Bezifferung Gesamtverwandtschaft

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Die Bezifferung der Gesamtverwandtschaft wird auch genealogisches Bezifferungsystem genannt (in Englisch: genealogical numbering system) und befasst sich mit Systemen um in der Genealogie weitverzweigte Verwandte und mit diesen verbundene Personen zu beziffern. Um ein Genealogisches Ordnungsverfahren in der Genealogie anwenden zu können, bedarf es eines Ausgangspunktes, welcher der Proband ist. Aus der Sicht des Probanden gilt es folgende Personengruppen zu beziffern:

Die Summe der Personen der ersten drei Gruppen, wird Gesamtverwandtschaft bezeichnet. Die Summe aller Personen dieser vier Gruppen könnte Sippe oder Klan genannt werden. Während sich bei der reinen Betrachtung der Vorfahren die Bezifferung nach Kekule (mit oder ohne Generationshinweis) durchgesetzt hat, gibt es bereits bei der Bezifferung der Nachfahren mehrere konkurrierende Systeme. Kein internationales Gremium konnte einen Konsens zum Einsatz erreichen. Die Komplexität steigt dementsprechend, wenn man weitere Gruppen einheitlich beziffern will, sodass es dafür erst Recht keine allgemein anerkannten Leitlinien gibt; auch nicht in einzelnen Ländern. Die meisten dieser umfassenden Nummerierungs-Systeme für Verwandte gehen vom Kekule-System aus und kombinieren dazu Elemente aus der Nummerierung von Nachfahren und zusätzlichen Kodierungen.

Im folgenden eine Beschreibung mit Vergleich von Bezifferungssystemen, welche zumindest die Gesamtverwandtschaft indizieren.

Geläufige Verwandtschafts-Bezifferung

Übersicht der Anwendung auf ein Testraster der geläufigen Verwandtschafts-Bezifferung

Eine Kombination bereits bestehender und alt gedienter Verfahren nach einer Vorlage von Doris Reuter.[1] Die vorangestellte Generationenbezifferung wurde hier an das üblichere System angepasst und kann auch weggelassen werden.

  • Vorfahren nach Kekule mit Proband 0 1 (statt original I 1); Vater: I 2
  • Geschwister eines Vorfahren werden mit Kleinbuchstaben in der Reihenfolge ergänzt: z.B. der Bruder des Vaters (Onkel): I 2a
  • Kinder von den vorgenannten Personen werden nach dem D'Aboville/Saragossa-System mit einem Punkt und einer Ziffer gekennzeichnet, z.B. die Kinder des Onkels: 0 2a.1, 0 2a.2. Bei Enkeln, Urenkeln, usw. wird das System fortgeführt; Enkel des Onkels: -I 2a.2.3
  • Ehepartner von Verwandten erhalten dessen Kodex mit einem P ergänzt (I 2aP), bei mehreren Partnern mit einer Nummerierung (I 2aP1, I 2aP2)
  • Eltern von angeheirateten Personen werden mit V für Vater und M für Mutter gekenntzeichnet (II 2aP1V)

Es ist zu berücksichtigen, dass die Leseweise der Bezifferung immer von links nach rechts vorzunehmen ist.

Mögliche Nachteile bei Wahl dieser Systematik:

  • Kleinbuchstaben können bei Geschwistern oft nicht chronologisch verwendet werden, weshalb diese Definition ev. aufzuweichen wäre (oder anzupassen).
  • Kinder sind nur dem Verwandten zugeordnet und nicht den angeheirateten Personen, die Systematik könnte dahingehend geändert werden.
  • Es gibt keine Unterscheidungsmöglichkeit bei nicht-leiblichen/unehelichen (bzw. fraglichen) Beziehungen, Systematik könnte angepasst werden.
  • Die fehlender Kenntnis der Chronologie bei den Ehen, sollte ev. ebenfalls erkennbar sein, bzw berücksichtigt werden. Könnte angepasst werden.
  • Das System die Vorfahren der Angeheirateten zu beziffern kann bei extensiver Anwendung z.B. bei der Verwandtschaft des Ehepartners des Probanden unübersichtlich werden; es könnte stattdessen das Kekule-System verwendet werden

Analyse & Modifikation C. Rottensteiner

Eine ausführliche Analyse dieser Bezifferung findet sich im TiGen-Wiki zur Bezifferung der Gesamtverwandtschaft. Zu den möglichen Nachteilen werden Verbessungsmöglichkeiten angeführt. Außerdem wird eine weitergehende Modifikation vorgeschlagen, welche sich in Testphase befindet. [2]

Bezifferung nach Böttcher

Übersicht der Anwendung auf ein Testraster der Verwandtschafts-Bezifferung Böttcher

Der Schweizer Genealoge deutscher Herkunft Henning Böttcher hat 2000 ein System online veröffentlicht, welches inzwischen von verschiedenen Forschern aufgegriffen wurde.[3]

