Osmanisches Reich: Unterschied zwischen den Versionen
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03.11.1839 Promulgation des Hattischerifs von Gülhane , einer die Prinzipien und Ziele der neuen Gesetzgebung (Rechtsgleichheit und Glaubensfreiheit) feststellenden Akte. Wachsender Einfluß Englands im Divan, besonders seit dem 1847 mit dessen Hilfe über Griechenland erfochtenen diplomatischer Sieg. 1848 Hinneigung der Pforte zu den liberalen Mächten gegenüber dem absolutistischen Russland. Die von Napoleon 1851 angeregte Frage über die heiligen Stätten bietet Russland Veranlassung, seine überwiegende Stellung dem Divan gegenüber wieder geltend zu machen; es fordert Einräumung des Schutzrechts über 10 Millionen griechisch-katholischer Untertanen der Pforte und besetzt nach erfolglosen Verhandlungen die Donaufürstentümer, was 1854 zum orientalischen Krieg zwischen Rußland auf der einen und den mit der Pforte verbündeten Westmächten auf der anderen Seite führt. Im (dritten) pariser Frieden (30.03.1856) Grenzberichtigung an den Donaumündungen zu Gunsten der Türkei, Neutralisierung des schwarzen Meeres und Aufnahme der Pforte in die europäische Völkerfermlie auf Grund des Hatti-Humajums vom 18.02.1856, der Bestätigung und Eweiterung des Hattischerifs von Gülhane. | 03.11.1839 Promulgation des Hattischerifs von Gülhane , einer die Prinzipien und Ziele der neuen Gesetzgebung (Rechtsgleichheit und Glaubensfreiheit) feststellenden Akte. Wachsender Einfluß Englands im Divan, besonders seit dem 1847 mit dessen Hilfe über Griechenland erfochtenen diplomatischer Sieg. 1848 Hinneigung der Pforte zu den liberalen Mächten gegenüber dem absolutistischen Russland. Die von Napoleon 1851 angeregte Frage über die heiligen Stätten bietet Russland Veranlassung, seine überwiegende Stellung dem Divan gegenüber wieder geltend zu machen; es fordert Einräumung des Schutzrechts über 10 Millionen griechisch-katholischer Untertanen der Pforte und besetzt nach erfolglosen Verhandlungen die Donaufürstentümer, was 1854 zum orientalischen Krieg zwischen Rußland auf der einen und den mit der Pforte verbündeten Westmächten auf der anderen Seite führt. Im (dritten) pariser Frieden (30.03.1856) Grenzberichtigung an den Donaumündungen zu Gunsten der Türkei, Neutralisierung des schwarzen Meeres und Aufnahme der Pforte in die europäische Völkerfermlie auf Grund des Hatti-Humajums vom 18.02.1856, der Bestätigung und Eweiterung des Hattischerifs von Gülhane. | ||
Ausschreitungen des beleidigten Türkentums in den christenmetzeleien in Damaskus und im Libanon im Sommer 1860. Die Intervention französischer Truppen in Syrien durch die Energie des nach Beirut gesandten türkischen Ministers Fuad unnötig gemacht. Verfall des Reichs in immer grössere Schwäche und Zerrüttung. Aufstände in Bosnien und der Herzogewina. Abd-ul-Medschid +25.06.1861. Sein Nachfolger Abd-ul-Asis sucht durch Vereinfachung der kostspieligen Hofhaltung und Beschränkung der Verwaltungsausgaben den Finanzen vergeblich aufzuhelfen. Fortdauer der Beamtenwillkür, der öffentlichen Unsicherheit, der schlechten Justizpflege und Verrottung aller Verhältnisse. Steuerdruck führt zur Verarmung der Provinzen. 1862 Niederhaltung der Bewegung in Bosnien und Demütigung Montenegros. Ende 1866 Aufstand der christlichen Bevölkerung auf Kandia und Gährung unter den Christen Rumeliens. 1867 Einmischung der europäischen Mächte zu Gunsten der aufständischen Kandioten, die aber (Sept.) unter Englands Beirat zurückgewiesen wird. Juni Reise des Sultans nach Paris u. Rückkehr desselben über Wien. 07.03.1868 Aufhebung des bisherigen Staatsrats und Einsetzung eines obersten Verwaltungs- und Justizrats. Agathon Effendi, ein Christ, Minister der öffentlichen Arbeiten. Wegen Unterstützung der aufständischen Kandioten von Griechenland aus durch Freischaarenzüge etc., beschließt die Pforte am 01.12. energische Maßregeln gegen letzteres. 11.12. Ultimatum an die griechische Regierung und nach dessen Ablehnung 15.12.Abbruch der diplomatischen Beziehungen, Orner-Pascha Oberbefehlshaber der in Thessalien zusammengezogenen türkischem Truppen. 09.01. bis 18.02.1869 europäische Konferenz zu Paris behufs Beilegung der türkisch-griechischen Differenz. Ende des Aufstandes auf Kandia. 20.02. Wieleraufnahme des diplomatischen Verkehrs zwischen der Pforte und Griechenland. Im August Differenzen und Schriftenwechsel mit dem Vizekönig von Aegypten. 10.03.1870 von Seiten der Pforte Bewilligung der Trennung der Bulgaren vom giechischen Patriarchat. 20.02.1871 Zusamnentritt einer bulgarischen Nationalversammlung in Konstantinopel, zur Prüfung und Begutachtung eines kirchlichen Organisationsstatuts nebst Wahlordnung. 