Tulpeningken
Hierarchie
Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast >Tulpeningken
Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Pillkallen > Tulpeningken
Einleitung
Tulpeningken ist ein Dorf im Kreis Pillkallen in Ostpreußen.
Die Ortschaft liegt an der Landstraße, die von Lasdehnen nach Schillehnen an der Memel führt.
Das Bauerndorf liegt in schöner Umbebung im Tal der Szeszuppe und wird im Norden vom großen Neuluböner Forst begrenzt.
Name
- Tulpeningken (bis 15.07.1938)
- Tulpeningen (ab 16.07.1938 - 1945)
- Tul'peningken / Тульпенингкен (1945)
- Zaretschnoe / Заречное (1946 bis heute)
Allgemeine Informationen
Tulpeningken war der zentrale Ort für die umliegenden Dörfer Sandhöhe (Budupönen), Eigern (Eygarren), Ostfurt (Woitekaten), Waldhufen (Plonszöwen), Flußfelde (Schillenöhlen), Grenzheide (Klein Darguschen) und Grenzwald (Neu Skardupönen). In Tulpeningken gab es eine Postelle, einen Kolonialwarenladen, ein Gasthaus und einige Handwerksbetriebe. Die Bewohner lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft. Arbeitsmöglichkeiten gab es in der Forstwirtschaft und beim Wasserbauamt.
Die nächste Bahnatation war Lasdehnen.
Politische Einteilung / Zugehörigkeit
- Von 1818 bis 1945 war Tulpeningken (ab 1938 Tulpeningen) eine Gemeinde im Kreis Pillkallen
(ab 1938 Kreis Schloßberg), Reg.-Bez. Gumbinnen, Ostpreußen - Ab 1945 ist Tulpeningken / Заречное eine Landgemeinde im Rajon Krasnosnamensk
(Oblast Kaliningrad), Rußland
Kirchliche Zugehörigkeit
Evangelische Kirche
Tulpeningken gehörte zum Kirchspiel Lasdehnen. Zum Konfirmandenunterricht mußten die Jungen und Mädchen einen sechs Kilometer langen Fußmarsch zurücklegen. Manchmal wurden die Kinder auch mit einem Pferdefuhrwerk nach Lasdehnen gefahren.<
Katholische Kirche
Tulpeningken gehörte mit Lasdehnen zur katholischen Kirchengemeinde Bilderweitschen.
Geschichte
- 08.04.1874 Tulpeningken gehört zum neugebildeten Amtsbezirk Jucknaten Nr. 17
- 03.06.1938 Umbenennung der Gemeinde Tulpeningken in Tulpeningen
Ortsbeschreibung
Die Försterei Tulpeningken
Von Viktor Kittel
Ich begann meine zweijährige praktische Ausbildung zum Revierförster als Forstanwärter in der, wie es damals hieß, mittleren gehobenen Beamtenlaufbahn am 1. April 1940 in der Revierförsterei Tulpeningen, Krs. Schloßberg (früher Pillkallen). Diese relativ kurze Zeit als junger Forstbeamter ist eine der schönsten meines Lebens gewesen.
Die Revierförsterei Tulpeningen lag sehr einsam. Es gab keinen elektrischen Strom und als Telefon gab es nur einen Kurbelinduktionsapparat, mit dem man sich zwischen den Revierförstereien mit unterschiedlichen Zeichen verständigen konnte. Das zur Revierförsterei gehörende Dienstgebäude war teilweise mit Holz verkleidet. Die Fenster der Vorderfront schauten über einen sorgsam gepflegten Garten hinaus auf das zur Försterei gehörende Dienstland – das waren 80 Morgen Landwirtschaft. Auf dieser Seite war die Luft angefüllt mit angenehmen und würzigen Gerüchen des Gemüses und der Gewürze, die sich mit dem Duft eines ganzen Meeres von Sommerblumen mischten.
