Jodekrandt: Unterschied zwischen den Versionen
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In Heydekrug mit Verspätung eingetroffen, weil irgendein „Birtzaitis“ infolge nächtlicher Sitzung den Zug erst später ablassen konnte, begaben wir uns ins Hotel „Deim“, wo sich die Hochwasserkommission um 8 Uhr versammeln sollte. Recht pünktlich war alles zur Stelle. Außer der aus den Herren K r a u s, G u b b a, B a l d s z u s , P a g a l l i s und R a u s c h bestehenden Hochwasserkommission und dem Landespräsidenten B o r c h e r t hatten sich auch noch Landschaftsrat Dr. S c h e u , Landrat S i m o n a i t i s, Bürodirektor R e i n i c k e, Kreisbaumeister von H e i n e und Kreiswiesenbaumeister J o n i s c h a t eingefunden. Landrat Simonaitisnahm infolge Erkrankung an der Bereisung nicht teil. | In Heydekrug mit Verspätung eingetroffen, weil irgendein „Birtzaitis“ infolge nächtlicher Sitzung den Zug erst später ablassen konnte, begaben wir uns ins Hotel „Deim“, wo sich die Hochwasserkommission um 8 Uhr versammeln sollte. Recht pünktlich war alles zur Stelle. Außer der aus den Herren K r a u s, G u b b a, B a l d s z u s , P a g a l l i s und R a u s c h bestehenden Hochwasserkommission und dem Landespräsidenten B o r c h e r t hatten sich auch noch Landschaftsrat Dr. S c h e u , Landrat S i m o n a i t i s, Bürodirektor R e i n i c k e, Kreisbaumeister von H e i n e und Kreiswiesenbaumeister J o n i s c h a t eingefunden. Landrat Simonaitisnahm infolge Erkrankung an der Bereisung nicht teil. | ||
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Weit gefährlichere Verwüstungen als in Bismarck hat der Eisgang in J o d e k r a n d t angerichtet. Hier sind ganze | Weit gefährlichere Verwüstungen als in Bismarck hat der Eisgang in J o d e k r a n d t angerichtet. Hier sind ganze | ||
Baumreihen, die dem Orte als Schutz dienten, vom Eise niedergebrochen und Häuser beschädigt bzw. eingestürtzt. | |||
Am schwersten hat das Gehöft des Besitzers L e h n h a r d t gelitten. Hier ist das Haus Sonntag, den 3.Januar, vormittags 11 Uhr von etwa 10 Zoll starken Eisschollen gerammt und durchbrochen worden. Die Einwohner befanden sich zu dieser Zeit glücklicherweise in dem nach der Ostseite gelegenen Zimmer, als eine mächtige Eisscholle aus südwestlicher Richtung gegen das Haus geschoben wurde. Innerhalb zwei Minuten war die Zerstörungsarbeit am Haus getan. Die Einwohner konnten sich noch im letzten Augenblick aus dem zusammenfallenden Haus auf den Hof flüchten, wo sie von Nachbarn in Kähne gerettet wurden. Ein Teil des Viehs war ebenfalls in den auf dem anderen Ende des Hauses befindlichen Räumen untergebracht, das bei dem Einsturz des Hauses von den Wassermassen herausgerissen wurde. Dabei ertranken zwei Kühe, ein dreijähriger Bulle und vier Schweine. Die im Hause befindlichen Sachen des Besitzers Lehnhardt sind von den Trümmern des eingestürzten Hauses zerschlagen worden. Auch auf anderen Gehöften reicht das Wasser mitunter noch bis an die Fenster. Da durch die Eismassen die vor den meisten Gehöften als Schutz stehenden Bäume bageschoben worden sind, ist bei nochmaligem Eisgang mit aller Bestimmtheit damit zu rechnen, | Am schwersten hat das Gehöft des Besitzers L e h n h a r d t gelitten. Hier ist das Haus Sonntag, den 3.Januar, vormittags 11 Uhr von etwa 10 Zoll starken Eisschollen gerammt und durchbrochen worden. Die Einwohner befanden sich zu dieser Zeit glücklicherweise in dem nach der Ostseite gelegenen