Memel/Johanniskirche
Bitte beachten Sie auch unsere Datensammlung aller bisher erfassten Personen aus dem Memelland |
Geschichte
Die St.Johannisgemeinde (Memel Stadt) existierte seit 1258 und ist neben dem Dom Burgkirche St. Marien und der Landkirche St. Nikolai eine der ältesten Kirchen Memels. Burchard von Hornhausen, vormals Komtur zu Königsberg wurde Meister von Livland und erhob am 27. Juli 1258 die Johanniskirche zur Pfarrkirche. "1290 taucht in den Urkunden als neuer Bischof von Kurland Edmund auf, der den ihm gehörigen Teil der Johanniskirche zu Memel am 1.2. 1290 seinem soeben gestifteten Domkapitel abtritt. 1291 ergänzt er, daß er den Pfarrkindern von St. Johannis, also den Memeler Bürgern, den Friedhof von St. Marien, der Burgkirche, zur Verfügung stellt, weil infolge der Enge bei St. Johannis ein Kirchhof nicht errichtet werden könne. St. Johannis und St. Nikolai lagen damals verhältnismäßig dicht beieinander, also ziemlich weit weg von der Burg entfernt, damit ihr Gemäuer bei einer Belagerung von den Feinden nicht als Schutz benutzt werden konnte." [1] St. Nikolai lag direkt am südlichen Dangeufer, St. Johannis parallel dazu etwas weiter südlich zum Aschof hin. Im Osten der beiden Kirchen befanden sich der Wasserbaum in der Dange, ein Salzmagazin und die Bastion Geldern. Südlich der Johanniskirche stand eine Schule. Südlich davon floss die Alte oder Kleine Dange (Große Wasserstraße/ Heumarkt.
Das Komtursiegel von 1409 symbolisiert die drei ältesten Memeler Kirchen: Stadtkirche St. Johannis links, Burgkapelle St. Marien Mitte, Landkirche St. Nikolai rechts. St. Marien hatte keinen Turm sondern nur eine Kuppel. Beachtenswert ist, dass das Siegel auch die Lage der Marienkirche tief unten am Haff zeigt, während die beiden anderen Kirchen weiter landeinwärts dargestellt werden.
Die ev.-luth. Stadtkirche St. Johannis erhielt ihren Standort in der Marktstraße im Jahre 1696 nach der Verheerung Memels durch die Schweden. Bei dem grossen Brande 1854 wurde sie auch ein Raub der Flammen und erstand nunmehr neu in ihrer Gestalt bis 1945. Heute bezeichnet eine auf dem ehemaligen Grundriss gepflanzte Hecke den Standort der Kirche. Ein Wiederaufbau bzw. Neubau in veränderter Form ist geplant.
Die 1856 bis 1858 durch Hafenbauinspektor Bleek nach Zeichnungen Stülers unter Wiederbenutzung der alten Mauern errichtete Kirche ist eine dreischiffig gewölbte Hallenkirche. Die Herstellung der Giebel und Türmchen über den Seitenschiffen soll von Friedrich Wilhelm IV., der sich sehr für den Bau interessierte, persönlich veranlasst worden sein. Er stiftete auch das Altargemälde von Bouterwiek "Christus auf dem Ölberge". Die kostbaren Holzskulpturen beidseits des Altars stellen Christus und Moses dar und stammten von Alberti. Die Vollendung des 75 m hohen Turmes wurde erst durch das Vermächtnis eines Bürgers ermöglicht. Seine Besteigung war wegen des herrlichen Blickes über Stadt, Land, Haff, Nehrung und See sehr lohnend. An der außenseite des Turmes war eine Terracottafigur angebracht, die an den in Memel geborenen Dichter Simon Dach [1] erinnerte.
Die Johanniskirche war bis 1858 die Kirche der Deutschen, die in der Stadt Memel und in ihrem Umlande wohnten, seit 1858 aber wurde sie ohne Sprachzuordnung für alle zuständig, die in der Stadt Memel wohnten.
Das Gotteshaus wurde 1944/45 stark beschädigt und von den Sowjets gänzlich beseitigt.
Pfarrer
Sembritzki benennt die Stadtpfarrer in seinem Buch „Geschichte der Stadt Memel“ 1918 wie folgt:
- 1529 Stentzel, ein ehemaliger Ordenspriester, war zuerst Pfarrer in Sehesten, wurde aber, weil er der polnischen Sprache nicht mächtig war, im November 1529 nach Memel versetzt.
- 1536 Wolfgang oder Wolff Krautmüller. Er kommt zuerst in einer Urkunde vom 19.Juni 1536 vor, worin ihn der Herzog von dem Zinse befreit, den er von seinem Hause und Garten, zwischen der alten und neuen Dange (also dicht an der Kirche) belegen, zu entrichten hatte. Urkunden ähnlichen Inhalts wurden ihm dann am 20.März 1559 und 20.November 1563 ausgestellt.