13.03. Schlusssitzung der londoner Konferenz und Unterzeichnung des neuen Vertrags bezüglich des schwarzen Meeres. | Ausschreitungen des beleidigten Türkentums in den christenmetzeleien in Damaskus und im Libanon im Sommer 1860. Die Intervention französischer Truppen in Syrien durch die Energie des nach Beirut gesandten türkischen Ministers Fuad unnötig gemacht. Verfall des Reichs in immer grössere Schwäche und Zerrüttung. Aufstände in [[Bosnien-Herzegowina|Bosnien und der Herzogewina]]. Abd-ul-Medschid +25.06.1861. Sein Nachfolger Abd-ul-Asis sucht durch Vereinfachung der kostspieligen Hofhaltung und Beschränkung der Verwaltungsausgaben den Finanzen vergeblich aufzuhelfen. Fortdauer der Beamtenwillkür, der öffentlichen Unsicherheit, der schlechten Justizpflege und Verrottung aller Verhältnisse. Steuerdruck führt zur Verarmung der Provinzen. 1862 Niederhaltung der Bewegung in Bosnien und Demütigung Montenegros. Ende 1866 Aufstand der christlichen Bevölkerung auf Kandia und Gährung unter den Christen Rumeliens. 1867 Einmischung der europäischen Mächte zu Gunsten der aufständischen Kandioten, die aber (Sept.) unter Englands Beirat zurückgewiesen wird. Juni Reise des Sultans nach Paris u. Rückkehr desselben über Wien. 07.03.1868 Aufhebung des bisherigen Staatsrats und Einsetzung eines obersten Verwaltungs- und Justizrats. Agathon Effendi, ein Christ, Minister der öffentlichen Arbeiten. Wegen Unterstützung der aufständischen Kandioten von Griechenland aus durch Freischaarenzüge etc., beschließt die Pforte am 01.12. energische Maßregeln gegen letzteres. 11.12. Ultimatum an die griechische Regierung und nach dessen Ablehnung 15.12.Abbruch der diplomatischen Beziehungen, Orner-Pascha Oberbefehlshaber der in Thessalien zusammengezogenen türkischem Truppen. 09.01. bis 18.02.1869 europäische Konferenz zu Paris behufs Beilegung der türkisch-griechischen Differenz. Ende des Aufstandes auf Kandia. 20.02. Wieleraufnahme des diplomatischen Verkehrs zwischen der Pforte und Griechenland. Im August Differenzen und Schriftenwechsel mit dem Vizekönig von Aegypten. 10.03.1870 von Seiten der Pforte Bewilligung der Trennung der Bulgaren vom giechischen Patriarchat. 20.02.1871 Zusamnentritt einer bulgarischen Nationalversammlung in Konstantinopel, zur Prüfung und Begutachtung eines kirchlichen Organisationsstatuts nebst Wahlordnung. 13.03. Schlusssitzung der londoner Konferenz und Unterzeichnung des neuen Vertrags bezüglich des schwarzen Meeres. | ||
===Historische Literatur=== | ===Historische Literatur=== | ||
* Harmmer-Pargstall: Die Geschichte der Türkei, (2. Aufl. 1840,4 Bde.) | * Harmmer-Pargstall: Die Geschichte der Türkei, (2. Aufl. 1840,4 Bde.) | ||
* Zinkeisen: Geschichte der Türkei 1840- 63 , (7 Bde.); | * Zinkeisen: Geschichte der Türkei 1840- 63 , (7 Bde.); | ||
* Rosen: „Geschichte der Türkei von 1826 -56, 1866-67, 2 Bde. | * Rosen: „Geschichte der Türkei von 1826 -56, 1866-67, 2 Bde. | ||
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Version vom 13. Dezember 2010, 13:55 Uhr
Hierarchie
Regional > Historisches Territorium > Osmanisches Reich
Name
- 1895: Türkiye (Devlet-i-Alije, Die Pforte, Memâlik-i-Osmanije, Ottomanisches Reich, Osmanisches Reich, Türkei -Reich, Türkei)
Einleitung
Osmanisches Reich ist die Bezeichnung für das Reich der Dynastie der Osmanen vom 14. Jahrhundert bis 1923 . Es war für mehrere Jahrhunderte die entscheidende Macht in Kleinasien und auf dem Balkan zeitweise auch in Nordafrika und auf der Krim . Im Laufe des 18. und vor allem 19. Jahrhunderts wurde es in der Auseinandersetzung mit den europäischen Mächten auf Kleinasien zurückgedrängt und fand in der Türkei seinen Nachfolgestaat.
Allgemein, Geographie, Klima
Stand 1895: Das Gebiet der Türkiye (Türkei) wird begrenzt im Osten durch das Schwarze Meer, das Marmara-Denizi (Marmarameer) und Griechisches Meer, im Süden von Griechenland, im Westen vom Ionischen Meer und Adriatischen Meer, Crna-Gora (Montenegro) und (wegen Abrechnung von Bosna-Hersek (Bosnien-Herzegowina), im Norden von Srbija (Serbien), Balgarija (Bulgarien) und Ostrumelien.
Die Küstenentwicklung des Landeskomplexes ist eine ungemein günstige.
- Die wichtigsten Kaps sind: im Griechisches Meer die Kaps Paliuri, Drepano, Giorgi, in der Strasse von Otranto das Kap Glossa, im Gebiet vom Adriatischen Meer die Kaps Rodoni, Pali etc.
- Meerbusen: im Griechischen Meer Golf von Saloniki, Kassandria, Hagion-Oros, Hierisso, Orfano, Saros; im Westen Avlona-Golf und Golf von Arta im Osten die Strassen von Hellespont und der Bosporus, im Schwarzen Meer der Meerbusen von Inada mit dem gleichnamigen Kap.
- Von den Inseln im Griechischen Meer gehören zur Türkiye nur Thasos, Samothraki, Imbro und Limi, letztere 3 zum Vilajet Dschesaïri-Bahri-Sefid.
