Labiau
L a b i a u Kreisstadt an der Deime |
- Hierarchie
- Regional > Deutsches Reich > Ostpreußen > Regierungsbezirk Königsberg > Kreis Labiau > Labiau
- Hierarchie
|
|
Einleitung
Labiau (russisch Polessk / Полесск, litauisch Labguva, polnisch Labiawa / Labiewo) ist eine Rajonstadt mit gut 7.600 Einwohnern (Stand 2010) in der russischen Oblast Kaliningrad. Die Stadt ist auch Sitz der städtischen Gemeinde Polesskoje gorodskoje posselenie mit den beiden weiteren Siedlungen Groß Reikeninken (ab 1938 Reiken, russisch Podsobny / Подсобный) und Viehof (russisch Tjulenino / Тюленино).
Die Kreisstadt liegt nicht weit von der Mündung der Deime in das Kurische Haff entfernt.
Die Deime ist ein Mündungsarm des Pregels.
Labiau wurde 1946 in Polessk umbenannt. Seit Auflösung der Sowjetunion gehört Polessk zur Russischen Föderation.
Wappen
Das Wappen zeigt in Silber im rechten Obereck blaue Wolken, aus denen ein grünbekleideter Arm hervorgeht, er hält in der Hand ein gestürztes goldenes Jagdhorn, darunter steht auf grünem Boden ein grüner Laubbaum.
Allgemeine Informationen
Labiau liegt im prußischen Stammesgebiet Samland an der Deime und dem südlichen Ufer des Kurischen Haffs liegend, war bis 1945 Kreisstadt im Regierungsbezirk Königsberg (Ostpreußen).
- Urkundliche Erwähnungen:
- 1258 Kaymelabegowe
- 1258 Labegowe moter
- 1261 in terra Labigow
- 1300 Labigow/ Labiow
- 1420 Labiau/ Labiaw
Redensart:
- "Er kommt an wie der Hund von Labiau"
Name
Der Name beschreibt dort zu findende Mineralien sowie die Eigenschaft der Landschaft. Auf einer farbigen Karte der Ordensritter aus dem 13. Jahrhundert findet man eine Inschrift in der Ostsee nahe der nördlichen Samlandküste: "Hie findt man den oug stein". Er muss also von immenser Bedeutung gewesen sein [1], vor allem deshalb, weil wichtige Städte und Gewässer nur unzureichend dargestellt werden.
- litauisch "labguvyna" = Heilstein (cuprum aluminatum sive lapis divinus/Cuprum aluminatum wird auch Augenstein,
Heiligenstein und Kupferalaun genannt und ist ein Chalcedon aus der Gruppe der Quarze) - prußisch "moter" = sumpfiges Land, priesterliches Regierungs-Areal, Beritt
- "caymis" = Dorf
Politische Einteilung
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand mit dem 1. Februar 1818 der Kreis Labiau im Regierungsbezirk Königsberg in der preußischen Provinz Preußen (nicht: Ostpreußen).
- Das Landratsamt war in Labiau.
Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen
(nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg.
Einwohnerentwicklung
Jahr | 1885 | 1959 | 1970 | 1979 | 1989 | 2002 | 2009 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Einwohner | 4.744 | 5.400 | 5.600 | 6.300 | 6.900 | 7.400 | 7.600 [2] |
Kirchliche Einteilung / Zugehörigkeit
Evangelische Kirche
Bereits zur Ordenszeit existierte in Labiau eine Feldsteinkirche vom Ende des 14. Jhs. Von der ev. Stadtkirche von 1545 ist nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem sie vermutlich Beschädigungen erhielt, nichts übrig geblieben. Sie war neben dem Dom in Königsberg die einzige dreischiffige Kirche im nordwestlichen Teil Ostpreußens und wurde nach 1960, als sie stark verfallen war, abgetragen. Teile der Fundamente verwendete man für den Neubau eines fünfstöckigen Wohnhauses, das danach den Platz der Kirche einnahm.