- 1567 Auf ihn folgte Zacharias Krautmüller (vielleicht sein Sohn), 1564 Diakonus, 1567 Pfarrer, und noch 1579 erwähnt.
- 1579 Adam Hübner 1567 als Diakonus, 1579 als Pfarrer und 1590 als verstorben erwähnt.
- 1591 Michael Peseritius oder Peserick, aus Bartenstein, zuerst Diakonus der Stadtkirche, dann seit November 1589 Diakonus im Löbenicht zu Königsberg, ging 1591 als Pfarrer und zugleich als erster Erzpriester nach Memel und starb 1595. Die Memeler Inspektion (Superintendentur) erstreckte sich bis Ruß, Schakuhnen und Karkeln.
- 1595 M. Joachim Neresius, aus Stolp in Pommern, war in Königsberg seit 1583 Pedell, seit 1586 Subinspektor der Alumnen und 1587 dort Magister geworden. 1589 wurde er Diakonus der Stadtkirche und 1595 Pfarrer und Erzpriester. Er starb am 10.März 1621.
- 1621 - 1647 M. Matthäus Cörber, *Iglau/Mähren, +1647. Wurde 1603 Pfarrer in Powunden, 1614 Diakonus in Memel, 1621 Erzpriester in Memel.
- 1647 - 1673 M. Christoph Prätorius, *1601 Schwedt, +21.8.1673. Er war 4 Jahre Feldprediger der schwedischen Truppen während deren Besetzung der Stadt Memel, erwarb sich in dieser Zeit das Zutrauen und die Achtung der Memeler Bürger, die ihn 1631 zum Diaconus wählten. Er heiratete die Tochter Cörbers und wurde 1647 sein Nachfolger.[2]
- 1673 - 1696 M. Christoph Schultz, *5.4.1636 Königsberg, + 13.5.1696. Wurde 1657 in Rostock Magister, 1659 Diaconus.
- 1696 - 1712 M. Jacob Concius, *25.7.1667 Königsberg, + 30.7.1712. Magister in Dorpat.
- 1712 - 1741 D. Johann Arnold Pauli, *21.2.1682 Johannisburg, + 13.3.1741.1703 Rektor in Johannisburg, 1705 Feldprediger bei Feldmarschall von Steinau, 1708 Hofprediger des russ. Fürsten Menczikoff, tätig bei der luth. Gemeinde St. Petersburg, 1712 theol. Doktorgrad in Frankfurt/Oder und Erzpriester in Memel.[3]
- 1741 - 1783 Christian Nicolaus Wolff, *29.10.1714 Altbrandenburg, +7.3.1783. 1739 Kadettenprediger zu Berlin und Vize-Feldprobst.
- 1783 - 1798 Andreas Leppach, *5.12.1737 Marggrabowa, +18.3.1798. War 11 Jahre Feldprediger, dann Adjunkt von Wolff.
- 1798 - 1.4.1831 Victor Sprengel, *1763 Vorpommern, +1.4.1831. Seit 1790 Feldprediger.Ab 1798 Pfarrer und Superintendent in Memel.
- ab Michaelis 1831 Carl August Rättig, *28.12.1794 Königsberg.
- 1832 August Wilhelm Eduard Siehr, *7.8.1798 Tilsit, + 15.6.1855 Bad Ems. Wurde 1832 Superintendent.
- Friedrich Wilhelm Harbrucker, +20.1.1891. Wurde 27.8.1861 Superintendent.
- Oloff, *1837
- Generalsuperintendent Otto Obereigner
- Konsistorialrat Ernst Ribbat
- Pfarrer Lic. Erich Riedesel
- Jugendpfarrer Alfred Blaesner
Die Liste ist nicht vollständig und kann ergänzt werden.
Diakone
Diakone der Stadtkirche laut Sembritzki:
- Johann Förster
- 1546 Albrecht von Aweiden
- 1649/50 Michael Stifel. 1487 zu Esslingen geboren und Augustinermönch gewesen, kam er nach Annahme des lutherischen Glaubens nach Preußen und wurde hier zuerst in Memel, später 1550 in Eichholz und das Jahr darauf in Hafestrom Pfarrer. Er besaß ausgezeichnete Kenntnisse in Arithmetik und Algebra und verfasste mehrere diesbezügliche deutsche und lateinische Schriften. Gestorben ist er als Diakonus zu Jena 17.April 1567. Er berechnete den Weltuntergang exakt auf den 19. Oktober 1533 um 8 Uhr.[2][3]
- 1564 Krautmüller s.o.
- 1567 Hübner s.o.
- 1579 Martin Aldus aus Thorn, war 1569 zu Königsberg Baccalaureus geworden, 1579 in Memel.
