Fürstentum Ostfriesland

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Hierarchie:

Regional > Historisches Territorium > Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation > Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis > Fürstentum Ostfriesland

Status

  • Ostfriesland (Reichsgrafschaft, Fürstentum). [1]

Einführung

Der Raum zwischen Dollart, Jadebusen, Oldenburg und Nordsee war schon in der Steinzeit besiedelt. Noch vor 800 wurde die¬ses 785 von den Franken unterworfene Gebiet christianisiert. 843 kam es zum Mit¬telreich Lothars I., 870 zum ostfränkischen Reich.

Nach dem Zerfall des Karolingerrei¬ches bildeten sich in 0stfriesland mehrere selbständige Länder („terrae“; Brokmerland, Emsigerland, Harlingerland u. a.), die im Hochmittelalter von consules regiert wurden und sich im sogenannten Upstallsboom (benannt nach einem Versammlungsplatz südlich von Aurich) in einer Art Landfriedensbund zusammenschlossen.

Häuptlinge

Nach 1327 verfiel die¬ser Verband der friesischen Freiheit und die einzelnen Gebiete gerieten unter die Herr¬schaft von Häuptlingen (u. a. das Geschlecht tom Brok auf der Oldeborg im Brokmer¬land, später in Aurich), die sich in zahlrei¬chen Fehden gegenseitig bekämpften. Nach dem zunächst das Geschlecht tom Brok (1361 Keno Hilmersna) eine gewisse Füh¬rung erlangt hatte (1371 Häuptling des Brokmerlandes, 1376 ff. Norderland, Emsi¬gerland, Harlingerland und Auricherland, 1413 Emden, westliches Friesland, Okko II. 1417-27 Häuptling in 0stfriesland), gelang es seit 1427/30/41 dem Häuptling Edzard und dann Ulrich Cirksena aus der seit dem 13. Jahrhundert in führender Stellung der Nor¬der Landesgemeinde nachweisbaren Familie Cirksena, die ihren Namen und ihr Erbe in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts über die Erbtochter an die Häuptlinge von Greet¬siel übertragen hatte, die Fehden zu beenden und den größten Teil des Landes östlich der Ems unter einer Herrschaft zu vereinigen.

Reichsgrafschaft

1464 ließ sich Edzard als Ulrich I. vom Kaiser mit der Reichsgrafschaft 0stfriesland belehnen (Graf¬schaft zu Norden, Emden, Emisgonien in 0stfriesland), was zur Folge hatte, daß 0stfriesland beim Reich verblieb und nicht, wie das schon früh in der Grafschaft Holland aufgegangene Gebiet von Sinkfal bei Brügge bis zur Zuidersee und später das westerlauwersche Friesland (Westfriesland) und das Groningerland, über das Herzogtum Burgund an die Nieder¬lande gelangte. Ausgenommen blieben Jever, Butjadingen östlich des Jadebusens und das Harlingerland, Hauptstadt wurde Emden, 1561 Aurich. 1511 entstand ein eige¬nes ostfriesisches Landrecht.

Reformation

Seit 1519 drang die Reformation ein. 1568-1648 kam es zum achtzigjährigen Krieg, in welchem sich der lutherische Landesherr und die unter Füh¬rung der calvinistischen, 1595 verlorenge¬gangenen Stadt Emden (Genf des Nordens) stehenden Stände gegenübertraten. Die Gewinnung Jevers mißlang 1529/75. 1600 wurde durch Heirat das Harlingerland mit 0stfriesland vereinigt.

Reichsfürstentum

1654 wurde Graf Enno Ludwig in den Fürstenstand erhoben (Reichsfür-stentum 0stfriesland, 1677 Sitz und Stimme auf dem Reichstag, Einführung in den Reichsfürstenrat 1677, Entstehung des Titels Fürstentum 0stfrieland durch Observanz und Verjährung). 1682 verlegte der Markgraf von Brandenburg Truppen in das fak¬tisch selbständige Emden. 1744 starb das Geschlecht Cirksena aus.

Preußen

Friedrich der Große besetzte das an sich den Generalstaaten vermachte, von diesen aber nicht angenommene Ostfriesland auf Grund einer kaiserlichen Anwartschaft von 1694 und machte es zu einer Provinz Preußens mit der Hauptstadt Aurich. Das Fürstentum enthielt die Städte und Ämter Aurich, Norden, Emden, Berum, Greetsiel, Pewsum, Leer, Stickhausen und Friedeburg und die adeligen Herrschaften Dornum, Lütetsburg, Jennelt oder Jindelt, Risum, Petkum und Gödens.

Napoleon

1807 verlor Preußen das 60 Quadratmeilen große 0stfriesland (ohne Reiderland) mit 110.000 Einwoh¬nern an Napoleon 1., der es dem Königreich Holland, 1810 Frankreich unmittelbar einverleibte (Departement Ost-Ems).

Hannover (Kurfürstentum, Königreich, Provinz)

1815 kam 0stfriesland an Hannover (Landdrostei Aurich), 1866 mit diesem an Preußen. 1946 wurde es als Regierungsbezirk Aurich Teil Niedersachsens.

Fußnoten

  1. Quelle: Köbler, Gerhard: Historisches Lexikon der deutschen Länder (1988)

Literatur

  • Wiarda, T. D., Ostfrie¬sische Geschichte, Bd. 1-10 1792 ff., Neudruck 1968;
  • Ostfriesisches Urkundenbuch, hg. v. Friedländer, E., Bd. 1-2 1878 ff., Neudruck 1968;
  • Klinkenborg, M., Geschichte der tom Broks, 1895;
  • Reimers, H., Ostfries¬land bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1925;
  • Koolmann, A.-Wiemann, H., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1-4 1951;
  • König, J., Verwaltungsgeschichte Ostfries¬lands bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1955;
  • Lang, A. W., Die älteste gedruckte Seekarte der Ems, Erläuterungen zur Neudruckausgabe der Beschreibun¬gen der ostfriesischen Küste des L. J. Waghenaer von 1584, 1957;
  • Möhlmann, G., Geschichte Ostfrieslands, 1962;
  • Baker, G., De grenzen van Frisia tussen 600 en 1150, 1962;
  • Teschke, G., Studien zur Sozial- und Verfas¬sungsgeschichte Frieslands im Hoch- und Spätmittelal¬ter, 1966;
  • Wiemann, H., Die Grundlagen der landständi¬schen Verfassung Ostfrieslands, 1974;
  • Ostfriesland, hg. v. Möhlmann, G., 3. A. 1975;
  • Schmidt, H., Politische Geschichte Ostfrieslands, in: Ostfriesland im Schutze des Deiches 5 (1975), 86 ff.;
  • Wiemann, H., Materialien zur Geschichte der ostfrieisischen Landschaft, 1982;
  • Lam¬schus, C., Emden unter der Herrschaft der Cirksena, 1984