  • Vorfahren nach Kekule mit Proband 1
  • Geschwister eines Verwandten werden mit Kleinbuchstaben ergänzt, wobei jeweils ein Buchstabe ausgelassen wird: z.B. das zweite Geschwister des Vaters: 2c
  • Ehepartner von Geschwistern erhalten den Buchstaben, der direkt auf den Buchsta­ben des Ge­schwisterteiles folgt: 2d. Weitere angeheiratete Ehepartner werden durch einen oder mehrere Apostrophs ( ' ) hin­ter dem letzten Buchstaben unterschieden: 2d'
  • Kinder bekommen die Ziffer des eingeheira­teten Elternteiles ergänzt nach Geschwisterlogik: 2d'c
  • Eltern/Vorfahren von angeheirateten Personen werden nach Kekule gekennzeichnet: 2d'c2
  • Zur Unterscheidung bei nicht-leiblichen (bzw. fraglichen) Eltern-Kind Beziehungen wird auch das Apostroph empfohlen: 2d'c'4

Mögliche Nachteile bei Wahl dieser Systematik:

  • Das System erlaubt neben den angeheirateten Personen nur deren Vorfahren zu beziffern, nicht aber deren Geschwister, deren weitere Ehepartner und Verwandte. Eine Erweiterung scheint schwierig.
  • Die Logik der Kleinbuchstaben ist nicht auf Anhieb verständlich (wohl auch da sich schnell viele Kleinbuchstaben summieren)
  • ohne Generationsziffer ist der Unterschied zwischen den Generationen schlecht erkennbar

Bezifferung Goethe nach Rösch

Übersicht der Anwendung auf ein Testraster der Verwandtschafts-Bezifferung Rösch

Siegfried Rösch hat die Gesamtverwandtschaft von Johann Wolfgang von Goethe anhand zahlreicher vorliegender Forscherunterlagen ausführlich untersucht. Daraus veröffentlicht er 1956 ein Darstellungsprinzip von über 4.200 Goethe-Verwandten anhand dem Probanden Goethe. Dieses System wurde nur aufgrund zusammenfassender Unterlagen rekonstruiert[4]:

  • gemeinsames niedrigstziffriges Ahnenpaar wird angegeben: (6/7) Goethes Großeltern Textor-Lindheimer
  • Die Anzahl der Generationen in Bezug zum Probanden wird angegeben: +II (Goethes Enkelgeneration)
  • Anhand einer fortlaufenden Nummerierung wird die Person in dieser Ahnengemeinschaft (Ahnenpaar) nach einem Semikolon markiert (variaber Teil je nach Forschungsstand): 42
  • zusätzlich wird ein Kleinbuchstabe zum Markieren der Auflage (Definitionszeitpunkt) verwendet, wenn die Reihenfolge nicht genügend gesichert scheint: a
  • Zusammengesetzt sieht die Ziffer folgendermaßen aus: (6/7)+II;a42

Mögliche Nachteile bei Wahl dieser Systematik:

  • Das System berücksichtigt nur effektiv Verwandte und läßt deren Ehepartner und Angehörige außen vor. Eine Zusatzsystematik könnte definiert werden.
  • Geschwister und sonstige Zusammenhänge sind aus der fortlaufenden Nummer nicht erkennbar.

Bezifferung nach Dollarhide/Cole

Übersicht der Anwendung auf ein Testraster der Verwandtschafts-Bezifferung Dollarhide/Cole

Im englischsprachigen Raum ist ein System populär, welches zuerst vom amerikanischen Genealogen William Dollarhide angewendet und von diesem bis 2005 online publiziert wurde.[5] Ab etwa 2005 publizierte der Amerikaner Terry Cole eine leichte Modifikation, die von vielen Forschern aufgegriffen wurde.[6]

  • Vorfahren nach Kekule mit einem Punkt und einer Null hintendran: Proband 1.0, Vater 2.0
  • Geschwister angelehnt an das Henry-System Ziffern 1-9 und Buchstaben A-Z angewendet auf alle Halbgeschwister der Referenzperson (weiterhin mit einem Punkt getrennt). Die Reihenfolge sollte wenn bekannt chronologisch sein, ansonsten ist die Verwendung der Kleinbuchstaben ab z abwärts empfohlen. Die Stelle der Referenzperson wird ausgelassen, z.B. väterlicher Onkel an dritter Stelle nach dem Vater: 2.3
  • Ehepartner erhalten als Suffix ein * ergänzt mit der Nummer je nach Mehrfachehen. Bei weiteren Partnern der direkten Ahnen, wird die deren Nummer ausgelassen, z.B. 3. Frau (letzte) des Großvaters: 4.0*3
  • Kinder werden analog zu Geschwistern beziffert. Z.B. drittes Kind des Onkels väterlicherseits: 2.33
  • Eltern/Vorfahren von angeheirateten Personen werden mit einem Querstrich abgetrennt und dann wie vom Proband ausgehend nummeriert; z.B. Schwiegermutter des Onkels: 2.3*1/3.0

