Brieg - Stadt und Landkreis (1964)/Das Kreisgebiet
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Lage und Geschichtliches
Der Kreis Brieg liegt zu fast gleichen Teilen beiderseits der Oder, die den Kreis von Ost-Südost nach Nordwesten durchfließt. In die Oder münden auf der linken Seite die Glatzer Neisse, die von Michelau bis zur Mündung gleichzeitig die Kreisgrenze bildet und auf der rechten Seite der Stabor. Der Kreis grenzt im Osten und Süden an die oberschlesischen Kreise Oppeln, Falkenberg und Grottkau, im Westen an die mittelschlesischen Kreise Strehlen, Ohlau und im Norden an Oels und Namslau.
Der Kreis hat ohne die Kreisstadt Brieg eine Fläche von 593315 qkm. Die letzte bekannte Einwohnerzahl ist mit 39.755 angegeben, davon entfallen auf die Stadt Löwen 3.978 Einwohner. Die 59 Landgemeinden waren in 18 Amtsbezirken zusammengefasst. Die landwirtschaftliche Bedeutung des Kreises veranschaulichen folgende Zahlen:
Kreis Brieg | Schlesien | Deutsches Reich | ||
---|---|---|---|---|
Waldfläche | 23,2 % | 36,5 km2 | 29 % | 27 % |
Landwirtschaftliche Nutzfläche | 74,6 % | 442,4 km2 | 64 % | 61 % |
a) Wiesen und Weiden | 12,0 % | 71,1 km2 | 11 % | 17 % |
b) Ackerfläche | 62,6 % | 371,3 km2 | 53 % | 44 % |
Trotz der großen Wälder der rechten Oderseite ist der Kreis waldärmer als der Durchschnitt Schlesiens. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist größer. Sie teilt sich nach Besitzgrößen wie folgt:
Kreis Brieg | Schlesien | Deutsches Reich | |
---|---|---|---|
Großgrundbesitz über 100 ha | 15,5% | 32% | 20% |
großbäuerlicher Besitz 21-100 ha | 34,5% | 19% | 26% |
mittelbäuerlicher Besitz 6-20 ha | 39,6% | 34% | 36% |
kleinbäuerlicher Besitz 1-5 ha | 10,4% | 15% | 18% |
Diese Zahlen zeigen, dass im Kreise Brieg der groß- und mittelbäuerliche Besitz die Hauptrolle spielte, während der Großgrundbesitz und der kleinbäuerliche Besitz gegenüber dem schlesischen Durchschnitt zurücktreten. Der Viehbestand ist mit 5.587 Pferden, 30.395 Stück Rindvieh, 1.519 Schafen, 37.211 Schweinen und 3.177 Ziegen angegeben. 105.670 Obstbäume sind vermerkt. Die Bevölkerungsdichte liegt mit 65 Einwohnern auf den qkm weit unter dem schlesischen Durchschnitt mit 124 Einwohnern und dem des Reiches mit 133 Einwohnern. Die Siedlungsdichte ist in der Oderaue und auf der linken Oderseite wesentlich höher als auf der rechten sand- und waldreichen Seite. Auch in der beruflichen Schichtung der Bevölkerung tritt der landwirtschaftliche Charakter des Kreises in Erscheinung, denn rund 60 % sind in der Landwirtschaft tätig. Die Bevölkerung des Kreises ist zu 75 % evangelisch.
An gewerblichen Betrieben sind anzuführen:
Dampfsägewerke in Gerlachshein, Karlsmarkt, Leubusch, Lossen, Rathau, Stoberau und Tarnowitz
- Mehlmühlen in Groß Döbern, Hermsdorf, Jägerndorf, Kantersdorf, Konradswaldau, Laugwitz, Lossen, Löwen, Michelau, Michelwitz, Paulau und *Schreibendorf
- Zuckersiederei in Fröbeln
- Molkereien in Bankau, Konradswaldau, Laugwitz, Löwen, Lossen, Michelau und Schönau
- Kartoffelflockenfabriken in Alzenau
- Tonwerke in Löwen
Verschieden ist die Gestaltung der beiden Oderseiten und des Odertales. Die erhöhte linke Oderseite weist fast durchgehend tiefgründigen Geschiebelehm und stellenweise Lösslehmboden auf. Als Endmoräne zieht sich ein Hügelrücken von Lossen über Jeschen, Böhmischdorf bis an die Glatzer Neisse bei Auenrode hin, dem sich westlich ein schmaler, mit sandigem Untergrund durchsetzter Streifen von Schüsselndorf über Giersdorf, Gross Jenkwitz, Seifersdorf in Richtung Neisse anschließt. Auf diesem Untergrund steht bei Giersdorf das Brieger Wasserwerk.
