Handbuch der praktischen Genealogie/328

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Götzinger, Hottinger, Zähringer, demnächst -berger. Beide zusammen bilden zwei Drittel aller Namen im südlichen Baden. Das Suffix 1 nimmt in Baden die eigentümliche Form -le an, die im Unterrheinkreis (auf fränkischem Boden) noch gegen -el zurückstehend, je weiter nach Süden desto mehr an Zahl wächst, so daß südlich der Murg (auf alemannischem Boden) namentlich aber im Seekreise die Merkle und Bürkle, die Enderle und Eberle usw. eine fast unbestrittene Alleinherrschaft üben. Ahnliche Verhältnisse herrschen in Württemberg. Auch hier überwiegt als Verkleinerungsform -le. Schon im Nordosten, im Jagstkreise (auf fränkischem Boden) mindestens die Hälfte der Verkleinerungsformen mit dem Kern 1 bildend, füllt es im südlichen Württemberg (auf schwäbisch-alemannischem Boden) über 75 v. H. Schier endlos ist die Reihe dieser Schmelzte und Schwämmle, Bäuerle und Mayerle, Endele und Bendele usw.

      In Bayern erscheint wie im Schwäbischen in gewaltigen Mengen das Suffix -l, hier ohne e: Atzl, Hutzl, Simmerl. Ganz Bayern eigentümlich sind die vielen -eder (auch -öder geschrieben) Leute, die einst in der Öde wohnten, z. B. Amersöder, Hocheder, Kantensieder (Kantensöder), Obernetter, Scharfetter usw. In der Einleitung zu dem zweiten soeben (1910) erschienenen Bande der von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien herausgegebenen Sammlung österreichischer Urbare hat Dopsch über diese Namen auf öder ein neues und interessantes Material besprochen.

      Durch das Zusammentreffen von Oberdeutsch und Slawisch werden in Namen deutschen wie auch slawischen Ursprungs harte Zischlautverbindungen erzeugt: zsch, tzsch, nicht allein im Auslaute: Fritzsche, Klotzsch, Pietzsch, sondern auch im Anlaut: Zschinsky, Tzschachel.

      Da Schlesien wie eine langgestreckte Halbinsel in das slawische Sprachmeer, zwischen Tschechenland und Polen, hinausragt, so ist es natürlich, daß fast überall slawische Elemente auch in den Familiennamen hervortreten. Im Innern der Provinz ist dies freilich nur in geringem Maße der Fall, in desto größerem aber an den Rändern, besonders im Osten, wo Preußisch-Schlesien unmittelbar an das Polnische (in Posen und Russisch-Polen) und im Südosten, wo es an das sogenannte Wasserpolnische (in Oberschlesien) stößt, während im Westen noch ein Streifen deutscher Bevölkerung (in Österreich) vorgelagert ist. Am stärksten ist diese slawische Beimischung in der Ecke zwischen dem Posenschen (Rawitsch) und Oberschlesien (Kreuzburg), besonders in den Kreisen Namslau und Wartenberg, wo die -ek (Adamek) und -ak (Stepaniak), die -owski und -inski usw. 40 bis 50 vom Hundert ausmachen.

      In neuester Zeit hat sich das gedruckt vorliegende Quellenmaterial zur Erkenntnis der adligen Namensverhältnisse stark vermehrt. Eine ungeheure Fülle von Namen ist, um nur auf eine Quellenart hinzuweisen, in den Ausgaben von Urbaren weiten Kreisen zugänglich geworden. Von den Urbareditionen der letzten Jahre nenne ich hier beispielsweise nur die von Rudolph Kötzschke in den Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichte herausgegebenen Urbare der Abtei Werden an der Ruhr (Bonn 1906).