Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/21

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[20]
Nächste Seite>>>
[22]
Kekule-Ziele-und-Aufgaben.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


Schwindsucht sei erblich, während die überwiegende Anzahl der Fachleute, so viel ich sehen kann, jetzt zu der Ansicht zu neigen scheint, sie sei durchaus nicht erblich, sondern werde nur durch Ansteckung auf die Nachkommen übertragen. Auch die Betrachtung der Erblichkeit der Geisteskrankheiten scheint mir hier zu ganz besonderer Vorsicht aufzufordern, denn es steht fest, daß äußere Einflüsse hier eine große Rolle spielen.

Zu allererst wird aber festzustellen sein, ob die thatsächlichen Vorgänge bei der Zeugung und Fortpflanzung des Menschen derartige sind, daß in der That jeder Mensch von jedem seiner Ahnen etwas Keimsubstanz hat.

Das kann nun nach dem gegenwärtigen Stande der physiologischen Wissenschaft unbedenklich als feststehend angenommen werden. Und zwar geht das soweit, daß man sagen muß: jeder Mensch hat nicht nur etwas Erbschaftsmasse, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, von jedem seiner beiden Eltern, seiner vier Großeltern, seiner acht Urgroßeltern und so weiter, sondern, daß man mit vollstem Rechte von einer Erbschaft der Millionen von Ahnen, die jeder Mensch in einer bestimmten Generationsreihe seiner Ahnen hat, reden kann. Theoretisch hindert nichts anzunehmen, daß einem Menschen von heute eine individuelle Eigenschaft durch Erblichkeit von einem seiner Vorfahren aus dem Mittelalter oder noch früheren Jahrhunderten überkommen sei. Dabei muß man sich aber darüber klar sein, daß ein Mensch jedem der 16 verschiedenen, in seiner l6er Reihe stehenden Ahnen nur 1/16 Erbschaftsmasse zu verdanken hat. In der nächsten Ahnenreihe ist das nur noch 1/32, in der darauf folgenden 1/64 und es ist sehr wohl denkbar, daß, wenn dieser Bruch, um mich so auszudrücken, unter ein bestimmtes Mindestmaaß heruntergeht, die durch ihn ausgedrückte Erbschaftsmasse durch andere unter sich gleiche Erbschaftsmassen gewissermaßen weggeschwemmt wird, die durch sie möglicherweise hervorgerufene individuelle Eigenschaft nicht mehr in die Erscheinung tritt.

In Rücksicht auf die vorhin dargelegte drei Generationenlehre ergiebt sich aus dieser Betrachtung, daß, wenn wirklich