Das Landschaftsbild zeigt wenig Wald. Erwähnenswert ist nur der Hochwald bei Konradswaldau, der zum Forstamt Stoberau gehört. Kleinere Waldstücke und Busch- und Strauchwerk finden wir im unteren Neissetal und an den zur Oder fließenden Bächen, wie z.B. Paulauerbach, Röhrgraben und Ulmenbach. Sonst erblickt das Auge weite Ackerflächen, die sich um die schönen Angerdörfer breiten. Das ist das Bild der sogenannten "Brieger Kultursteppe" deren Menschen mit größtem Fleiß eine intensive Landwirtschaft betreiben.
Die Kirchen, einst als Wehrkirchen erbaut und darum mit einem von hohen, starken Mauern eingefriedeten Kirchhof umgeben, stehen meist auf dem Dorfanger; daneben die Schule. Dörfer mit einem Gut - Dominium genannt - haben regelmäßig weniger großbäuerliche Betriebe und diese auch nur bis zu einer Größe von etwa 40 bis 50 ha. Aus der Siedlungsgeschichte Schlesiens ist bekannt, dass den Gutsherren einst die niedere Gerichtsbarkeit übertragen war. An die Stelle des Gutsherren trat das Amt des Erbschulzen, der auf einer Erbscholtisei saß. Ihn finden wir in den reinen Bauerndörfern mit stattlichen Höfen bis zu 100 ha. Die Hofanlagen zeigen eine zur Strasse im offenen Rechteck stehende Anordnung der Gebäude. Die größeren Bauernhäuser sind zweistöckig, zum Teil auch villenartig. Die Herrensitze der Rittergüter liegen inmitten stattlicher Parkanlagen.
Angebaut werden alle Kulturpflanzen. Auf den schweren Böden überwiegend Weizen und Zuckerrüben. Dem Boden entsprechend ist das Vieh, schwarz-buntes Niederungsvieh beim Rind, Kaltblut beim Pferd auf den besonders schweren Böden, sonst ein mittelschwerer Schlag.
Das Bild der rechten Oderseite wird von dem des Odertales weitgehend mitbestimmt. Das eigentliche Odertal ist einen halben bis einen Kilometer breit, während sich das Urstromtal der Oder auf der rechten Oderseite bis in den Bereich der Gemarkung Gerlachshain, Piastenthal und Scheidelwitz erstreckt. Der Boden dieser Zone ist ein schwer zu bearbeitender Schwemmboden - der Oderschlick. Die Erträge auf diesem Boden sind gut, Weizen und Zuckerrüben werden auch hier angebaut. Dem Hochwasserschutz dient ein umfangreiches Deichsystem beiderseits der Oder mit besonderen Überlaufpoldern bei Stoberau, im Bereich des Forstamtes Peisterwitz (Lindener Odenwald), auf der linken Oderseite bei Schwanowitz, Neubriessen und Rothhaus. Mit Ausnahme des kleineren Polders bei Schwanowitz liegen diese auf staatlichem Grund und Boden. Zahlreiche Nebenarme der Oder und Stober finden wir innerhalb des eingedeichten Gebietes, dessen saftige Wiesen im Frühjahr einen reichen Blumenflor zeigen. Zu erwähnen sind weiter die ausgedehnten Auenwälder und Korbweidenkulturen im Odertal. Eine besondere Bedeutung kam der Oder als Wasserstrasse zu. Der Bau des Koppen-Schönauer-Kanals zur Begradigung der Schifffahrtsweges, der Bau von Schleusen, Wehren und Buhnen dienten diesem Zweck. Das natürliche Gefälle der Oder beträgt von Riebnig bis Linden rund 12 m. Die Schleusen Neissemündung bei Riebnig, Schwanowitz im Koppen-Schönauer-Kanal, Brieg und Linden, die zugehörigen Nadelwehre von Koppen und Linden und die bekannten festen Brieger Mühlenwehre stauten und regulierten den Wasserstand der Oder. Die Brieger Oderbrücke und die Fähren von Koppen und Linden ermöglichten den Verkehr zwischen den beiden Oderseiten.