Im Innern ist der europäische Teil 1895 von einer Reihe von Kettengebirgen durchzogen. Im Osten von Crna-Gora steht das Schalia-Mala-Gebirge von Nordwesten nach Südosten das unter N 42° vom Kerubi-Gebirge von Südwesten nach Nordosten quer durchschnitten wird; parallel mit dem Schalia-Mala läuft das Bastrik-Gebirge, welches mit dem von Südwesten nach Nordosten laufenden Schar-Dagh u. in weiterer Südost-Richtung mit dem Kara-Dagh das Kossowopolje (Amselfeld) einschliesst; im Süden steht die isolierte Pyramide des Ljubatru (2.111 m). Dem Shar-Dagh, im Kobiliza 2.631 m hoch, parallel laufen im Westen verschiedene Ketten in Arnaoudluk (Albanien), Vilajet Joannina, während nach Osten mehrere Ketten sich abzweigen, um bis zum Meerbusen von Saloniki zu streichen. Im Süden von den Seen von Ochrida und Presba zieht das Grammos-Gebirge (1.500 m) in Meridianrichtung und an dieses schliesst sich im Wassilitza (1.700 m), das mit dem Muro-Vuni beginnende Pindus-Gebirge. Nach Osten zieht sich vom Muro-Vuni das Volutza-Gebirge, das als Schabka-Gebirge die Küste des Meerbusens von Saloniki berührt, und an das sich dann der Olympos (2.973 m), anreiht. Im Ostteil, im Süden vom Etropol-Balkan erhebt sich das Vitosch-Gebirge (2.278 m), an das sich nach Süden der Kilo-Dagh (2.972 m), der Knotenpunkt des Rhodope (oder Despoto-Dagh) anreiht; dieser letztere erfüllt mit seinen Ketten und Gruppen, bis zu 2.900 m im Perim-Dagh ansteigend, das ganze Gebiet zwischen Struma, Maritza und dem Griechischen Meer. Gegen Süden, zwischen Vardar und Struma ziehen Velitza Planina und Dschengel-Dagh; die Halbinsel Chalkidike in ihren 3 Ausläufern füllt das Cholomonda-Gebirge. Fast parallel endlich der Küste vom Schwarzen Meer läuft das Strandschea-Gebirge, zwischen welchem und der Maritza das Land von niedrigen Hügelketten durchzogen wird, der Südteil nach dem Golf von Saros hin trägt wieder höhere Bergzüge.
An Gewässern fehlt es dem Lande nicht:
- Flüsse zum Adriatischen Meer sind: die Bajana, Drin, die Matja, Skumbi, Ergent mit Devol, Woyutza mit Nebenflüssen; zum Ionischen Meer: Kalamo und Arta; zum Griechischen Meer: Maritza, Karasu, Struma, Vardar.
- Die bedeutendsten Seen sind die von Ochrida, Schkodra (Skutari), Joannina, Kastoria.
Das Klima ist im allgem. mild und gesund, das Land am Archipel und Marmara-Denizi geniesst im Süden Milde und der am weitesten im Süden gelegene Teil hat völlig italienische Luft. Stambul (Konstantinopel, Istambul) hat mit Venezia eine gleiche mittlere Jahrestemperatur. Im April und Mai fallen häufige Regen, und im Sommer wird die Luft infolge der ozeanischen Lage durch Winde gekühlt.
Bevölkerung
Stand 1895: In den unmtlbaren Provinzen sind die Hauptnationen Türken und Tataren, Griechen und Albanesen, an Zahl untereinander so ziemlich gleich und etwa 72 % der Gesamtbevölkerung ausmachend; sodann Bulgaren, Serben, Tscherkessen, Armenen, Zinzaren, Araber, Juden, Zigeuner, Franken (abendländische Europäer). Nach dem religiösen Bekenntnissen werden geschätzt 2.330.000 Muslime, 2 Millionen Bekenner der griechisch-orthodoxen Kirche, 200.000 Römisch-Katholische, 70.000 Bekenner der gregorianisch-armenischen Kirche, 10.000 Evangelische, 50.000 Juden.
Kultur, Religion, Bildung
Stand 1895: Für die Rechtspflege, sofern sie sich um rein muslimischen Angelegenheiten handelt, sind die Ulemas berufen; für Streitigkeiten zwischen Bekennern verschiedener Religionen, sowie Kriminalfälle bestehen gewöhnliche Gerichte in 3 Instanzen, Orts- u. Friedensgerichte und der oberste Gerichtshof, Ars-Adassi, mit einer Abteilung für die Europäer und einer für die Provinzen in Asien.
Den Kultus betreffend ist der Islam die Staatsreligion, aber es ist neben ihm die freie Ausübung aller anderen anerkannten religiösen Bekenntnisse verfassungsmässig gewährleistet. An der Spitze des Islams steht der Großsultan, vertreten in dieser Würde durch den Scheich-ül-Islam. In der griechischen Kirche ist die oberste geistliche Gewalt dem ökumenischen Patriarchen in Stambul (Konstantinopel) im Verein mit der Heiligen Synode übertragen; der Sultan ertheilt für den Patriarchen die Investitur; diesem unterstehen dann die Metropoliten, Erzbischöfe und Bischöfe, welche die Synode ernennt und die Regierung bestätigt. Die katholische Kirche besitzt einen Patriarchalvikar in Stambul (Konstantinopel), 3 Erzbischöfe und 3 Bischöfe vom lateinischen Ritus, einen armenisch-unierten Patriarchen und einen bulgarisch-unierten Bischof. Die gregorianischen Armenier haben einen Patriarchen in Stambul (Konstantinopel), der unter dem Oberhaupt der ganzen armenischen Kirche, dem Katholikos in Etschmiadzin, steht. Die Juden haben einen Grossrabbiner.
Nach dem Unterrichtsgesetz sollen bestehen: von den Gemeinden erhaltene Primärschulen, in denen der Unterricht für die Kinder von 6-11 Jahren obligatorisch ist, höhere Primärschulen, Vorfabrik-Schulen für den Sekundäruntericht, kaiserliche Lyceen, je eines in jeder Provinzstadt, die höhere Normalschule und die kaiserliche Universität in Stambul (Konstantinopel), diese mit 3 Fakultäten (für Litteratur, Rechte, Mathematik und Naturwissenschaft); kaiserliche Schule zur Ausbildung von Zivilbeamten, eine solche für Brücken- und Strassenbau; die Kriegsschule, Genie- u. Artillerie-Schule, militärische Medizinschule, sämtlich in der Hauptstadt; Marineschule auf der Halbinsel Chalkidike, die Kollegien an den Moscheen (Medresses) für die muslimischen Priester, katholische Klosterschulen, theologische Lehranstalten der Christen.
Produkte, Handel
Bei der überaus günstigen Lage und der genügenden Bewässerung, bei der reichen Ausstattung des Landes mit allen Gaben der Natur könnte das Land bei nur etwas rationeller Bewirtschaftung eines der reichsten in Europa sein, während es um 1895 aus deutscher Sicht infolge der Ignoranz des Volkes, der Trägheit und Sorglosigkeit der Bauern, des Mangels an Verkehrsmitteln und Kapital oft in den fruchtbarsten Gegenden öde liegt und mit üppigstem Unkraut bedeckt ist.
