Eydtkuhnen

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Wappen der Stadt Eydtkuhnen

E y d t k u h n e n

Grenzstadt an der Ostbahn
Kreis Stallupönen, O s t p r e u ß e n
____________________________________________

Die Reichsgrenze bei Eydtkuhnen im Jahr 1900


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Hierarchie


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Geschäftshaus am Markt von Eydtkuhnen, vor 1914
Die Kantstraße in Eydtkuhnen

Einleitung

Die Chausseestraße in Eydtkuhnen

Eydtkuhnen war einmal in der ganzen Provinz und darüber hinaus als Grenzort besonderen Ranges bekannt. Der bis ins 16. Jahrhundert zurückreichende Ort begann mit dem 1860 beendetem Bau der Ostbahn, die ein Jahr später an das russische Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, aufzublühen.

Vor dem Ersten Weltkrieg waren schließlich 46 Speditionsgeschäfte dort ansässig. 5.000 Gänse aus Rußland mußten in den Spätsommer- und Herbsttagen täglich in großen Buchten gefüttert werden. Der Ort mit dem trapezförmig angelegten Markt wuchs ständig, zählte schließlich mehr als 7.000 Einwohner und wurde 1922 zur Stadt erhoben. 1923 wurden mehr als 10.000 Bewohner gezählt. Als nach dem Ersten Weltkrieg Litauen ein eigener Staat und damit der Fernhandel mit dem Osten unterbrochen wurde, war die geschäftigste Zeit vorüber. Die Zahl der Bewohner ging bis auf knapp über 5.00 zurück. [1]

Allgemeine Informationen

Das Hotel Russischer Hof in Eydtkuhnen

Eydtkuhnen (1938–45 Eydtkau, russ. Tschernyschewskoje / Чернышевское, litauisch Eitkūnai, poln. Ejtkuny) ist ein Ort in der Oblast Kaliningrad, Rußland, an der Grenze zu Litauen, die östlich vom Ort von dem Flüßchen Lepone gebildet wird. Eydtkuhnen gehört heute zur Landgemeinde Prigorodnoje im Rajon Nesterow.

Eydtkuhnen (Tschernyschewskoje) liegt im äußersten Osten der Oblast Kaliningrad an der Grenze zu Litauen. Durch den Ort führt die russische Fernstraße A 229 (ehemalige deutsche Reichsstraße 1, heute auch Europastraße 28), die hier in die litauische Fernstraße A 7 übergeht. Das frühere Eydtkuhnen (Eydtkau) war bis 1945 Endbahnhof der Preußischen Ostbahn. Das heutige Eydtkuhnen ist kaum wiederzuerkennen. Im Stadtgebiet befindet sich ein militärischer Sperrbezirk, in dem auch die Ruine der neuromanischen Kirche steht. Nach Osten schließen sich schäbige Einheitsbauten, Kasernen, Panzer und Lastwagen an. Noch markanter als sonst überall ist hier der krasse Unterschied von damals und heute zu sehen. Westlich der Stadt befand sich die Salzburgersiedlung Kattenau, südwestlich davon liegt Trakehnen.

  • 1905 (Meyers Großes Konservationslexikon):
Eydtkuhnen, Flecken im Regierungsbezirk Gumbinnen, Kreis Stallupönen. Knotenpunkt der preußischen Staatsbahnen Königsberg - Eydtkuhnen, lebhafter Speditionshandel, besonders in russischen Pferden, Gänsen, Getreide.

Name

  • Eydtkuhnen (bis 1938)
  • Eydtkau (1938 - 1945)
  • Ėjdtkunen / Эйдткунен (1945)
  • Černyševskoe / Чернышевское (1946 - heute)


Der Name Eydtkuhnen ist prußisch abzuleiten
und bezieht sich auf den schreitenden Gang des Einzelhofbesitzers.
  • prußisch "ēit" = gehen
  • "ēitikus" = der Fußgänger
  • "ēituks, heiduck" = langsamer prußische Schreittanz
vgl. dazu
  • preußisch-litauisch "eīti" = die Art und Weise des Gehens, wie auf Stroh gehen

Wappen

Wappen-Eydtkau-k.jpg

Das Wappen zeigt in dem von Silber und Grün geteilten Feld oben ein eigentümlich gestaltetes, aus dem unteren Teile in den oberen aufwachsendes, rotes Stadttor
(nicht Burg) mit der aufgehenden, goldenen Sonne im Torbogen,
unten ein silbernes, geflügeltes, eisenfarbiges Eisenbahnrad.