Der Oderaue schließt sich nach Nordosten der dritte Landschaftsraum an. Das rechtsodrige oberschlesische Waldgebiet setzt sich als breiter Waldgürtel im Kreis Brieg fort, der überwiegend auf Geschiebesand steht. Es überwiegt das Nadelholz. Weite ausgedehnte Wiesenflächen, sandiger Boden, ruhig fließende Bäche sind weitere Merkmale. Das bedeutet für den Bauern vielfach magere Felder und leichteres Vieh. Der Mensch lebt bescheidener und anspruchsloser als im Odertal auf der linken Oderseite. Statt Weizen und Zuckerrüben wachsen Roggen, Hafer, Kartoffeln und Lupinen. Doch gibt es auch hier und da gewisse Unterschiede in der Bodenqualität und dementsprechend bessere Voraussetzungen für die Landwirtschaft. Großbäuerliche Betriebe finden wir nicht und nur ein Gut in Mangschütz. Verdienst- und Arbeitsmöglichkeiten brachte der Holzreichtum der großen Staatsforsten und der Brieger Stadtwald bei Leubusch. Bevor ein ausgebautes Straßennetz und die Bahn für den Abtransport des Holzes zur Verfügung standen, hatte man sich den Stober und zahlreiche Flössbäche zum Abflössen des Holzes zur Oder nutzbar gemacht. Das Einzugsgebiet des Stobers reichte bis zum Kreis Kreuzburg. Eine eigene Flössmeisterei, der die Unterhaltung von Uferbauten und Brücken im Stobergebiet oblag, befand sich in Stoberau. Zu erwähnen sind weiter der Moselacher und Baruther Flössbach. Die Geschichte des Landkreises Brieg ist auf das engste mit der des Fürstentums und der Stadt Brieg verbunden. Waren doch die Brieger Piastenherzöge im überwiegenden Umfang auch Grundherren der Brieger Kreisdörfer.
Landratsamt
Nach der Besitzergreifung Schlesiens durch Friedrich den Großen wurden für die Kreise Brieg, Ohlau, Namslau, Strehlen und Kreuzberg durch Patent vom 22.12.1742 fünf Landräte bestellt; davon auch der von Brieg. Damit war die Grundlage für die preussische Verwaltung des Kreises Brieg gegeben. Der Landrat wurde von den im Kreise angesessenen Dominalbesitzern aus ihren Reihen präsentiert und vom König ernannt. Der Geschäftsbereich des Landrates umfaßte zu jener Zeit hauptsächlich das Steuer-, Militär- und Polizeiwesen. Durch neue Aufgaben nach dem Krieg von 1870/71 mit der Provinzial- und Kreisordnung und der Landgemeindeordnung usw., sowohl bei der staatlichen als auch bei der kommunalen Kreisverwaltung, wurde das System kreisangesessener Dominalbesitzer als Landräte durch preussische Berufsbeamte, die von der Staatsregierung eingesetzt wurden, abgelöst. Die neuen Landräte wurden nach Zustimmung des Kreistages vom König ernannt.
Nach dem 1. Weltkrieg übte Dr. Alfred Janetzki das Amt des Landrates bis zum Jahre 1932 aus. Im gleichen Jahr ordnete die Staatsregierung zur Verwaltungsvereinfachung gegen den Widerspruch der Bevölkerung beider Kreise die Zusammenlegung der Landkreise Brieg und Ohlau mit dem Sitz in Brieg an. Der Großkreis hat nur ein Jahr bestanden. Er wurde 1933 wieder aufgelöst, und die beiden Kreise erhielten ihre alte Selbständigkeit wieder. Vom Jahre 1933 bis zu seinem Tode 1944 war Landrat Paul Pietsch Leiter des Landratsamtes. Seine Witwe wohnt in Nürnberg, Elbinger Straße 66.
Landrat Paul Pietsch wurde 1877 als Sohn eines Bergwerksdirektors in Beuthen geboren. Nach der Volksschule besuchte er die Gymnasien in Beuthen, Züllichau und Ohlau bis zum Abitur. Er studierte Jura in Breslau und Königsberg, war als Referendar in Friedland und Breslau und nach bestandenem Assessorexamen bei schlesischen Amtsgerichten, später als Anwaltsvertreter in Glaz und Neusalz tätig. 1913 lies er sich von den Justizbehörden beurlauben und ging für ein Jahr nach Paris, wo er außer Sprachkursen eine Handelsschule besuchte. Er war während des ganzen 1. Weltkrieges an der Westfront und wurde 1918 als Hauptmann d.R. entlassen. Noch während des Krieges erhielt er seine Ernennung zum Amtsrichter in Freiburg in Schlesien; 1934 wurde er Landrat des Kreises Brieg. Die erste einschneidende Maßnahme war die Trennung des Kreises Brieg-Ohlau, die viele Rechts- und Verwaltungsprobleme mit sich brachte. Es folgten Straßenbauten, der Bau des Leubuscher Schwimmbades, eines der damals ganz wenigen rein dörflichen in ganz Deutschland, und manches andere mehr neben der allgemeinen Verwaltungsarbeit. Im Sommer 1944, im Alter von fast 67 Jahren, wurde er in den Ruhestand versetzt. Nach nur sechsmonatigem Genuss seines Ruhesitzes in Luisenthal Kreis Brieg, musste er die Heimat verlassen. Auf der Flucht Mitte März 1945 erlag er in Ilmenau einem Schlaganfall und wurde in Elgersburg im Thüringer Wald beigesetzt. Seine Witwe wohnt in Nürnberg.