Die wichtigsten Naturerzeugnisse sind: Getreide, Reis, Mais, Hülsenfrüchte, Wein, Obst, vielerlei Südfrüchte, Oliven, Baumwolle, Tabak, Mohn, Korinthen, Indigo, Mastix, Rosen, Süßholz, Gummi, Coloquinten, Safran, Krapp, Hanf, Flachs, viel Holz, Cypressen, Cedern, Maulbeerbäume, Knoppern etc. Das Mineralreich liefert Gold u. Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Salz, Salpeter, Alaun, Marmor, Schwefel, Steinkohle etc. Vom Tierreich gibt es vorzugsweise vortreffliche Pferde, Rinder und Büffel, Kamele, Esel und Maulesel, sehr viele Schafe, Ziegen, Schweine; ferner Bären, Wölfe, Schakale, verschiedene Arten Wildpret, viel Federvieh, Seidenbau, Imkerei, Zugheuschrecken, Blutegel, viele Fische, Austern, Schildkröten, Korallen etc.
Die Landwirtschaft ist noch wenig entwickelt; unter den verschiedenen Arten von Getreide wird besonders Weizen, Mais und Hirse (an-)gebaut, und wenn auch verhältnismässig wenig, doch so viel erzeugt, dass noch Ausfuhr möglich (1891/92 im Werte von 309,7 Millionen Piaster (100 Piaster = 18,44 Mark). Der Anbau (Obst) wird allgemein betrieben. Der Anbau (Ölbäume) besonders an den Küsten des Archipels un d am Adriatischen Meer und auf der Insel Kirid (Kreta); Speiseöl bildet einen Hauptausfuhrartikel des Landes. Der Anbau (Wein) liefert ausgezeichnete Weinsorten u. viele Rosinen. Tabak wird in großen Mengen (an-)gebaut, man schätzt die jährliche Ernte auf 18 Mill. kg. Die Ernte an Baumwolle geht zur Hälfte ins Ausland, im Werte von etwa 24 Mill. Fanc (franz.). Die Viehzucht, besonders für Pferde, Rinder u. Schafe ist bedeutend; die Tierzucht (Schafe) besonders in Joannina, Arnaoudluk (Albanien), liefert so viel Wolle, dass von da allein im Werte von 24 Mill. Frc ausgeführt wird; sehr wichtig ist auch die Imkerei und Seidenbau, der letztere besonders im Südteil der „Türkiye“. Die Jagd ist ziemlich einträglich, auch die Fischerei. Die Forstwirtschaft steht auf äusserst niedriger Stufe, der Bergbau liegt ganz darnieder ausser im Bergbau auf Eisen (mehrere Gruben); Salz wird aus Salzmorästen und aus Salzquellen gewonnen. Die gewerbliche Tätigkeit ist nicht bedeutend; man findet mit Ausnahme der für den täglichen Verkehr und unentbehrlichen Gewerbe, welche zum Teil von den bäuerlichen Besitzern im Hause getrieben werden, eigentlich nur Hausindustrie. Eine bedeutendere Stellung nimmt die Industrie (Seide) in Stambul (Konstantinopel) und Saloniki ein, dann die Färberei durch den ihr eigenen besonderen Glanz und die Dauerhaftigkeit der Farben; aus der Wolle wird grobes, dickes Tuch in Rumelien, Teppiche in Stambul (Konstantinopel), Saloniki, Scharkoi, Berkeredscha, die Fez genannte Kopfbedeckung in Stambul (Konstantinopel) verfertigt; die türkische Sattlerwaren und der türkische. Saffian haben noch ihren alten guten Ruf bewahrt, ebenso die Fabrikation (Leder). Schmiedewaren (Kupfer) sind ein gesuchter Artikel, sowie die berühmten Damascenerklingen, dann Schmuckgegenstände, besonders die schönen Arbeiten in Gold- umd Silberfiligran. Die Fabrikation (Parfümerien, besonders Rosenöl und Konfitüren), ist eine Spezialität des türkischen Gewerbefleisses.
Über den türkischen Handel fehlen sichere offizielle Daten. Für die Entwickelung des Binnenhandels sind zwar mehrere große Messen, besonders zu Uzundschova, im Nordwesten von Edirné (mit einem Umsatze von 15 Mill. Piaster und einer Anhäufung von Waren aus der Türkiye, England, Österreich etc., im Werte von 21 Mill. Piaster), in Marassia, Seres, Farsala, Scharkoi eingerichtet, aber es fehlt an guten Kommunikationsmitteln. Der auswärtige Handel wird nur durch Fremde, besonders Griechen betrieben. Der Wert der eingeführten Waren wird für 1891/92 auf 2.455.394 Piaster, der der ausgeführten auf 1.537.005 Piaster angegeben. Hauptausfuhrartikel sind: Getreide, Trauben, Rohseide u. Kokons, Opium, Mohair, Valonen und Kaffee.
Neben Stambul (Konstantinopel) sind in der europäischen Türkiye die wichtigsten Handelsplätze: Saloniki, Edirné (Adrianopel), Monastir, Seres, Gelibolu, Uzundschova, Kavallo, Janina, Gjortscha, Sayades, Prevesa, Avlona, Berat, Schkodra (Skutari), Antivari und Durazzo.
Die Zahl der Schiffe, welche die ottomanischen Häfen vom Mittelmeer und vom Schwarzen Meer 1892/94 berührten, beträgt 38.897 Dampfschiffe, 151.377 Segler, zusammen 190.274 Schiffe mit 34.137.321 t Gehalt. Die Stärke der Handelsflotte ist für Ende 1891 angegeben zu 541 mit 97.985 t Gehalt.
- Das Postwesen wurde 1840 neu eingerichtet. Die Zahl der Postbezirke (ungerechnet die fremden Postbezirke von Deutschland, Frankreich, Österreich, Griechenland etc.) beträgt 1.442; die Länge der Staatstelegrafie 32.223 km Linienlänge und 50.707 km Drahtlänge.
