Evangelische Kirche Striegau

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Einleitung

Allgemeine Information

Evangelische Gemeinde der Stadt Striegau.

Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

Der Landkreis Striegau gehörte von 1741-1815 zum "Schweidnitzer Inspektionskreis"; von 1815-1833 unterstand er der "Jauerschen" Superintendentur. Vom l. November 1833 ab bildete er mit Waldenburg zusammen den Kirchenkreis Striegau-Waldenburg. Am 1. Oktober 1871 wurde Striegau von Waldenburg losgelöst und zum selbständigen Kirchenkreis Striegau.

Geschichte

Striegau - ev. Kirche



Striegauer Anzeiger Nr. 132 – Sonnabend/Sonntag, 8./9. Juni 1929:

Von der Evangelischen Stadtpfarrkirche
Im Bilde unserer Stadt Striegau lenkt neben der katholischen Kirche mit ihrem stolzen, die Dächer der unteren Stadt überragenden Gewölbe auch die höher gelegene evangelische Kirche mit ihrem langgestreckten grauen Schieferdache und ihrem massigen Turme die Aufmerksamkeit des Beschauers auf sich. Sie ist für eine etwa 15 000 Seelen umfassende evangelische Gemeinde der Mittelpunkt, in dem sich sonntäglich zweimal die Gemeindeglieder zum Gottesdienst sammeln; drei Geistliche wirken an der Kirche und der Gemeinde. Noch nicht länger als 110 Jahre ist die Kirche im Besitze der evangelischen Gemeinde. — Nach der Einführung der Reformation in Schlesien wurde von 1525 an evangelischer Gottesdienst in der großen katholischen Kirche und, wie es scheint, auch in der Karmeliter-Kloster-Kirche — dem jetzigen evangelischen Gotteshause — gehalten. Der von den Kaiserlichen fortgeschleppte und bei Schweidnitz 1527 auf der „Judenwiese" an einem Birnbaum erhängte Prediger Johann Reichel war Striegauer Geistlicher. Schon 1529 wurde die große Kirche den Evangelischen von den Lichtensteiner Dragonern fortgenommen, und die evangelischen Prediger wurden vertrieben. 1557 ging den Evangelischen auch die Karmeliter-Kirche verloren. Erst Friedrich der Große gab den evangelischen Gottesdienst frei. Am 10. Dezember 1741 durften die Evangelischen interimistisch im Rathause den ersten Gottesdienst halten und sich gleichzeitig auf der Schweidnitzerstraße ein Bethaus bauen. Dieses wurde am 9. Dezember 1742 unter dem Namen „Dreifaltigkeitskirche" eingeweiht. Es mußte jedoch schon 1807 wegen seiner Baufälligkeit geschlossen werden. Da wurde 1810 das Karmeliter-Kloster aufgehoben, und die Klostergebäude mit der Kirche wurden den Evangelischen überwiesen. Die Kirche wurde zur evangelischen Predigtkirche mit drei Emporen umgebaut; die Klostergebäude wurden zum evangelischen Pfarrhause hergerichtet. So wurde im ersten Stockwerke der äußere Kreuzgang, von dem aus niedrige Türen in die nach dem inneren Hofe gelegenen Mönchszellen führten, durch Einbau von Wänden in Zimmer umgestaltet und alle Zimmer im Hause haben als Decken noch die alten Kreuzgewölbe. In feierlichem Zuge zog am 7. November 1819 die Gemeinde von dem alten auf der Schweidnitzerstraße gelegenen Bethause in das neue stattliche Heim — in der Sakristei, in der auch noch ein Sakramentshäuschen an die katholische Zeit erinnert — ist noch ein interessantes Bild dieses feierlichen Zuges vorhanden. Seitdem ist der Gebäudekomplex der Mittelpunkt für die evangelische Gemeinde. Die Kirche mit ihrer weihevollen Stille, der schöne Altar darin, laden zu einer Stunde ein, in der die Seele von dem Getriebe des Alltags und der Unruhe der Arbeit und der Zerstreuungen still werden kann. Der erste Pfarrhof mit seiner trotz der Nähe der lärmenden Straße wohltuenden Ruhe, mit seinen kleinen gärtnerischen Anlagen, ruft ein ruhevolles behagliches Empfinden wach; der Turm der Kirche bietet von dem Glockenstuhl aus, in dem die erst seit einigen Jahren die Gemeinde rufenden Stahl-Glocken hängen — die alten Bronze-Glocken wurden eine Beute des Krieges, nur die älteste derselben ist uns geblieben und hat eine Stätte im Gotteshause gefunden — einen wundervollen Blick nach den schönen schlesischen Bergen und der fruchtbaren schlesischen Ebene. Evangelische sollten, wenn sie an einen Ort mit einer evangelischen Kirche kommen, nicht an dieser vorübergehen, sondern sie sich anschauen und einen Augenblick der Stille dort suchen, wo ihre Glaubensgenossen sie, diese Stille, auch gesucht und gefunden haben.