Am 23.1.1945 standen die Russen 4 km vor Brieg bei Michelwitz. Um 10.00 Uhr abends hatten die letzten Arbeiter, Angestellten und Beamten die wichtigsten Akten verladen und den Marsch in den Evakuierungsort Hirschberg im Riesengebirge angetreten. Das Landratsamt war in den Häusern Piastenstraße 32 und 34 untergebracht. Beide Häuser sind unzerstört geblieben. Der 1. polnische Stadtpräsident hat im Hause Piastenstraße 32 seine Verwaltung aufgezogen, bis er später in das Rathaus übergesiedelt ist. Die Landräte des Kreises Brieg:
Dominalbesitzer
1830 - 1845 von Prittwitz auf Kreisewitz 1846 - 1869 Karl Friedrich Emil von Rohrscheid auf Deutsch-Steine vom Nachbarort Ohlau 1871 - 1891 Geheimer Regierungsrat Heinrich von Reuss auf Lossen
Berufslandräte
1892 - 1901 Karl Freiherr Schirndinger von Schirnding vom Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen 1902 - 1908 Dr. Alfred von Gossler 1908 - 1918 Graf von Roedern 1919 - 1935 Dr.Alfred Janetzki 1932 - 1933 Dr. Hans Bertuch 1933 - 1944 Paul Pietsch
Kreisbehörden
I. Staatliche Verwaltung - Piastenstraße 32
- Landratsamt
- Landrat Paul Pietsch, gestorben 14.03.1945 in Ilmenau
- Vertreter: Reg.-Oberinspektor Julius Hipper, verstorben 09.10.1954 in Oberlauringen/Nfr.
- Gendarmerieabteilung
- Gendarmerieoberleutnant Paul Wieland, gestorben 08.10.1952 Niendorf/Kreis Wismar
II. Kreiskommunalverwaltung - Piastenstraße 23
- Landrat
- Paul Pietsch, wie oben
- Hauptverwaltung
- Kreisoberinspektor Georg Kranes, verstorben 25.08.1961 in Aachen
- Gemeinde- und Rechnungsprüfungsamt
- Kreisoberinspektor Kranes, wie oben
- Kreiswohlfahrtsamt, Bezirksfürsorgeverband, Kreisjugendamt:
- Kreisoberinspektor Paul Adamietz, verstorben 08.05.1962 in Schwelm/Westf.
- Kreisfürsorgerin Edith Hüttmann, Berlin
- Kreisbauamt
- Kreisbaumeister Kurt Teuber, verstorben September 1945 in Brieg
- Kreiswirtschaftsamt
- Kulturbauinspektor Paul Fürstenberg, Mainz
- Kreisernährungsamt
- Kreisinspektor Michel
- Kreissparkasse
- Sparkassendirektor Kurt Stulpe, Würzburg
- Kreiskommunalkasse
- Kreisinspektor Kurt Krabel, Dresden
- Verbandskrankenhaus Lossen
- Letzter leitender Arzt Dr. Langerfeld, Linden
- Altersheim Konradswaldau
III. Niederschlesischer Provinzialfeuerbezirk
- Kreisdirektor
- Landrat Paul Pietsch, wie oben
- Kreisversicherungskommisar
- Sabsch
IV. Kreisbauernschaft
- Kreisbauernführer
- Bauer Kurt Ueberschär in Rathau vermisst seit 1945
Schul- und Kulturwesen
Die Lage der Volksschulen im Kreise Brieg war überaus günstig. Von den 59 Landgemeinden hatten allein 56 ihre eigenen Schulen. Die Gemeinden Alzenau, Luisenthal und Rathau besaßen keine eigenen Schulen. Die Kinder mußten die benachbarten Schulen in Pogarell, Michelwitz und Brieg besuchen. Einen etwa 2 km weiten Weg hatten die Kinder aus Neu Leubusch zu ihrer Schule nach Moselache zurückzulegen. Die Volksschulen sind ihrer Entstehung nach kirchlichen Ursprungs. Einen entsprechenden Beweis dafür bildeten die im Kreise Brieg vorhandenen Küsterschulen, welche ursprünglich von den Kirchengemeinden zu unterhalten waren. Später gingen sie dann in das Eigentum der Gemeinde und der Schulverbände über.