- Regelmässige Dampfschiffahrt findet statt durch Österreichischer Lloyd u. französische Dampfschiffe zwischen Stambul (Konstantinopel), Varna und Galatz, von Stambul (Konstantinopel) über Piraeus und Messina nach Marseille, nach Saloniki, Izmir, Tirabzon, Trieste (Triest), Wien, Pest, Zemun (Zimony, Semlin), Orsova, Galatz und zwischen Galatz und Odessa.
- In Stambul (Konstantinopel) ist die Ottomanische Bank mit einem Aktienkapital von 200 Millionen Piastern.
Anatolische Eisenbahn / Bagdadbahn
Eisenbahnlinien waren 1894 insgesamt 1.447 km in Betrieb.
- Die Entstehung der Bagdadbahn begann mit der Realisierung der Anatolischen Eisenbahn (1888-1892/96). In der Folgezeit bemühten sich die osmanische und die preußische Regierung um die Fortsetzung der Strecke, die nun unter dem Begriff "Bagdadbahn" firmierte. Geplant war, die Bahn von Konia bis Bagdad und weiter zum Persischen Golf zu verlängern. Kaiser Wilhelm II. wie auch zahlreiche Publizisten und Orientkenner begleiteten die Vertragsverhandlungen zwischen der Deutschen Bank und der osmanischen Regierung mit größtem Interesse.
- Die Deutschen setzten starke Hoffnungen in ihr größtes Bauprojekt und verbanden mit dieser Bahn eine kulturelle und wirtschaftliche Erschließung des Orients. Ihre militärstrategische Wirkung konnte die Bagdadbahn nicht entfalten, da schwierige Bergstrecken im Ersten Weltkrieg trotz größter Anstrengungen nicht mehr fertig gestellt werden konnte.
Regierungsform, Verwaltung
Stand 1895: Die Türkiye (Türkei) begreift in Europa 7 unmittelbare Provinzen, die autonomische Provinz Ostrumelien und das tributpflichtige Fürstentum Balgarija (Bulgarien), in Asien 22 unmittelbare Provinzen und das tributpflichtige Fürstentum Samos, in Afrika das Vilajet Tripolis und den Vasallenstaat Masr (Ägypten). Die Provinz Bosna-Hersek (Bosnien-Herzegowina) in Europa sind unter Verwaltung von Österreich-Ungarn gestellt u. das Sandschak Nowibazar ist von Österreich-Ungarn besetzt.
Stand 1895: Nach den neuesten Angaben betragen Flächeninhalt und Volksmenge:
- (I)Europa (I-A bis I-D): 323653 qkm, 10,399 Mill. Ew., 31 Ew./qkm;
- (I-A), Unmittelbarer Besitz.: 168.533 qkm, 5.600.000 Ew., 33 Ew./qkm;
- (I-B) Bosna-Hersek (Bosnien-Herzegowina): 51.110 qkm, (1885) 1.336.091 Ew., 26 Ew./qkm;
- (I-C) Sandschak Nowipasar (Novibazar): 7.350 qkm, 153.000 Ew., 21 Ew./qkm;
- (I-D) Tributäres Fürstentum Balgarija (Bulgarien) (+ Ostrumelien): 63.160 qkm (+ 33.500 qkm), 3.309.816 (1893), 33 Ew./qkm.
- (II) Asien (II-A bis II-B): 1.778.200 qkm, 15,478 Mill. Ew., 9 Ew./qkm;
- (II-A) Unmittelbarer Besitz.: 1.777.700 qkm, 15.430.000 Ew., 9 Ew./qkm;
- (II-B) Tributäres Fürstentum Samos: 468 qkm, 47.992 Ew., 102 Ew./qkm,
- (III) Afrika (III-A bis III-B): 1.793.300 qkm, 7,648 Mill. Ew., 4 Ew./qkm;
- Türkiye zus. (I-A bis III-B): 2.895.300 qkm, 33,525 Mill. Ew., 8 Ew./qkm (davon unmittelbarer Besitz.: 2.745.300 qkm, 21,83 Mill. Ew., 7 Ew./qkm und Tribut- und Schutzstaaten: 1150000 qkm, 11,695 Mill. Ew., 10 Ew./qkm).
Staatsverfassung, Budget
Stand 1895: Das Ottomanische Reich ist nach der Verfassung vom 11. (23.) Dez. 1876 eine konstitutionelle Monarchie. Der Grosssultan (Kaiser) ist Souverän und Padischah aller Ottomanen; die Souveränität gebührt den ältesten Prinzen der Dynastie Osman. Als gesetzgebender Körper fungiert die Generalversammlung, aus einem Senat und der Deputiertenkammer bestehend, die Mitglieder des Senats werden vom Sultan auf Lebenszeit ernannt, die Deputierten werden gewählt 1 auf 50.000 männliche Ottoman. Die Deputiertenkammer hat das Recht der Ministeranklage. Vor dem Gesetze ist jedem Ottomanen Gleichheit zugesichert.
Die Provinzen sollen nach dem Prinzip der Dezentralisation organisiert sein und als Vertretungskörper zur Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltung sind Generalräte bestellt. Die Exekutive übt der Sultan durch den Präsidenten des Ministerkonseils und den Scheich-ül-Islam, den direkten Repräsentanten der geistlichen Gewalt des Khalifats des Islam; er führt den Titel Hoheit, ist Chef des Ulema (einer zugleich gerichtlichen und priesterlichen Körperschaft), obwohl selbst weder Priester, noch Gerichtsperson; seine Hauptbefugnis ist die Auslegung des Gesetzes, seine Zustimmung ist zur Gültigkeit jeder Verordnung und jeder Massregel, welche von den höchsten Behörden ausgehen, notwendig.
Die obersten administrativen Behörden sind die 10 Ministerien, neben ihnen ein Staatsrat und ein Rechnungshof. Die Verwaltung in den Provinzen (Vilajet) üben die Generalgouverneure (Vali), denen die an der Spitze der Sandschak (Distrikt) stehenden Mutassarifs untergeordnet sind; von diesen dependieren dann die Kaimakams, die leitenden Beamten in den Kantonen (Kazas). Jedem der Verwaltungschefs ist ein Verwaltungsrat beigegeben.
