Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/250

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
< Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
Version vom 6. Dezember 2008, 17:21 Uhr von Matschkowski (Diskussion • Beiträge) (Formatierung geändert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version • aktuelle Version ansehen (Unterschied) • Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
Inhalt
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[249]
Nächste Seite>>>
[251]
Datei:Chronik Spamer.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.



Zwölftes Beispiel.

Noch etwas früher kam mein Vater als Student nach Gießen, und logirte zuerst in dem Neubauer'schen Hause, obgleich ihm dasselbe als ein Spukhaus widerrathen worden war. Er wohnte bereits länger darin, und hatte noch keinen Poltergeist gehört. Gewöhnlich saß er in der Abenddämmerung am offenen Fenster, spielte Harfe und sang auch zuweilen dazu. Dieß gefiel dem gegenüber wohnenden Superintendenten Ouvrier so wohl, daß ihm derselbe ein Logis in seinem Hause anbot. Deswegen zog denn auch mein Vater im folgenden Semester aus dem Neubauerschen Hause in das des Superintendenten Ouvrier, welcher damals auch Rector der Universität war. Eines Abends kam nun dieser, wie er oft that, auf meines Vaters Zimmer, erkundigte sich erst nach seinen Studien, und sagte dann: Herr Spamer, Sie sind auch heute bei mir verklagt worden! Unsere Frau Nachbarin Neubauer behauptet: Sie hätten ihrem Hause einen so bösen Namen gemacht, daß alle Studenten, die sie beherberge, ausziehen wollten; wodurch sie großen Schaden leiden müßte. Mein Vater erwiderte, daß er weder dem Hause derselben einen bösen Namen gemacht, noch auch Ursache dazu gehabt habe, weil er nichts Außerordentliches in demselben erfahren, und keinen anderen Beweggrund zu seinem Auszug gehabt habe, als eben die gütige Offerte eines Zimmers von Seiten Ihrer Magnificenz. Dann ist es gut, sprach Ouvrier; dann will ich die Klägerin abweisen.

Meinem Vater war es aber doch leid, daß ihn dieselbe in falschem Verdacht habe, und fragte deswegen einen, noch bei derselben wohnenden Studenten: Warum wollt Ihr denn auf einmal alle ausziehen? Das weißt Du, sprach jener, so gut als ich; Du bist ja zuerst ausgezogen weil es so abscheulich im Hause spukt! Ich weiß nichts von diesem Spuk, erwiderte mein Vater, und glaube auch nicht an ihn' ehe ich ihn selbst höre. Nun, fuhr der Andere fort, so bleibe die Nacht bei mir und überzeuge Dich! Mein Vater nahm dieses Anerbieten an; aber es ließ sich in derselben Nacht kein Spuk hören. Als deswegen mein Vater die Inquilinen auslachte, sagten diese: Ja, der Spuk kommt nicht in jeder Nacht, aber sehr oft. In der dritten Nacht blieb deswegen mein Vater wieder bei ihnen wach, und jetzt nicht vergeblich.

Nach elf Uhr that es einen Schlag oder Fall auf dem Speicher, als habe man einen Maltersack voll Frucht abgeworfen, daß das ganze Haus davon zitterte. Alsbald liefen sämmtliche Studenten mit Lichtern und Stockdegen auf den Speicher; fanden aber denselben ganz leer, und auch nicht die geringste Ursache, welche einen solchen Schlag hätte veranlassen können. Während sie wieder die Treppe hinabgingen, that es auf dem Gange denselben Schlag vor ihren Augen, von welchem wieder das Haus schütterte, ohne daß sie etwas Ursächliches bemerkten, und bald darauf hörten sie unten in der Hausflur zum dritten Mal denselben furchtbaren Schlag. Da sie nun ohne das Geringste entdeckt zu haben, wieder in das Zimmer gingen, und mein Vater zuletzt ging, so schlug es mit großer Vehemenz die Thüre hinter ihm zu. Er riß dieselbe sogleich wieder auf und schaute hinaus, konnte aber Niemand sehen. —

So hat zu verschiedenen Zeiten mein Vater diese merkwürdige Begebenheit uns und andren guten Freunden erzählt. —

Dreizehntes Beispiel.

In der Nacht des 31. März 1872 frühe um ¼ nach 2 Uhr klopfte es viermal schnell an das Kopfende meiner Bettlade. Ich wachte dadurch auf und war schon im Begriffe „Herein“ zu rufen, als ich mich besann, daß es ja nicht an meiner Thüre, sondern an mein Bettbrett an­geklopft habe. Die vier Klopftöne waren meinem Gehör noch lebhaft gegenwärtig, und ich klopfte nun selbst auch viermal schnell an mein Bettbrett, und hörte die noch in meinen Ohren nach­hallenden Töne genau wieder. Es war mir nicht so zu Muthe, als habe das erste Klopfen