Petershagen
Petershagen: historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise... Hierarchie
Petershagen ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Petershagen (Begriffserklärung). |
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Name
Huculbi (784), Hokeleve (1243), Hokelve (1284), wüst im Gebiet von Petershagen; Petershaghen (1307), Petershaggen (1307), Petershagen (1610).
Landschaftslage
Petershagen liegt an der Grenze der Schlüsselburger Wesertalung gegen das westlich gelegene Mindener Flachland 12 km nördl. Minden auf einem trockenen Terrassensporn hart am linken Weserufer in 36 m Höhe. Im Norden und Nordwesten des Ortes (im Bereich der Öspermündung), vor allem auch im 0sten auf dem anderen Weserufer ist die feuchte Flußniederung breit entwickelt und gibt hier einen ungünstigen, hochwassergefährdeten Baugrund ab. Nach Westen hin steigt das Gelände allmählich zu einer 50-60 m hohen, größtenteils bewaldeten Platte an.
Ortsursprung
Der Mindener Bischof Gerhard II. machte den im Gebiet des alten Huculbi entstandenen Ort zum privilegierten Flecken Petershagen (1361-66), dessen Name von dem 1306 ff. errichteten bischöflichen Schloß Petershagen genommen wurde und der als Neustadt in Anlehnung an das Schloß (1306) gewachsen war. 1361-66 befestigt.
Stadtgründung
Stadtrechte durch Bischof Gerhard II. (?) von Minden verliehen, für Alt- und Neustadt etwa gleichzeitig um 1363. Wiederverleihung durch König Friedrich Wilhelm I. von Preußen 1734 unter Zusammenlegung der Doppelstadt; seitdem nur ein Magistrat. Seit 1843 nach der Landgemeindeordnung als Titularstadt verwaltet.
Stadtsiedlung
Bauliche Entwicklung
Planmäßig angelegte Doppelstadt, Straßen in Gitter- bzw. Rippenform, gekrümmt verlaufende Hauptstraße. Die Altstadt südlich der Osper war von Graben ohne Mauer umgeben, Neustadt nördlich in Anlehnung an das Schloß angelegt. Geringe Ortserweiterung nach Westen entlang der Straße zum Bahnhof. Weserbrücke 1420 und 1560 erneuert.
Gebäude
Bischofsschloß erbaut 1306, ursprünglich als Wasserburg, nach Brand 1519 Neubau, Renaissance. Dotierung der Kreuzkapelle in Hokeleve 1243 durch Ritter Thidericus von Ekessen. Pfarrkirche in Petershagen um 1363 gegründet, abgebrannt 1553, Wiederaufbau seit 1565, abgebrochen 1819. Petrikirche der Neustadt wohl 14. Jhdt., abgebrannt 1553, Neubau 1615-18, Renaissance. Kath. Kirche 1847. Die beiden Rathäuser waren mit den Stadttoren verbunden. Von den Burgmannshöfen ist 1954 noch einer in der Altstadt erhalten.
Brände
Brände 1410, 1519, 1553, 1569 (160 Häuser), 1642 (75 Häuser).
Bevölkerung
Ältere Einwohnerzahlen
1722: 613 Einwohner (E.), 1730: 962 E., 1740: 1.063 E., 1765: 905 E., 1783: 1.072 E. (261 Häuser).
Seuchen
Pest 1580.
Bevölkerungsverzeichnisse
- Kirchenbücher: ev. seit 1649
- Kirchenbücher: kath. seit 1853
Bürgerechtsquelle-Bürgerbuch
- Petershagen, 1959 Kreis Minden (um 1363), „Bürgerliche Statuta, Recht und Gewohnheit, darnach sich die Burger zum Petershagen von altershero dirigirt und gerichtet haben", 288 Blätter. (Staatsarchiv Münster, Msc. VII Nr. 3015) mit Bürgeraufnahmen des „Frien Wichboldes der Neuwenstadt zum Petershagen" aus den Jahren 1588-1652. Ein zu diesem Wigboldbuch aufgestelltes Personenregister befand sich 1959 im Besitz des Bearbeiters Dr. K. Grossmann, Vlotho, Bonneberger Weg.