Da sich nach der großen Pest 1709/11 in der Gegend um Labaiau viele Litauer niedergelassen hatten, wurde in manchen Kirchen, so in Laukischken, auch litauisch gepredigt.
Zwei Männer aus dem Kreis Labiau haben sich um die litauische Sprache sehr verdient gemacht, indem sie die Bibel von der deutschen in die litauische Sprache übersetzten und Choräle bzw. Gebete schrieben: Pfarrer Johannes Bretke aus Labiau und Pfarrer Schimmelpfennig aus Popelken. [3]
Zum Landkreis Labiau gehörten die folgenden ev. Kirchspiele:
Deutsch Labiau, Litauisch Labiau, Caymen, Gilge, Legitten, Laukischken, Popelken
Wie überall in Ostpreußen traten auch im Kreis Labiau dubiose Heilsverkünder auf, die erstaunlich schnell eine große Anhängerschar um sich versammeln konnten. Die evangelische Kirche versuchte dem entgegenzuwirken, oft mit nur wenig Erfolg.
Kirchenbücher
siehe: Kirchenbücher Kreis Labiau
Katholische Kirche
Die kleine katholische Gemeinde von Labiau besaß ein Gotteshaus in der Friedrichstraße, die St. Ansgar-Kapelle. Diese wurde 1928 nach einem Entwurf des Königsberger Architekten Schönwald gebaut. Die Volkszählung vom 16. Juni 1925 kam in der Kreisstadt Labiau auf 73 Katholiken und im Kreisgebiet auf 288 Angehörige der römisch-katholischen Kirche. In der alten katholischen Kirche, die heute einen ordentlichen Eindruck macht, ist jetzt eine Musikschule untergebracht. [3]
Russ.-orth. Kirche
Im Jahre 2005 wurde in Labiau die russisch-orthodoxe Kirche (die Kirche des Heilgen Tichon / Церковь Святого Тихон) fertiggestellt. Sie wurde im traditionellen russischen Stil errichtet und steht in der Königsberger Straße (Калининградской ул.), nicht weit von der ehem. Brauerei entfernt.
Andere Glaubensgemeinschaften
In Labiau bestand auch eine "Christliche Gemeinschaft", die in der Schmiedstraße ein Gotteshaus besaß. In der Wilhelmstraße hatte der "Ostpreußische Evangelische Gebetsverein" ein Haus mit einem größeren Saal.
In Alt Sussemilken wurden 1865 die ersten Baptisten getauft. 1867 errichtete man in Minchenwalde eine baptistische Kapelle mit 200 Sitzplätzen, was die Prosperität dieser Glaubensrichtung bezeugt. Allerdings brannten Gegner, die nie gefasst wurden, diese Kapelle 1874 ab, woraufhin die Baptisten in Alexen eine noch größere Kapelle bauten. Da die Mitgliederzahl immer weiter wuchs, richtete die Gemeinde von Alexen 1913 in Labiau eine Kapelle ein. Die Labiauer Baptistengemeinde zählte zuletzt 199 Mitglieder. 1944 wurde ihr Gotteshaus von der Wehrmacht beschlagnahmt. [3]
Jüdische Gemeinde
Jüdische Mitbürger gab es im Kreis Labiau erst nach den napoleonischen Freiheitskriegen. 1831 zählte man in der Stadt Labiau 27 Juden und im Kreis Labiau 73 Juden. Wesentlich später erst errichtete man eine Synagoge, die jedoch in der Reichspogromnacht 1938 zerstört wurde. Bei der Volkszählung 1925 ergaben sich für die Stadt Labiau eine Anzahl von 36 jüdischen Mitbürgern und in den Dörfern des Kreises 76 Juden, also insgesamt 112. Eines der Dörfer im Kreis erhielt erstaunlicherweise den Namen des jüdischen Mädchens Minchen, nämlich Minchenwalde, 1938 umbenannt in Lindenhorst. [3]
Es gab einen jüdischen Friedhof in Labiau. Er befand sich im Osten der Stadt in der Blankensteinstraße, nicht weit von der Brauerei entfernt.