Einwohner

....1868.... ....1875.... ....1900.... ....1923.... ....1939....
2.000 3.253 3.707 10.500 4.922

Politische Einteilung / Zugehörigkeit

  • Eydtkuhnen gehört seit dem 1. September 1818 zum Kreis Stallupönen im Regierungsbezirk Gumbinnen in der preußischen Provinz Preußen (nicht: Ostpreußen).
  • Seit dem 24.06.1874 ist Eydtkuhnen ein eigener Amtsbezirk.
Zeitweise war das Dorf Eydtkuhnen mit mehr als 10.00 Einwohnern (1923)
die größte Ortschaft im Landkreis Stallupönen.

In Eydtkuhnen gab es mehrere Druckereien, die jüdische Literatur für den Export nach Rußland druckten. Unter den 70 Gründungsmitgliedern der Eydtkuhner Synagogengemeinde waren auch Kaufleute und Spediteure, die vorher ihr Geld mit dem Holzhandel auf der Memel verdient hatten. Sie hatten rasch erkannt, dass die Infrastruktur der Eisenbahn völlig neue Perspektiven und Betätigungsfelder schuf und weitaus bessere Möglichkeiten als die Memelschiffahrt bot.
Nach 1880 flohen russische Juden vor den Pogromen und Repressionen des Zarenreiches in großer Zahl nach Deutschland. Die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für russische Juden wurden jedoch 1885 durch das preußische Innenministerium verschärft. so daß einflußreiche Kaufleute nach Amerika und Palästina auswanderten, statt sich im Reich niederzulassen. [2]

Kirchliche Einteilung / Zugehörigkeit

Die ev. Pfarrkirche von Eydtkuhnen
Die ev. Kirche von Eydtkuhnen, 2008

Evangelische Kirche

  • 1887/89 Bau der kreuzförmigen zweitürmigen Kirche im neuromanischem Stil nach den Entwürfen von Fr. Adler.
  • Um 1900 waren die meisten Einwohner Eydtkuhnens evangelisch.

Kirchengebäude

Die neoromanische Kirche mit kreuzförmigem Grundriss wurde nach den Plänen von Friedrich Adler gebaut und 1889 eingeweiht. Heute existieren nur noch Ruinen mit den zwei Turmunterbauten ohne die früheren Spitzdächer. Das Erdgeschoss ist zugemauert, das Dachgeschoss des Kirchenschiffs ist verschwunden.

Die Kirche wurde nach 1945 lange Zeit vom Militär als Lager zweckentfremdet, heute steht das Gebäude ungenutzt. Das Pfarrhaus ist zugemauert.

Kirchengemeinde

Bis 1945 war das − von einer überwiegend evangelischen Bevölkerung bewohnte – Eydtkuhnen/Eydtkau ein Kirchspielort im Kirchenkreis Stallupönen (1938–1946 Ebenrode, russisch: Nesterow) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Erst im Jahre 1883 war Eydtkuhnen ein selbstständiges Kirchspiel geworden, nachdem es von dem Kirchort Bilderweitschen (1938–1946 Bilderweiten, russisch: Lugowoje) abgetrennt worden war.

Nach 1945 kam das kirchliche Leben in dem Ort zum Erliegen. Heute hat sich in dem acht Kilometer nordwestlich gelegenen Nachbarort Babuschkino (Groß Degesen) eine neue evangelische Gemeinde gebildet, die zur Propstei Kaliningrad der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) gehört.
Das zuständige Pfarramt ist das der Salzburger Kirche in Gussew (Gumbinnen).