- Quelle: Beiträge zur westfälischen Familienforschung Bd. 36-37
Abschriften der Mormonen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
- 1808-1814 (Zivilstandsregister, rk.) Geburten, Aufgebote, Heiraten, Tote
- 1815-1874 (Stadt, Land, ev.) Geburten, Heiraten, Tote
- 1815-1821 (Pfarrbuch, Juden) Geburten, Heiraten, Tote
- 1847-1874 (Gerichtsbezirk, Juden) Geburten, Heiraten, Tote
- 1779-1802 (Gerichtsbezirk, Juden) Mischbestand
Berühmte Personen
- Heinrich Rüdiger von Ilgen, Kabinettsminister in Preußen, * 30.09.1654 Petershagen, +06.12.1728 Berlin.
- Joh. Friedrich Herbst, Naturforscher, * 01.11.1743 Petershagen, + 05.11.1807 Berlin.
- Joh. Karl Ludwig Gieseler, prot. Kirchenhistoriker, Prof. in Göttingen, * 03.03.1792 Petershagen, + 08.07.1854 Göttingen.
- August Fick, *05.05.1833 Petershagen, + 1916, Prof. in Breslau und Göttingen, Sprachforscher.
Jüngere Einwohnerzahlen
1818: 1.355 Einwohner (E.), 1843: 2.094 E. und 380 Häuser, 1858: 1.835 E., 1871: 1.786 E., 1885: 1.783 E., 1895: 1.919 E., 1905: 2.069 E., 1925: 2.084 E., 1933: 2.174 E., 1939: 2.243 E., 1946: 2.993 E., 1949: 3.600 E. (davon 1060 Vertriebene und Ausgebombte), 1950: 3.639 Einwohner.
Sprache
Petershagen ist mit seiner niederdeutschen Mundart in den Raum Diepholz-Wildeshausen-Hoya-Nienburg einzuordnen. Kennzeichen: Gänse, het (er) hat', bin (ich) bin' (nicht: sin), bouen 'bauen', meihen '(sie) mähen', juh 'euch'.
Wirtschaft
Handel und Gewerbe
Bestätigung des Weserzolls um 1370. Marktverleihung 1400; 3 Jahr- und Viehmärkte um 1845 genannt. Spinnerei in Petershagen seit 16. Jhdt. Brauerei und Brennerei 1790 erwähnt. Hauptsächlich war Petershagen aber Ackerbürgerstadt. Fischerei, Gerberei, Leineweberei und Tabakspinnerei um 1845 vorhanden. Industrie seit 2. Hälfte 19. Jhdts.; Ziegel- und Tonwarenwerk (1930 mit 420 Arbeitern). Wollstrickerei (1810), Kleidung für Hochseefischer (1881). Zigarrenfabrik (1930). Mineralwasserfabrik und Likörbrennerei. Zahlreiche Bewohner waren Weserschiffer.
Verkehr
Stand 1954: Im Mittelalter verlief auf dem rechten Weserufer ein Handelsweg Bad Salzuflen-Vlotho-Lahde (1,5 km östl. Petershagen)-Verden, 1954 entsprechende Straße nahe bei Petershagen. Bundesstraßen von Minden nach Bremen bzw. Verden berühren Petershagen. Bahnanschluß durch Kleinbahn Minden-Uchte (1898), nächster Vollbahnhof ist Lahde an der Nebenstrecke Minden-Nienburg. Die Anlegestelle der Weserschiffahrt in Petershagen hat keine wirtschaftliche Bedeutung.
Umgebungsbedeutung
1954: Der Einfluß von Petershagen erstreckt sich auf die Siedlungen des in niedersächsisches Gebiet hineinragenden Nordzipfels des Kreises Minden.