Geschichte
- Video bei YouTube [2]
Stadtgründung
Labiau ist im 13. Jahrhundert aus einer Lischke (Siedlung von Fischern, Handwerkern und Krügern) hervorgegangen und erhielt 1624 das Stadtrecht. In Labiau wurde am 20. November 1656 ein Vertrag zwischen dem Schwedenkönig Karl X. Gustav und dem Großen Kurfürsten geschlossen, der Preußen die 1525 an Polen verlorengegangene Souveränität zusicherte. Im 18. Jahrhundert galt Labiau als wichtigste Landstadt Preußens nach Tilsit.
Ihren Rang bekam Labiau durch seine günstige Lage an verschiedenen Wasserstraßen. Schon 1400 wurde die Deime als Schiffahrtsweg ausgebaut, auf dem der Handel von Danzig und Elbing nach Litauen abgewickelt wurde. Der Große und der Kleine Friedrichsgraben (1679 - 1689), durch die der oft gefährliche Weg über das Haff vermieden wurde, brachten einen noch weit größeren Aufschwung. Auch für Ausflügler und Naturfreunde war die Stadt an den Wassern ein beliebtes Ziel. [4]
Zahlen der Geschichte
- 1758: Russen besetzen Labiau (und ganz Ostpreußen).
- 1762: Rußland und Preußen schließen noch während des Siebenjährigen Krieges, am 5.5.1762, den Friedensvertrag von St. Petersburg. Die Russen geben ohne Entschädigung die besetzten bzw. annektierten Gebiete Ostpreußen, Hinterpommern und Neumark zurück. Labiau wird wieder preußisch.
Prußische Wehranlagen
Im Gebiet Labiau gab es folgende prußische Wehranlagen: [5]
- Schwedenschanze im Wald, 600 m nördlich von Vorwerk Klein Droosden
- Anlage östlich am Gut Adlig Wulfshöfen
- Wallburg südlich von Kaimen, von Ordensburg Caymen überbaut
- Ringschanze im Moorwald (Erlenwald), nordöstlich von Forsthaus Klein Pöppeln
- Schlossberg, 500 m nördlich von Groß Schmerberg mit Erbbegräbnis
- Schwedenschanze südlich des Vorwerks Balance am Pöppelschen Damm an der Deime
- Wehranlage auf dem litauischen Friedhof in Laukischken
- Sagenhügel Budas, 3,5 km westsüdwestlich von Gutfließ (Eszerninken)
Burg Labiau
Die hölzerne Burg Labiau wurde nach der Eroberung des Samlandes zwischen 1258 und 1259 angelegt und sollte Königsberg vor Feinden schützen, die sich über das Haff näherten. 1277 brannten die Schalauer sie nieder. Danach wurde sie aus Stein als Komturei wieder errichtet. 1352 siegte Heinrich Schindekopf über die Litauer.
Labiau war eine vierflügelige Wasserburg, die 1360 auf einer Insel neu aufgebaut wurde und einen hufeisenförmigen Burggraben zusammen mit der Deime bildete. Es gab bemerkenswerte Kombinationen von Tonnengewölben, Korbbogengewölben sowie sich schleifenförmig windenden Gewölben mit kreuzartigen oder getrennten birnenförmigen Rippen.
Die Wasserburg galt als uneinnehmbar und wurde nach 1550 von Anna Maria, der zweiten Frau Herzogs Albrecht bewohnt. Die Stadtgerechtigkeit erhielt Labiau 1642 durch den Großen Kurfürsten. [6]
- Der Große Kurfürst nahm oft Quartier im Schloß, wenn er in den östlich von Labiau gelegenen Wäldern auf Wisentjagd ritt.
Von hier aus unternahm der legendäre Herrscher auch seine berühmte Schlittenfahrt über das Kurische Haff.
- Der Große Kurfürst nahm oft Quartier im Schloß, wenn er in den östlich von Labiau gelegenen Wäldern auf Wisentjagd ritt.