Zimmer, als eine mächtige Eisscholle aus südwestlicher Richtung gegen das Haus geschoben wurde. Innerhalb zwei Minuten war die Zerstörungsarbeit am Haus getan. Die Einwohner konnten sich noch im letzten Augenblick aus dem zusammenfallenden Haus auf den Hof flüchten, wo sie von Nachbarn in Kähne gerettet wurden. Ein Teil des Viehs war ebenfalls in den auf dem anderen Ende des Hauses befindlichen Räumen untergebracht, das bei dem Einsturz des Hauses von den Wassermassen herausgerissen wurde. Dabei ertranken zwei Kühe, ein dreijähriger Bulle und vier Schweine. Die im Hause befindlichen Sachen des Besitzers Lehnhardt sind von den Trümmern des eingestürzten Hauses zerschlagen worden. Auch auf anderen Gehöften reicht das Wasser mitunter noch bis an die Fenster. Da durch die Eismassen die vor den meisten Gehöften als Schutz stehenden Bäume bageschoben worden sind, ist bei nochmaligem Eisgang mit aller Bestimmtheit damit zu rechnen, | ||
'''daß ganz Jodekrandt vernichtet wird''' | '''daß ganz Jodekrandt vernichtet wird''' |
Version vom 11. September 2014, 15:30 Uhr
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Hierarchie
Regional > Litauen > Jodekrandt
Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Heydekrug > Jodekrandt
Einleitung
Jodekrandt, Kreis Heydekrug, Ostpreußen.
Name
Andere Namen und Schreibweisen
Namensdeutung
Der Name weist auf eine düstere Landschaft in Uferlage.
- prußisch-schalauisch "jodis" = schwarz
+ prußisch "krantas" = Strand
- nehrungs-kurisch "kranta, krant" = Strand, Ufer
- preußisch-litauisch "kranta, krantis" = Ufer, Küste, Steilküste, Rand
Allgemeine Information
- Lt. Ortsregister Lange:
Schilderung
"Und war Jodekrandt vielleicht nicht schön? Das sollte mal einer behaupten. Eine grüne hochbuschige Wildnis zog sich da zu seiten des Fahrwegs mit seltsamen Nischen und Winkeln ins Wiesenland. Wenn man da im Abendrot entlang ging, war man wie in einem verwunschenen Garten. Man selbst hätt das gar nicht so beachtet, aber der Lehrer hat immer gesagt, so ungefähr könnt das im Paradies ausgesehen haben."[5]
Politische Einteilung
1940 ist Jodekrandt Dorf in der Gemeinde Ruß.
Kirchliche Zugehörigkeit
Evangelische Kirche
Jodekrandt gehörte 1912 zum Kirchspiel Ruß.
- Seelenregister der Schule Jodekrant pro 1844 von Lehrer Heydeck. [1] Ab Seite 20.
Katholische Kirche
Jodekrandt gehörte 1907 zum katholischen Kirchspiel Szibben.
Standesamt
Jodekrandt gehörte 1907 zum Standesamt Rupkalwen.
Verschiedenes
Memeler Dampfboot vom 15.01.1926
Aus: Bereisung des Ueberschwemmungsgebiets im Kreise Heydekrug
Jodekrandt vor der gänzlichen Vernichtung – Zwei Elche durch Eis ums Leben gekommen – Einstellung der Eissprengversuche
Nachdem seitens des Landespräsidenten B o r c h e r t mehrere Besichtigungsfahrten in das überschwemmte Memelgebiet unternommen worden sind, begab sich am Mittwoch, den 13. Januar, auch die von memelländischen Landtag gebildete H o c h w a s s e r k o m m i s s i o n in das Ueberschwemmungsgebiet im K r e i s e H e y d e k r u g, um sich an Ort und Stelle von den gewaltigen Schäden zu überzeugen, die das Hochwasser zu Beginn des Monats angerichtet hat. Es war nichts angenehmes, Mittwoch morgen das warme Zimmer zu verlassen und sich bei minus 16 Grad ins Eismeer zu begeben, denn anders kann man das Ueberschwemmungsgebiet mit den weiten Eisflächen, die nur hier und da von hohen Eisbergen und vereinzelt dastehenden mehr oder weniger beschädigten Gehöften unterbrochen sind, nicht nennen.
