Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/04
daß es im Rahmen eines VorlrageS nicht möglich sein kann, die Ziele und Aufgaben der Genealogie zu erschöpfen. Ich ivcrdc mich nothgcdrungcn darauf beschränken müsjeu. Ein¬zelnes herauszugreifen und in das rechte Licht zu rücken. Eine Beschränkung in dieser Nichtunn ist aber um so noth¬wendiger, als die Erörterung der Frage, in wie fern der Adel und die Adelsawossen>chaft bei der Erreichung dieser Ziele und der Erfüllung dieser Aufgabelt mitwirken können, einen wesentlichen Theil memer hcm,gen Ausführungen bilden soll Was ist Genealogie? Ottotar Lorenz beantwortet die Frage dahin: „Die Genealogie ist die Wissenschaft von der Fortpflanzung des Geschlechts m seinen individuellen Er¬scheinungen." Es springt in die Augen, daß der ^orcnz'sche Begriff ungleich weiter ist, als der oben mitgetheilte von Gattercr. Ich lasse darüber einen Schüler von Lorcnz: Ernst Devricnt sprechen: „Was die alte Genealogie ganz ausmachte, Stammtafel und Ahnentafel, worin Geburt, Vermählung und Tob, auch Titel und Aemter der in ihren Familicnbeziehungcn dargestellten Personen verzeichnet sind, das ist für die neue Genealogie erst die Grundlage zu Forschungen von weit aus¬greifender Bedeutung. Denn es ist Nar, daß die Genealogie, im Lorenz'schen Sinne gefaßt, sich mit Namen und Zahlen nicht begnügen kann. Alles was unter den Begriff der Erblichkeit fallt, soweit es sich am Individuum nachweisen läßt, gehört Zur Genealogie. Sie steht an der Grenze der KeschichtsnnsMfchaft, aus deren Mittrln sie der Staats- und Gefellschaftslehre, der Physiologie und Psychologie reichen Stoff zu bieten vermag, den jene Wissenschaften weder von sich aus erwerben noch auch entbehren können, wenn sie bei gewissen Fragen aus der dürren Haide der Spekulation herauskommen wollen."*)
- ) V. Devrirnt. Ziele und Aufgaben der modernen Genealogie. Neue Jahrbücher für da3 Husche Alterthum, Geschichte und Deutscht Ltttcratur, 2. Jahrgang, I. Abtheilung. S. «46 ff.