Später war der stolze Bau Sitz von Landratsamt und Amtsgericht, sowie schließlich Heimatmuseum. [4]
Die Deime
Die Deime nimmt unter den Flüssen Ostpreußens eine Sonderstellung ein, denn sie hat ihr Gefälle im Lauf der Erdgeschichte umgekehrt. Zunächst hatte sie eine südliche Laufrichtung hin zum Pregeltal. Als sich das Eis über dem tiefer liegenden Kurischen Haff aufgelöst hatte, kehrte sie ihr Gefälle in Richtung Norden um. Solche Flussumkehr ist relativ selten. Wenn heftige Nordwinde wehen, kann es allerdings passieren, daß die Deime erneut in Richtung Süden fließt. Insofern gehört sie zu den interessantesten Flüssen Ostpreußens. [3]
Literatur
Brief von M. Peyinghaus
Gertlauken, den 1. November 1941
“Liebste Elterm!
(...) Beim Schulrat hielt ich mich so lange auf, daß ich meinen Zug gerade noch abfahren sah und gezwungen war, die Nacht in Labiau zu verbringen. Der Schulrat empfahl mir das Hotel “Kronprinz” und zum Essen den Ratskeller und meinte, ich solle mir Labiau ansehen, sechstausend Einwohner, ein aufstrebendes Städtchen. Sein Stolz sind eine neue Sportanlage und ein kleiner Park am Bahnhof.
Beides kam mir, ehrlich gesagt, so winzig vor wie das ganze Städtchen, das am Rande der Welt zu liegen scheint. Vielleicht ist das aber auch nur der Hochmut des Großstadtkindes aus Köln. Noch am eindrucksvollsten war jedenfalls das Rathaus. Es ist neu erbaut, weiß getüncht, und über dem Portal stehen vier stolze steinerne Ordensritter. Die Stadt ist um eine Ordensburg, eine Wasserburg entstanden, die noch gut erhalten ist.
Trotzdem schien mir Labiau nicht ganz so großartig wie dem Herrn Schulrat. Ich sah nicht viel mehr als nur ein Fischerdorf. Eine Hauptstraße mit grauen, niedrigen Häusern, sodann ein paar Nebengassen und an der Deime ein paar Fischerkaten. Hinter Labiau mündet die Deime ins Kurische Haff. Fischfang spielt hier eine bedeutende Rolle, man merkt es am Geruch im Hafen. Dann stand ich noch auf der Adlerbrücke, die über die Deime führt, und konnte in der Ferne das Kurische Haff ahnen. Aber es war kalt und ich fror und eilte zum Ratskeller. [7]
Ostpreußische Städtebilder. Labiau, Artikel in der Königsberg Hartungsche Zeitung vom 6.10.1912
Die am Deimefluß und der Eisenbahnlinie Königsberg-Tilsit gelegene Kreisstadt Labiau, die zugleich Endstation der Kleinbahn Tapiau-Labiau ist, zählt 4604 Einwohner. Sie ist Sitz eines Landratsamts, Amtsgerichts, Wasserbauamts, Oberfischmeisteramts, Zollamts, Katasteramts, hat Kreiskrankenhaus, Waisenhaus, Altersheim, Post, Telegraph, Telephon, evangelische Kirche, Synagoge, Volks- und Mittelschule, Schlachthof, Gas. Und Wasserwerk, (Baptistenkapelle im Bau, katholische Kirche in Aussicht). Die Straßen sind teilweise mit Reihensteinpflaster versehen, die Bürgersteige mit Trottoir. Der Handel, namentlich zu Wasser, ist ein sehr reger. Von und nach den Städten, Königsberg, Tilsit und Memel besteht ein lebhafter Dampf- und Segelschiffsverkehr, insbesondere für Güterbeförderung, der sich auch nach Wehlau, Tapiau, Pillau, Elbing, Danzig, nach Rußland und der Kurischen Nehrung ausdehnt. Zu besonderer Blüte ist seit einigen Jahren die Schleppschiffahrt gelangt, hauptsächlich durch die Zellstoffabriken in Königsberg und Tilsit, die aus den benachbarten großen Forsten Unmengen Holzes erhalten. Handel und Verkehr einerseits, Landwirtschaft andererseits vermögen die Bürgerschaft und Stadt zu erhalten. Wäre die Lage der Stadt eine weniger günstige, so würde sie wohl von den nahen Großstädten aufgesogen werden, zumal ihr öffentliche Anstalten oder eine Garnison fehlen. Was sie besitzt, schuf sie aus eigener Kraft.