Nach dem Budget für 1893/94 sind die Staatseinnahmen mit 2.291.670, die Staatsausgaben mit 1.102.246 türkischen Pfund (à 100 Piaster, à 18 Mark) festgesetzt. Die türkische auswärtige Staatsschuld ist durch die Delegiertenkommission 1881 auf 106.437.234 £ reduziert, von denen noch 104.458.706 £ zu amortisieren sind.
Militär
Stand 1895: Die Friedensstärke des Heeres wird auf 220.000 – 250.000 Mann angegeben, von denen aber kaum 180.000 als Kombattanten in Anschlag zu bringen sind. Im Kriege würde die Höchststärke etwa 800.000 Mann betragen. Die Kriegsflotte zählt 62 Fahrzeuge mit 41.523 t Ladefähigkeit u. 16.883 nominellen Pferdekräften.
Regenten
- Osmanisches Reich/Regententabelle, ab 1231
Quellen
- Quelle: Hic Leones
Geschichte
Das türkische Reich entstand ans dem Seldschukidenreich in Kleinasien. 1224 Auswanderung Soliman Schahs mit 50.000 oghusischen Türken aus Khorassan nach Westen. Solimans Sohn Ertoghrul tritt als Lehnsträger in die Dienste Aladdins, seldschukischen Sultans von Konieh. Dessen Sohn Oman, von dem sein Stamm den N´ß0men führt, erweitert sein Gebiet beträchtlich und legt sich 1300 den Titel Sultan bei.
Sein Sohn Orchan erobert 1326 Brussa, dann Kleinasien bis an den Hellespont, organisirt das Heer, nimmt den Titel „Padischah“ an und nennt das Tor seines Palastes die „hohe Pforte“. Sein Sohn Soliman setzt sieh in Gallipoli fest. Murad I. (1158 — 80) erobert Thracien, verlegt seine Residenz 1362 nach Adrianopal, beschränkt das byzantinische Reich auf Konstantinopel und Umgebung, bekämpft Serben, Bosnier, Walachen und Ungarn, vereinigt Bulgarien mit seinem Reich, fällt als Sieger 15.06.1389 auf dem Amselfelde.
Dojesid I. (1389— 1402) macht Serbien und die Walachei tributpflichtig belagert Konstantinopel vergeblich, schlägt 1396 das abeudländische Christenheer unter dem König Sigismund von Ungarn entscheidend bei Nikopolis, breitet seine Macht nach Osten bis an den Euphrat aus, unterliegt den Mongolen unter Timur 20.07.1402 bei Angora. 1413 Herstellung der Einheit des Reichs durch Mohammed I. (+ 1421). Murad II. (1421-51) legt dem byzantinischen Kaiser Tribut auf, erobert Thessalonich, schlägt die Polen und Ungarn 1444 bei Varna, kämpft in Albanien erfolglos gegen Skanderbeg. Mohammed II. (1451 bis 1481) erobert 29.05.1453 Konstantinopel (Ende des oström. Reichs), 1456 Morea, 1460 Trapezunt, dann Epirus, Albanien und Bosnien, unterwirft den Tatarenkhan der Krim.
Die Regierung Bajemids II. (1481 bis 1512) tatenlos (Konsolidierung). Selim I. (1512-19) erobert Armenien bis an den Tigris. Syrien, die heiligen Städte Mekka und Medina und Aegypten.
Unter Soliman II. (1519-66) Höhenpunkt der türkischen Machtentwickelung, 1521 Eroberung Belgrads, 1522 der Insel Rhodus; 1526 Sieg über die Ungarn bei Mohacz, Unterwerfung Ungarns mit Ausnahme der nördlichen Komitate und Verwandlung desselben in ein Vasallenkönigreich unter dem siebenürgischen Fürsten Joh. Zapolya; 1527 vergebiche Belagerung Wiens; 1532 Einfall in Steiermark; 1541 Einverleibung halb Ungarns in das türkische Reich; Unterwerfung Georgiens und. Mesopotarniens, sowie der Barbareskenstaateu; Raubzüge türkischer Flotten im mittelländischen Meer und im Indischen Ozean.
Unter Selim II. (1566-74) beginnender Verfall; 1571 Eroberung von Zypern; 07.10. Niederlage der türkischen Flotte bei Lepanto gegenüber der vereinigten Flotte der christlichen Mächte unter Juan d'Austria. Unter Murad III. (1574-95) und Mohammed IIIl. (1595-1603) erfolglose Kämpfe gegen Oesterreich und Persien; Haremsregierung ; Verlust an Gebiet im Osten (Tabris und Bagdad). Unter Achmed (1603-17) nachteilige Friedensschlüsse mit Oesterreich (1606) und Persien (1612). Mustapha I. als blödsinnig abgesetzt ; Osman (1617- 22) im Janitscharenaufstande ermordet. Murad IV. (1623-40) nimmt Eriwan und Bagdad den Persern wieder ab. Ibrahim, I. (1640-48) von den Janitscharen gestürzt und ermordet. Unter Mohammed IV. (1648-87) vergebliche Versuche neuen Aufschwungs. 0807.1656 glänzender Sieg der venetianischen Flotte über die türkische am Eingange der Dardanellen. Herstellung dem Ansehns der Regierung im Innern durch die Großveziere Mohammed- und Achmed- Köprili. 01.08.1664 Sieg der Oesterreicher unter Montecuculi über die Türken bei St. Gotthard au der Raab. 1669 Kandia türkisch. 1676 im Frieden mit Polen Erwerbung Podeliens und eines Teils der Ukraine. Erster Zusammenstoss der Türken mit der Russen, Niederlage der ersteren unter den Grossvezier Kara-Mustapha; im Frieden vor 1681 Gebietsverluste am linken Dnjestrufer, Sept. 1683 entscheideude Niederlagen der türkischen Invasionsarmee vor Wien und in Ungarn; Eroberung Moreas durch die Venetianer. 02.09.1686 Eroberung Ofens durch die Oesterreicher. 12.08. entscheidendem Sieg der letzteren bei Mohacz unter dem Herzog von Lothringen und infolge desselben Ende der türkischen Herrschaft in Ungarn. 1687 Absetzung Mohammeds IV. u. Erhebung Solimans III. (1687-91). Mustapha-Köprili Grossvezier seit 1688, stellt die Ordnung im Innern her, wirft die Oesterreicher über die Donau und Save zurück, wird 19.08.1691 bei Salankemen von den Oesterreichern unter dem Markgrafen von Baden geschlagen. Achmed II. (1691-95) konsolidiert. Unter Mustapha II. (1695 —1703) Verlust Asows (1696) au die Russen; 11.09.1697 entscheidender Sieg der Oesterreicher untez Prinz Eugen bei Zenta an der Theiss; Januar 1699 im Frieden von Karlowitz Abtretung Siebenbürgens und Ungarns an Oesterreich, Asows nebst Gebiet an Russland, Moreas und eines grossen Teils von Dalmatien an Venedig, Podolions und der Ukraine an Polen. 1703 Absetzung Mustaphas II. und Erhebung Achmeds III. (1703-30). Er sucht das Ansehen der tiirkischen Waffen wiederherzustellen. 1711 Einschliessung der Russen unter Peter d. Großen am Pruth und Zurückgabe Asows an die Türken. 1715 Zurückeroberung Moreas durch dieselben. Neuer Krieg mit Oesterreich , 1716 Sieg Prinz Eugens bei Peterwardein ; Eroberung Temesvars und Belgrads durch die Oesterreicher.