In Heydekrug mit Verspätung eingetroffen, weil irgendein „Birtzaitis“ infolge nächtlicher Sitzung den Zug erst später ablassen konnte, begaben wir uns ins Hotel „Deim“, wo sich die Hochwasserkommission um 8 Uhr versammeln sollte. Recht pünktlich war alles zur Stelle. Außer der aus den Herren K r a u s, G u b b a, B a l d s z u s , P a g a l l i s und R a u s c h bestehenden Hochwasserkommission und dem Landespräsidenten B o r c h e r t hatten sich auch noch Landschaftsrat Dr. S c h e u , Landrat S i m o n a i t i s, Bürodirektor R e i n i c k e, Kreisbaumeister von H e i n e und Kreiswiesenbaumeister J o n i s c h a t eingefunden. Landrat Simonaitisnahm infolge Erkrankung an der Bereisung nicht teil. […]
Weit gefährlichere Verwüstungen als in Bismarck hat der Eisgang in J o d e k r a n d t angerichtet. Hier sind ganze Baumreihen, die dem Orte als Schutz dienten, vom Eise niedergebrochen und Häuser beschädigt bzw. eingestürtzt. Am schwersten hat das Gehöft des Besitzers L e h n h a r d t gelitten. Hier ist das Haus Sonntag, den 3.Januar, vormittags 11 Uhr von etwa 10 Zoll starken Eisschollen gerammt und durchbrochen worden. Die Einwohner befanden sich zu dieser Zeit glücklicherweise in dem nach der Ostseite gelegenen Zimmer, als eine mächtige Eisscholle aus südwestlicher Richtung gegen das Haus geschoben wurde. Innerhalb zwei Minuten war die Zerstörungsarbeit am Haus getan. Die Einwohner konnten sich noch im letzten Augenblick aus dem zusammenfallenden Haus auf den Hof flüchten, wo sie von Nachbarn in Kähne gerettet wurden. Ein Teil des Viehs war ebenfalls in den auf dem anderen Ende des Hauses befindlichen Räumen untergebracht, das bei dem Einsturz des Hauses von den Wassermassen herausgerissen wurde. Dabei ertranken zwei Kühe, ein dreijähriger Bulle und vier Schweine. Die im Hause befindlichen Sachen des Besitzers Lehnhardt sind von den Trümmern des eingestürzten Hauses zerschlagen worden. Auch auf anderen Gehöften reicht das Wasser mitunter noch bis an die Fenster. Da durch die Eismassen die vor den meisten Gehöften als Schutz stehenden Bäume bageschoben worden sind, ist bei nochmaligem Eisgang mit aller Bestimmtheit damit zu rechnen, daß ganz Jodekrandt vernichtet wird Der letzte Besuch in Jodekrandt galt dem Schulgehöft, das ebenfalls von den Eismassen umlagert ist und dessen Lehrer damals unter großen Anstrengungen von Nachbarn gerettet wurde. Von Jodekrandt führte uns der Weg quer übers das Eis nach Ruß…
Memeler Dampfboot vom 20.01.1926
Die Besitzer wollen Jodekrandt verlassen
In einer gestern in J o d e k r a n d t stattgefundenen Versammlung haben die Besitzer zum Ausdruck gebracht, daß alle restlos für die Absiedlung sind und daß sie dementsprechende Anträge an die zuständigen Behörden richten werden.
Karten
Bewohner
Zufallsfunde
Oft werden in Kirchenbüchern oder anderen Archivalien eines Ortes Personen gefunden, die nicht aus diesem Ort stammen. Diese Funde nennt man Zufallsfunde. Solche Funde sind für andere Familienforscher häufig die einzige Möglichkeit, über tote Punkte in der Forschung hinweg zu kommen. Auf der folgenden Seite können Sie Zufallsfunde zu diesem Ort eintragen oder finden.
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
<gov>JODNDTKO05RG</gov>
Quellen
- ↑ Urmesstischblatt von 1860
- ↑ Sembritzki, Johannes u. Bittens, Arthur: Geschichte des Kreises Heydekrug, Memel 1920
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Urmesstischblatt von 1860
- ↑ Charlotte Keyser: In stillen Dörfern, Gräfe und Unzer, Königsberg 1939