Deshalb zeigen auch die steuerlichen Verhältnisse auf den ersten Blick ein ungünstiges Aussehen. 300 Prozent Einkommenssteuerzuschlag (inkl. 95 Prozent Kreisabgaben) sind gewiß viel. Mit Ausnehme der selbständigen Großstädte sind sie indessen nicht überall nicht wesentlich geringer und Besserung wird erhofft, sobald der städtische Schuldendienst abnimmt. Städtische Bauten und Einrichtungen haben sich im letzten Dezennium förmlich überstürzt und eine Periode der Ruhe ist nötig und zu erwarten. Nach Verrechnung aller Schulden von etwa 800 000 Mark verbleibt ein Reinvermögen von etwa 350 000 Mark, eine Summe, die erst aus neuerer Zeit stammt, da lange Jahre hindurch die kleine Stadt mit der Zeiten Ungunst schwer zu ringen hatte. Die Kriege von 1806 bis 1813 kosteten ihr 71 375 Rtlr. 08 Sgr., die nicht ersetzt sind, große Feuersbrünste (1810 sind u. a. 50 Gebäude mit ihren Stallungen und Scheunen verbrannt) und Seuchen (1831 starben 339, 1848 429, 1866 100 Menschen) setzten ihr arg zu. Doch die Jetztzeit sorgt nicht, denkt nicht jener Zeiten und ein gewisser Luxus macht sich oft bemerkbar.
Obwohl das Aussehen der Stadt von Grund auf sich verändert hat, ist die bebaute Ortslage fortdauernd fast die gleiche. Die alten Bürgerhäuser sind zum Teil durch grössere und modernere Neubauten ersetzt, da die Ansprüche auf Zahl und Größe der Räume sich erhöhten, Neuansiedlugnen aber unterblieben, wenn von öffentlichen Bauten abgesehen wird. Letztere sind verhältnismäßig zahlreich entstanden und im Entstehen begriffen. Auch private Bauunternehmer würden auf ihre Rechnung kommen, da Wohnungen knapp sind. Erwünscht wäre der Zuzug von großstädtischen Sommergästen, Rekonvaleszenten u.s.w., da Wege, Wasser, Felder, Wälder jeden Sport erlauben und jede gesunde und angenehme Tätigkeit gestatten. Ein dringender Wunsch der Bürgerschaft ist ferner die Belegung der Stadt mit kleiner Garnison, zumal in früheren Jahren Labiau Garnisonsstadt war (das Kronprinzenregiment lag u. a. hier). Seit langem bestehen auch Wünsche auf Herrichtung einer öffentlichen Anstalt (Seminar u. dgl.), auf Aufteilung der königlichen Domäne Viehof und endlich auf Begünstigung industrieller Niederlassungen (Holzbearbeitung-, Zellulosefabriken, Milchverwertungsbetriebe). Eine bessere Verbindung mit der Niederung (u. a. Gilge) läßt fortgesetzt auf sich warten, und der Bahnbau Wehlau-Labiau hat sich schon mehrfach als erforderlich gezeigt, wird aber nötiger werden, sobald der masurische Schiffahrtskanal eröffnet ist.
