Die evangelischen Kirchenbücher im Regierungsbezirk Wiesbaden (Spiess)/30

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Die evangelischen Kirchenbücher im Regierungsbezirk Wiesbaden (Spiess)
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Lebensschicksale zu verfolgen: „1681, den 12. Mart. ist meine Tochter [scil des Pfarrers Georg Ludwig Wissenbach] Maria Margaretha gebohren worden, seine Gote ist gewesen meines H. Schwagers Johann Jost Hoffmann, Rentmeisters zu Dillenburg Hausfrau. [Nachtrag:] Diese meine Liebe Tochter hat der HErr nach seinem hl. Willen abgefordert zu Heckholzhausen den 16. Jan. 1707 des Abends zwischen 11 und 12 Uhr im 2. Jahr ihres Ehestandes mit Herrn Johann Daniel Hendich, pfarrer daselbst, bürtig aus Herborn, nachdem sie nach der geburt eines Söhnleins 10 Wochen und einen Tag in grosser gedult und rechter offenbahrung ihres glaubens . . . und christlichen Verlangens nach einer seligen auflösung, sich als eine rechtschaffene Christin bezeuget“ (Oberneisen). Dass sich dieser Brauch nicht auf die Angehörigen der Pfarrfamilie beschränkt, zeigen andere Einträge des Kirchenbuchs zu Oberneisen. Im Totenregister werden von 1817 ab unter der Rubrik „Bemerkungen" Mitteilungen über den Verstorbenen nach Lebensentwicklung und Hinterbliebenen gemacht: „1819. . . . Heirathete den 23. Jan. 1765 die Anna Catharina, Tochter des Joh. Wilh. Reichel, starb ohne Kinder; heirathete zum 2. mahl den 26. März 1771 die Elisabetha des Jost Merloff ehel. Tochter, zeugte 2 Söhne, wovon einer früh starb, und hinterliess nur einen Sohn“.

      Mitunter gibt ein poetisch veranlagter Pfarrer seinen Gefühlen in Versen Ausdruck. Im Kirchenbuch von Ballersbach steht bei dem Eintrag eines ungetauft gestorbenen Kindes das Distichon (1678):

„Mortuus heu! non lotus aqua nec nomine notus
„Non habui nomen, quod tibi, Christe, darem!“
Und aus demselben Anlass ein anderes:
„In libro vitae tu me sine nomine scribas!
„Spes est in solo nomine nostra tuo.“
(Ballersbach 1678).

      Zeichnen sich diese Disticha durch schöne Gedanken und vollendete Form aus, so bat der Pfarrer in Steinfischbach, bei seinem Versuch, ein Hagelwetter (1749) in Versen zu schildern, es nur zu einem höchst fragwürdigen poetischen Erzeugnis gebracht. Ein paar Verse zur Probe:

„Die Wiesen sind beschwembdt von schlämm und schweren Steinen,
„Sie sind so zugericht, man solt es fast nicht meinen.“

      Der grosse lokalhistorische und kulturgeschichtliche Wert der Kirchenbüchereinträge wird aus den bisher mitgeteilten Stichproben schon erhellen. Ich füge noch ein paar Beispiele an. Auf die kirchlichen Verhältnisse fällt manches Licht. Dass der Vorwurf, die Kirche mache einen Unterschied zwischen Reich und Arm, auch schon vor hundert Jahren hätte erhoben werden können, beweist ein Eintrag über einen Selbstmord im Kirchenbuch von Merzhausen aus dem Jahre 1815. Der Pfarrer bemerkt dabei, dass der Selbstmörder „auf Verlangen des Herrn Justizrath Emminghaus nicht nur mit Klang und Gesang, sondern auch mit einer Predigt öffentlich“ beerdigt wurde. Die Kirchenzucht wurde streng gehandhabt: „1684. Dom. 16. Trin. war der 14. 7br. Johann Jakob Diterich, Georg Diterichs zu Oberneysen ehelicher Sohn, weil er