Pfarrer 1886–1945

Zwischen 1886 und 1945 waren in Eydtkuhnen/Eydtkau 18 evangelische Geistliche tätig,[3] zwischen 1883 und 1886 als Vikare, danach als Pfarrer:

  • Gustav Adolf Kollepke, 1883
  • Georg Eugen Peter Henkys, 1884–1886
  • Georg Max Henkys, 1886–1893
  • Julius Ernst Eduard Kalweit, 1894–1898
  • Paul Friedrich Ferdinand Hafke, 1898–1902
  • Otto Gerß, 1902–1924
  • Georg Kern, 1906–1909
  • Friedrich Worm, 1909–1913
  • Erwin Kürschner, 1913–1918
  • Walter Prang, 1918
  • Eugen Bauer, 1921–1923
  • Gerhard Ruhmland, 1924–1926
  • Max Lechner, 1924–1931
  • Herbert Kriwath, 1927–1929
  • Ernst Segschneider, 1931–1937
  • Erwin Schröter, 1939–1945

Kirchenbücher

Die Kirchenbuchunterlagen über Taufen, Trauungen und Bestattungen aus den Jahren 1883 bis 1944, Konfirmationen 1924 bis 1944 sind erhalten und werden im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt. Als Sonderdokumente liegen dort auch die kirchlichen Bücher der Gefallenen der Jahre 1914 bis 1918 und 1939 bis 1944.[4]


Geschichte

Der Grenzübergang Eydtkuhnen, vor 1914
Ansichtskarte mit Motiven von der russischen Grenze
  • 1557 wird der Einzelhof Eittkau aus dem Wildnisdorf Leponischken abgezweigt und entwickelt sich zu einem Bauerndorf.
  • Um 1600 kam der Name Eydtkuhnen auf.
  • 1757 Die Russen fallen im Sommer (im Siebenjährigen Krieg) unter Graf Fermor und Feldmarschall Graf Apraxin in Ostpreußen ein. Zarin Elisabeth I. erklärt durch Patent vom 31. Dezember 1757 Ostpreußen als russisches Eigentum.
  • 1758 Jan. Eine russische Armee unter Graf Fermor besetzt kampflos das ungeschützte Ostpreußen.
  • 1762 Nach dem Tod der Zarin Elisabeth (5.1.1762) kommt es unter ihrem Nachfolger, Zar Peter III., zum Frieden mit Preußen (5.5.1762 Vertrag von St. Petersburg). Russland gibt ohne Entschädigung die besetzten bzw. bereits annektierten Gebiete Ostpreußen, Hinterpommern und Neumark zurück. Die Russen ziehen ab, Eydtkuhnen wird wieder preußisch.
  • 1860 Fertigstellung der letzten Teilstrecke der Ostbahn.
    Neben dem neu erbauten Bahnhof standen zunächst nur zwei elende Häuser.
  • 1861 Anschluss an das russische Eisenbahnnetz.
  • Eydtkau wächst infolge des Bahnverkehrs, des lebhaften Speditions- und Grenzhandels.
  • 1872 Eingliederung der Landgemeinde Kinderweitschen (teilweise) in die Landgemeinde Eydtkuhnen
  • 1873 und 1905 wurden Teile der benachbarten Ortschaften in Eydtkau eingemeindet.
  • 24.06.1874 Bildung des Amtsbezirks Eydtkuhnen Nr. 1 aus der Landgemeinde Eydtkuhnen (1 Gemeinde).
    Er wird zunächst verwaltet vom Amtsvorsteher in Eydtkuhnen.
  • Das im August 1914 zerstörte Dorf wurde mit Hilfe der Patenstadt Wiesbaden neu aufgebaut.
  • 1922 wurde der Ort zur Stadt erhoben.
  • 03.06.1938 Umbenennung der Stadt Eydtkuhnen in Eydtkau

Berichte

Norddeutscher Postbezirk.jpg

Deutsche Kriegszeitung 1914, Herausgegeben vom "Berliner Lokal-Anzeiger", Nr. 1, Sonntag, 2. August 1914.

Eydtkuhnen von Russen besetzt. Telegraphische Meldungen. Königsberg, 2. August.

In Eydtkuhnen sind russische Patrouillen eingeritten. Das Postamt Bilderweitschen ist nach sicherer Meldung zerstört. Der Feind überschritt die Grenze an vielen Stellen. ....

Eydtkuhnen wurde 1914 durch die russische Armee stark zerstört.