Durch die steigenden Bevölkerungszahlen haben in den letzten Jahrzehnten vor der Vertreibung Erweiterungen durch Neu- oder Anbauten pp. in Frohnau, Moselache und Schönau stattgefunden. Reine Schulneubauten wurden in Michelwitz, Mangschütz und Neu Sorge errichtet. Die Neubauten in Bankau und Laugwitz waren im Entwurf fertig und finanziert. Der Krieg hat die Ausführung dieser Pläne leider verhindert. Die freiklassige Schule mit Lehrerwohnung in Mangschütz nebst Sport- und Spielplatz war eine Musteranstalt in jeder Beziehung. Auch in Leubusch machte sich infolge der steigenden Schülerzahl eine Erweiterung notwendig.
Wegen der zunehmenden Bedeutung der Leibesübungen in den Unterrichtsplänen genügten vielerorts die herkömmlichen Plätze dafür auf Schulhöfen und Dorfangern nicht mehr. Wo in den größeren Orten bereits gemeindeeigene Sportplätze für örtliche Turn- und Sportvereine vorhanden waren, standen diese längst auch den Schulen zur Verfügung. War dies nicht der Fall, wie besonders in den kleinerem und leistungsschwächeren Gemeinden mit (oft) nur einklassigen Schulen, so wurden in den Letzten Jahren vor dem Kriegsausbruch Turnplätze von diesen Dörfern geschaffen, so in Michelwitz im Rahmen des Schulneubaues und in Schreibendorf durch Ankauf eines geeigneten Ackerstückes. Zur Förderung des Schwimmunterrichts in den Landschulen hat die Kreisverwaltung durch Herrichten des "Schwimm- und Sportbades Leubusch" beispielgebend eine mustergültige Anlage geschaffen, die auch von den Schulen in Piastenthal, Scheidelwitz, Michelwitz und Schreibendorf ausgiebig besucht worden ist. Weitere Anlagen dieser Art waren in Aussicht genommen; der Krieg hat die Ausführung verhindert.
Die Standesorganisation der Lehrer an den Volks- und Mittelschulen in Stadt und Kreis wahren bis zur gesetzlichen "Gleichschaltung" drei Ortsvereine des schlesischen Lehrervereins, der ein Teil des Preussischen Lehrervereins war. Es bestanden der Lehrerverein Brieg-Stadt und die Lehrervereine Lossen und Mangschütz für die Lehrer des Kreises.
Kirchliches Leben
Das kirchliche Leben wurde bald nach der Reformation im Landkreis Brieg durch die evangelische Konfession bestimmt. Sie hat in den Dörfern das Leben weithin geprägt. Katholisches Glaubensleben hat sich im Laufe des 16. Jahrhunderts vor allem nur dort erhalten, wo eine Gutsherrschaft saß, über die die Brieger Herzöge keine volle Regierungsgewalt besaßen, z.B. der Malteserorden in der Kommonde Lossen. Aus diesem Grunde stehen im Kreise Brieg evangelische Kirchen in räumlich relativ kleinen Pfarrbezirken, während sich die katholische Pfarrgemeinden über ein ziemlich großes Gebiet mit verhältnismäßig wenig Katholiken erstrecken.
Das 19. Jahrhundert hat in gewerblich und wirtschaftlich regeren Kreisgebieten, bei den die Bevölkerung durch Zuwanderung stärker zunahm, eine etwas größere Mischung der Konfessionen mit Anwachsen katholischer Gemeinden bewirkt, z.B. in der Stadt Löwen. Dies hat aber nicht geändert, daß der Brieger Landkreis ein wesentlich evangelischer Kreis blieb, wobei jeder Konfession die charakteristischen Seelsorgaufgaben zufielen, die ihrer Wesensart und ihrer Stellung im Kreisgebiet entsprachen. Dabei hat der nach 1933 einsetzende staatliche Druck auf das christliche Bekenntnis in manchen evangelischen Gemeinden zu einer erneuten Rückbesinnung auf die Heilkräfte des Wortes Gottes geführt. Ansätze zu gegenseitigem Verständnis der Konfessionen wurden spürbar; freilich ist anderseits auch eine weitgehende Säkularisierung öffentlichen und privaten Lebens seit den 20er und noch mehr seit den 30er Jahren dieses Jahrhunderts nicht übersehbar.