In das gemütliche und wohnliche Hausinnere gelangte man durch eine hochgelegene Holzveranda. Mittelpunkt des beruflichen Lebens, aber auch der Männerrunden beim Skat, war das Arbeitszimmer des Revierförsters. Die Wände zierten Bilder mit Jagdmotiven, Geweihe von kapitalen Hirschen, Rehgehörne und ein großer ausgestopfter Auerhahn. Ein imposanter Bücherschrank, der auserlesene Werke der Jagdliteratur barg, ein eichener Holztisch, dahinter das Ledersofa, ein Ledersessel, ein Schreibtisch mit prächtigem Schnitzwerk und einige hochlehnige Stühle bildeten die Einrichtung. Von der Decke hing ein mehrflammiger Kronleuchter, aus starken, dekorativen Hirschstangen hergestellt.
In der „guten Stube“, die vom Arbeitszimmer durch eine Glasdoppeltür getrennt war, saßen immer die Damen der Herren, die mit dem Revierförster Skat spielten, und vertrieben sich die Abende mit Gesellschaftsspielen. Außerdem führten je eine einfache Tür in die große Wohnstube, in der auch die Mahlzeiten eingenommen wurden, und zum Flur hinaus – dort gingen die Grünröcke ein und aus, die Jagdgäste, hohe Regierungsbeamte, Vorgesetzte vom Regierungsforstamt Gumbinnen oder Jagdfreunde des Revierförsters. Sie waren immer etwas Besonderes, diese Besuche. Sie füllten das Haus mit Spannung und Neugier, die Stuben und Flure mit den Stimmen fröhlicher Männer.
Im Sommer 1941, nach dem Beginn des Krieges mit Russland, verließ ich die Revierförsterei, um die Ausbildung im Forstamt Memelwalde (früher Neu-Lubönen) fortzusetzen. Auch sollte ich vorerst vom Kriegsdienst zurückgestellt werden. Ich meinte damals aber, wenn ich nicht bald eingezogen werde, käme ich für jede Kriegshandlung zu spät und so hatte ich mich schon 1940 heimlich freiwillig zur Luftwaffe gemeldet. Als ich dann meine Einberufung zum 16. November 1941 meinem Forstmeister vorlegte, tobte er natürlich fürchterlich. Er hielt mir vor, daß man mich freigestellt hätte, weil kaum Forstpersonal vorhanden sei, und außerdem wüsste ich doch, daß ich als Forstanwärter nur zur Infanterie und zwar zu den „Ortelsburger Jägern“ gehen dürfte. Er drohte mir an, daß das noch ein Nachspiel für mich haben würde.
Heutige Situation
Die Umgebung von Tulpeningken / Заречное ist heute einsam und verlassen. Trotz der landschaftlichen Schönheit kommen nur selten Besuchergruppen in die Dörfer an der Szeszuppe, denn von den meisten Ortschaften ist kaum etwas erhalten geblieben. Flußfelde, Vormwalde und Eigern sind völlig verschwunden, in Ostfurt stehen noch ein paar Häuser.
In Tulpeningken sind einige Altbauten erhalten geblieben. Es gibt ein Lebensmittelgeschäft, und an der Stelle verschwundener Gehöfte stehen schlichte Neubauten. Die Menschen leben in einfachen Verhältnissen, sie versorgen sich aus blumengeschmückten Gärten und halten allerelei Kleintierviehzeug. Landwirtschaft in Privatinitiative wird nur zögerlich betrieben. Die Szeszuppe schlängelt sich wie eh und je durch die abwechslungsreiche Landschaft, doch die vielfältigen Beziehungen, die es früher einmal von der ostpreußischen zur litauischen Flußseite gegeben hat, existieren nicht mehr. Heute ist die Szeszuppe EU-Außengrenze, und auf beiden Seiten des Flusses befinden sich Grenzsperrbezirke, die man nur mit einem besonderen Berechtigungsschein betreten darf.
Verschiedenes
Karten
Internetlinks
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>TULGENKO14GX</gov>