Im Frieden von Passarowitz (21.06.1718 Abtretung der genannten Festungen und eines Teils von Serbien an Oesterreich Im Osten Eroberung Eriwans, Tabris und anderer Plätze durch die Türken. 1730 Absetzung Achmeds III. und Erhebung Mahmuds I. (1710- 54) auf den Tron. Einfall der Russen in die Krim und Wiedereroberung Asows durch dieselben. 1737-39 Krieg mit Oesterreich; im Frieden von Belgrad (01.09.1739) erhält die Pforte ihre an Russland verlornen Grenzfestungen mit Asow und das süddanubische Gebiet mit Belgrad zurück.
Osman III. (1754-.57) vererbt der Tron auf seinen Vetter Mustapha III. (1757- 71). Seit 1769 unglücklicher Krier mit Russland; Besetzung der Moldau und Walachei durch die Russen; 16.07.1770 Vernichtung der tiirkischen Flotte auf der Rhede von Tscheschme; 1771 Eroberung der Krim durch die Russen unter Dolgoruki; das türkische Reich der Auflösung nahe. Abd-el-Hamid (1774-89) schließt den nachtheiliger Frieden von Kutschuk-Kainardschi (21.07.1774) mit Russland, in welchem letztere die Moldau und Walachei an die Pforte zurückgibt, sich nur ein Schutzrecht in beiden Fürstentümern vorbehält, die Krim, Bessarabien und Nordkaukasien für unabhängig erklärt, Asow, Taganrog, Jenikale, Kertsch und andere Plätze im Tatarenland besetzt und freie Schifffahrt auf den türkischen Meeren zugestanden erhält. Infolge de russ. Besitzergreifung von der Krim und von Georgien neuer Krieg gegen Russlaue und Oesterreich , den Saladin III. (1789 bi 1807) fortsetzt. Infolge der Siege der Russm unter Suworow Eroberung Bessarabiens, der Walachei und Belgrads durch die Alliirten. Im Frieden von Szistowa (04.04.1791) Rückgabe der gemachten Eroberungen von Seiten Oesterreichs , im Frieden von Jassy (09.01.1792) von Seiten Russlands.
1792 England und Frankreich, die Fortschritt Russlands an der unteren Donau fürchtend, Verbündete der Pforte. Zerrüttung der Finanzen; Streben einzelner Paschas nach Unabhängigkeit. 1798 Bonapartes Expedition nach Aegypten und Kriegserklärung der Pforte au Frankreich, welches 1801 Aegypten zurückgibt. Einfluss der französischen Diplomatie im Rate des Sultans. 1806 Okkupation der Donnufürstentümer durch die Russen. England bemüht sich vorgeblich die Pforte durch Drohungen zur Teiluahme an der Koalition gegen Frankreich zu bewegen; 1807 eine britische Flotte vor Koustantinopol. 1807 Absetzung Selims und Erhebung Mustaphas IV. (1807 - 8), nach dessen Sturz Mahmuds II. (1808-39) auf den Tron. Aussöhnung mit England
Fortschritte der Russen an der Donau in Bulgarien. Im Frieden von Bukarest (28.05.1812) erhält die Pforte gegen Abretung einiger Plätze am linken Donauufer unterhalb Galacz ihre Provinzen zurück. Kämpfe gegen die aufständischen Serben, die administrative Selbständigkeit erringen. Unterwerfung der Sonderherrschaften der Paschas. 1821 Beginn des griechischen Freiheitskampfs. 16.06.1836 Vernichtung der Janitscharen; Reorganisation des Kriegswesens.
Okt. 1826 Traktat von Akjermau mit Rußland, welcher die staatsrechtlicheu Verhältnisse Serbiens und der Donaufürstentiimer im Sinne Rußlands regelt. Misshelligkeiten mit England und Frankreich über die griechische Frage; 20.10.1827 Vernichtung der türkischen Flotte bei Navarin. 1820 bis 1829 Krieg mit Russland; die Russen überschreiten unter Diebitsch den Balkan und dringen bis Adrianopel vor. Im Frieden von Adrianopel (14.09.1829) muß die Pforte die Unabhängigkeit Griechenlands anerkennen, die Schleifung ihrer Festungen auf dem linken Donauufer versprechen und in eine neue russische Regelung der Verhältnisse Serbiens und der Donaufürstentümer willigen. Darauf Wiederaufnahme dor Reorganisatiouspläne durch Mahmud II. Meherned-Ali von Aegypten, mit Beschränkung seiner Macht auf die eines gewöhnlichen Proviuzialstatthalters bedroht, fällt Ende 1831 in Syrien ein, erobert im Laufe des Jahres 1832 Acon, schlägt die gegen ihn ausgesandten türkischen Heere, dringt 1833 bis Kutahia vor und bedroht Konstantinopel. Rußland dringt nebst militärischer Hilfe zum Schutze der Hauptstadt dem Sultan den Offensivvertrag von Hunkiar-Iskelessi (08.07.) auf, welcher das russische Übergewicht befestigt und Kollisionen mit den Westmächten zur Folge hat. Im Frieden von Kutahia (04.05.), unter französischer Vermittelung geschlossen, Abtretung Syriens und Siliziens an Mehamod - Ali.