Heutige Situation

Als Tschernyschewskoje (nach dem sowjetischen Offizier Tschernyschew) wurde die Ortschaft Eydtkuhnen Teil der RSFSR, seit 1991 der Russischen Föderation. In der Stadt wurde ein Gefängnis eingerichtet. Der Bahnhof wurde demontiert, da er nach 1945 nicht mehr als Grenzbahnhof benötigt wurde und der nächste Bahnhof Kybartai sehr nah lag.

Die Stadtmitte von Eydtkuhnen im Jahr 2008

Wer heute nach Eydtkuhnen kommt und das bescheidene Ortsschild „Tschernyschewskoje“ mit dem seltsamen, von Verfall und Verwilderung gekennzeichneten Gelände dahinter sieht, kann sich nicht mehr vorstellen, daß hier einmal das Zentrum einer geschäftigen Grenzstadt war. Nur eine stattliche Lindenallee verrät dem Kundigen, wo einmal die Hindenburgstraße durch ein blühendes Gemeinwesen ging. Vereinzelt haben Häuser das Inferno überlebt. Auf der linken Seite dann eine hohe Wand, die den Kern der einstigen Stadt einmauert. Das Sperrgebiet wurde lange zum Teil als Kaserne, zum Teil auch als Gefängnis genutzt.

Lediglich das Zollhaus, wenn auch leicht verändert, erinnert sichtbar an die alte Zeit. Die Lepone, immer noch Grenzfluß, aber fast nur ein Graben, hat eine massive Brücke erhalten. Hier, wie über die nahe Eisenbahnbrücke, geht nahezu der gesamte Ost-West-Verkehr des Königsberger Gebiets - so wie einst: nur, daß damals Deutsche auf dieser Seite und Russen, später Litauer auf der anderen waren, heute Russen auf dieser und Litauer auf der anderen Seite stehen.

Im Innern des Sperrbezirks stehen die Reste des Symbols der alten Stadt, die Ruine der 1887/89 erbauten Kirche im neuromanischen Stil. Der hellrote Backsteinbau in Kreuzform, besonders seine beiden Turmstümpfe , leuchten inmitten einer leeren, verunkrauteten Fläche in der Abendsonne.
Das ganze Erdgeschoß ist zugemauert. Im Inneren ist das Tonnengewölbe noch zu erkennen.

Zugenagelt ist das Pastorat. Zu erkennen sind weiter Volksschule, Turnhalle (Klubhaus), zwei der Eisenbahner-Häuser, einzelne Häuser an Kant- und Feldstraße. Zugemauert sind die Ruinen zur Lepone hin, danach neue Einheitsbauten und Kasernen. [1]

Seit 2007 befindet sich in Tschernyschewskoje ein wichtiger Straßengrenzübergang zwischen der Oblast Kaliningrad und Litauen. Die Eisenbahngrenzabfertigung auf russischem Gebiet findet nunmehr in Nesterow (Stallupönen) statt. Die Eisenbahn plant zurzeit den Wiederaufbau des Grenzbahnhofs,[5] da die Kapazitäten im Bahnhof Nesterow nicht ausreichen.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

  • Marie Madeleine (1881–1944), Schriftstellerin
  • Felix Bressart (1892–1949), Schauspieler
  • Dieter Biallas (* 1936), deutscher Politiker (FDP), Zweiter Bürgermeister und Senator für Wissenschaft und Kunst der Freien und Hansestadt Hamburg (1974–1978)

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Verschiedenes

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Karten

Stadtplan von Eydtkuhnen
Eydtkuhnen auf der Karte des Kreises Stallupönen (Ebenrode)
Die Preußische Ostbahn von Berlin nach Eydtkuhnen
Ostpreußenkarte um 1925
Eydtkuhnen (Eydtkau), Krs. Stallupönen
auf dem Messtischblatt von Eydtkau (Eydtkuhnen), 1938
Prußische Stammesgebiete


Bibliografie

Zufallsfunde

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Städte und Gemeinden im Kreis Stallupönen

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

<gov>EYDKAUKO14IP</gov>

Quellen

  1. 1,0 1,1 Helmut Peitsch, Reiseführer Nord-Ostpreußen, Rautenberg, Leer 1994, ISBN 3-7921-0509-8
  2. Aus der Jüdischen Zeitung
  3. Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg 1968, S. 36
  4. Christa Stache: Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil 1: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der Union, Berlin 1992³, S. 38
  5. Russische Webseite zum Wiederaufbau