Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/129

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Auch die beiden älteren Geschwister
Sowie das betagte Elternpaar
Stehen in dem Gießer Sterbregister
Nunmehr schon geschrieben manches Jahr.
Philipp, zweimal Wittwer schon geworden,
Hat sich nicht zum dritten Mal vermählt;
Ist geachtet hoch an allen Orten,
Und zum Beigeordneten erwählt.
Katharinchen hatte zwar genommen
Seinen schönen Vetter sich zum Mann;
Aber große Trauer hat's bekommen,
Als er sich ertränkte in der Lahn.
Kam ich später wiederum nach Gießen,
Sprach in Möhl's ich zu auf jeden Fall,
Und da mußt' als Freund ich was genießen,
Und wir freuten sehr uns allzumal.
Und noch heut nach sechsundvierzig Jahren,
Denn so lange hab' ich Möhl's gekannt,
Ihre Enkel Freundschaft mir bewahren
Grade so, als wären wir verwandt.
Die Frau Möhlin hatte mir versprochen
Oft schon, einmal zu besuchen mich;
Weil sie aber täglich mußte kochen,
War sie festgebannt an ihre Küch';
„Doch, Herr Spamer, will ich mein Versprechen,“
Sprach sie, „halten, denn es ist kein Wind,“
„Und ich muß, eh' mir die Augen brechen,“
„Sehen, wo Sie hingekommen sind!“
„Ehe Sie es sich einmal versehen,“
„Hält' ein Chaischen still an Ihrem Haus,“
„Und wenn Sie die Augen nach ihm drehen,“
„Steiget Ihre alte Möhlin aus!“
Und als endlich auch ich hier sie sahe,
Freute ich darüber mich so sehr,
Und es ging mir ihr Empfang so nahe,
Als ob's meine eig'ne Mutter wär'.
Katharinchen saß bei ihr im Wagen,
Philipp aber gab den Kutscher ab,
Und — wer hätt's gedacht? — nach vierzehn Tagen
Schlummerte sie schon in ihrem Grab.
Als sie noch ein Mädchen ist gewesen,
Und ihr Konrad noch ein Junggesell,
Hat sie sich denselben auserlesen,
Und mit ihm verlobet auf der Stell.
Freilich mocht' sie hübsch und brav ihn finden,
Als er wandern wollte in die Welt,
Weil es, einen eig'nen Herd zu gründen,
Ihm noch fehlte an dem baaren Geld.
Als er, seinen Vorsatz auszuführen,
Auch in ihrem Haus Adieu gesagt,
Ging sie noch hinaus mit ihm spazieren
In die schöne, laue Sommernacht.
„Könntest aber,“ sprach sie, „hier auch bleiben,“
„Da Du ja Dein Handwerk wohl verstehst,“
„Und dasselbe hier in Gießen treiben;“
„Weiß gar nicht, warum Du weiter gehst!“ —
„Da ich wenig habe hier zu erben,“
Sprach er, „wie Ihr alle selber wißt,“
„Muß ich erst ein Sümmchen mir erwerben,“
„Das zu einem Anfang nöthig ist!“
„Denn ein Mädchen, welches hat Vermögen“
„Hier in unsrer lieben Vaterstadt,“
„Wird mich Armen nicht zum Manne mögen;“
„Darum weiß ich keinen andern Rath!“
„Sage mir, warum Du dieses glaubest,“
„Und Dich selbst im Preis so niedrig stellst,“
„Und Dir,“ sprach sie, „alle Hoffnung raubest,“
„Daß auch solchen Mädchen Du gefällst?“ —
„Wenn ich,“ sprach er, „nun Dich selber fragte:“
„Höre, Bethchen, willst Du mich zum Mann?“ —
„Ei, warum denn nicht,“ sogleich sie sagte,
„Da ich keinen bessern wünschen kann!“
„Nun, wenn das Dein Ernst ist,“ sprach er weiter,
„Hier ist meine Hand, so schlage ein!“
„Hier ist auch die meine,“ rief sie heiter,
„Und so soll der Handel richtig sein!“
Nun gab Konrad auf sogleich das Wandern,
Wollte nicht mehr in die Welt hinaus;
Sondern sich mit Bethchen bald verandern,
Welches brachte Segen in das Haus.
Also Konrad selber mir erzählte,
Als ich Abends bei dem Pärchen saß,
Und wenn Bethchen deßhalb auf ihn schmählte,
That es dieses nur aus lauter Spaß.
Anno dreiundzwanzig gegen Pfingsten
Habe ich die Musenstadt quittirt,
Und mit andern Knaben meinen jüngsten
Bruder dann zu Hause informirt.
Als in Kirchberg meine erste Predigt
Ich gehalten im vorher'gen Jahr,
Hatte Klingelhöfer mich genöthigt.
Dessen Vater dorten Pfarrer war.