Mögliche Nachteile bei Wahl dieser Systematik:

  • Kinder sind nur dem Verwandten zugeordnet und nicht den angeheirateten Personen, die Systematik könnte geändert werden
  • Es gibt keine Unterscheidungsmöglichkeit bei nicht-leiblichen/unehelichen (bzw. fraglichen) Beziehungen, Systematik könnte angepasst werden
  • die verwendeten Zeichen * und / könnten in Tabellenkalkulationen ungewollte Berechnungen auslösen und in Dateinamen sind diese bei vielen Betriebssystemen nicht erlaubt. Könnte angepasst werden.
  • Die fehlender Kenntnis der Chronologie bei den Ehen, sollte ev. ebenfalls erkennbar sein, bzw berücksichtigt werden. Könnte angepasst werden.
  • ohne Generationsziffer ist der Unterschied zwischen den Generationen schlecht erkennbar

Binäre Systeme

Es gibt auf Kekule basierende Systeme, welche aber die binäre Ziffern-Darstellung [7] wählen. [8]

Hinweise: Nachteile bei eigenen Systemen vermeiden

Folgende Hinweise dienen dazu mögliche Nachteile zu vermeiden:

  • Ausgehend vom Probanden sollte von rechts nach links beziffert werden.
  • Die Flexibilität des Systems, bei später hinzukommenden Personen, sollte gegeben sein. Ebenso sollte die Chronologie von Ereignissen (bzw. deren Unbekanntheit) nicht einschränkend wirken.
  • Die Beziehung zur vorletzten Person sollte ersichtlich sein: Vorfahren (Eltern), Geschwister, Kinder, (Ehe)-Partner.
  • Die Art der Beziehung zur vorletzten Person kann hilfreich sein. Beim Partner: verheiratet, verlobt, geschieden, unehelich. Bei Kindern/Eltern (und ev. Geschwistern): Leiblich, Stiefkind/eltern, Adoptivkind/eltern, Pflegekind/eltern, Außerdem gibt es auch unsichere bzw. unbekannte Beziehungen/Verhältnisse.
  • Die Erkennbarkeit von Generationensprüngen, insbesondere wenn keine Generationenziffer vorangestellt wird, ist von Vorteil.
  • Bei Anwendung in Tabellenkalkulationen (Excel, Calc), ist es empfehlenswert folgende Zeichen zu vermeiden: zu Beginn "=" (ist gleich), Zahlen wie ein Datum formatiert (10-12-1673). Eine Beeinträchtigung durch folgende Zeichen müsste genauer analysiert werden: + (plus), - (minus), * (Sternchen, x-Funktion), / (Querstrich, Teilen-Funktion).
  • Bei Anwendung in Dateinamen (Dokumente, Bilder), ist es empfehlenswert folgende Zeichen zu vermeiden: \ / ? * : | " < > % . Ev. auch der Punkt (.), da die letzten Zeichen dahinter als Dateityp interpretiert werden.[9]
  • Nachteilung bei Formatierung könnte der Unterstrich "_" sein, welche bei Unterstreichung nicht mehr sichtbar ist.

Quellen

  1. Doris Reuter, Welche Ziffer für den Urgroßvater?, Familienforschung 2012/2013, Magazin des Vereins für Computergenealogie, S.82
  2. C. Rottensteiner, Bezifferung Gesamtverwandtschaft, TiGen Wiki, Erstellt und abgerufen am 26.03.2012: http://tigen.tirolensis.info/wiki/Bezifferung_Gesamtverwandtschaft
  3. Henning Böttcher, System Böttcher: Nummerierungs-System für Verwandte, 2000-2005, Abgerufen 19.3.2012, http://www.germanyroots.com/boettche/nummerierungs_system.htm
  4. Über Begriff und Theorie der Gesamtverwandtschaft (Rösch)
  5. William Dollarhide, More on ID Numbers for Collaterals, Interet Archive vom Dez. 2005, http://web.archive.org/web/20051227065612/http://www.genealogybulletin.com/archives/HTML/current12.html
  6. Terry Cole, Numbering Tutorial - slightly modified Dollarhide system, Abgerufen 20.3.2012, http://sites.google.com/site/genealogycole/my-techniques/numbering
    Siehe auch Manfred Bäumer, Ahnenbezifferungsysteme - Das Dollarhide System, Abgerufen 20.3.2012, http://forum.heraldik-und-kunst.de/index.php?topic=212.0;wap2
  7. http://www.genetalogie.de/frueh/genealogie/html/fruehabb2.html
    en.wikipedia / Ahnentafel / Inductive reckoning/ Second method https://en.wikipedia.org/wiki/Ahnentafel#Second_method
    https://en.wikipedia.org/wiki/Genealogical_numbering_systems#atree
    http://andrsn.stanford.edu/ahnenbin.html
  8. http://forum.genealogy.net/index.php?page=Thread&postID=297575#post297575
  9. Wikipedia: Dateiname # Problematische und unzulässige Zeichen oder NamenEnglish