Festschrift 1932

"Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart. Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932" Herausgegeben von Pastor P. Hechler, Saarau i. Schl.

Freundlich liegt in anmutiger und fruchtbarer Gegend am Fuße der drei Striegauer Berge die Stadt gleichen Namens. Die drei Berge, drei aus dem Granitboden hervorgepreßte Basaltkegel, sind das alte Wahrzeichen der Stadt. Bemerkenswert sind besonders zwei von ihnen; der höchste (355 m), der "Spitzberg", ist gekrönt von einem weit ins Land hinausragenden hohen Kruzifix, zur Erinnerung an die zu seinen Füßen am 4. Juni 1745 siegreich geschlagene Schlacht von Striegau, die den Schlesischen Krieg beendigte und später fälschlicherweise nach dem Endpunkt des Kampfes "Schlacht von Hohenfriedeberg" genannt wurde. Der dritte Berg, der "Breite Berg", nur 340 m hoch, läuft in eine Plattform aus und hat geschichtliche Bedeutung als Opferstätte aus heidnischer Vorzeit; er war später auch mit Ringwällen umgeben und in unruhigen Zeiten für die Bevölkerung eine Zufluchtsstätte (vgl. die im Schlesischen Museum für Altertümer in Breslau befindlichen auf Grund der Ausgrabungen rekonstruierten Modelle). Striegau ist eine der ältesten Städte Schlesiens, an einer alten Heerstraße gelegen, und war schon den Römern bekannt. Es wird schon 1155 in Urkunden als "befestigter Ort" erwähnt. Seit 1163 stand Striegau unter der Herrschaft der deutschgesinnten Piasten von Schweidnitz. 1392 fiel es mit Schweidnitz und Jauer an Böhmen und 1526 zusammen mit Böhmen an Österreich bis zum Beginn der preußischen Herrschaft 1740.

Schon 1180 stand vor der Stadt eine Kirche. Damals kam der geistliche Ritterorden der Johanniter nach Striegau und baute es zu einer blühenden Ansiedlung am Striegauer Wasser aus. Diese Ansiedlung wurde nach der mörderischen Schlacht bei Wahlstatt 1241 von den zurückflutenden Mongolen völlig zerstört und verbrannt. Unverzagt bauten die Johanniter Striegau wieder auf, als deutsche Stadt mit deutschem Recht, aber nicht mehr am Wasser, sondern höher gelegen, zur Sicherung vor Überschwemmungen, unter dem Schutz der auf dem jetzigen katholischen Kirchplatz errichteten Burg (heute noch gibt es dort eine "Burglehnstraße"). Dort entstand auch das gewaltige Bauwerk der Peter-Paul-Kirche, hoch über die Stadt hinausragend, ein Zeugnis von der damaligen Geltung der Stadt. Diese Kirche ist eine der bedeutendsten von Schlesien und besitzt das dritthöchste Gewölbe Schlesiens (26,2 m hoch, das Gewölbe der Elisabethkirche in Breslau ist 29,7 m hoch). Von erheblichem Kunstwert ist das Hauptportal und besonders das dort befindliche Relief, das die Bekehrung Pauli darstellt. Der im 13. Jahrhundert, wahrscheinlich 1253, begonnene, aber erst 1399 endgültig vollendete gewaltige Bau muß 1318 schon weit gediehen sein; denn die älteste der vier Glocken trägt diese Jahreszahl; sie wird heute noch früh, mittags und abends geläutet.

Die Peter-Paul-Kirche war auch lange Jahre hindurch die Kirche der evangelischen Gemeinde. In Striegau fand die Reformation zeitig und ohne größere Erschütterungen Eingang. Schon in den Jahren 1523-25 berief der Rat der Stadt reformatorisch gesinnte Prediger. Der gewalttätige Eingriff des von der Huldigungsfeier in Breslau zurückkehrenden neugekrönten Königs Ferdinand, der 1527 den ersten evangelischen Prediger von Striegau, Johann Reichel, vor den Toren von Schweidnitz aufhängen ließ, weil er zu der Richtung der Schwenkfelder gehörte, konnte den Siegeszug des Evangeliums in Striegau nicht aufhalten. 1540 überwies der Rat der Stadt den Evangelischen endgültig die Kirche, es gab in Striegau damals nur noch wenige Katholiken. Die Kirche blieb über 100 Jahre im Besitz der Evangelischen bis nach dem Schluß des Dreißigjährigen Krieges, mit Ausnahme der Jahre von 1629-1632. Damals, 1629, kamen die berüchtigten Lichtensteiner Dragoner auch nach Striegau, vertrieben die evangelischen Prediger und Lehrer und drangsalierten die evangelische Bevölkerung aufs fürchterlichste. Als sich die Lage der Kaiserlichen in Schlesien wieder verschlechterte, kamen im Jahre 1632 auch die Evangelischen wieder in den Besitz ihrer Kirche. Der kleinen Zahl von Katholiken wurde die Sakristei der Kirche zur Benutzung überlassen, ein erfreulicher Beweis von Duldsamkeit!

Der unselige Dreißigjährige Krieg hat den Wohlstand der Stadt vollständig vernichtet. Striegau war vorher eine wohlhabende und angesehene Stadt, die 1444 mit Breslau, Jauer, Löwenberg und Hirschberg einen Städtebund zu gegenseitiger Hilfe schließen konnte. Besonders Tuchmachern und Bierbrauerei hatten der Stadt einen guten Ruf erworben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war Striegau völlig verarmt und hat sich nie wieder völlig erholt. Krieg, Hunger und Pest räumten entsetzlich unter der Bevölkerung auf. Die meisten Einwohner waren im Kriege zugrundegegangen oder geflüchtet. Die einst so blühende Tuchmacherei hatte auch nicht mehr einen Vertreter in der Stadt. Über 300 Häuser waren wüst und leer; die umliegenden Dörfer, wie Haidau und Gräben, waren verbrannt. Die Stadt Striegau hat von jetzt ab für lange keine guten Zeiten gesehen. Die Bevölkerung lebte arm und in gedrückten Verhältnissen. Und gerade in diesen trüben, schweren Zeiten, um die Wende des 17. Jahrhunderts, wurde in Striegau im Jahre 1695 als Sohn eines Arztes geboren und wuchs heran der Dichter Johann Christian Günther, der nach tragischen Lebensschicksalen schon 1723 starb. Gerade jetzt wird der viel verkannte Dichter in seiner bleibenden Bedeutung erkannt und als ein Vorläufer Goethes bezeichnet. Erwähnt sei dabei gleich, daß aus unserer Gemeinde auch ein Kirchenliederdichter hervorgegangen ist, der in Barzdorf bei Striegau 1758 geborene Dichter Georg Friedrich Fickert, der jetzt als Verfasser des im Schlesischen Gesangbuch unter Nr. 189 stehenden schönen Missionsliedes "O daß doch bald dein Feuer brennte", festgestellt worden ist.

Für die evangelische Bevölkerung brachte der Westfälische Friede keine Erholung, sondern nur neue Leiden. Das katholische Österreich gewährte seinen Untertanen keine Freiheit der Religionsübung und entrechtete sie, besonders infolge des Einflusses der Jesuiten. Ein Jahrhundert bitterster kirchlicher Entbehrung und Bedrängnis begann. Die Gemeinde hatte kein Gotteshaus von 1649-1742. Der Besuch benachbarter Kirchen (zuerst Gränowitz im Liegnitzer Fürstentum, dann von 1652 an der Friedenskirche in Schweidnitz, vielleicht auch in Jauer) wurde in jeder Weise den Evangelischen erschwert. So blieb der evangelischen Bevölkerung zur Erhaltung ihres Glaubens nur die bewußt evangelische Erziehung in den Familien mit Hilfe von Bibel, Katechismus, Postille und Gesangbuch. Aber unsere Vorfahren haben durchgehalten und nicht vergeblich auf Befreiung gehofft.

Friedrich der Große, der Retter Schlesiens, war auch der Befreier von Striegau. Er gewährte den Evangelischen Glaubensfreiheit und das Recht, ein eigenes Gotteshaus zu erbauen, allerdings mit durch die politischen Verhältnisse bedingten Einschränkungen (kein Glockenturm, Zahlung der Stolgebühren auch an den katholischen Pfarrer, keine Übergabe der alten Kirchengüter oder wenigstens eines Teils davon an die Gemeinde). - Am l0. 12. 1741 fand der erste evangelische Gottesdienst im Saale des alten Rathauses statt und am 9. 12. 1742 wurde die auf der Schweidnitzer Straße (jetzt steht dort das Haus Nr. 11) erbaute Bethauskirche ("Zur Heiligen Dreifaltigkeit") eingeweiht. Striegau, ebenso wie Schlesien, unter österreichischer Herrschaft sehr vernachlässigt, erholte sich langsam unter der Fürsorge der preußischen Herrschaft, besonders Friedrichs des Großen, der 30 mal allein Striegau besuchte und immer wieder geholfen hat. - Leider haben die Kriegsverhältnisse und die französische Bedrückung im Anfang des 19. Jahrhunderts auch Striegau wieder sehr in der Entwicklung zurückgeworfen und erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts konnte wieder langsam ein gewisser Wohlstand einkehren. An dem nach der Reichsgründung 1871 allgemein eintretenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland und Schlesien hatte auch Striegau Anteil. Eine blühende Industrie entwickelte sich in Stadt und Kreis Striegau (man vgl. den Bericht über den Kirchenkreis) und Striegau war vor dem Weltkriege eine aufblühende Stadt. Heute kämpft es wieder um seine Existenz. Die Geschichte der evangelischen Gemeinde ist immer eng mit der der Stadt verbunden gewesen. Im Anfang des 19. Jahrhunderts traf die evangelische Gemeinde in harter Zeit ein neuer Schlag. Infolge des schlechten Baugrundes wurde die unter großen Opfern erbaute Bethauskirche auf der Schweidnitzer Straße baufällig und mußte wegen drohender Einsturzgefahr schließlich polizeilich geschlossen werden. Da fügte es sich glücklich, daß durch die 1810 erfolgte allgemeine Aufhebung der Klöster zwei Klöster in Striegau leerstanden, das 1307 gegründete Jungfrauenkloster der Benediktinerinnen (später Strafanstalt, jetzt Sitz der Oblaten) und das Karmeliterkloster. Der erste Bau des Karmeliterklosters vor den Toren der Stadt am Striegauer Wasser (wo heute die Brauerei "Zur Hoffnung" steht) war das älteste Kloster dieses Ordens in Schlesien, 1382 erbaut. Es mußte 1428 beim Einfall der Hussiten in Schlesien, um den Feinden keine Unterkunft zu gewähren, abgerissen werden (wunderbarerweise blieb Striegau sonst; von den Verwüstungen der Hussitenkriege völlig verschont!) Das neue Karmeliterkloster wurde 1430 an der inneren Stadtmauer errichtet, in der Reformationszeit (1539) von den Karmelitern verlassen und 1640 bei einer vier Wochen währenden Beschießung der von den Schweden besetzten Stadt durch die Kaiserlichen zerstört. 1657 kehrten die Karmeliter zurück und 1704 begannen Sie den Wiederaufbau. - Dieses Kloster mit Kirche wurde den Evangelischen 1813 von der Staatsbehörde überlassen und von der evangelischen Gemeinde von 1817-1819 mit einem Kostenaufwand von etwa 30 000 Talern völlig umgebaut. Die Einweihung fand statt am 7. 11. 1819.


Aus der alten Bethauskirche stammen Altar, Kanzel, Orgel und einzelne Geräte. Zu bedauern ist, daß man, einer Sitte der damaligen Zeit folgend, die Kanzel über dem Altar einbaute. Ihr mußte das schöne, große Kruzifix, eine gute Holzschnitzarbeit, weichen. Es wurde in einer zur Taufkapelle eingerichteten Ecke untergebracht. Leider wurde auch der schöne, zu diesem Grundstück gehörige Klostergarten von der evangelischen Gemeinde nicht mit erworben; es fehlte wohl an Mut und Geld. 30 Jahre erhielten ihn durch Pachtzahlung einzelne Gemeindeglieder (Ärzte, Richter u. dgl.) für die evangelischen Geistlichen; dann wurde er vom Fiskus verkauft und ist jetzt mit Häusern bebaut. Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit noch, daß das frei neben der Kirche gelegene und von der Kirchengemeinde 1892 angekaufte Privathaus (Kurzerhaus) leider sofort wieder veräußert wurde. Der Umfang der evangelischen Gemeinde war nach der Neubildung (1741) eine Zeitlang sehr bedeutend. Aus der ganzen Umgegend wurden Amtshandlungen nachgesucht, bis allmählich überall evangelische Kirchen entstanden. Nach endgültiger Regelung der parochialen Verhältnisse in den Jahren 1818-1821 waren 17 Ortschaften eingepfarrt, drei davon (Grunau, Muhrau und Tschechen) gingen 1892 an die neu gegründete Gemeinde Puschkau über. Die Kirchengemeinde umfaßt also jetzt außer der Stadt 14 Ortschaften und zählt nach der Volkszählung von 1925: 15.058 Seelen unter einer Bevölkerungszahl von 23.431. Es sind also heute fast 2/3 der Bevölkerung evangelisch. Das Gemeindeleben nahm nun seinen ruhigen Fortgang und die nächsten Jahrzehnte brachten keine wesentliche Änderung, bis die allgemeine industrielle Entwicklung und die sich gleichzeitig anbahnende Entchristlichung des Volkes die Kirche vor neue Aufgaben stellte. Der 1873 gegründete Diakonissenverein errichtete 1878 eine Diakonissenstation mit drei Schwestern. Mit dieser geringen Zahl von Schwestern hat sich die Gemeinde lange beholfen; erst nach der Inflation, nach 1923, konnte die Zahl der Schwestern auf fünf vermehrt werden, die aber bei weitem nicht ausreicht. Hoffentlich gelingt es uns jetzt endlich, den Schwestern ein eigenes Heim zu schaffen, wie es auch die Spenderinnen in den neunziger Jahren für die Diakonissenstation, zum Beispiel Frl. Marie von Kramsta und Frau Fabrikbesitzer Roegner, sich gedacht und gewünscht haben. Die einleitenden Schritte dazu sind getan.

Den Anforderungen der Zeit entsprechend erfolgten allerlei Gründungen; es entstanden: 1875 der Frauenmissionsverein, 1878 der Ev. Jungfrauenverein, 1882 der Männer- und Jünglingsverein, 1893 die Herberge zur Heimat, die leider 1923 einging, 1894 der Evangelische Arbeiterverein. Im Vordergebäude des Herbergsgrundstückes erhielten die Diakonissenstation, deren Mittel zum Ankauf der Herberge verwendet wurden, freie Wohnung mit Garten. Im hinteren Gebäude, in einem Teil des großen Herbergszimmers, fanden die Vereine eine, wenn auch sehr bescheidene Unterkunft. Die 1907 bzw. 1908 begonnene Jugendarbeit machte aber die Beschaffung von geeigneteren Räumen und Spielplätzen zur unabweislichen Pflicht. Als Notbehelf wurden im Erdgeschoß des Vorderhauses zwei kleine Zimmer gemietet und die städtischen Spielplätze mitbenutzt. Abhilfe wurde erst durch den 1917 erfolgten Erwerb des "Fichtnergutes", eines Restgutes mit ausreichenden Gebäuden, Hof, Garten und Acker geschaffen. Das alte, Schöne Gutshaus bietet jetzt als "Evangelisches Gemeindehaus" sämtlichen Vereinen der Kirchengemeinde ein freundliches Heim mit schönem Garten und für die Jugend geeignete Spielplätze. Es ist ein unentbehrlicher Mittelpunkt des Gemeindelebens geworden und steht auch für die Veranstaltungen des Kirchenkreises zur Verfügung. Von dem dazugehörigen Acker hat die Kirchengemeinde aus dem Gefühl sozialer Verantwortung heraus 1919 der Stadtgemeinde zu Siedlungszwecken 25 Morgen überlassen. Der Rest von reichlich 15 Morgen ist an Gemeindeglieder in Form von Schrebergärten verpachtet. Ein Teil der zum Grundstück gehörenden großen Scheune wurde 1931 für den evangelischen Kindergarten ausgebaut. Der Rest der Scheune soll, wenn wieder einmal die Geldverhältnisse besser geworden Sind, als Spiel- und Gymnastikraum für die Jugend und als Hilfsunterkunftsraum für verregnete Sommerveranstaltungen ausgebaut werden. Dringend fehlt uns auf dem Grundstück noch ein Saal, der sich an das Gemeindehaus gut anbauen ließe; denn der im Gemeindehaus vorhandene kleine Saal reicht nur für kleine Veranstaltungen aus.

Sehr segensreich hat sich die 1923 erfolgte Gründung der Frauenhilfe erwiesen (drei Frauenhilfen in der Stadt und vier auf dem Land). Ohne die treue Hilfe der Frauen ist die Gemeindearbeit gar nicht mehr zu denken. - Für den Kreiswohlfahrtsdienst wurden in den letzten Jahren zwei geeignete Räume im Pfarrhause ausgebaut. - Während früher nur ein kleiner Raum für die Kirchschreiberei vorbanden war, konnten jetzt drei kleine Räume eingerichtet werden (sämtlich frühere Klosterzellen). Leider ist nur ein Konfirmandenzimmer vorhanden, das zugleich für die Sitzungen und als Übungszimmer für Kirchenchor u. dgl. dienen muß. Doch müssen alle diese und noch manche andere Wünsche jetzt zurückgestellt werden. - Die Arbeit ist in den letzten Jahren ungeheuer gewachsen, auch in der Kirchschreiberei. Die sich immer mehr ausdehnende Jugendarbeit machte die Einstellung von Hilfskräften nötig. Seit 19l3 arbeitet hier ein Diakon (jetzt Diakon Graustein) und seit 1925 eine Jugendpflegerin (jetzt Fräulein Breitkopf). Die seit den letzten Jahrzehnten immer stärker arbeitenden religionsfeindlichen und gegenkirchlichen Elemente verlangen den Einsatz aller Kräfte und eine Mobilmachung aller Gemeindeglieder. Es ist aber mit Freuden festzustellen, daß trotz aller Feindschaft gegen die Kirche in einem Teil der Bevölkerung doch noch viel kirchliches Bedürfnis und Bewußtsein vorhanden ist. Schwere Kämpfe brachte das mit dem Jahre 1919 einsetzende Ringen um die Erhaltung der evangelischen Schule; hier ist noch viel zu viel Lauheit unter den Evangelischen vorhanden und zu wenig Unterstützung gerade bei vielen, die sich dafür verantwortlich fühlen müßten. Den Kampf um die Erhaltung der evangelischen Schule, besonders bei den Elternbeiratswahlen, führte der 1920 gegründete "Eltern- und Volksbund". - Regelmäßig wiederkehrende größere Gemeindeveranstaltungen und Evangelisationen sollen die Gemeinde wecken und zur Mitarbeit aufrufen. Jedes evangelische Gemeindeglied sollte sich dessen bewußt werden, daß das Erbe der Reformation, die unserem Volk nicht Schaden, sondern Aufschwung und wertvollste Güter gebracht hat, uns nicht von selbst erhalten bleibt, sondern immer wieder neu erkämpft werden muß. Niedergang und Uneinigkeit kommen nicht vom Evangelium her, sondern aus dem Einfluß widergöttlicher Kräfte, denen unser Volk sich in weiten Schichten widerstandslos hingegeben hat. Möge die Gemeinde sich besinnen und immer fester zusammenstehen. Möchten sich immer mehr wieder zurückfinden zum alten Glauben der Väter, zum biblischen Evangelium, das allein die Grundlage einer neuen Zukunft und eines neuen Aufstiegs sein kann.

Das vom "Spitzberg" herableuchtende Kreuz sei uns eine Mahnung, aber auch eine Verheißung für den Sieg dessen, der gesagt hat "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden", und "Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."

Göhler

Geistliche: I. Primarii (Inhaber der ersten Pfarrstelle): 1. Karl Wilh. Spangenberg, 1742-1753. 2. George Christian Thilo (Vater), 1754-1796. 3. Joann Christoph Hantsche, 1796-1827. 4. Heinr. Wilh. Christian Thilo (Sohn), (1828- 1856. 5. Karl Wilhelm Bäck, 1856-1885. 6. Paul Guenzel, 1886-1907. 7. Georg Jedzek, 1907-1924. 8. Karl Göhler, seit 1924.

II. Secundarii: 1. Samuel Hoffmann, 1748- 1751 (verst. 1751, alt 35 Jahre, verh. 22 Tage). 2. George Christian Thilo, 1751 - 1754 (vgl. I, 2). 3. Magister Daniel Gottlob Burg, 1754 - 1765. 4. Gottlob Herrmann, 1760 - 1791 (verst. 1791; sein Sohn der in Hohenfriedeberg 1862 im Alter von 85 Jahren verstorbene Superintendent von Herrmann, dort im Amt 1801 - 1862). 5. 3ohann Christoph Hantsche, 1791- 1796 (vgl. I, 3). 6. Heinr. Wilh. Christ. Thilo, 1796 - 1828 (vgl. I, 4; sein Vater, vgl. II, 2 und I, 4, amtierte in Striegau 45 Jahre, der Sohn 60 Jahre, beide zusammen 105 Jahre, von 1751 bis 1856. Zur Erinnerung daran steht auf dem Nikolaifriedhof ein aus zwei Säulen bestehendes Denkmal). 7. Christ. Friedr. August Kosche, 1828- 1849 (1849 verst., 48 Jahre). 8. Karl Wilhelm Bäck, 1850- 1856 (vgl. I, 5). 9. Herrn. Robert Lummert, 1857- 1878 (verst. 1878). 10. Benno Hildt, 1879-1893 (verst. 1893, 48 Jahre alt), 11. Georg Jedzek, 1894-1907 (vgl. I, 7). 12. Karl Göhler, 1907-1924 (vom 15. April 1905 bis 30. 3uni 1907 Pfarrvikar in Striegau). 13. Erich Berger, seit 1924.

Dritte Pfarrstelle: 1. Karl Michael, 1910-1914 (jetzt in Danzig). 2. Erich Berger, 1915-1924 (vgl. II, 13). 3. Werner Hannasky, 1924-1931 (jetzt in Behle, Grenzmark). 4. Hans Pilari, seit 1931.

Kirchenbeamte: 1 Oberglöckner mit dem Titel "Rechnungsführer" (Lonzer). 1 Glöckner und Kirchendiener (Springer). 1 Bürohilfskraft (Frl. Brauner), 1 hauptamtlicher Kantor, zur Zeit Frl. Käthe Kiefer.

Predigtstätten: 1. Striegau. 2. Stanowitz. 3. In der evangelischen Schule in Järischau (7 Kilometer, etwa 450 Evangelische unter 900 Katholiken). 4. Im Winter je 2 Gottesdienste mit Abendmahl in a) Barzdorf, Haidau, b) Halbendorf, Thomaswaldau, c) Pilgramshain; Eisdorf. Im Kreiskrankenhaus wöchentlich Gottesdienst und Besuch der Kranken. Im städtischen Bürgerheim wöchentlich an fünf Abenden Andacht. - Im Kreiskrankenhaus, Kreisaltersheim und im Bürgerheim im Winter 2 Abendmahls- und Weihnachtsfeiern.

Kindergottesdienste: Striegau, Stanowitz, Haibau. - Jugendbibelstunde in Barzdorf.

Evang. Gemeindehaus in Striegau, erworben 1917 mit Hilfe einer größeren Spende von Frl. von Kramsta, mit Jugendspielplätzen.

Schwesternstationen: Striegau, 5 Gemeindeschwestern. - Evang. Schwestern im Kreiskrankenhaus (5), Kreissiechenhaus (2), Kreisaltersheim in Gräben (2), städt. Kinderheim (bisher 2, jetzt 1 Schwester, und 1 Hilfsschwester; Stiftung von Frl. von Kramsta), im städt. Bürgerheim bis 30. Juni 1931 2 Schwestern. Stanowitz (l); Haidau (1); in Pilgramshain bis 1930 1 Schwester.

Evang. Kindergärten: Striegau: 1. im Evang. Gemeindehaus; 2. im städt. Kinderheim (evang. Charakter stiftungsgemäß festgelegt) Haidau.

Vereine und Organisationen:

  • 1. Evang. Männer- und Jünglingsverein (Männerabteilung 135, Frauenabteilung 52) = 187.
  • 2. Evang. Arbeiterverein 117.
  • 3. Eltern- und Volksbund 255.
  • 4. Frauenmissionsverein 75.
  • 5. Frauenhilfen: a) Striegau, einschließlich Haidau und Gräben, 712. b) Barzdorf 47. c) Järischau 47. d) Pilgramshain-Eisdorf-Fehebeutel 53. e) Stanowitz-Zedlitz 180. Zusammen 1039.
  • 6. Evang. Jungmännerbund (Jugendverein) 60.
  • 7. Knabenjungschar 28.
  • 8. Kindergruppe (Knaben unter 10 Jahren) 25.
  • 9. Bibelkreis 22.
  • 10. Evang. Jungfrauenverein von Frl. Broßmann 32.
  • 11. Evang. Jungfrauenverein "Christenfreude" 43.
  • 12. Marthaverein 35.
  • 13. Weggenossenkreis 15.
  • 14. Evang. Jungmädchenverein (Jugendverein) 20.
  • 15. Mädchenjungschar 50.
  • 16. Kindergruppe (Mädchen unter 10 Jahren) 25.
  • 17. Laienspielkreis 14.
  • 18. Posaunenchor 15.
  • 19. Kirchenchor 35.
  • 20. Evang. Krankenpflege- (Diakonissen-) Verein 1100 Mitglieder. (Die Mitglieder zahlen Beiträge für die Diakonissenstation.)
  • 21. Begräbniskasse rund 3000 Mitglieder

In Striegau besteht eine "Christliche Gemeinschaft" innerhalb der Landeskirche; eigenes Vereinshaus. Stelle des Predigers zur Zeit unbesetzt.

Festschrift „Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart - Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932“, Herausgegeben von Pastor P. Hechler, Saarau i. Schl.

Genealogische und historische Quellen

Genealogische Quellen

Kirchenbücher

  • Bestand 1938 (nach Randt) *1741-1937, oo1742-1937, +1741-1937, Konfirmantenbücher 1840-1937, Abendsmahlbücher 1887-1937
  • Bestand heute im Staatsarchiv Breslau: keine. Es liegt aber ein Bestand an Archivalien der ev. Kirche Striegau im Staatsarchiv in Kamenz, welcher auch Kirchenbücher enthält. Eine genaue Bestandsübersicht liegt aber noch nicht vor.
  • Bestand heute im Evangelisches Zentralarchiv Berlin: keine
  • Bestand heute in der Deutsche Zentralstelle für Genealogie: keine
  • Verfilmungen der LDS: Die LDS hat Kirchenbücher der evangelischen Kirche Striegau verfilmt. Aktuelle Suche unter: http://www.familysearch.com

Eine Erfassung aller ev. Kirchenbücher findet sich in der Datenbank der ev. Kirchenbücher Schlesiens.
Im Artikel KB-Datenerfassungen/Schlesien werden Kirchenbuchverkartungen aus Schlesien verzeichnet.

Batchnummern der LDS

Batchnummern für die evangelische Kirche Striegau.

  • Taufregister 1811-1830, Batchnummer 773481-7
  • Taufregister 1833-1851, Batchnummer 773481-8
  • Taufregister 1851-1860, Batchnummer 773481-9

Historische Quellen

Bibliografie

Genealogische Bibliografie

Historische Bibliografie

Auswahl (siehe auch unter Striegau).

  • ASCHENBACH (Hrsg.): „Heimatblätter“ BHG Striegau. Lübbecke: BHG Striegau.
  • ASCHENBACH, Horst: „Stadt und Kreis Striegau 1871-1918.“ (Ereignisse und Personen im Spiegel zeitgenössischer Quellen.) BHG Striegau. Lübbecke: Eigenverlag des Verfassers (2000).
  • ASCHENBACH, Horst u.a.: „Striegau in alten Ansichten“. Striegau/Strzegom: TMZS (1997) ISBN 83-908852-0-4.
  • BOJANOWSKI, Martin Dr.; BOSDORF, Erich: „Striegau. Schicksale einer schlesischen Stadt“ Reprint: Norderstedt: Book on Demand GmbH (2001).
  • BÖTTGER, Helmut: „Ergänzungen zur Predigergeschichte von Schweidnitz-Reichenbach (1522-1648)“ in: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte, 30/1940. S. 39-50
  • FILLA, Julius: „Chronik der Stadt Striegau“ Striegau: Selbstverlag des Verfassers (1889).
  • HANTSCHE, Johann Christoph: „Kurze Nachricht von dem ehemaligen und gegenwärtigen Religions-Zustande der evangel. Stadt- und Landgemeinde zu Striegau.“ Striegau: Carl Siegism. Weber (1792).
  • HECHLER, P. Pator (Hrsg.): „Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart.“ (Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932.) Saarau: Eigenverlag (1932).
  • HIRSCHBERG (Hrsg.): „Schlesischer Pfarr-Almanach oder Schlesiens evangelische Pfarrstellen und deren gegenwärtige Inhaber“ Berlin: Edwin Runge (1893).
  • HOFFMANN, Hermann: „Die Kirchen in Striegau“ Führer zu schlesischen Kirchen. 32. Breslau: Frankes Verlag und Druckerei / Otto Borgmeyer (1937).
  • LUMMERT, Hermann: „Chronik der evangelischen Parochie Striegau. Seit 1741“ Striegau: F. Grögersche Buchdruckerei (F. Breyther) (1876).
  • MAHARENS, Fritz: „Führer durch Striegau. Die schöne Dreibergestadt in Niederschlesien“ Reprint: Hrsg.: Hanne Riediger, Coburg. Coburg: Fiedler-Verlag (1934/1985).
  • RADLER, Leonhard Dr.: „Beiträge zur Kirchengeschichte des Kreises Schweidnitz. Die friderizanischen "Bethäuser" in Striegau, Freiburg, Oelse, Peterwitz, Domanze, Leutmannsdorf, Ober-Weistritz, Konradswaldau, Gräditz, Groß-Rosen.“ in: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte, 60 [Neue Folge]/1981. S. 90-130
  • SCHADE, A.: „Geschichte der ritterlichen Johanniter-Kirche und Comthurei von St. Peter und Paul in Striegau und ihrer vier Nebenkirchen daselbst.“ (Ein Beitrag zur Diöcesan- und Kunstgeschichte Schlesiens) Breslau: Robert Nischkowsky (1864).
  • SCHOENEICH, Dr. Prof.: „Bilder aus der Geschichte von Striegau“ (Beiträge zur Heimatkunde Schlesiens) Schweidnitz: Bergland-*SCHULTZE, Otto Pastor i.R.: „Predigergeschichte des Kirchkreises Striegau“ Breslau: Schlesischer Pfarrverein (1938).
  • VEITH, M. Domitilla; ROSE, P. Ambrosius: "In Geduld an den Leiden Christi teilnehmen" (Lebensbild der Oberstudienrätin Ruth Thon 1905-1981) in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte, 43/1985. S. 29-73

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