Verwaltung
Rat
Im Mittelalter hatten Alt- und Neustadt Petershagen je eigenen Bürgermeister (jährlich gewählt) und Ratsherren. Seit 1722 für die zusammengelegte Stadt ein von der Regierung ernannter Bürgermeister, daneben 2 Magistratsmitglieder. Seit 1843 nach der Landgemeindeordnung verwaltet, der Amtmann zugleich Bürgermeister von Petershagen.
Gericht
Seit 1722 hatte der Magistrat keine Gerichtsbarkeit mehr. Patrimonialgericht von Stadt und Amt (im 18. Jh.). 1807 Friedensgericht, 1815 preußisches Stadt- und Landgericht, Patrimonialgericht.
Kreis Minden, Ritterschaft
- Schloß Petershagen
- Status 1843: Landtagfähiges Rittergut (1846 gelöscht wg. Zerstückelung)
- Besitzer: von Schüttdorf
- Quelle: Häming, Josef "Die Matrikel der Ritterschaftlichen Güter..." (1987)
Landesherrschaft
Landesherren
Petershagen gehörte zum Stift Minden, war oft Residenz der Bischöfe und um 1550 Sitz der Landesverwaltung. Nach dem Übergang des Stifts an Brandenburg (1649) war Petershagen Sitz eines Amtes sowie bis 1667 noch Sitz des brandenburgischen Statthalters.
- < 1807 Preußen, Fürstentum Minden, Amt Petershagen (historisch)
- 1807-1810 Kaiserreich Frankreich, Königreich Westfalen, Departement der Weser, Distrikt Minden
- 1811-13 Kaiserreich Frankreich, Oberemsdepartement, Arrondissement Minden, Kanton Petershagen
- 1813-1815 Preußisches Gouvernement Weser-Rhein, Fürstentum Minden
- 1815 Preußische Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Minden, Kreis Minden, Amt Petershagen
- 1946 Land Nordrhein-Westfalen, 1973 Kreis Minden-Lübbecke
Gerichtsbarkeit
1849 Kreisgericht. 1879 Amtsgericht Petershagen.
Siegel, Wappen, Fahne
Wappen
Finanzwesen
Münzwesen
Münzstätte des Mindener Bischofs Otto III. (1384-98), der hier Schwere Pfennige und Vierlinge mit Bischofsbrustbild und Mindener Stiftswappen schlagen ließ. Sehr wahrscheinlich hat auch Bischof Christian (1599-1633) in Petershagen 1619 eine kurzlebige Kipper-Münzstätte eröffnet, in der Groschen mit dem Wappen des Bischofs hergestellt wurden.
Steuern
Einführung der Akzise 1722.
Zölle
Bestätigung des Weserzolls 1370.
Stadtgebiet
- 1885: 1870 ha, 1895: 1712 ha, 1905: 1707 ha, 1930: 1831 ha (davon 1.000 ha Wald), 1947 und 1951: 1719 ha.
- 1973 kommunale Neugliederung: 1973 Stadt Petershagen aus den Ämtern Petershagen und Windheim mit den Städten Petershagen und Schlüsselburg und den Geneinden Bierde, Buchholz, Döhren, Eldagsen, Friedewalde, Frille, Görspen-Vahlsen, Großenheerse, Hävern, Heimsen, Ilse, Ilserheide, Ilvese, Jössen, Lande, Maaslingen, Meßlingen, Neuenknick, Ovenstädt, Quetzen, Raderhorst, Rosenhagen, Seelenfeld, Südfelde, Wasserstraße, Wietersheim, Windheim.
- Stadt Petershagen ist Rechtsnachfolger der Ämtern Petershagen und Windheim.
