Kartoffel
Einleitung
Aus den Anden Südamerikas gelangte die Kartoffel um die Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Um die Wende zum 17. Jahrhundert zog man die Knollen als Zier- und Heilpflanzen in den Gärten von Klöstern, Adeligen und reichen Bürgern.
Feldmäßiger Anbau
Der feldbaumäßige Anbau erfolgte seit Beginn des 17. Jahrhunderts zunächst in Irland und Holland. In Deutschland wurde die Frucht zeitlich und regional sehr unterschiedlich verbreitet. Als einer der größten Förderer gilt Friedrich der Große (1717-1786). In Westfalen findet sich der Kartoffelanbau nachweislich seit etwa 1750 im Einflußbereich Preußens und im Kurfürstentum Köln. Der Kartoffelzehnte trat als neue Abgabenlast in der Landwirtschaft auf.
Linderung von Hungersnöten
Kartoffeln trugen in Zeiten von Missernten bei den Getreiden zur Linderung von Hungersnöten bei. Auf gleicher Anbaufläche erzeugen sie mehr Kohlehydrate als Getreide.
Bodennutzung bei Bevölkerungsexplosion
Der Wandel der Bodennutzung (Kartoffeln eignen sich besonders zur Bepflanzung von Brachen) und das Anwachsen der Bevölkerung vor allem in den Industriegebieten führte im späten 18. Jahrhundert zum Siegeszug der Knollen. Das Image der „Armenspeise" und des „Viehfutters" verschwand allmählich. Man entdeckte die vielfältige Verwendbarkeit.
1914 Kartoffelweltmeister
1914 war Deutschland bereits der größte Kartoffelproduzent der Welt. In den 1950er Jahren ging der Kartoffelkonsum extrem zurück. Obst, verschiedene Brotsorten, Milchprodukte, Reis und Nudeln ließen den Anteil der Kartoffel an der Ernährung stark absinken. Seit den 1980er Jahen erlebt die Kartoffel eine wahre „Renaissance" als Pommesfrites und in zahlreichen Fertigprodukten (Püree, Knödel, Kroketten etc.).
Kartoffel–Zehnt vor Reichskammergericht
- 1755 – 1761 Die Deutschordensuntertanen zu Rollingen in den Gemeinden Rollingen und Hundting (beide gehören zur Kommende Saarbrücken) klagten vor dem Reichkammergericht gegen Lothar Franz Freiherr von Kerpen, Ritterhauptmann der niederrheinischen Reichsritterschaft und Kurtrierer Kämmerer, und Konsorten, nämlich die Pastoren zu Rollingen und Hundting Hegenes und Mathieu.
Die Appellation richtete sich gegen eine Entscheidung des Deutschordensmeisters, mit der er gegen Einwände der Appellanten eine Zehnt–Ordnung vom April 1754 bestätigte, in der festgelegt wurde, daß von allem zehntbaren Land Zehnt gegeben werden müsse, also auch von den „Grundbiern“ (= Kartoffeln). Die Appellanten wenden ein, der Zehnt sei seit alters her auf bestimmte Früchte begrenzt, sie müßten auch z. B. von Weißkohl (Kappes) und weißen und gelben Rüben keinen Zehnt geben. Diese Regelung sei 1751 nochmals ausdrücklich bestätigt worden.
Der Kartoffelanbau werde erst seit etwa 30 Jahren betrieben, Zehnt davon könne kein altes Recht sein, und 30 Jahre lang sei er nicht gehoben worden. Sie erklären, die Kartoffeln würden im Brachfeld angebaut, so daß dem Zehntinhaber kein Schaden entstehe, er vielmehr davon profitiere, da der Ertrag des anschließend angebauten Winterweizens seit Einführung des Kartoffelanbaus gestiegen sei.
Sie erklären, vor Einführung der Neuerung nicht gehört worden zu sein; die in der Zehntordnung enthaltene und offenbar auf Angaben der Zehntherren zurückgehende Behauptung, der Kartoffel–Zehnt sei allgemein verbreitet und anerkannt, sei unrichtig. Die Appellaten verweisen dagegen darauf, gerade weil der Kartoffelanbau neu eingeführt worden sei und in letzter Zeit stark zugenommen habe, müsse dieser Neuerung in der Zehnt– Ordnung Rechnung getragen werden, wie dies auch in benachbarten Territorien geschehen sei. Sie bestreiten, daß dem von den Appellanten angeführten Spruch von 1751 ein förmliches Gerichtsverfahren vorausgegangen sei. Da der Zehnt auch in protestantischen Territorien gehoben werde, müsse dessen Bewilligung ein landesherrliches Regal sein, so daß die Untertanen keine Verjährung anführen könnten. Hundting stehe völlig unter Deutschordensjurisdiktion, Rollingen dagegen unter gemeinschaftlicher Jurisdiktion des Deutschen Ordens und des Freiherrn von Kerpen, so daß zwischen beiden rechtlich zu unterscheiden sei und beide nicht gemeinsam vorgehen könnten. Die Zehnt–Verordnung sei inzwischen rechtskräftig, eine Appellation gegen einen sie bestätigenden Bescheid nicht zulässig. Am 17. Juli 1758 bestätigte das RKG das Urteil der Vorinstanz.