Schicksale Brieger Kirchenglocken
Fünf Brieger Glocken überstanden den Krieg auf der Glockensammelstelle in Hamburg, die auf diese Weise nicht zum "Glockenfriedhof" wurde, wie man sie mit bitterer Ironie während des Krieges getauft hatte. Denn die Bestimmung der dort gesammelten Glocken war, im Umguss ihre wertvolle Metallegierung für die Herstellung von Kriegswerkzeugen zu opfern. Diesen Weg gingen nur die jüngeren Glocken, während die unersetzlichen Glocken aus der Zeit vor 1800 durch eine glückliche Fügung erhalten blieben. Besonders groß ist der ideelle Wert der Glocken aus den von den Polen besetzten Gebieten. Sie sind für die Vertriebenen hier ein Stück Heimat. Das bedeuten auch den Briegern die fünf Kirchenglocken, die im Westen erhalten blieben. Die älteste Glocke läutete früher in Groß Jenkwitz.
Ihre Inschrift läßt auf ein Alter von über 600 Jahren schließen. Wir erfahren daraus, daß sie von Johann Hovessche gegossen und auf den Namen "Barbara" getauft wurde. Die Glocke hat die Jahrhunderte hindurch ihren Dienst in der Kirche in Groß Jenkwitz getan, bis eines Tages ein tiefer Riss sie verstummen ließ. Der Nördlinger Glockengiesser Lachenmeyer verlieh ihr in liebevoller Werkstattarbeit wieder neuen Klang.
Den Bemühungen des Brieger Superintendenten Schmidt von Puskás ist zu danken, dass die Glocke für Goslar gewonnen werden konnte, wo sie zunächst im "Brieger Turm" eine würdige Stätte fand, bis sie in den Dienst der damals jüngsten Kirchengemeinde Goslars am Sudmerberge gestellt wurde. Der erste, der am Pfingstsonnabend 1953, dem Tag der Wiederweihe, den Glockenstrang zog, war der letzte Bürgermeister von Groß Jenkwitz, Herbert Michler. Als Junge schon hatte er, wie seine Vorfahren seit Generationen, die Kirchenglocke geläutet, darunter auch die "Barbara". Erhalten blieb auch eine Glocke aus Mollwitz, die aus dem Jahr 1680 stammt und am Abend des 10. April 1741 den Sieg der Preußen verkündete. Die so historisch gewordene Glocke, deren Klang damals der Preußenkönig vernahm, läutet jetzt in Mühlberg in Oberbayern. Zwei weitere Glocken stammen aus Zindel. Die größere von ihnen wurde 1428 gegossen. Sie ruft heute die Gemeinde von Günzburg an der Donau zum Gottesdienst. Die kleine Zindeler Glocke wurde1783 gegossen und fand ihren Weg über Hamburg nach Neukirchen im Kreise Coburg. Nur einige hundert Meter von der ehemaligen Zonengrenze entfernt, dringt ihr Ruf nach Osten in die Richtung, in der fern die unvergessene Heimat liegt. Die letzte der fünf Brieger Glocken wurde am 11: April 1954, dem Sonntag Palmarum, ihrer Bestimmung übergeben. Sie ist in Bankau beheimatet. Die aus dem Jahre 1710 stammende Glocke hat in der frühgotischen Kirche des Benedictinerinnen-Klossters zu Cornberg eine neue Heimat gefunden, in deren Gemeinde der letzte Superintendent des Kirchenkreises Brieg-Löwen, Hans Jürgen Schmidt von Puskás, beinahe 10 Jahre tätig war.