Aufstände in den slavisch-albanesischen Provinzen und Intrigeu der europäischen Diplomatie hindern die Wiedereroberung jener Provinzen mittelst eines europäisch disziplinirten Heeres. England und Oesterreich auf Seiten der Pforte als Bollwerks gegen die russischen Eroberungsabsichten; Frankreiche der Machterweiterung Mehemed-Alis als eines erblichen Major-Domus des Reichs günstig; Rußland auf Erhaltung des Gleichgewichts und der Eifersucht zwischen beiden Rivalen bedacht. 1839 neuer Krieg mit Mehemed-Ali; 23.06. Niederlage des türkischen Heeres bei Nisib. Mahmud II. + 31.07. Unter seinem Nachfolger Abd-ul-Medschid (1839-61) Abfall der Flotte, dann Quadrupieallianz Russlands, Englands, Preußens und Oesterreichs zu Gunsten der Pforte, Regelung der staatsrechtlichen Verhältnisse des Vizekönigs, dem Aegypten als erbliches Lehn verbleibt, und Rückgabe Syriens und Siliziens an die Pforte, welchen Beschlüssen auch Frankreich nachträglich beitritt. Raschid-Pascha sucht durch innere Reform das türkische Reich zu europäisiren und vom russischen Einfluß frei zu machen.
03.11.1839 Promulgation des Hattischerifs von Gülhane , einer die Prinzipien und Ziele der neuen Gesetzgebung (Rechtsgleichheit und Glaubensfreiheit) feststellenden Akte. Wachsender Einfluß Englands im Divan, besonders seit dem 1847 mit dessen Hilfe über Griechenland erfochtenen diplomatischer Sieg. 1848 Hinneigung der Pforte zu den liberalen Mächten gegenüber dem absolutistischen Russland. Die von Napoleon 1851 angeregte Frage über die heiligen Stätten bietet Russland Veranlassung, seine überwiegende Stellung dem Divan gegenüber wieder geltend zu machen; es fordert Einräumung des Schutzrechts über 10 Millionen griechisch-katholischer Untertanen der Pforte und besetzt nach erfolglosen Verhandlungen die Donaufürstentümer, was 1854 zum orientalischen Krieg zwischen Rußland auf der einen und den mit der Pforte verbündeten Westmächten auf der anderen Seite führt. Im (dritten) pariser Frieden (30.03.1856) Grenzberichtigung an den Donaumündungen zu Gunsten der Türkei, Neutralisierung des schwarzen Meeres und Aufnahme der Pforte in die europäische Völkerfermlie auf Grund des Hatti-Humajums vom 18.02.1856, der Bestätigung und Eweiterung des Hattischerifs von Gülhane.
Ausschreitungen des beleidigten Türkentums in den christenmetzeleien in Damaskus und im Libanon im Sommer 1860. Die Intervention französischer Truppen in Syrien durch die Energie des nach Beirut gesandten türkischen Ministers Fuad unnötig gemacht. Verfall des Reichs in immer grössere Schwäche und Zerrüttung. Aufstände in Bosnien und der Herzogewina. Abd-ul-Medschid +25.06.1861. Sein Nachfolger Abd-ul-Asis sucht durch Vereinfachung der kostspieligen Hofhaltung und Beschränkung der Verwaltungsausgaben den Finanzen vergeblich aufzuhelfen. Fortdauer der Beamtenwillkür, der öffentlichen Unsicherheit, der schlechten Justizpflege und Verrottung aller Verhältnisse. Steuerdruck führt zur Verarmung der Provinzen. 1862 Niederhaltung der Bewegung in Bosnien und Demütigung Montenegros. Ende 1866 Aufstand der christlichen Bevölkerung auf Kandia und Gährung unter den Christen Rumeliens. 1867 Einmischung der europäischen Mächte zu Gunsten der aufständischen Kandioten, die aber (Sept.) unter Englands Beirat zurückgewiesen wird. Juni Reise des Sultans nach Paris u. Rückkehr desselben über Wien. 07.03.1868 Aufhebung des bisherigen Staatsrats und Einsetzung eines obersten Verwaltungs- und Justizrats. Agathon Effendi, ein Christ, Minister der öffentlichen Arbeiten. Wegen Unterstützung der aufständischen Kandioten von Griechenland aus durch Freischaarenzüge etc., beschließt die Pforte am 01.12. energische Maßregeln gegen letzteres. 11.12. Ultimatum an die griechische Regierung und nach dessen Ablehnung 15.12.Abbruch der diplomatischen Beziehungen, Orner-Pascha Oberbefehlshaber der in Thessalien zusammengezogenen türkischem Truppen. 09.01. bis 18.02.1869 europäische Konferenz zu Paris behufs Beilegung der türkisch-griechischen Differenz. Ende des Aufstandes auf Kandia. 20.02. Wieleraufnahme des diplomatischen Verkehrs zwischen der Pforte und Griechenland. Im August Differenzen und Schriftenwechsel mit dem Vizekönig von Aegypten. 10.03.1870 von Seiten der Pforte Bewilligung der Trennung der Bulgaren vom giechischen Patriarchat. 20.02.1871 Zusamnentritt einer bulgarischen Nationalversammlung in Konstantinopel, zur Prüfung und Begutachtung eines kirchlichen Organisationsstatuts nebst Wahlordnung. 13.03. Schlusssitzung der londoner Konferenz und Unterzeichnung des neuen Vertrags bezüglich des schwarzen Meeres.
Historische Literatur
- Harmmer-Pargstall: Die Geschichte der Türkei, (2. Aufl. 1840,4 Bde.)
- Zinkeisen: Geschichte der Türkei 1840- 63 , (7 Bde.);
- Rosen: „Geschichte der Türkei von 1826 -56, 1866-67, 2 Bde.
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