- Peseritius und Neresius s.o.
- 1595 Michael Rosa aus Bartenstein, kam 1595 und starb im nächsten Jahr.
- 1596 M. Andreas Blenno aus Stettin, zu Frankfurt immatrikuliert 1581, seit 1590 Konrektor zu Königsberg, wurde trotz des Widerspruchs der Gemeinde angestellt, starb aber schon nach sechs Monaten am 19. Januar 1597.
- 1598 Johann (Michael) Gansewind aus Bartenstein, zu Frankfurt immatrikuliert 1553.
- 1601 M. Timotheus Fabricius, geb. 23.Januar 1575 zu Stargard in Pommern, wurde 1601 Diakonus, erwarb 1607 den Magistergrad zu Königsberg und ging 1608 als Pfarrer nach Insterburg, wo er 1617 starb.
- 1607 George Schönwald, geb. zu Königsberg 1579, 1602-1604 Subrektor im Kneiphof, wurde 1607 Diakonus und ging 1614 als Diakonus an den Dom zu Königsberg, starb aber bald darauf.
- Cörber s.o.
- M. Laurentius Neresius, Sohn des Erzpriesters und in Memel geboren, wurde 1617 zu Königsberg Magister und starb 1627 im 34. Jahre.
- M. Johann Crusius, geb, zu Königsberg, wurde dort 1623 Magister und starb 1631.
- Christoph Prätorius s.o.
- Johann Vielstich aus Schlesien starb 1659.
- M. Christoph Schultz s.o.
- 1674 M. Friedrich Wagner geb. zu Königsberg 9.Dez. 1640, wurde 1669 Pfarrer zu Löwenhagen, 1674 Diakonus zu Memel und starb 1684.
- 1685 Johann Heinrich Griesinger, geb. zu Worms, mußte der Religion wegen seine Heimat verlassen, war zuerst Präzentor in Prökuls, 1679 Pfarrer in Crottingen, wurde 1685 Diakonus und starb Ende 1700.
- 1701 Heinrich Saft, geb. 10. August 1661 zu Lindenau, 1685 Pfarrer in Seligenfeld, 1701 Diakonus, starb 1706.
- 1706 - 1709 M. Michael Gronert, geb. 11. Oktober 1679 zu Königsberg, wurde dort 1704 Magister, war 1706-1709 Diakonus und starb in diesem Jahr 3 Monate nach seiner Rückkehr in die Vaterstadt.
- 1709 D. Wilhelm Wilke, geb. zu Memel am 1.Januar 1688, wurde zu Wittenberg Magister, war dort 1706-1709 Assessor der philosophischen Fakultät und erwarb sich ebenda 1710 den theolog. Doktorgrad. Trinitatis 1709 wurde er Diakonus, starb am 30.April 1745. Er war einer der reichsten Einwohner Memels und besaß auch die Güter Dumpen und Groß Tauerlauken.
- Benjamin Christian Gottlieb Hübner, geb. 22.März 1713 zu Königsberg, starb 3.Dez. 1756.
- 1757 Johann Ernst Müller, geb. 3.Mai 1718 zu Calbe, war 11 Jahre lang Feldprediger, wurde 1757 Diakonus und starb 13.Aug. 1772. Ihm folgte sein Brudersohn
- 1772 - 1781 Johann Heinrich Wilhelm Müller, geb. 7.März 1745 zu Schleusingen, von 1772 bis 15.August 1781.
- 1782 Gottlieb Czeslick, geb. 29.April 1750 zu Arys, vorher Kantor in Wehlau, kam 1782 nach Memel und starb 14.August 1819.
- 1820 - 1862 Carl Gottlieb Rehsener, *7.4.179ß Gross-Küdde, +26.12.1862
- 1863 - 1887 Heinrich August Ebel, +26.6.1887, zuvor Hilfsprediger und Gymnasiallehrer in Königsberg.
- 1887 - 1892 Zimmer
- ab 9.10.1892 Lengning Gustav, *1865.
Kirchenbücher
Die Kirchenbücher der Johanniskirche sind größenteils im Original in Berlin erhalten (Evangelisches Zentralarchiv Berlin). Teilweise sind sie auch als Verfilmungen des Reichsippenamtes greifbar, die heute in Leipzig lagern (Sächsisches Staatsarchiv Leipzig). Verfilmungen sind auch bei den "Mormonen" vorhanden.
Das es mehrere Pfarrstellen gab, überschneiden sich manche Zeiträume. Hier werden nur zusammenfassend der vorhandene Zeitraum angeben:
- Taufen 1614-1944 mit Lücken
- Konfirmationen 1817-1944 mit Lücken
- Aufgebote 1932-1941
- Heiraten 1614-1944 mit Lücken
- Sterbefälle 1685-1944 mit Lücken
Karten