Turn- und Sportvereine
- Verein für Bewegungsspiele e.V., Löwen: Letzter Vorsitzender: Elektromeister Josef Lubczyk, Elmshorn, Flammenweg 95
- Turnverein Löwen: Letzter Vorsitzender: Rechtsanwalt und Notar Dr. W. Domnich Salzgitter-Lebenstedt, Saldersche Straße 40
- Sportverein Leubusch: Letzter Vorsitzender: Kurt Gembus, seit 13.1.1943 vermißt
- Turnverein Leubusch: Letzter Vorsitzender: Wilhelm Hentschel, Bobingen über Augsburg
- Sportverein Gerlachshain: Letzter Vorsitzender: Otto Gembus, 1945 gefallen
- Sportverein Groß Döbern: Letzter Vorsitzender: Karl Weinert, Rheda/Westf., An der Greste 1
- Sportverein Karlsmarkt: Letzter Vorsitzender: Ernst Löschner. Näheres nicht bekannt
- Sportfreunde Lossen: Letzter Vorsitzender: Lehrer Willi Rüdiger. Näheres nicht bekannt
Forsten
Brieger Stadtforstverwaltung in Leubusch
Städtischer Oberförster Erich Hagen in Leubusch; Langenei/Sauerland
Preußische Staatsforstverwaltungen:
- Forstamt Stoberau mit den 10 Forstrevieren - Alt Hammer - Altköln - Hirschgraben - Hochwald - Moselache - Raschwitz - Riebnig - Stoberau und Tarnowitz: Forstmeister Scholz in Stoberau; Goslar, Reußstraße 16
- Forstamt Rogelwitz mit den 7 Forstrevieren - Baruthe - Bischwitz - Buchengrund - Egelbach - Leubusch - Neue Welt und Rogelwitz: Forstmeister Rickelt in Rogelwitz, verstorben
- Forstamt Peisterwitz, Kreis Ohlau mit 3 Forstrevieren im Kreise Brieg: Groß Döbern - Scheidelwitz und Smortawe (Waldwasser): Forstmeister Löhler in Peisterwitz; Rastatt/Baden, Forstamt
Krankenkassen
Allgemeine Ortskrankenkasse -AOK- für Stadt- und Landkreis Brieg in Brieg
- Letzter Leiter: Direktor Westphal
Landkrankenkasse für den Landkreis Brieg in Brieg
- Letzter Leiter: Anton Kippert, Villingen/Schwarzwald, Kirnacher Straße 18
Betriebskrankenkasse der Zuckerfabrik Froebeln in Löwen
- Letzter Leiter: Geschäftsführer Herbert Hübel, Elsen/Paderborn
Gemeinsame Betriebskrankenkasse der Firma Thalers Tonwerke in Löwen
- Letzter Leiter: Prokurist Paul Witzke, Plettenberg, Ratscheller Weg 10
Deichverbände
Deichamt des Altköln-Peisterwitzer Deichverbandes
- Deichhauptmann: Rittergutsbesitzer Alfred Retter, Liednitz, gest. 1945
- Deichrentmeister: Sparkasseninspektor Bürkner, Frankfurt/M.
Deichamt des Briesen-Lindener Deichverbandes
- Deichhauptmann: Wirtschafts-Oberinspektor Kokott, Briesen
Deichamt des Koppen-Schönauer Deichverbandes
- Deichhauptmann: Staatsrat von Woyrsch, Schwanowitz
Deichamt des Linden-Steiner Deichverbandes
- Deichhauptmann: Rentier Knote, Liden, verstorben
Gendarmerien
Leiter: Oberleutnant der Gendarmerie Paul Wieland, gest. 8.10.1952 Niendorf
Gendarmerie Ämter - Posten Gemeinden:
- GA Schüsselndorf Hermsdorf - Pampitz - Mollwitz - Schüsselndorf
- GA Briesen Linden - Rathau - Briesen - Rothaus - Neu Briesen
- GA Konradswaldau Zindel - Bankau - Schönfeld - Konradswaldau
- GA Mollwitz Mollwitz - Laugwitz - Bärzdorf - Grüningen
- GA Alzenau Johnsdorf - Pogarell - Kreisewitz
- GA Lossen Lossen - Jeschen - Buchitz - Frohnau - Rosenthal mit Lichten
- GA Löwen Löwen - Klein Neudorf - Kantersdorf
- GA Michelau Böhmischdorf - Groß Jenkwitz - Taschenberg - Michelau
- GA Schreibendorf Schreibendorf - Michelwitz - Garbendorf - Luisenthal - Groß Neudorf - Gerlachshain - Moselache
- GA Leubusch Leubusch - Neu Leubusch - Piastenthal - Groß Döbern -Smortawe (Waldwasser) - Neu Limburg - Scheidelwitz
- GA Paulau Paulaau - Giersdorf - Jägerndorf
- GA Schönau Schwanowitz - Koppen - Pramsen - Schönau
- GA Karlsmarkt Alt Hammer - Groß Kauern - Karlsmarkt
- GP Mangschütz Mangschütz - Raschwitz - Tarnowitz - Neu Sorge - Rogelwitz - Neue Welt - Marienhof
Feuerlöschwesen
Stadt- und Landkreis Brieg galten allgemein als brandärmster Kreis Schlesiens und Schlesien wiederum als brandärmste Provinz Preußens. Zum vorbeugenden Brandschutz wurden in der Stadt Brieg seit dem Jahre 1925 Brandverhütungsschauen durchgeführt; im Kreise seit dem Jahre 1934, und zwar im Turnus von 4 Jahren. Der Brandkommission gehörten Polizei, Amts- und Gemeindevorsteher, Feuerwehrführer und Bezirksschornsteinfegermeister an. Die Schau erstreckte sich auf alle Gebäude und Räume. Für Feueralarm standen Fernsprecher und Hupen zur Verfügung. Auf 100 Einwohner entfiel eine Hupe. Zur Wasserversorgung dienten Feuerlöschteiche, Zisternen und Feuerlöschbrunnen. Die Brunnen wurden durch Pastor Seewald aus Scheidelwitz mit der Wünschelrute gesucht.
Freiwillige Feuerwehren bestanden in allen Dörfern des Kreises. Die Ist-Stärke lag in der Regel um ein Vielfaches über der Soll-Stärke. Die Mitglieder setzten sich aus allen Berufskreisen zusammen. Besonderer Wert wurde auf Handwerker gelegt. Für die Handdruckspritzen wurden Druckmannschaften benötigt und durch die Gemeinde bestimmt. In der Stadt Löwen sind ca. 300 Männer an allen Geräten ausgebildet worden. In jedem Amtsbezirk befand sich eine Motorspritze mit Zugwagen. Alle Feuerwehren besaßen 1-2 Handdruckspritzen. Zur Ausrüstung gehörten ferner Schiebe- bzw. Steckleitern, Einreißhaken usw. Jedes Haus mußte eine Leiter, einen Löschbesen, Eimer und Einreißhaken bereithalten. Die persönliche Ausrüstung der Feuerwehrleute bestand aus Uniform, Gurt mit Beil, Leine und Stahlhelm. Schlauchmaterial war ausreichend vorhanden. Es bestand überwiegend aus nichtgummierten Schläuchen.
Im Kreise Brieg waren auch sogenannte Gewitterwachen eingeführt. Bei herannahenden Gewittern mußten 4 Mann und ein Gespann im Gerätehaus in Bereitschaft stehen. Bei dem Hochwasser 1938 wurden die Kachel- und Dachziegelwerke von Thaler in Löwen durch rechtzeitigen Einsatz gerettet. 1903 waren diese bei dem damaligen Hochwasser abgebrannt. Das eindringende Wasser hatte die Brennöfen zerrissen bzw. zur Explosion gebracht. In den 80er Jahren bestellte die Stadt Löwen bei der Fa. Flader in Jöhstadt/Sachsen eine besonders gute Handdruckspritze. Geliefert wurde sie aber nicht nach Löwen im Kreise Brieg, sondern nach Löwen in Belgien. Zur feierlichen Übergabe war sie jedoch dann im richtigen Löwen.
Um 1934 wurden für je 2 Amtsbezirke Feuerlöschzweckverbände gegründet, die man später zu einem Zweckverband für den ganzen Kreis zusammenfaßte. Die Beiträge für die Feuerwehr wurden nunmehr mit den übrigen Gemeindabgaben an die Kreiskommunalkasse abgeführt. Zweimal im Jahr erfolgten Besprechungen mit den Brandmeistern, um die Beschaffungen durchzusprechen, zu denen die Prov. Feuersozietät 50% Zuschuß gab. Letzter Kreisfeuerwehrführer des Landkreises Brieg war 1933-1945 der Bezirksschornsteinfegermeister K. Langer, Jetzt Detmold, Hornsche Straße 39
Diese Seite enthält Text des Buches »Brieg - Stadt und Landkreis«, herausgegeben von der Stadt Goslar zum 10. Treffen der Brieger in Goslar im September 1964. Abgeschrieben von Hermann Hosp aus D-54516 Wittlich in Rheinland-Pfalz. Überarbeitet und umgesetzt in HTML-Code durch Dr.-Ing. Frank Knorr aus D-03185 Teichland, OT Maust in Brandenburg. |
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar vom 8. Mai 2001. |
Früher war dieser Text auf der alten Regionalseite www.genealogy.net/reg/SCI/Brieg/st-kr/krbrieg.html zu finden. |