Das Handwerk ist überall im Rückgang, nur Fleischer und Bäcker finden gute Statt. Ein reger Gewerbefleiß herrscht überall, leider wird er gelegentlich durch Umstände behindert, die wie die staatlichen Hafenverhältnisse oft geradezu verkehrshinderlich sind. [8]
Heutige Situation
Ortsbild
Wenn man von Südwesten, von Legitten kommend, über die prächtige Lindenallee nach Labiau (Polessk) hineinfährt, sieht man auf der rechten Seite zuerst die Bahnanlagen mit den Resten des alten Bahnhofs. Auch das Wohnhaus für die Bediensteten, der Rangierlokschuppen und der Wasserturm sind noch vorhanden. Auf der gleichen Seite dahinter kommt man am Hindenburg-Park mit dem schönen Teich vorbei.
Auf der anderen Straßenseite steht der große, helle, stark veränderte Bau der Volks- und Mittelschule, die ihrem alten Zweck dient. Die Königsberger Straße (Kaliningradskaja) hat zahlreiche Häuser aus den Vorkriegsjahren. Aber die schlimme Zeit hat auch große Lücken gerissen, die Neubauten unterschiedlicher Größe und Gestalt ausfüllen. Am auffälligsten der etwas zurückgesetzte fünfstöckige Block mit dem größten Geschäft des Ortes.
Kaum wiederzuerkennen ist der Markt, eine weite, leere Fläche, eher Aufmarschgelände als lebendiges Stadtzentrum. Ein Ehrenmal am Rande von Anlagen. Von den alten Gebäuden zeigt sich nur das Hotel “Deutsches Haus”, erbaut 1910, mit seinen Ziergiebeln in der Marktstraße in einstiger baulicher Schönheit. Der fünfgeschossige Neubaublock läßt nicht vermuten, dass er zum Teil auf den Fundamenten der gotischen Pfarrkirche aufgebaut wurde.
Wenn man sich zur anderen Seite wendet und nach dem vertrauten Bild der beeindruckenden Ordensburg sucht, wird man nichts finden. Nur ein kümmerlicher Rest blieb nach Zerstörung und einem Brand lange nach Kriegsende übrig. Ein Maschinenkpmbinat arbeitet darin. Aber nun soll ein kleines Museum an die bedeutende Vergangenheit erinnern. [4]
Gewerbe, Hafen
Das Polessk von heute ist ein Schwerpunkt für die Fischerei. Es gibt dort den einzigen fischverarbeitenden Betrieb des Gebiets am Haff. Zur weiteren Industrie gehören: ein holzverarbeitendes Unternehmen, Brauerei (im alten Gebäude), Käserei. Zu den erhaltenen Gebäuden zählen noch: Post, Krankenhaus und das Haus Koppetsch. Das einstige Kreishaus beherbergt heute eine Filiale der landwirtschaftlichen Fachschule mit Internat und ist innen (mit schönem altem Hörsaal) wie außen gut instand gesetzt. Für den Gast mögen die Restaurants “Labiau” und “Riff”, beide Stadtmitte, von Interesse sein.
Schön ist immer noch der Blick auf Hafen, auf den Friedrichsgraben und die Deime mit der Adlerbrücke. Sie wurde ein Jahr lang restauriert und am 30. Juli 2002 neu eingeweiht. Sie ist wieder eine Klappbrücke. Man kann jetzt direkt von Königsberg nach Groß Baum über Labiau fahren. Von hier ist es nicht mehr weit bis ans Haff. Ein Ausflug dahin ist zu empfehlen. Er führt nordwärts über die Haffstraße, wo Wasserturm und Schornstein der alten Fischmehlfabrik zu sehen sind, in die Haffniederung, in der auch größere Rinderherden (in schwarz-weiß) weiden. Vorbei am gepflegten Gutshaus Reiken (Podsognyj), in dem das Standesamt war, führt der Weg nach Labagienen (ab 1938 Haffwinkel, russ. Zalivino) und Rinderort .
Eine ungemein effektive Hilfsorganisation für notleidende Kinder, aber auch für intelligente Schüler und Studenten, hat Ulrich Ruske uneigennützig aufgebaut, wobei ihm seine Familie und eine große Reihe Mithelfer aus Deutschland und Russland zur Seite stehen. [4]
Neue und alte Fotos aus Labiau
Persönlichkeiten
Ostpreussische Amtsmänner 1755:[10]
- Amtsrat Friedrich Possern 1727 bis 1757.