Kirchenwesen
Bistümer seit Mittelalter
Bistum Minden; der Propst von St. Martini zu Minden nennt sich Archidiakon von Hokeleve (1243). Die um 1363 gegr. Pfarrkirche in Petershagen gehörte zum Archidiakonat des Propstes zu St. Martini in Minden. Kath. Kirchfilialgemeinde 1853 bis 1859, Gemeinde 1859. Erzbistum Paderborn, Dekanat Minden.
Reformation
Reformation drang völlig durch; seitdem Bevölkerung überwiegend ev. Ref. Kirche 1650 durch Beamte der brandenburgischen Regierung entstanden; später mit der ref. und Hugenottenkirche in Minden vereinigt. Kirchenkreis Minden.
Bekenntnisse
1871: 65 Kath., 1925: 82 Kath., 1946: 296 Kath., 86% Ev.
Juden
Juden in Petershagen schon um 1550 ansässig; nach dem 30jährigen Krieg gab es 5 Judenfamilien; 1783: 29 Personen, 1808: 8 Familien. 1845: 77, 1895: 53 Juden. Synagoge erbaut 1846.
Wohlfahrtspflege
Bildungswesen
Schulen
Stand 1954: Alte Volksschule (vor 1829), mit der 1937 die seit einigen Jahrzehnten bestehende selbständige kath. Volksschule vereinigt wurde. 1792 das „Kl. Seminar" in Petershagen als Abzweigung vom Lehrerseminar in Minden gegr., 1819 aufgelöst; 1823 als Präparandenanstalt wieder eröffnet, 1831 zum Seminar erhoben, das von 1876-1913 sämtliche Petershagener Kinder beschulte. 1922 ff. ging es in die dt. Oberschule (Aufbauschule) über, die ihrerseits aus städt. Rektoratschule entstanden war. Taubstummenanstalt 1851-1930, war bis 1871 mit dem Seminar verbunden, statt dessen Blindenanstalt bis 1939. Schifferberufsschule des Kreises Minden, mit Schiffsjungenheim seit 1949.
Archiv
- Kommunalarchiv Petershagen in Archive NRW
- Ev. Kirchenarch.
Bibliografie
- Allg. Dt. Biographie Bd. 14, 8. 16 ff. (Ilgen) (1882).
- Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Minden (1902).
- Großmann: Das Lehrerseminar la Petershagen 1831-1925 (1931).
- Großmann: Aufsätze, in: Westfälische Neueste Nachr. 190 (1936) usw.
- Heinenberg: Lebensbilder bedeutender Pfarrer der ev. Gem. P. (1931).
- Koser: Gründung des Auswärtigen Amtes durch König Friedrich Wilhelm I., in: Forschungen zur brandenburg-preußischen Gesch. Bd. 2 (1889).
- Stange, E.: Geld- und Münzgesch. des Bt. Minden, S. 67 (1913).
- Stange, E.: Petershagen, eine Kippermünzstätte des Bischofs Christian von Minden ?, in: Dt. Mzbil. (1937).
Bibliografie-Suche
- Volltextsuche nach Petershagen in der Familienkundlichen Literaturdatenbank
Genealogische und historische Quellen
Genealogische Quellen
Grabsteine
- Friedhof Bierde (Petershagen) im Grabstein-Projekt des Vereins für Computergenealogie e.V.
- Evangelischer Friedhof Frille (Petershagen) im Grabstein-Projekt des Vereins für Computergenealogie e.V.
- Friedhof Gorspen-Vahlsen (Petershagen) im Grabstein-Projekt des Vereins für Computergenealogie e.V.
- Friedhof Lahde (Petershagen) im Grabstein-Projekt des Vereins für Computergenealogie e.V.
- Friedhof Neuenknick (Petershagen) im Grabstein-Projekt des Vereins für Computergenealogie e.V.
Internetlinks
Offizielle Internetseiten
- Stadtverwaltung Petershagen www.petershagen.de (05-2007)
Ortsteile
- Petershagen, Ortsteil Windheim www.windheim-weser.de
Genealogische Webseiten
Historische Webseiten
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Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
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