte seiner irdischen Reste bestimmt wurde.
Der Ort der ersten Rast des wandernden Stieres, so erzahlt die Sage, blieb nicht vergessen, das Volk nannte ihn Müdehorst. Daselbst entstand ein Hof unter demselben Namen, der in einein Abhängigkeitsverhältnis zum Stifte Herford blieb, indem der Meier zu Müdehorst jährlich einen bunten Ochsen, in späteren Jahren das Geld dafür als Abgabe an die Abtei zu entrichten hatte. Der von der Sage geschaffene Hofname hat sich nach guter Westfalenart fortgeerbt bis auf den heutigen Tag.
Nachdem die kleine Holzkapelle vollendet und mit einem Geistlichen besetzt war, erblühte unter der damals erst wenige Häupter zählenden Einwohnerschaft von Waltgers Hofe Hervorde christliches Wesen. (Über die vermutliche Lage des Hofes soll später gesprochen werden. Hier nur die kurze Bemerkung, daß man den Hof später Oldenherevorde nannte, als der Name Herford auf die Neuschöpfung der Abtei übergegangen war.)
Waltger hatte eine Reise nach England unternommen und von dort als Reliquien die Gebeine des heiligen Königs Oswald für seine Kirche zu Dornberg mitgebracht. Ob er auch dem jungen Gotteshaus zu Herford dergleichen von der Kirche ersehnte Gegenstände der Verehrung überwiesen, ist nicht bekannt. Jedenfalls aber sorgte er unablässig für den inneren Ausbau des Herforder Kirchleins, besonders durch die Anfügung eines Stiftes mit 14 Stellen für Jungfrauen aus edlem Geschlechte. Bei der Besetzung dieser Stellen räumte er den Nachkommen seiner Familie das Vorrecht ein und setzte auch eine Verwandte mit Namen Swala als decana, d. i. erste Vorsteherin des Stiftes, ein. Damit sich das Stift erhalten könnte, widmete er ihm, wie er gelobt, sein ganzes Vermögen und behielt sich nur die Einkünfte von zwei der gegründeten Stellen für den Abend seines Lebens als Lyftucht, d. i. Leibzucht, vor.
Weil er jedoch erkannte, daß dasjenige, was er zu geben vermocht hatte, weder für den jetzigen Bestand der Stiftung, noch für deren ihm vor Augen schwebende Fortentwicklung genügte, so bewog ihn diese Einsicht, den Kaiser Ludwig, der ja wegen seiner tatkräftigen Förderung aller kirchlichen Stiftungen den Beinamen „der Fromme“ erhalten hat, um Beihilfe zu bitten.
Dazu benutzte Waltger die Gelegenheit, als der Kaiser zur Einweihung des kurz zuvor gestifteten Männerklosters zu Corvey dort anwesend war. Der Kaiser soll auch nicht gezögert haben, das Stift zu Herford seines königlichen Schutzes zu versichern und es gleichzeitig durch reiche Schenkungen der Sorgen um