- Johann Rochau 1755-1761.
Von Russen angestellte Beamte:[11] (Die Daten nach dem russischen Kalender und nach dem gregorianischen Kalender).
- Fleischmann, Friedrich Albrecht, Stud. theol., zum litauischen Pfarrer und deutschen Diakon in Labiau, 20./31.5.1760
- Gadzali, ehem. Adeliger, Gerichtsschreiber in Lyck, zum Stadtschreiber in Labiau, 23.1./3.2.1762.
- Glauß, Johann Friedrich, inval. Dragoner, zum Polizeiausreiter in Tapiau, 7./18.5.1759; zum Akzisevisitator in Labiau, 26.6./7.7.1760.
- Grisewaldt, Akziseeinnehmer in Nordenburg, zum Akzisekontrolleur in Labiau, 13./24.1.1760.
- Jordan, Johann Christoph, Stud., zum Diakon in Labiau, 13.2.1758.
- Krüger, Lizentkontrolleur in Labiau, 100 Fl. Zulage jährlich, 22.2./5.3.1762.
- Poetsch, Christian Michael, Präzentor in Gilge, zum litauischen Pfarrer und deutschen Diakon in Labiau, 26.2./9.3.1762.
- Poßern, Karl Ludwig, Stud., zum Amtmann in Labiau, 18./29.4.1761. [schon sein Vater war Amtmann in Labiau, ernannt zum Amtsrat in Berlin am 4.10.1730].
- Reimann, Ratsverwandter in Labiau, erhält Gehalt, 31.7./11.8.1761.
- Sempff, Georg, Akzisekontrolleur in Labiau, zum Akziseeinnehmer in Tapiau, 18./24.1.1760.
- Wahl, Johann Ludwig, Schreiber, zum Kreissteuereinnehmer in Labiau, Marienwerder, 16./27.4.1758.
Bibliografie
- Volltextsuche nach Ortsname in der Familienkundlichen Literaturdatenbank
Verschiedenes
Karten
Zeitungsmeldungen
Königsberger Hartungschen Zeitung
Datum | Schlagwort | Meldung |
---|---|---|
04.10.1912 | Ein Zugunfall | Ereignete sich Montag Abend auf der hiesigen Station in der Nähe des Wasserturms. Beim Rangieren entgleiste die Maschine eines Güterzuges mit Tender dadurch, daß sie eine Gleissperre überfuhr. Aus Königsberg traf aus der Eisenbahnhauptwerkstätte ein Hilfszug mit Arbeitern ein. Während es gelang, den Tender bald auf das Gleis zurückzubringen, konnte die Maschine, nach der „L. K.“, erst Mittwoch, um 11 ¼ Uhr Vormittags, auf die Schienen gebracht werden. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen, auch der Materialschaden ist nicht sehr erheblich.[13] |
10.10.1912 | Wohnungsmangel | Wie groß der Mangel an Wohnungen, besoders an solchen mittlerer Größe hier ist, hat der Umzug wieder mit aller Deutlichkeit bewiesen. Hierher versetzte Lehrer mußten mit ganz unzureichenden Wohnungen vorlieb nehmen. Abhilfe durch private Bautätigkeit ist nicht zu erwarten. Der Vorstand des Wohnungsbauvereins hat nun mit dem Magistrat Verhandlungen über den Erwerb eines Teils des neben der neuen Schule gelegenen städtischen Baulandes angeknüpft. Wenn diese Verhandlungen zum Abschluß kommen, will der Wohnungsbauverein ein Haus mit Drei- und Vierzimmerwohnungen errichten.[14] |
12.10.1912 | Wahl | Prorektor Aßmus von der hiesigen Mittelschule (siehe Bild oben) ist nach Kyritz gewählt und verläßt unseren Ort mit dem 1. Januar 1913.[15] |
14.11.1912 | Masernepidemie | Seit einiger Zeit treten hier (in Labiau) die Masern epidemisch auf, doch sind bisher noch alle Fälle gutartig verlaufen.[16] |
Weblinks
Kreisgemeinschaft Labiau
Fotoalbum Haffdörfer und Labiau
Zufallsfunde
Oft werden in Kirchenbüchern oder anderen Archivalien eines Ortes Personen gefunden, die nicht aus diesem Ort stammen. Diese Funde nennt man Zufallsfunde. Solche Funde sind für andere Familienforscher häufig die einzige Möglichkeit, über tote Punkte in der Forschung hinweg zu kommen. Auf der folgenden Seite können Sie Zufallsfunde zu diesem Ort eintragen oder finden. Bitte beim Erfassen der Seite mit den Zufallsfunden ggf. gleich die richtigen Kategorien zuordnen (z.B. über die Vorlage:Hinweis zu Zufallsfund).
