Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/019

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Am 5. November 1835 schreibt Christian Spamer unter Anderem: „Daß Karl das Minchen (die 2. Frau Christian Spamer's II) schon respectirt, wie Du schreibst, ist ein gutes Omen! — auch Eduard ist seiner neuen Mutter gut und hält bei ihr; e. g.: Vor einigen Tagen war die Hindel (Löb Stein's Frau) bei uns, wo zufällig die Rede von Minchen war. Eduard hörte dem Gespräch meiner Frau und der Hindel zu. Die Hindel sagte nun zum Eduard: Dein Vater hat die neue Mutter fort gejagt und ist ihr gar nicht mehr gut. Mit der lautesten Stimme rief ihr sogleich Eduard entgegen: „Du lügst, Hindel!“ und wie die Hindel solches wiederholte, rief ihr Eduard mit grimmiger Miene und noch lauter zu: „Du lügst wieder! der Vater ist der neuen Mutter gut!“ — Bist du ihr denn auch gut? sagte Hindel; „ja ich bin ihr auch gut!“ war die Antwort. Wir freuten uns Alle über diese unverstellte und herzliche Liebe Eduards zu seiner neuen Mutter.“

Ein Brief vom 12. März 1836 theilt dem lieben Sohne und dem lieben Minchen mit, daß die Crainfelder Eltern ihr Ackerland verpachtet, somit von dem lästigen Ackerbau befreit seien, und sich nur Wiesen zum nötigen Gefütter für drei Stück Rindvieh vorbehalten hätten. Eduard sei, zeitweiligen Husten und Schnupfen abgerechnet, gesund und lasse herzlichst grüßen. Doch im Mai desselben Jahres wurde Eduard von seiner Großmutter und Onkel Karl in's väterliche Haus zurück gebracht. Der folgende Brief seines Großvaters, dem außerdem noch betrübende Nachrichten betreffs seines jüngsten Sohnes zugekommen waren, zeigt, wie schmerzlich er den Verlust des geliebten Enkels empfand:

„Crainfeld, den 30. Mai 1836. Lieber bester Sohn! Die Last, die ich seit der Abreise des lieben Eduard — und seit dem 28. d. M. Abends, wo Constantin von der Rabenau zurückkam, zu tragen habe, ist unbeschreiblich schwer!!! Denn die Abwesenheit dieses lieben Kleinen, an dem mein ganzes Herz hing, und der meine einzige Freude war, -— hat mich unbeschreiblich traurig und mißvergnügt gemacht. — In dieser traurigen Gemüthsbewegung kam nun Constantin (Enkel) am vorigen Samstag Abend, und mußte mir von der Rabenau etwas sagen, — es fehlte nicht viel daran, daß ich nicht ohnmächtig zu Boden sank! — Grüße an Euch Alle — denn hoffentlich wird Eduard nebst sicherer lieber Begleitung bei Dir angekommen sein, — küsse ihn statt seines Crainfelder Großvaters — und schreibe mit erster Post Deinem treuen — unglücklichen Vater Ch. Spamer.“

Leider mußten Christian Spamer und seine Frau an ihrem ältesten und jüngsten Sohne Betrübnis erleben. Beide vollendeten, zumeist wegen zu früher, den Eltern unerwünschter Heiraten, ihre Studien nicht, und mußten danach, obgleich es ihnen an Begabung zu Besserem keineswegs fehlte, mit unbefriedigenden Lebensstellungen und Verhältnissen vorlieb nehmen. Christian allein hat den Herzen der Eltern nur Freude bereitet. — Nach der Rückkehr seiner Frau und seines Sohnes Karl, welche Eduard nach Hermannstein geleitet hatten, meldet dieses dem Vater Eduard's ein längerer Brief Christian Spamer's vom 25. Juni 1836, der mit folgenden Sätzen beginnt:

„Mein lieber Sohn! Vorerst benachrichtige ich Dich, daß Deine Mutter und Karl am 14. d. M. Abends um ¾ auf 11 wieder glücklich angekommen sind: der Postbote hatte wegen noch zwei anderen Personen aus Schotten, welche von Giessen in der Chaise mitgefahren, und anderen Sachen, welche nicht leicht gewesen, nur sehr langsam fahren können — und sie waren erst des Nachmittags um 5 Uhr in Schotten angelangt; wo dann Beide nach 6 Uhr den Weg von da nach Crainfeld zu Fuß angetreten — und Deine Mutter so ermüdet nach Hause kam, daß sie nichts von essen und trinken hören wollte, sondern sich augenblicklich auszog und in's Bette legte. — Der Umstand, daß sie von Eduard keinen Abschied hatte nehmen können — und der Umstand wegen Karl, hatte sie hart, hart angegriffen. —- Hingegen wird die Zukunft hoffentlich das Alles bei meiner Frau und mir, wo nicht ganz vertilgen, doch nach und nach erträglicher machen.“