Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/231

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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„Dir doch noch was verschreiben,
„Was Du an dieser Stell'
„Ein paarmal ein magst reiben,
„Und dann vergehet's schnell!“
Doch, als sie sich geschmieret
Nach ihres Arztes Wort,
War sie also kuriret,
Daß sie nicht konnte fort,
Ja nicht einmal mehr stehen,
Und mußte in das Bett,
Und ich mußt' wieder sehen
Das alte Lazareth.
Noch dreizehn Monat' litte
Sie nunmehr accurat,
Und zwar nach ihrer Sitte
Geduldig früh und spat.
Zuletzt ihr Hirn erweichte,
Und trat Betäubung ein,
Daß kein Bewußtsein zeigte
Sich in des Auges Schein.
Das Haar ward abgeschnitten,
Der Kopf mit Eis bedeckt,
Doch dadurch und durch Bitten
Der Tod nicht abgeschreckt.
Es war am sechsten Tage
Septembers, als wir laut
Beweint mit Trauerklage
Die reine Himmelsbraut.
Als neunundzwanzig Tage,
Vier Monat, dreizehn Jahr'
Sie alt geworden, lage
Sie auf der Todtenbahr'.
Stets war sie meine Freude,
Und hat mich nie betrübt,
Drum fühle ich noch heute,
Wie sehr ich sie geliebt.
Man brachte — zum Beweise,
Wie lieb sie Andern war —
Viel Blumenkränz' und Sträuße
Noch ihrer Leiche dar.
An ihrer Mutter Seite
Schläft sie in kühler Gruft,
Bis einst zur ew'gen Freude
Der Todtenwecker ruft.
Wie ihre theuren Züge
Mir fest im Herzen steh'n,
So kann man zur Genüge
Sie noch im Bilde seh'n. —
Auch anno vierzig sieben
Ist mir etwas passirt,
Was ich Euch noch, Ihr Lieben!
Bisher nicht angeführt.
Am Sechzehnten des Neunten
Nicht lang nach Mitternacht
Ward nämlich mir von Freunden
Ein Mädchen dargebracht,
Dem fehlten alle Kleider,
Die Strümpfe und die Schuh';
Es wollte auch nicht weiter,
Und störte meine Ruh'.
Da rief ich: „Herzensschätzchen!
„Wer hat in aller Welt
„Denn dieses kahle Rätzchen
„Da bei der Amm' bestellt? —“
„Mich brauchst Du nicht zu fragen!“
Sprach sie mich lächelnd an;
„Ich kann Dir so viel sagen:
„Ich — hab' es nicht gethan.“
„Nun, ich will's auch nicht wissen,
„Und will auch keinen Zank,“
Sprach ich, „nur laß Dich küssen
„Dafür zum größten Dank! —“
Hatt' ich nun kein Vergnügen
Und Anna keine Ruh',
So fing ich an zu wiegen,
Und sang ihr Eins dazu. —
In jenen schönen Tagen
Ich und mein liebes Weib
Einmal zusammen sprachen
Also zum Zeitvertreib.