Private Informationsquellen- und Suchhilfeangebote
Auf der nachfolgenden Seite können sich private Familienforscher eintragen, die in diesem Ort Forschungen betreiben und/oder die bereit sind, anderen Familienforschern Informationen, Nachschau oder auch Scans bzw. Kopien passend zu diesem Ort anbieten. Nachfragen sind ausschließlich an den entsprechenden Forscher zu richten.
Die Datenbank FOKO sammelte und ermöglichte Forscherkontakte. Seit Frühjahr 2018 ist der Zugriff jedoch, aufgrund der unklaren Lage durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), vorerst deaktiviert.
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
Stadtgemeinde
<gov>object_398276</gov>
Kernstadt
<gov>POLSSKKO04NU</gov>
Fußnoten
- ↑ Drei Geschaefte unter einem Dach in Labiau: die Schloss-Drogerie von Kurt Doerfling, das Sarg- und Moebellager von I. Rabbert, Nachf. und die Zigarren- und Weinhandlung von Richard Krueger. Foto 30er Jahre.
- ↑ Zahlen übernommen von polessk.ru
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Text übernommen von ostpreussen.net
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Helmut Peitsch, Reiseführer Nord-Ostpreussen, Rautenberg, Leer 1994, ISBN 3-7921-0509-8
- ↑ Salemke, Gerhard: Lagepläne der Wallburganlagen von der ehemaligen Provinz Ostpreußen, Gütersloh, 2005
- ↑ Hermanowski, Georg: Ostpreußen Lexikon, Adam Kraft Verlag Mannheim 1980
- ↑ Marianne Peyinghaus, Stille Jahre in Gertlauken, Goldmann, Hamburg 1985, ISBN 3-442-12830-7
- ↑ Verfasser: unbekannt, Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 6.10.1912, Ausgabe 470, S. 13, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
- ↑ Das Haus steht zwischen der Adlerbrücke und der Schwarzgrabenbrücke
- ↑ Grigoleit, Edmund : Die ostpreußischen Amtmänner im Jahre 1755, in: Archiv für Sippenforschung, 29. Jg. Aug. 1963, H. 11, S. 178.
- ↑ Quassowski, Dr. Hans-Wolfgang, Die von den Russen 1758-1762 in Ost- und Westpreußen angestellten Beamten. in:Familiengeschichtliche Blätter, 20. Jg., Heft 4, 1922.
- ↑ Ausschnitt aus dem Messtischblatt Labiau, Stand 1936
- ↑ Verfasser: * (unbekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 04.10.1912, Morgen-Ausgabe 1. Blatt 466, S. 3, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
- ↑ Verfasser: La. (unbekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 10.10.1912, Ausgabe 476, Morgenausgabe 1. Blatt, S. 3, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
- ↑ Verfasser: La. (unbekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 12.10.1912, Nr. 480 Morgen-Ausgabe, 1. Blatt, S. 3, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
- ↑ Verfasser:unbekannt, Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 14.11.1912, Ausgabe 537, S. 6, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz