Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/28
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der Mütter und ihrer Vorfahren ist ein Fehler in der genealogischen Methode, in den selbst, wie gesagt Dejerine, verfallen ist. Es ist deshalb ein methodischer Fehler, weil die vorwiegende oder ausschließliche Berück-[1] des Mannesstammes, etwas unterstellt, was erst auf empirischem Wege, durch sehr genaue und umfangreiche Ahnentafel-Untersuchungen nachgewiesen werden müßte, nämlich, daß eine Vererbung von Eigenschaften wesentlich im Mannesstamme stattfinde. Das kann sein, es kann aber auch nicht sein. Es kann auch sein, daß sich gewisse Eigenschaften wesentlich im Mannesstamme, andere wesentlich im Weiberstamme vererben, es könnte auch sein, daß ein gesetzmäßiges Springen der Vererbung durch die Weiber auf deren Söhne oder durch die Männer auf deren Töchter sich nachweisen ließe.
Meine Herren! Ich muß mit diesen Betrachtungen abbrechen. Ich glaube, gezeigt zu haben, daß alle diese Probleme im Grunde entweder genealogische Probleme sind oder solche, zu deren Lösung die Genealogie sehr wesentlich beitragen kann. Daß es Probleme sind, die zu den allerinteressantesten und wichtigsten gehören, springt doch in die Augen. Welches Feld bietet sich hier der wissenschaftlichen Thätigkeit für fruchtbringende Einzeluntersuchungen, für Arbeiten, die eine ganz andere Wichtigkeit haben würden, als manche dicke Monographie, — und es kann nur auf das tiefste beklagt werden, daß die Genealogie zur Zeit unstreitig das größte Stiefkind unter den Wissenschaften ist.
Für Untersuchungen der angedeuteten Art fehlt es unleugbar an zweierlei. Es fehlt an der Kenntniß der genealogischen Arbeits- und Forschungsmethoden, und es fehlt an ausreichender Verarbeitung und Zugänglichmachung des in reicher Fülle vorhandenen genealogischen Materials. Der Physiolog, Patholog, Psychiater, jeder Forscher, der an derartige Probleme herantritt, müßte vor Allem eine genügende Kenntniß der genealogischen Methode besitzen. Aber, wie soll er sich die verschaffen? In Deutschland findet er, wenigstens an den Universitäten, keinerlei Gelegenheit, sich damit vertraut zu machen, denn Professoren für Genealogie giebt es nirgends
- ↑ GenWiki-Red.: Berücksichtigung